Volker Petersen ist Inhaber der Managementberatung für betriebliche Krisenprävention (mbk.). Seine langjährige Erfahrung in der Krisenberatung hat gezeigt, dass ein vorbereitendes Training unbedingt notwendig ist, damit das Management eines Unternehmens in einer Krise reibungslos zusammenarbeitet und danach ohne Zeitverzug wieder in einen ordentlichen Betriebsablauf übergehen kann. Ein solches krisenvorbereitendes Training bietet Petersen an, über das er beim “Innovationstag Gefahrstoffe” referiert. Darüber hinaus prägt ihn sein mehr als 40-jähriges Engagement im abwehrenden Brandschutz bei der Freiwilligen Feuerwehr. Ehrenamtlich hat er bei der Bewältigung einiger Großschadenslagen und Katastrophen als Brandmeister an verantwortlichen Positionen in Krisenstäben mitgewirkt. Wir wollten wissen, was ein gelingendes Krisenmanagement auszeichnet, wie sämtliche Beteiligte involviert werden können und wie dieses an den stetigen Wandel der Arbeitswelt angepasst werden kann.
Interview mit Volker Petersen
Auf die Krise vorbereitet sein, ist immens wichtig. Das wissen wir spätestens seit der Corona-Pandemie. Doch besonders bei Tätigkeiten mit einem hohen Gefährdungspotenzial – und dazu zählen Arbeiten mit Gefahrstoffen offenkundig – ist ein Krisenmanagement unerlässlich. Wie können sich Unternehmen diesem Thema nähern, was ist die Basis eines gelingenden Krisenmanagements?
Im Gegensatz zum Notfallmanagement befasst sich das Krisenmanagement nicht mit der operativen Bewältigung von unvorhersehbaren Ereignissen, sondern mit der Bewältigung der strategischen Auswirkungen für das Unternehmen. Man spricht hierbei gemeinhin davon, vor die Lage zu kommen. Das bedeutet, mögliche, dazu zählen sowohl mittel- als auch langfristige, Auswirkungen des Notfalls zu antizipieren, indem man durch den Einsatz geeigneter Maßnahmen schnell wieder zu einem ordentlichen Betriebsablauf zurückkehren kann und somit durch die sogenannte Resilienz den Fortbestand des Unternehmens sichert.
Die neue „DIN ISO 22361 Krisenmanagement“ gibt wertvolle Hinweise dazu, was Unternehmen beachten sollten, damit ein betriebliches Krisenmanagement gelingen kann. Dazu gehören allgemeine Regelungen zum Führungsverständnis, zur Kultur, zur Struktur und zur Kompetenz, als auch explizit Ausführungen zu Führung, Entscheidung, Kommunikation und Training.
Wer ist für das Krisenmanagment verantwortlich? Werden Einzelpersonen mit diesem vertraut, interdisziplinäre Teams oder externe Dienstleister?
Verantwortlich für die Implementierung und Durchführung eines zielorientierten Krisenmanagements ist immer die oberste Leitung eines Unternehmens. Schließlich haften Geschäftsführung oder Vorstand für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten und tun gut daran, effektive Vorkehrungen gegen sogenannte Organisationsverschulden zu treffen.
Die wirkungsvollste Maßnahme ist die Nominierung eines Krisenstabs, der im Fall der Fälle zum Einsatz kommt. Der Krisenstab setzt sich in der Regel aus ausgewählten Führungskräften und Funktionsträgern des gesamten Unternehmens zusammen, die je nach Lage variieren können. Der unterstützende Einsatz von externen Dienstleistern ist möglich, eignet sich aber eher für die Implementierung und das, hoffentlich regelmäßige, Training des Krisenstabs.
Ein Krisenmanagement funktioniert aber doch nur, wenn alle Beteiligten wissen, was im Krisenfall zu tun ist. Folglich muss die ganze Belegschaft eingebunden werden. Welche Methoden eignen sich dafür?
Im Krisenstab sind die Aufgaben beziehungsweise Funktionen klar verteilt. In Anlehnung an die Krisenstäbe von BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, wie zum Beispiel Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst) gibt es jeweils Ansprechpartner für Einsatzkräfte, für Behörden, Öffentlichkeit (Rundfunk, Fernsehanstalten, soziale Medien), für die innere Ablauforganisation (Protokollierung, Lagedarstellung) und je nach Schadenereignis gegebenenfalls weitere fachkundige Mitgliederinnen und Mitglieder. Geführt wird der Krisenstab durch eine Leiterin oder einen Leiter, die oder der am Ende das letzte Wort hat. Es versteht sich von selbst, dass die Mitgliederinnen und Mitglieder des Krisenstabs besondere Fach‑, Sozial- und Methodenkompetenzen aufweisen sollten.
Die Arbeitswelt wandelt sich und damit auch gesetzliche Regelungen und Vorschriften oder tätigkeitsbezogene Vorgehensweisen. Diese wirken sich unmittelbar auf das Krisenmanagement aus. Muss das Krisenmanagement demnach laufend fortgeschrieben, überarbeitet und angepasst werden?
Das Vorhalten einer Krisenmanagementorganisation ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Durch die im Herbst letzten Jahres verabschiedete Norm „DIN ISO 22361 Krisenmanagement“ haben Unternehmen jedoch nun endlich eine grundsätzliche Struktur zur Implementierung erhalten. Dem Gedanken einer sich stets verbessernden Organisation folgend, sollte das betriebliche Krisenmanagement fortwährend eine kritische Würdigung erfahren. Erkenntnisse und Erfahrungen aus Übungen und/oder aus Einsätzen sind für die permanente zielorientierte Optimierung wichtig und helfen, das Unternehmen krisensicher aufzustellen.
Welche Rolle spielen Schulungen, Informationsveranstaltungen oder aufklärende Kommunikation?
Übung ist der beste Lehrmeister! Nur die regelmäßige Wiederholung von realistischen Krisenszenarien erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeit des Krisenstabs erfolgreich sein wird. Je nach Intensität gibt es verschiedene Trainingsstufen, angefangen bei Planbesprechungen und Fallstudien, weitergehend mit originären Stabsübungen bis hin zu Stabsrahmenübungen oder sogar Vollübungen. Eine ausgewogene Einbindung von Beschäftigten und gegebenenfalls von sogenannten Blaulichtorganisationen erhöht dabei die Sensibilität aller Beteiligten.
Programm und Anmeldung zum “Innovationstag Gefahrstoffe”.