„Finger weg von elektrischem Strom!“ Dieser Grundsatz muss insbesondere dann beherzigt werden, wenn eine Beschädigung oder Störung an einer elektrischen Anlage beziehungsweise einem elektrischen Betriebsmittel vorliegt. Doch an wen wendet man sich dann? Sofern ein Unternehmen über eine eigene Elektroabteilung verfügt, ist dies einfach zu beantworten. Doch wie sieht es in den Fällen aus, in denen zum Beispiel ein Hausmeister auch schon mal kleinere Reparaturen durchführt? Darf er das? Und wenn ja: Unter welchen Bedingungen?
Vom rechtlichen Standpunkt aus ist es eindeutig geregelt, wer in der Elektrotechnik welche Arbeiten ausführen darf. Gemäß der Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und instandgehalten werden. Doch hinsichtlich des Begriffs „Elektrofachkraft“existieren verschiedene Abstufungen, die es zu beachten gilt.
Elektrofachkraft
Als Elektrofachkraft (EFK) im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ gilt, wer […] aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann.“ Somit wird der Begriff nicht für einen bestimmten Beruf, sondern als Oberbegriff für die Summe elektrotechnischer Berufsausbildungen verwendet, da die enorme Bandbreite der Elektrotechnik nicht durch eine Berufsausbildung allein abgedeckt werden kann. Aus der Begriffsdefinition folgt im Umkehrschluss, dass jemand nicht als Elektrofachkraft gilt, wenn die Kenntnisse und Erfahrungen nicht dem aktuellen Stand entsprechen beziehungsweise für die vorgesehenen Aufgaben nicht ausreichen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einige Jahre ein anderer Beruf ausgeübt wurde. Der Status als Elektrofachkraft kann jedoch wiedererlangt werden, wenn durch die Teilnahme an entsprechenden Auffrischungs- beziehungsweise Spezialisierungsseminaren und/oder praktische Einarbeitung die jeweils notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen aktualisiert werden.
Elektrofachkräfte können grundsätzlich in eigener Verantwortung elektrische Anlagen und Betriebsmittel errichten, ändern und instandhalten. Sie sind deshalb für Reparaturen und Störungsbeseitigungen die richtigen Ansprechpartner. Weil aber nicht jede Elektrofachkraft für jede Tätigkeit gleichermaßen qualifiziert ist und weil die Abschaltung elektrischer Energie zur Reparatur oder Störungsbeseitigung häufig innerbetriebliche Abstimmungen erforderlich macht, verfügen viele Unternehmen über eine Elektrofachkraft mit besonderen Entscheidungsbefugnissen: die verantwortliche Elektrofachkraft.
Verantwortliche Elektrofachkraft
Für die Leitung eines eigenen Unternehmens oder zumindest eines elektrotechnischen Betriebsteils, wie zum Beispiel die Elektrowerkstatt eines Unternehmens, ist eine Qualifikation als Meister, Techniker oder Ingenieur erforderlich. Mit dieser Qualifikation kann die Funktion der „verantwortlichen Elektrofachkraft“ (VEFK) ausgeübt werden, welche die Wahrnehmung der fachlichen Unternehmerverantwortung in Bezug auf die Elektrotechnik beinhaltet. Verantwortliche Elektrofachkräfte können von Versorgungsnetzbetreibern auch als „Konzessionsträger“ benannt werden, die berechtigt sind, elektrische Anlagen an das öffentliche Stromnetz anzuschließen.
Die Notwendigkeit der Bestellung einer VEFK ergibt sich aus dem Umfang und der Komplexität der Aufgaben. Wenn zum Beispiel nur wenige Elektrofachkräfte beschäftigt werden, die übliche und der normalen Ausbildung entsprechende Aufgaben ausführen, müssen diese nicht zwangsläufig von einer verantwortlichen Elektrofachkraft geleitet werden.
Müssen jedoch darüber hinausgehende komplexe Aufgaben versehen beziehungsweise Entscheidungen getroffen werden, sind diese einer verantwortlichen Elektrofachkraft vorbehalten. Für den Betrieb einer elektrischen Anlage allein ist jedoch eine verantwortliche Elektrofachkraft nicht zwingend erforderlich.
Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten
Die Handwerksordnung eröffnet unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, dass Arbeiten in anderen Handwerken ausgeführt werden dürfen, wenn sie mit dem Leistungsangebot des Gewerbes technisch oder fachlich zusammenhängen oder dieses wirtschaftlich ergänzen. Ein typisches Beispiel dafür ist der Anschluss eines Durchlauferhitzers durch Sanitärinstallateure, die eine Zusatzausbildung als „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“ (EFKffT) absolviert haben. Bezüglich ihres Einsatzes existieren strenge Vorgaben, die allerdings sehr häufig entweder nicht bekannt sind oder nicht beachtet werden. Zu diesen Vorgaben gehört unter anderem, dass in eigener Fachverantwortung nur gleichartige, sich wiederholende und festgelegte Tätigkeiten durchgeführt werden dürfen, für die eine Ausbildung (inklusive bestandener Prüfung in Theorie und Praxis) nachgewiesen werden kann, und die durch den Arbeitgeber in einer Arbeitsanweisung beschrieben wurden.
Grundlagenseminar genügt nicht
In der Praxis bieten Seminardienstleister häufig ein allgemeines Grundlagenseminar an, in welchem meist theoretische Inhalte vermittelt werden. Im Kleingedruckten wird dann darauf hingewiesen, dass die Vermittlung der praktischen Inhalte sowie die Durchführung der Prüfungen noch innerbetrieblich durch das Unternehmen erfolgen muss. Die Teilnahmebescheinigung für das Seminar wird hier oft als Nachweis einer bestandenen Prüfung oder sogar als Bestellungsurkunde missverstanden. Die Arbeitgeber begehen zudem häufig den Fehler, weder die notwendige Arbeitsanweisung noch eine Bestellungsurkunde zu erstellen. Außerdem werden die Arbeitsgebiete oft nicht genau festgelegt – ein Versäumnis, das durch unkonkrete Seminarangebote viel zu oft begünstigt wird. Den solchermaßen ausgebildeten Personen ist häufig ebenfalls nicht bewusst, dass die genannten Voraussetzungen umgesetzt werden müssen, was oft zur Selbstüberschätzung führt. Im Zweifelsfall ist man deshalb immer besser beraten, bei elektrotechnischen Anliegen grundsätzlich eine Elektrofachkraft zu kontaktieren.
Elektrotechnisch unterwiesene Person
Eine elektrotechnisch unterwiesene Person (euP) ist eine Person, die ausdrücklich nicht über eine elektrotechnische Berufsausbildung verfügt, sondern durch eine Elektrofachkraft lediglich so unterwiesen wurde, dass sie einfache und eher ungefährliche Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln ausführen kann. Sie darf jedoch nicht eigenverantwortlich arbeiten, sondern nur unter der Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft. Darunter wird die Übernahme von Fach- und Führungsverantwortung gegenüber den unterstellten euP’en verstanden. „Aufsicht führen“ bedeutet im Gegensatz zu „beaufsichtigen“ allerdings nicht, dass die Elektrofachkraft bei der Durchführung der Arbeiten ständig anwesend sein muss. Wenn die euP’en etwa im Rahmen der Unterweisung nachgewiesen haben, dass sie in der Lage sind, die Arbeiten selbstständig und korrekt auszuführen, können sie gegebenenfalls auch allein tätig werden. Ein häufig begangener Fehler besteht darin, dass euP’en ohne vorgesetzte Elektrofachkraft tätig werden. Unter diesen Umständen haben sie keinen fachlichen Ansprechpartner für Rückfragen und niemand korrigiert eventuelle Fehler.
Zur Prüfung befähigte Person
Zu guter Letzt soll der aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) stammende Begriff „zur Prüfung befähigte Person“ (kurz „befähigte Person“) erläutert werden. Wie aus dem Begriff bereits hervorgeht, wird dieser nur im Zusammenhang mit der Prüfung von Arbeitsmitteln verwendet, während eine Elektrofachkraft im Sinne der DGUV Vorschrift 3 beziehungsweise 4 darüber hinausgehende elektrische Arbeiten ausführen kann. Zudem muss eine zur Prüfung befähigte Person, die ausschließlich Prüfungen an mechanischen, hydraulischen oder pneumatischen Komponenten durchführt, nicht zwangsläufig über Kenntnisse der Elektrotechnik verfügen.