Bewusstlosigkeit kann verschiedene Ursachen haben. Sie ist ein Notfall, bei dem Lebensgefahr besteht. Da keine Reflexe mehr vorhanden sind, kann Blut oder Erbrochenes in die Lunge gelangen. Wie versorgt man einen Bewusstlosen? Was ist bei vorhandenen Verletzungen zu beachten?
Steffen Pluntke Otto-Hahn-Ring 9 14480 Potsdam
Personen, die bewusstlos auf dem Boden liegen, können zunächst nicht selbst aus Gefahrenbereichen entkommen.
Doch auch ohne externe Gefahren besteht Lebensgefahr. Liegt der Bewusstlose auf dem Rücken, kann Mageninhalt in die Speiseröhre fließen. Es kommt zum Erbrechen. Aufgrund der Lage kann das Erbrochene jedoch nicht abfließen, so dass mit dem Atemreflex die Flüssigkeit in die Atemwege eindringt und den Gasaustausch behindert oder gar blockiert. Setzt die Bewusstlosigkeit plötzlich ein, kann der Betroffene hinfallen und sich diverse Verletzungen zufügen. Insbesondere Blutungen im Mundraum (bspw. Biss auf die Zunge) oder in der Nase sind in Verbindung mit dem Bewusstseinsverlust gefährlich, da auch hier wiederum Blut in die Lunge gelangen kann. Nicht zuletzt kann die Zunge selbst zur Gefahr werden, indem der Zungengrund erschlafft und so die Eigenatmung behindert.
Ursachen
Bei vorhandenem Bewusstsein arbeiten die verschiedenen Bereiche des Gehirns und des Nervensystems koordiniert zusammen. Ein Mensch kann Reize aufnehmen, verarbeiten und darauf reagieren. Auch die Prozesse, die nicht der willentlichen Kontrolle unterliegen – insbesondere die Schutzreflexe wie Würgen, Husten, Schlucken –, sind vorhanden. Ohne Bewusstseinsbeeinträchtigungen kann ein Mensch Angaben über Zeit, Ort und Person machen. Zur Bewusstlosigkeit kann es stufenweise kommen. Ist das Bewusstsein zunächst noch klar, kann es im nächsten Moment getrübt (z. B. Benommenheit, Verwirrung) sein, bis es schließlich zum Verlust kommt. Letzteres führt zum Erlöschen der Schutzreflexe.
Bewusstlosigkeit kann vielfältige Ursachen haben:
- Unfälle: Gewalteinwirkung auf den Kopf, Schmerzen, starker Blutverlust
- Erkrankungen: als Folge eines epileptischen oder diabetischen Notfalls,Herz-Kreislauferkrankungen, Kreislaufproblemen (u. a. bei hohen Temperaturen)
- Vergiftungen: übermäßiger Alkoholgenuss, Drogenkonsum, Lösungsmitteldämpfe
Erkennungsmerkmale
Um die reine Bewusstlosigkeit vom Kreislaufstillstand abzugrenzen, ist eine genaue Überprüfung der Lebenszeichen notwendig:
- 1. Fassen Sie den Betroffenen an beiden Schultern an und schütteln Sie ihn leicht. Sprechen Sie ihn laut an. Säuglinge werden nicht geschüttelt, da es hier zu Gehirnblutungen kommen kann; ggf. ist ein leichter Schmerzreiz zu setzen. Reagiert der Betroffene nicht, ist von einer Bewusstlosigkeit auszugehen.
- 2. Anschließend überprüfen Sie die Atmung. Drehen Sie den Bewusstlosen hierzu ggf. auf den Rücken. Fassen Sie ihn an seiner Stirn an und beugen Sie den Kopf leicht nackenwärts. Man nennt dies den lebensrettenden Handgriff, da durch das Überstrecken des Kopfes der Zungengrund nicht mehr die Atemwege blockiert. Ist eine eigene Atmung noch vorhanden, wird sie nun nicht mehr durch die Zunge behindert. Es ist nicht notwendig, extra in den Mund zu schauen. Es werden nur offensichtlich vorhandene Fremdkörper entfernt. Legen Sie anschließend Ihr Ohr und Ihre Wange ganz dicht über den Mund-Nasen-Bereich des Betroffenen und blicken Sie gleichzeitig in Richtung des Brustkorbes (Abb. 1). So können Sie die Atmung gleichzeitig hören, sehen und fühlen.
Die Atemprüfung darf nicht länger als 10 Sekunden dauern – auch wenn die Kontrolle durch laute Nebengeräusche oder Wind nicht so einfach ist.
Bei Säuglingen (bis zum Ende des 1. Lebensjahres) dürfen Sie den Kopf bei der Atemkontrolle nicht zu stark überstrecken. Das Kinn wird vielmehr nur mit zwei Fingern leicht angehoben und in die sogenannte Schnüffelstellung bzw. Neutralposition gebracht.
Ist eine normale Atmung feststellbar, legen Sie den Betroffenen in die stabile Seitenlage.
Gegenstände wie Uhren‑, Brillengläser, Taschenspiegel oder eine Feder sind zur Feststellung der Atmung ungeeignet. In den meisten Fällen sind sie sowieso nicht zur Hand.
Erstversorgung
Die stabile Seitenlage ermöglicht bei einer Bewusstlosigkeit das zur Seite Fallen der Zunge und den Abfluss von vorhandenen Flüssigkeiten aus dem Mund-Nasen-Raum. Die Seitenlage ist daher lebensrettend. Bei Säuglingen wurde in der Vergangenheit die stabile Bauchlage angewendet. Nach neueren Lehraussagen werden sie nun auch in die stabile Seitenlage gebracht:
- 1. Knien Sie sich seitlich neben den Bewusstlosen. Legen Sie den nahen Arm im angewinkelten Zustand nach oben. Die Handinnenfläche zeigt dabei nach außen. 2. Ergreifen Sie den anderen Arm und legen Sie ihn quer über die Brust. Der Handrücken wird an der Wange angelegt. Halten Sie diese Hand fest.
- 3. Fassen Sie an den gegenüberliegenden Oberschenkel kurz über dem Kniegelenk an, beugen Sie das Bein ein und richten Sie es auf. Fassen Sie nicht in das Kniegelenk rein, da es beim Beugen zu Gelenkverletzungen kommen kann.
- 4. Drehen Sie den Betroffenen vorsichtig zu sich herüber.
- 5. Richten Sie das oben liegende Bein so aus, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt.
- 6. Überstrecken Sie den Kopf leicht nackenwärts, um das Freihalten der Atemwege sicherzustellen. Öffnen Sie den Mund, so dass Flüssigkeiten ungehindert ablaufen können. Das geht nur, wenn Sie darauf achten, dass der Mund den niedrigsten Punkt darstellt (Abb. 3).
- 7. Decken Sie den Betroffenen bei Bedarf zu und bleiben Sie bei ihm. Kontrollieren Sie permanent die Lebenszeichen, um bei Veränderungen sofort helfen zu können.
Sonderfälle
Hin und wieder liegen die betroffenen Personen nicht auf dem Rücken oder haben zusätzlich noch andere Verletzungen. Viele Ersthelfer sind sich hier unsicher, ob überhaupt und wie eine Seitenlage durchzuführen ist. Diese Frage ist nicht in jedem Fall leicht zu beantworten. Generell gilt in der Ersten Hilfe das Prinzip der Lebensrettung, so dass im Zweifelsfall bei einer Bewusstlosigkeit die stabile Seitenlage anzuwenden ist – unabhängig von weiteren Verletzungen.
- Liegt der Bewusstlose auf dem Bauch, müssen Sie ihn zur effektiven Atemkontrolle ohnehin auf den Rücken drehen, bevor Sie die Seitenlage anwenden.
- Besteht ein Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung, neigen viele Helfer dazu lieber nichts zu tun, um weitergehende Schädigungen zu vermeiden. Aber auch hier gilt wieder der Grundsatz des Vorrangs der Lebensrettung. Sie müssen immer davon ausgehen, dass es sich nur um einen Verdacht handelt, den Sie haben. Bei sachgemäßer Umsetzung der Seitenlage ist eine Verschlimmerung nicht zu befürchten. Ideal ist es, wenn Sie den Betroffenen zu zweit in die Seitenlage drehen. Ein Helfer führt wie beschrieben die Drehung durch, ein anderer führt gleichzeitig den Kopf mit.
- Eine auf dem Rücken liegende schwangere Frau im fortgeschrittenen Monat kann durch den Druck des Kindes in der Gebärmutter auf eine bestimmte Vene bewusstlos werden (Vena-Cava-Kompressionssyndrom). Die Frau sollte vorzugsweise auf die linke Seite gedreht werden.
- Sind Verletzungen an einer Bauch- oder Brustkorbseite sichtbar, so sollte der Bewusstlose auf die verletzte Seite gedreht werden, damit der gesunde Lungenflügel sich frei entfalten kann und die Verletzung durch den Auflagedruck verschlossen wird.
- Ist hingegen ein Bein gebrochen, sollten Sie beim Drehen nur das gesunde Bein anwinkeln bzw. zum Drehen benutzen.
Steffen Pluntke
E‑Mail: S.Pluntke@gmx.de
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