Arbeitsschützer kennen Telearbeit und Bildschirmarbeitsplätze, jetzt kommt in vielen Unternehmen coronabedingtes Homeoffice hinzu. Dieses Arbeiten wird dem mobilen Arbeiten zugeordnet, obgleich es in aller Regel von zuhause aus erfolgt, aber wiederum wenig mit der sogenannten Heimarbeit zu tun hat. Der folgende Beitrag versucht, etwas Klarheit in die Begrifflichkeiten zu bringen.
- Mobiles Arbeiten benötigt mobile Arbeitsmittel
- Pflicht zum Homeoffice oder Recht auf Homeoffice?
- Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV ) definiert Telearbeit
- Arbeitsschutz ist relevant!
- Gefährdungsbeurteilung
- Unterweisungen für Mitarbeiter im Homeoffice
- Arbeitszeiten erfassen
- Datenschutz und Datensicherheit
- Nebenjob im Homeoffice
- Homeoffice-Notlösungen dürfen kein Dauerzustand werden!
Mobiles Arbeiten benötigt mobile Arbeitsmittel
Im Unterschied zur Telearbeit (s. u.) ist weder der Begriff Homeoffice noch das mobile Arbeiten juristisch klar definiert. Mobiles Arbeiten bedeutet zunächst nur, dass ein Mitarbeiter ein mobiles Arbeitsmittel nutzt. Typischerweise ist dies ein Notebook, Laptop, Tablet und/oder Smartphone. Damit ist ein Arbeiten aus dem privatem Wohnraum möglich, aber auch aus dem Zugabteil, dem Wartebereich eines Flughafens oder einem Hotelzimmer.
In einem weiteren Sinne erfolgen jedoch auch viele Tätigkeiten mobil, für die Bildschirme allenfalls am Rande eine Rolle spielen, etwa bei mobilen Pflegediensten oder Berufskraftfahrern. So gesehen gehörte für viele Beschäftigte das häufige oder gar regelmäßige mobile Arbeiten auch lange vor Corona bereits zum beruflichen Alltag. Durch das pandemiebedingte Homeoffice hat sich jedoch die Zahl der mobil arbeitenden Beschäftigten in Deutschland vervielfacht.
Pflicht zum oder Recht auf Homeoffice?
Mit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel ordnet der Gesetzgeber Homeoffice dem mobilen Arbeiten zu. Somit ist Homeoffice als eine besondere Form mobiler Arbeit zu verstehen, bei der es der Arbeitgeber seinen Beschäftigten ermöglicht, ihre Arbeitsleistung zeitweilig von zuhause aus zu erbringen. Laut DGUV wird beim mobilen Arbeiten „eine Bildschirmtätigkeit an einem Ort außerhalb der Betriebsstätte“ ausgeübt. Aus Sicht des Arbeitsschutzes relevant ist, dass mit der Einordnung als mobile Arbeiten das Homeoffice nicht den Vorgaben der ArbStättV unterliegt.
Grundsätzlich verpflichtet die Corona-Arbeitsschutzverordnung den Arbeitgeber, seinen Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder ähnlichen Tätigkeiten das Arbeiten im Homeoffice anzubieten. Daraus darf sich jedoch kein Zwang zum Homeoffice ergeben. Niemand darf verpflichtet werden, seine vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung plötzlich nur noch von zuhause aus zu leisten. Umgekehrt darf aber ein Beschäftigter auch nicht einfach – etwa aus Angst, sich am Arbeitsplatz mit Corona zu infizieren – zu Hause bleiben und sich selbst ohne Abstimmung mit seinem Arbeitgeber für Homeoffice entscheiden. Es sollten stets einvernehmliche Vereinbarungen getroffen werden.
Hinweis: In der Dritten Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wurde die Forderung an die Arbeitgeber, Homeoffice anzubieten, gestrichen. Denn die Homeoffice-Regelungen werden seit dem 23. April 2021 durch das 4. Bevölkerungsschutzgesetz – bekannt geworden als Bundesnotbremse – geregelt und zudem verschärft. Demnach müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern an Büroarbeitsplätzen oder vergleichbaren Tätigkeiten Homeoffice anbieten, sofern keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Mitarbeiter müssen dieses Angebot annehmen, wenn keine privaten Gründe, etwa das Fehlen eines ungestörten Platzes, entgegenstehen. (Stand: 03.05.2021)
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) definiert Telearbeit
Homeoffice findet zwar so gut wie immer vor einem Bildschirm statt, ist jedoch in den meisten Fällen keine Telearbeit im Sinne der Arbeitsstättenverordnung. Denn die ArbStättV definiert einen Telearbeitsplatz als
- fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz im privaten Umfeld des Beschäftigten,
- für dessen Einrichtung der Arbeitgeber verantwortlich ist.
Das bedeutet, dass an einen Telearbeitsplatz zuhause die gleichen Vorgaben an Gestaltung und Einrichtung gelten wie für einen Bildschirmarbeitsplatz im Unternehmen.
Homeoffice ist im Gegensatz zur Telearbeit nicht als dauerhafter Arbeitsplatz, sondern für eine gelegentliche oder vorübergehende Aktivität vorgesehen.
Arbeitsschutz ist relevant!
Wichtig aus Sicht des Arbeitsschutzes ist jedoch, dass auch ohne die konkreten Vorgaben der ArbStättV auch ein mobile Arbeiten und damit das Arbeiten im Homeoffice den grundlegenden Arbeitsschutzbestimmungen unterliegt. Dies betrifft insbesondere die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzgesetz (ASchG) und dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Auch für Mitarbeiter im Homeoffice hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht und steht in der Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten. Damit unterliegt Homeoffice den Grundpflichten der Arbeitsschutzorganisation wie das Ermitteln von Gefährdungen oder das Unterweisen zu Gefahren und Schutzmaßnahmen.
Gefährdungsbeurteilung
Wie bei Homeoffice die Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz im privaten Zuhause aussehen soll, dazu gibt es noch keine eindeutige Rechtsgrundlage. Auch dies unterscheidet Homeoffice von einem Telearbeitsplatz gemäß ArbStättV. Die für Sicherheit und Gesundheitsschutz Verantwortlichen bringt die etwas diffuse Rechtslage in ein Dilemma. Einerseits kann es nicht die Option sein, dass – noch dazu während einer Pandemie – eine Fachkraft für Arbeitssicherheit mit Klemmbrett und Checkliste unterm Arm bei den Kollegen reihum an Einfamilienhäusern und Privatwohnungen klingelt.
Auf der anderen Seite gibt der Arbeitgeber mit dem Angebot Homeoffice keineswegs seine Verantwortung und Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter komplett ab. Ein erster Schritt aus dieser Zwickmühle ist das Informieren und Unterweisen der Beschäftigten.
Unterweisungen für Mitarbeiter im Homeoffice
Im Homeoffice besteht eine erhöhte Eigenverantwortung des Mitarbeiters für sein gesundheitsgerechtes Arbeiten. Denn auch der Betriebsarzt, die Sifa oder die Sicherheitsbeauftragten unter den Kollegen bekommen nicht mit, ob jemand zu Hause vom Klappstuhl aus an einem zu kleinen Monitor arbeitet oder wie oft jemand zu Hause Pause macht.
Unterweisungen für Mitarbeiter, die ins Homeoffice geschickt werden, sollten folgende Aspekte erläutern:
- die geltenden Vorgaben zu den maximal zulässigen täglichen und wöchentlichen Arbeitsdauern sowie für die Arbeitszeiten (nachts, an Wochenenden usw.), Ruhezeiten und Pausen
- die Bedeutung der klaren Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit
- die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes vom Mobiliar bis zur Beleuchtung (und inwiefern der Arbeitgeber fehlendes Equipment stellt)
- das gesundheitsgerechte Arbeiten zuhause: dynamisches Sitzen, Ausgleichsübungen, Bewegungspausen, Entspannung der Augen usw.
- die Art der Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Kollegen
- die innerbetrieblichen Vereinbarungen zur Erreichbarkeit zuhause
- die Angebote der arbeitsmedizinischen Vorsorge und Beratung durch Betriebsärztin oder Betriebsarzt (ggf. auch per Telefon)
Wo Mitarbeiter bereits von zuhause aus arbeiten, können Unterweisungsinhalte auch online oder im Intranet zur Verfügung gestellt werden. Wichtig ist, jedoch, dass stets ein Ansprechpartner vorhanden ist und Möglichkeiten für Fragen und Beratung zu der eigenen konkreten Arbeitssituation bestehen.
Tipps:
- Eine kurze Übersicht der Faktoren für eine gesunde Arbeitsumgebung zuhause zeigt das Poster How to Homeoffice der VBG.
- Lesen Sie zum Thema Unterweisung bei Telearbeitsplätzen auch: Die SafetyCard — Handlungshilfe für Telearbeitsplätze
Arbeitszeiten erfassen
Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes gelten auch für das Arbeiten im Homeoffice. Auch wenn die Möglichkeiten des Arbeitgebers und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, das Einhalten von Pausenregelungen oder Höchstarbeitszeiten zu kontrollieren, stark eingeschränkt sind, bedeutet dies nicht, dass der Heimarbeiter seine Arbeit nach Belieben einteilen dürfte. Es wäre z. B. nicht zulässig, in einer Woche die maximal zulässigen Arbeitsstunden zu überschreiten oder Ruhzeiten wegzulassen, um dann in der Folgewoche frei zu nehmen.
Eine ganz andere Frage ist, wie betroffene Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten im Homeoffice erfassen und dokumentieren sollen. Bereits lange vor Corona, im Mai 2019, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Betriebe und Unternehmen die Arbeitszeit mit einem objektiven und zuverlässigen System erfassen müssen. Die bisher vielfach gehandhabte Praxis, lediglich angefallene Überstunden zu dokumentieren, ist in den Augen des EuGH unzureichend. Verbindliche Regelungen des Gesetzgebers zum Erfassen der Arbeitszeit fehlen in Deutschland bislang.
Für das Homeoffice deutet sich nun jedoch eine konkrete neue Verpflichtung an. Laut dem Referentenentwurf des BMAS zum geplanten neuen Gesetz zur mobilen Arbeit ist für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die regelmäßig mobil arbeiten, künftig „die gesamte Arbeitszeit täglich vollständig zu erfassen“. Diese Vorgabe soll das Einhalten der täglichen Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und der wöchentlichen Mindestruhezeiten gewährleisten.
Lesen Sie hierzu auch: Neuer Gesetzentwurf für mobiles Arbeiten (Mobile Arbeit-Gesetz – MAG): Was kommt auf die Arbeitgeber zu?
Datenschutz und Datensicherheit
Homeoffice ist ohne funktionierende Internetverbindung kaum noch denkbar. Doch je mehr Menschen von ihren privaten Endgeräten oder aus dem privaten WLAN auf Unternehmensdaten zugreifen, desto wichtiger werden zum einen der Schutz der persönlichen Daten und zum anderen die Sicherheit der Unternehmensdaten. Dies kann unmittelbar auch den betrieblichen Arbeitsschützer im Homeoffice betreffen. Denn wenn es um ergonomische Daten der Mitarbeiter geht, das Dokumentieren von Gefährdungsbeurteilungen oder gar die arbeitsmedizinische Vorsorge, dann werden hier oftmals auch personenbezogene Daten erfasst.
Dokumente mit solchen oder anderen sensiblen Daten sollten nicht auf Geräten landen, auf denen im Homeoffice Familienangehörige freien Zugang haben oder auf denen Kinder ihr Homeschooling absolvieren. Sifas tun gut daran, sich frühzeitig mit den IT-Experten und dem Datenschutzbeauftragten ihres Unternehmens auszutauschen. Gemeinsam sind Lösungen zu schaffen, die allen Ansprüchen an Datenschutz und Datensicherheit gerecht werden. Es muss sichergestellt werden, dass unberechtigte Zugriffe durch geeignete technische wie organisatorische Sicherheitsmaßnahmen verhindert werden.
Tipp: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat auf 4 Seiten die wichtigsten Tipps für sicheres mobiles Arbeiten von zu Hause und unterwegs zusammengestellt.
Mehr zum Thema Datenschutz bei Telearbeit und Mobiler Arbeit lesen Sie im Beitrag „Viele Schlupflöcher für Missbrauch und Verluste“ der Fachzeitschrift Sicherheitsbeauftragter.
Nebenjob im Homeoffice
Viele Menschen wünschen, sich bequem von Zuhause aus und manchmal zusätzlich zu einer regulären Beschäftigung in einem Nebenjob ein Zubrot zu verdienen. Typischerweise, aber nicht ausschließlich, werden solche Verdienstmöglichkeiten von Müttern, Studenten oder Rentnern gesucht. Diese Form von sogenannter Heimarbeit kann, aber muss nicht zwingend das Arbeiten an einem Bildschirm erfordern. Das Angebot reicht von Nachhilfeunterricht über Produkttests, Montagetätigkeiten und Datenerfassung bis zu Beratung und Kundenbetreuung per Telefon. Diese Art des Arbeitens von zuhause aus hat jedoch nichts mit der aktuellen Diskussion um pandemiebedingtes Homeoffice zu tun.
Neben seriösen Angeboten tummeln sich auf dem Markt der diversen Nebentätigkeiten auch Schwarze Schafe. Wer einen Nebenjob annimmt, sollte unbedingt die Art seiner Tätigkeit eindeutig und rechtssicher einordnen und sicherstellen, dass alle Abgaben zur Renten‑, Kranken- und Sozialversicherung geleistet werden. Die Verbraucherzentrale NRW warnt, dass sich hinter besonders lukrativ klingenden Angeboten oft unseriöse Firmen verstecken.
Homeoffice-Notlösungen dürfen kein Dauerzustand werden!
Arbeitsmarktforscher sind sich weitgehend einig, dass es auch nach Corona für viele Büroarbeiter kein vollständiges Zurück zur 5‑Tage-Woche im Betrieb geben wird. Fast alle Prognosen lauten, dass Homeoffice bleiben wird und auch die Anzahl der Geschäfts- und Dienstreisen angesichts der vielfachen Lösungen für Videokonferenzen und virtuelle Meetings nicht wieder das frühere Niveau vor Corona erreichen wird. Flexible Lösungen und ein abwechselndes Arbeiten vom Unternehmen und von zuhause aus werden sich durchsetzen und Immer weniger Menschen werden in Zukunft über Jahre einen eigenen festen Schreibtisch im eigenen Büro im Unternehmen haben.
Vor diesem Hintergrund wird eine klarere Einordnung von Homeoffice ins Arbeitsschutzrecht notwendig werden. Denn die pandemiebedingte Ausnahmesituation rechtfertigt nicht, dass sich halbgare „Lösungen“ und Kompromisse auf Dauer heimlich als neuer Arbeitsschutzstandard verselbstständigen. Insbesondere dann und dort, wo Beschäftigte ohne eigenen Büroarbeitsplatz zu Hause oder in Gegenwart von Kindern ihre Arbeitsleistung erbringen sollen, müssen dafür die Voraussetzungen sowie klare rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die suboptimalen Arbeitsbedingungen in einer Krisensituation sollten sich nicht unnötigerweise verlängern.
Auch die DGUV weist darauf hin, dass die Situation neu bewertet werden müsse, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch nach dem Ende der Pandemie einigen, das Arbeiten aus dem Homeoffice „nicht nur sporadisch“ fortzuführen. Ab welchem Anteil an Homeoffice an der gesamten Arbeitszeit welche konkreten Regelungen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz greifen werden und wie deren Umsetzung dann kontrolliert werden soll, ist derzeit noch nicht absehbar.
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