Im Umgang mit Asbest müssen sowohl die Arbeitsschutzvorschriften als auch die Entsorgungsvorschriften eingehalten werden: Dies gilt sowohl für gewerbliche Unternehmen, die Tätigkeiten mit asbesthaltigen Produkten ausführen, als auch für alle Privatpersonen, insbesondere dann, wenn Privatpersonen weitere Personen in die Tätigkeit einbeziehen. Ein weiterer Grundsatz ist, dass die Weitergabe von asbesthaltigen Produkten, gleich in welcher Form oder Art, ob entgeltlich oder unentgeltlich, eine verbotene Handlung darstellt und unter den Straftatbestand der Körperverletzung (§ 222 StGB) geahndet werden kann.
Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen für Asbest
In Anhang II (zu § 16 Absatz 2) der Gefahrstoffverordnung werden unter Nummer 1 für Asbest besondere Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen festgelegt. Dort heißt es: “Arbeiten an asbesthaltigen Teilen von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und sonstigen Erzeugnissen sind verboten. Dies gilt auch für private Haushalte.”
Ausnahmen zu den Beschränkungen sind aber auch geregelt, zum Beispiel
- Abbrucharbeiten
- Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit Ausnahme von Arbeiten, die zu einem Abtrag der Oberfläche von Asbestprodukten führen
Als besonders gefährlich werden deshalb folgende Arbeiten benannt, die immer zu einem Abtrag der Oberfläche führen, wie Abschleifen, Druckreinigen, Abbürsten und Bohren von Asbestprodukten. Ebenfalls verboten sind Überdeckungs‑, Überbauungs- und Aufständerungsarbeiten an Asbestzementdächern und ‑wandverkleidungen, da hier ebenfalls in die Materialien eingegriffen werden muss. Auch Reinigungs- und Beschichtungsarbeiten an unbeschichteten Asbestzementdächern und ‑wandverkleidungen gehören zu den verbotenen Arbeiten. Das heißt aber nicht, dass solche Arbeiten an bereits beschichteten Asbestzementdächern und ‑wandverkleidungen ausgeführt werden dürfen. Hier gibt es weitergehende Regelungen, die solche Arbeiten nur nach Genehmigung der zuständigen Behörden zulassen.
Die weitere Verwendung von asbesthaltigen Gegenständen und Materialien zu anderen Zwecken als der Abfallbeseitigung oder Abfallverwertung ist gleichfalls verboten. Auch bisher eingelagerte, nicht verwendete asbesthaltige Produkte, wie zum Beispiel Asbestwellplatten oder asbesthaltige Kfz-Ersatzteile, dürfen nicht weiter verkauft verschenkt oder genutzt werden. Besondere Vorsicht ist deshalb beim Kauf von Ersatz- oder Zubehörteilen über Onlinehändler geboten, da hier immer wieder Produkte mit Asbest angeboten werden. Sollten diese verwendet werden, greifen strafrechtliche Regelungen.
Vorgaben zu Tätigkeiten mit Asbest nach der Gefahrstoffverordnung
Nach den Vorgaben des Anhang II Nr. 1 Absatz 1 Gefahrstoffverordnung sind nur Abbrucharbeiten und Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an asbesthaltigen Materialien zugelassen. Um diese Arbeiten ausführen zu können, müssen aber weitere rechtliche Regelungen beachtet werden. Diese sind im Anhang I Gefahrstoffverordnung unter Nummer 2.4 “Ergänzende Vorschriften zum Schutz gegen Gefährdung durch Asbest” näher beschrieben. Das Ziel der Gefahrstoffverordnung ist es, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen. Dazu werden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen bestimmt. Die Zielgruppe dieser Verordnung sind Arbeitgeber und Arbeitnehmende. Der private Bereich ist nur dort eingeschlossen, wo dies ausdrücklich in der Verordnung geregelt ist. Da im Anhang II Nummer 1 Absatz 4 Gefahrstoffverordnung die Ausweitung des Herstellungs- und Verwendungsverbotes auch auf den privaten Haushalt ausgedehnt wurde, müssen damit auch hier die in Anhang I Nr. 2.4 getroffen Regelungen beachtet werden.
Ermittlung und Beurteilung der Gefährdung durch Asbest
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber, im Regelfall der Auftragnehmer, ermitteln, ob seine Beschäftigten einer Gefährdung durch den Gefahrstoff Asbest bei der Ausführung der Tätigkeiten ausgesetzt sein können, damit er geeignete Schutzmaßnahmen festlegen kann. Dazu benötigt er Angaben seines Auftraggebers. Dieser ist somit gefordert, vor einer Auftragserteilung überprüfen zu lassen, ob bei den geplanten Arbeiten Tätigkeiten an oder mit asbesthaltigen Materialien auszuführen sind.
Auch Privatpersonen, die Arbeiten ausführen wollen, bei denen möglicherweise Asbestfasern frei werden können, sollten sich vor Beginn solcher Arbeiten über die Art der Materialen und notwendige Schutzmaßnahmen informieren. Das gilt besonders dann, wenn noch weitere Personen in die Arbeiten einbezogen werden.
Anzeige an die Behörde
Der Gesetzgeber verpflichtet Arbeitgeber, die Tätigkeiten an asbesthaltigen Materialien ausführen wollen, diese sieben Tage vor Arbeitsbeginn bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Dazu werden in der TRGS 519 Formulare bereitgestellt.
Wird dieser Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen, so ist das eine Ordnungswidrigkeit nach § 21 Nr. 1 Gefahrstoffverordnung, die mit bis zu 2.000 Euro Bußgeld geahndet werden kann. Wichtig ist auch, dass in der Anzeige mindesten eine sachkundige Person (Sachkunde nach TRGS 519 Anlage 3 oder 4) durch den Arbeitgeber benannt wird, die die Arbeiten ständig beaufsichtigt und weisungsbefugt ist. Für die Ausführung von Tätigkeiten an schwach gebundenen asbesthaltigen Materialien muss das Unternehmen über eine behördliche Zulassung verfügen. Sachkundenachweise und Zulassungen müssen aktuell gültig sein. Auftraggeber sollten daher immer prüfen, ob die von ihnen beauftragten Unternehmen den Pflichten zur Anzeige nachkommen, da sonst das Einleiten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen den Auftraggeber möglich ist. Vorsicht ist bei Nachweisen von Unternehmen aus EU-Staaten geboten. Hier sollte Rücksprache mit den für den Arbeitsort zuständigen Behörden (Gewerbeaufsichtsbehörde) geführt werden.
Privatpersonen, die selbst solche Arbeiten ausführen wollen, unterliegen keiner Anzeigepflicht und müssen auch keine Sachkunde nachweisen.
Ergänzende Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Asbestexposition
Grundsätzliche Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen werden in den §§ 8 bis 11 Gefahrstoffverordnung benannt. Da aber Tätigkeiten mit Asbest besondere Gefährdungen hervorbringen, werden hier zusätzliche Schutzmaßnahmen festgelegt. Die wichtigste Schutzmaßnahme, insbesondere zum Schutz anderer Personen, ist nach Gefahrstoffverordnung die Vorgabe, dass asbesthaltige Materialien vor dem Beginn aller anderer Tätigkeiten in den betroffenen Bereichen entfernt oder so geschützt werden müssen, das keine Gefährdung mehr besteht.
Für die ausführenden Beschäftigten müssen geeignete Atemschutzgeräte, Schutzanzüge und bei Bedarf weitere persönliche Schutzausrüstungen durch den Arbeitgeber bereitgestellt und nach Abschluss der Arbeiten sicher entsorgt werden.
Um Verschleppungen von Asbestfasern in andere Bereiche, insbesondere auch in den Privatbereich, zu vermeiden, müssen am Arbeitsort Duschmöglichkeiten für die Beschäftigten, die Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien ausführen , vorhanden sein.
Eine weitere Schutzmaßnahme besteht darin, die Ausbreitung von Asbeststäuben in andere Bereich durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, wie beispielsweise durch staubdichte Abtrennungen des Arbeitsbereichs oder eine Absaugung der asbestfaserbelasteten Luft über Filteranlagen. Der Zugang zu den Arbeitsbereichen muss über Schleusen erfolgen.
Alle diese Schutzmaßnahmen richten sich wieder vorrangig an gewerbliche Unternehmen, aber auch Privatpersonen, die selbst solche Arbeiten ausführen wollen, sollten diese im Rahmen der Möglichkeiten anwenden, um Gefährdungen ihrer selbst und Unbeteiligter auszuschließen.
Arbeitsplan: Ergänzende Bestimmungen zur Unterweisung der Beschäftigten
Vor Beginn der Tätigkeiten mit Asbest muss der Arbeitgeber einen Arbeitsplan erstellen. Vorgaben dazu finden sich in einem Formblatt in der TRGS 519 in der Anlage 1.4, das Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsplan zusammenfasst. Um die Umsetzung der festgelegten Schutzmaßnahmen auf der Baustelle zu gewährleisten, müssen die dort eingesetzten Beschäftigten vor Beginn der Arbeiten über die auftretenden Gefahren und die Schutzmaßnahmen unterwiesen und dies dokumentiert werden.
Diese Vorgaben müssen durch Privatpersonen, die selbst solche Arbeiten ausführen wollen, nicht umgesetzt werden. Es wird aber empfohlen, dass zumindest auch hier eine Festlegung von Schutzmaßnahmen erfolgt.
Zulässige Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien
Abbrucharbeiten
Zulässige Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien sind Abbrucharbeiten. Darunter fallen alle Arbeiten, bei denen das asbesthaltige Material vollständig ausgebaut und sachgerecht entsorgt wird.
Dazu zählen zum Beispiel
- der Rückbau von Asbestzementdachplatten oder Fassadenverkleidungen,
- der Ausbau von asbesthaltigen Lüftungs- oder anderer Rohrleitungen,
- die Demontage von asbesthaltigen Dichtungen, Brems- und Kupplungsbelägen,
- das Entfernen von asbesthaltigen Fußbodenbelägen und
- das Entfernen von asbesthaltigen Putzen, Kitten, Klebern oder Spachtelmassen.
Teilrückbauten sollten vermieden werden, da hier immer die Gefahr einer späteren Kontamination mit Asbest besteht.
Sanierungsarbeiten
Sanierungsarbeiten sind Arbeiten, bei denen die Möglichkeit der Freisetzung von Asbestfasern durch die vorhandenen asbesthaltigen Materialen mit einer Beschichtung oder durch eine staubdichte Abtrennung auf ein unkritisches Maß verringert wird. Die Art der Ausführung solcher Sanierungsarbeiten ist umfassend in der Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden geregelt.
Anmerkung: Sanierungsarbeiten sind immer nur eine „Behelfs-Maßnahme“, da die Gefährdung durch das asbesthaltige Material weiter besteht.
Instandhaltungsarbeiten
Instandhaltungsarbeiten umfassen alle Maßnahmen zur Bewahrung des Soll-Zustandes (Wartung), zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes (Inspektion) und zur Wiederherstellung des Soll-Zustandes (Instandsetzung). Die zulässigen Instandhaltungsarbeiten an asbesthaltige Materialien werden in Nummer 17 der TRGS 519 beschrieben. Hierzu gehören insbesondere die Demontage von asbesthaltigen Dichtungen, Brems- und Kupplungsbelägen. Instandhaltungsarbeiten an Asbestzementprodukten sollten in keinem Fall mehr ausgeführt werden, da im Regelfall die vorgefundenen Asbestzementprodukte das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Die einzige Ausnahme stellen notwendige Reparaturen an Rohrleitungen aus Asbestzement zur Beseitigung von Rohrbrüchen dar.
TRGS 519: Asbest Abbruch‑, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten
Die TRGS 519 untersetzt die in Anhang I Nr. 2.4 Gefahrstoffverordnung aufgestellten Anforderungen durch konkrete Vorgaben zur Umsetzung in der Praxis. Technische Regeln haben Empfehlungscharakter und sind keine Rechtsvorschriften. Sie stellen aber den Stand der Technik dar und der Arbeitgeber darf vermuten, dass er bei der Anwendung der Technischen Regeln alle erforderlichen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen getroffen hat. Er darf aber auch davon abweichen, wenn er auf anderem Weg das in den Regeln beschriebene Schutzniveau erreicht.
Der Adressat der Technischen Regeln ist genauso, wie bei den Verordnungen immer der Arbeitgeber. Das heißt aber nicht, dass Privatpersonen diese Regelungen, insbesondere die vorgegebenen Schutzmaßnahmen, bei Tätigkeiten mit Asbest nicht anwenden können, vielmehr sollen sie es im Rahmen der Möglichkeiten sogar.
In der TRGS 519 werden neben allgemeinen Regelungen Schutzmaßnahmen für konkrete Anwendungsfälle bei Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien beschrieben. Ergänzt wird dieses Regelwerk durch eine Reihe von Anhängen, in denen zum einen Musterformulare für die Anzeige von Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien und die Gefährdungsbeurteilung mit Arbeitsplan enthalten sind, aber auch Vorgaben für Lehrgänge zum Erwerb und Erhalt der Sachkunde, die Zulassung als Fachbetrieb sowie Anforderungen an die eingesetzte Technik.
Aktuell ergänzt wurde die TRGS 519 durch eine Hilfestellung zu Gefährdungsbeurteilung und zur Festlegung von Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern oder anderen ehemaligen verwendeten bauchemischen Produkten mit vergleichbaren Asbestgehalten.
Nicht vollständige Übersicht der zu beachtenden Regelungen bei Tätigkeiten mit Asbest
Gesetze
Verordnungen
- Chemikalienverbotsverordnung
- Gefahrstoffverordnung
- Gewerbeabfallverordnung
- Abfallverzeichnisverordnung
- Landes-Bauordnung
Technisches Regelwerk
Vorschriften und Regeln der gesetzlichen Unfallversicherer
- DGUV Vorschrift 1 Grundsätze der Prävention
- DGUV Vorschrift 38 Bauarbeiten
- DGUV Regel 112–189 Einsatz von Schutzkleidung
- DGUV Regel 112–190 Benutzung von Atemschutzgeräten
- DGUV Information 201–012 Verfahren mit geringer Exposition gegenüber Asbest bei Abbruch‑, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten
- DGUV Information 201–050 Gebundene Asbestprodukte in Gebäuden
Sonstige Normen und Regeln
- LASI Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung, 3. überarbeitete Auflage mit Ergänzung im Abschnitt I „Asbest“ (LV 45)
- LAGA Merkblatt Nr. 23: Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle
- Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest — Richtlinie), Ausgabe Januar 1996