Die Gefahrenzone befindet sich unter der Liegefläche. Wenn eine Person dorthin gerät und aus Versehen die elektrische Höhenverstellung betätigt wird, kann sie unter Umständen eingequetscht werden. Das Risiko ist bei Fußtastern und Schaltgestängen für die Höhenverstellung besonders groß. Im schlimmsten Fall gelangt man so ungünstig mit dem Körpergewicht auf die Steuerung, dass man die Abwärtsbewegung der Liege nicht mehr stoppen und sich nicht mehr selbst befreien kann. Gefährdet sind zum Beispiel Reinigungskräfte.
Sicherheitseinrichtung verwenden
Praxen, Kliniken und weitere Einrichtungen sollten deshalb die vorhandenen Liegen und ihre Sicherheitsabläufe überprüfen. Nach Auffassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind automatisch höhenverstellbare Therapieliegen so zu konstruieren, dass versehentliches Betätigen der Steuerung nicht möglich ist oder zu keiner Personengefährdung führen kann.
Bislang werden dazu von den Therapieliegenherstellern überwiegend sogenannte Sperrboxen angeboten. Diese Bauteile verhindern, wenn sie aktiviert sind, das Anlaufen des Motors. Sie sollen auch sicherstellen, dass ausschließlich autorisierte Personen die Höhenverstellung in Gang setzen können.
Neuere Therapieliegen, die nach 2004 beschafft wurden, verfügen meist über eine solche Sperrbox. Andere geeignete Sicherheitsmechanismen werden bisher nur vereinzelt angeboten. Therapieliegen älterer Bauart müssen nachgerüstet werden. Aus haftungsrechtlichen Gründen sollte die Nachrüstung nur mit Bauteilen erfolgen, die von der Herstellerfirma der Liege freigegeben sind, und der Einbau durch eine autorisierte Fachfirma vorgenommen werden. Ebenfalls wichtig: Die Sicherheitseinrichtung muss ein fest verbundener Bestandteil der Liege sein. Extern angeschlossene Sperrmechanismen kommen nicht in Frage, da sie zu leicht außer Kraft gesetzt werden können.
Sperrboxvarianten
Für den Begriff Sperrbox existiert keine feste Definition. Es gibt verschiedene, unterschiedlich effektive und anwendungsfreundliche Varianten. Am sichersten sind Sperrboxen mit Schaltstift oder (Magnet-)Schlüssel, die eine Inbetriebnahme nur bei gestecktem Stift oder Schlüssel zulassen. Wird dieser abgezogen, ist eine unautorisierte oder versehentliche Betätigung ausgeschlossen.
Ebenfalls wirksam sind Schlüsselschalter an Handtastern. Sie sind jedoch aufgrund ihrer geringen Größe deutlich weniger bedienungsfreundlich und robust. Abzuraten ist nach Einschätzung der BGW dagegen von Drehschaltern ohne entfernbares Bedienelement. Denn diese können jederzeit auch von unbefugten Personen betätigt werden, etwa von Kindern.
Sicherheitsabläufe einhalten
Das Vorhandensein einer Sperrbox allein verhindert noch nicht das unautorisierte oder versehentliche Ingangsetzen der Höhenverstellung. Wichtig ist auch, dass die Sperrbox bestimmungsgemäß benutzt wird. Für einen wirksamen Schutz kommt es deshalb neben technischen auch auf organisatorische Aspekte an.
Die Beteiligten vor Ort müssen immer über Risiken und Schutzmaßnahmen informiert sein. Dies gilt für eigene Beschäftigte des Betriebs genauso wie für das Personal etwaiger Fremdfirmen, etwa für externe Reinigungskräfte. Ganz wichtig ist zudem, dass Sicherheitsunterweisungen für Neulinge im Betrieb umgehend erfolgen. Sie sind noch nicht mit den Gegebenheiten vertraut und daher besonders gefährdet. Unterweisungen müssen außerdem regelmäßig wiederholt werden.
Autor: Michael Gerhards
Referent, Aufsichtsperson
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
Checkliste
- Möglichst nur Liegen einsetzen, bei denen rein technisch das Unfallrisiko gering ist: zum Beispiel Modelle mit Hubsäule und großem Mindestabstand oder Therapieliegen mit manueller Höhenverstellung.
- Ältere Therapieliegen ohne Sicherheitsmechanismus mit einer Sperrbox oder einer vergleichbaren Maßnahme gemäß BfArM-Bewertung nachrüsten.
- Darauf achten, dass die Sicherheitselemente gut erreichbar und leicht zu bedienen sind.
- Regelungen zum Betreiben der Liegen treffen (zum Beispiel in einer Betriebsanweisung).
- Alle Personen vor Ort jederzeit umfassend über Risiken und Schutzmaßnahmen informieren – nicht nur die eigenen Beschäftigten, sondern auch das Personal von Fremdfirmen.
- Darauf achten, dass Neulinge umgehend unterwiesen werden, und klären, wer Fremdfirmenpersonal unterweist.
- Dafür sorgen, dass die Sicherheitsabläufe lückenlos umgesetzt werden.
- Weitere Informationen gibt es unter www.bgw-online.de/
goto/therapieliegen
Fatale Fehlerkette – ein Fallbeispiel
In einer Praxis für Physiotherapie wurde eine Reinigungskraft unter einer Massageliege eingequetscht und tödlich verletzt. Sie beugte sich unter die Liege und kam mit dem Knie auf das Fußpedal zur Höhenverstellung. Die Liege fuhr herunter und klemmte die Frau ein, die sich nicht mehr befreien konnte.
In diesem Fall führten gleich mehrere Fehler zu dem tragischen Ausgang: Zwar verfügte die Liege über eine Sperrbox, allerdings war diese schwer zu erreichen und der Sicherungsstift wurde nach Behandlungsende nicht herausgezogen. Zudem war die Reinigungskraft neu und nicht ausreichend über die Risiken informiert. Zuständig dafür wäre die Reinigungsfirma gewesen. Hier waren die Therapieliegen vertraglich von der Reinigung ausgenommen worden und ein Untersteigen wurde ausdrücklich untersagt.
Jedoch wies die Praxisleitung sonst die Reinigungskräfte zusätzlich darauf hin, wie sich die Liegen zur Bodenreinigung verschieben lassen. In diesem Fall hatte es aber noch keinen persönlichen Kontakt mit der neu vor Ort eingesetzten Reinigungskraft und somit auch keinen entsprechenden Hinweis gegeben.