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Straße und Verkehr im Blick

Head-up-Displays
Straße und Verkehr im Blick

Straße und Verkehr im Blick
Bei kontaktanalogen HUDs werden Informationen so dargestellt, als wären sie Teil der Umwelt, hier die nachgezeichnete Fahrspur und eingeblendet die Geschwindigkeit. Foto: BMW
Head-up-Dis­plays kön­nen in Fahrzeu­gen zahlre­iche Infor­ma­tio­nen in das Sicht­feld des Fahrers pro­jizieren. Damit sollen sie zu einem besseren Überblick beitra­gen und die Verkehrssicher­heit verbessern. Die Tech­nik hinkt den Möglichkeit­en jedoch noch hinterher.

Petra Han­nen

Über­mü­dung, Alko­hol am Steuer, stark über­höhte Geschwindigkeit – diese Unfal­lur­sachen sind hin­länglich bekan­nt. Dass aber auch die Ablenkung durch tech­nis­che Geräte wie Navis und Smart­phones die Unfall­ge­fahr deut­lich erhöht, zeigt die aktuelle Verkehrssicher­heitsstudie aus dem Allianz Zen­trum für Tech­nik (AZT). Erst­mals belegt die Unter­suchung einen Zusam­men­hang zwis­chen vie­len der heuti­gen Infor­ma­tions- und Kom­mu­nika­tions­funk­tio­nen im Auto und höheren Unfall­rat­en. Denn allein um diese Geräte oder andere Anzeigen in Cock­pit oder Arma­turen­brett abzule­sen, müssen Fahrer in der Regel den Blick von der Straße abwen­den – min­destens für eine halbe Sekunde, was bei einem Tem­po von 120 Kilo­me­tern pro Stunde bedeutet, dass eine Strecke von rund 20 Metern qua­si blind gefahren werden.

Zuerst in der Luftfahrt angewandt

Um diesen Blind­flug zu ver­mei­den, wur­den soge­nan­nte Head-up-Dis­plays (HUDs) entwick­elt. Als weit­er­er Vorteil der Tech­nik, die Infor­ma­tio­nen direkt in das Sicht­feld des Fahrers ein­blendet, gilt
eine gerin­gere Ermü­dung der Augen. Denn jedes Mal, wenn der Blick von der Straße auf die abzule­sende Anzeige und dann wieder auf die Straße gerichtet wird, müssen sich die Augen an deut­lich abwe­ichende Sehent­fer­nun­gen anpassen.

Neu ist die Idee der ins Sicht­feld pro­jizierten Infor­ma­tio­nen übri­gens nicht. Gen­er­al Motors stat­tete in den USA bere­its in den 1980er Jahren erste Auto­mod­elle mit Schwarzweiß-HUDs aus, die über feste, nicht kon­fig­urier­bare Anzeigen ver­fügten. In Europa gilt Her­steller BMW als Vor­re­it­er, der 2003 die 5‑er und 6‑er Mod­ell­rei­hen mit ersten, damals von Siemens gefer­tigten Dis­plays aus­rüstete. Und ihren Ursprung hat die Tech­nik in der Luft­fahrt, die solche Sys­teme schon seit den 1940er Jahren nutzt – zunächst an Bord von Kampf­flugzeu­gen, später auch in zivilen Jettypen.

Tech­nisch hat sich bei HUD-Sys­te­men vor allem im Auto­mo­bil­bere­ich in den ver­gan­genen Jahren jedoch viel getan. Das Grund­prinzip ist zwar immer noch gle­ich: Infor­ma­tio­nen wer­den als virtuelles Bild gener­iert und dann von einem Optik­mod­ul im Arma­turen­brett per Umlenkung auf eine gle­ich­sam spiegel­nde wie licht­durch­läs­sige Fläche pro­jiziert, oft die Wind­schutzscheibe. Aber im Gegen­satz zu den Anfän­gen sind die schwarzweißen Anzeigen jet­zt far­big und die angezeigten Para­me­ter kon­fig­urier­bar. Und am deut­lich­sten hat sich der optis­che Ein­druck verän­dert. In ein­er sim­plen Aus­führung zeigen HUDs am unteren Rand des Sicht­feld des Fahrers wichtige Infor­ma­tio­nen an, die zum Navigieren des Fahrzeugs benötigt wer­den, beispiel­sweise Geschwindigkeitsin­for­ma­tio­nen, Pfeile für Rich­tungsangaben oder Warn­mel­dun­gen. Optisch wirkt die Anzeige dabei so, als befände sie sich in zwei bis drei Metern Ent­fer­nung vom Fahrer.

Aufwändi­ger ist die Inte­gra­tion von Aug­ment­ed Real­i­ty (AR) in die Funk­tion­sweise des Head-up-Dis­plays. Bei solchen AR-HUDs wird der Blick auf die reale Welt vor der Motorhaube mit Hil­fe von Sen­soren um virtuelle Infor­ma­tio­nen ergänzt. Beispiel­sweise kann eine inte­gri­erte Spur­führung­shil­fe ein Warnsignal auf­flack­ern lassen, wenn die Fahrbahn­be­gren­zung nicht einge­hal­ten wird. Optisch liegt der Abstand vom Auge des Fahrers bis zum virtuellen Bild bei etwa fünf Metern, die Anzeige selb­st rückt wegen Art und Weise der einge­blende­ten Infor­ma­tio­nen vom unteren Rand des Sicht­feldes in dessen Zen­trum. „Mit den in aktuellen Serien­fahrzeu­gen ver­füg­baren Sen­soren lässt sich
eine örtlich präzise und ruck­el­freie Anzeige jedoch nicht zufrieden­stel­lend umset­zen“, so die Beobach­tung von Matthias Wal­ter, der sich als Mitar­beit­er am Lehrstuhl für Ergonomie der TU München mit Head-up-Dis­plays beschäftigt.

Informationen werden Teil der Umwelt

AR-HUDs sind aus Wal­ters Sicht jedoch die HUD-Lösung mit dem größten Poten­zial. Bei neueren Mod­ellen – manch­mal auch kon­tak­tanaloge beziehungsweise kHUDs genan­nt, allerd­ings wer­den die Begriffe AR-HUD und kHUD inzwis­chen syn­onym ver­wen­det – ver­größert sich optisch der Abstand zwis­chen Fahrer und einge­blende­ter Infor­ma­tion nochmals auf etwa zehn bis 15 Meter. So lassen sich Infor­ma­tio­nen noch bess­er so darstellen, als wären sie Teil der Umwelt – ein angezeigter Nav­i­ga­tion­spfeil beispiel­sweise schwebt dabei nicht über der Motorhaube, son­dern erscheint so, als läge er direkt auf der Straße. Um diese Tech­nik voll auszuschöpfen, müssen Matthias Wal­ter zufolge jedoch reale und virtuelle Welt aus­re­ichend in Deck­ung gebracht wer­den: mit höchst präzis­er und schneller Sen­sorik, hochge­nauem GPS, spur­ge­nauen Kar­tendat­en, Radar- und Lidarsen­soren, Kam­eras und Laser­scan­nern – eine Herausforderung.

Blickabwendungen reduziert

Im Gegen­satz zur Tech­nik wird das The­ma Sicher­heit bei der Nutzung von HUD kaum noch disku­tiert. Forschende von der Uni­ver­sität Toron­to veröf­fentlicht­en zwar 2015 eine Studie, wonach es eher schlecht für die Verkehrssicher­heit ist, wenn Fahrer mit ver­schiede­nen Infor­ma­tion­squellen im sel­ben visuellen Wahrnehmungs­bere­ich zurecht kom­men müssen. Andere Wis­senschaftler gehen jedoch eben­so wie der deutsche Geset­zge­ber davon aus, dass die Ablenkung des Blicks während der Fahrt gefährlich­er ist als das Ein­blenden zusät­zlich­er Infor­ma­tio­nen. Das Beruf­sgenossen­schaftliche Insti­tut Arbeit und Gesund­heit (BGAG) war schon 2006 nach einem Pro­jekt zur Auswirkung von Head-up-Dis­plays auf das Fahrver­hal­ten zu dem Schluss gekom­men, dass die Erfas­sung von Infor­ma­tio­nen mit HUDs weniger Aufmerk­samkeit und Zeit des Fahrers erfordert als ohne. Und der deutsche Bun­desrat hat bei der jüng­sten Über­ar­beitung der Straßen­verkehrsor­d­nung aus­drück­lich begrüßt, dass HUDs mehr und mehr zur Stan­dar­d­ausstat­tung mod­ern­er Fahrzeuge gehören, da sie Blick­ab­wen­dun­gen reduzieren: „Das Zeigen von Verkehrsze­ichenanord­nun­gen im Blick­feld und von fahrzeug­seit­i­gen Infor­ma­tio­nen zum Zus­tand des Fahrzeugs sowie Infor­ma­tio­nen zum Fahrtweg erscheinen generell geeignet, um den Fahrzeugführer bei der sicheren Verkehrsteil­nahme zu unterstützen.“

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