„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ Der Häuptling der Cree-Indianer hat vor 150 Jahren mit seiner berühmt gewordenen Mahnung noch nicht an moderne Brandschutztechnologien denken können. Sein Aufruf zum sorgsamen Umgang mit unserem Planeten besitzt dennoch aktuelle Brisanz für das Thema „Brandschutz und Umweltschutz“. Allein bei einem Wohnhausbrand werden 17.000 Umweltgifte freigesetzt.
bvfa e.V. Angela Krause Koellikerstr. 13 97070 Würzburg
Weitaus größer können die Umweltbelastungen bei Bränden in Industrieanlagen sein. Auszüge aus einer Chronologie der Brandkatastrophen belegen die Aktualität der Indianerweisheit.
Am 1. November 1986 schockt die Brandkatastrophe im Chemielager Sandoz bei Basel ganz Europa. Mit dem Löschwasser gelangen 300 Tonnen Herbizide und Pestizide in den Rhein und vernichten das biologische Leben im Oberrhein weitgehend. Mehr als 500 Flusskilometer und das Erdreich wurden vergiftet. Das Chemielager hatte 1986 weder Feuermelder noch Sprinkleranlagen. „Damals galt einfach die Eigenverantwortung der Inhaber, eine Kontrolle gab es nicht“, erinnert sich Rudolf Braun, Leiter Chemiesicherheit von Basel-Stadt. Hochgiftige Chemikalien wurden in den Rhein geschwemmt, denn es gab keinerlei Rückhaltebecken. „Vom Brandplatz her ist Löschwasser, welches dort versickert ist, in den Untergrund eingedrungen und hat die Trinkwasserversorgung der Stadt Basel und der Region gefährdet“, sagt Geograf Martin Forter.
Jahre später, 2005, hält „der möglicherweise größte Brandunfall seiner Art in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg“ die Welt in Atem: In Buncefield nahe London brennt eines der größten Treibstofflager des Landes. Millionen Liter Kerosin für die Londoner Flughäfen lagern hier, riesige Benzindepots für englische Tankstellen kommen dazu. Die Explosion wird als Erdbeben der Stärke 4,2 auf der Richterskala angezeigt, Fenster und Türen in der Umgebung bersten, 43 Menschen werden verletzt. Mit einem Schaumteppich bekämpft die Feuerwehr den Großbrand mehrere Tage lang. Eine dicke schwarze Rauchwolke und beißender Benzingestank hängt tagelang über der Region.
2006 verseucht ein Brand auf dem Gelände des Chemie-Logistikers Brenntag in Caldas de Reis im Nordwesten Spaniens den Fluss Umia. Hochgiftige Schadstoffe färben das Flusswasser in einem fünf Kilometer langen Teppich türkis. Einige der wichtigsten Muschelbänke des Landes an der Flussmündung sind gefährdet, viele Fischer fürchten um ihre Existenz. Erdöl-Derivate wie das Krebs erregende Benzol verseuchen das Wasser, die Trinkwasserversorgung für rund 100 000 Menschen muss vorübergehend eingestellt werden.
Bereits vier deutsche Chemie-Brände im Jahr 2008
Auch das Jahr 2008 hat bereits vier innerdeutsche Chemie-Brände aufzuweisen. Das Chemielager der Firma Donaulager, in dem Lacke, Verdünnungs- und Reinigungsmittel sowie Spraydosen aufbewahrt werden, geriet in Brand. Im Heilbronner Industriegebiet brannte ein Tanklager. Nach dem Brand im Tanklager des Chemiewerks Ineos beunruhigte eine Giftwolke über Köln die Bevölkerung. Um das durch eine geborstene Leitung entstandene Feuer zu löschen, waren 1200 Feuerwehrleute im Einsatz. Am 25. Mai 2008 stand eine große Sortierhalle des Recycling-Unternehmens Remondis in Ulm vollständig in Flammen. Die Ulmer Feuerwehr wurde von einem der automatischen Brandmelder alarmiert, die wegen der leicht entzündlichen Materialien in den Lager- und Produktionshallen installiert sind. Eine immense Rauchwolke stieg kilometerweit auf. Bis zu 30 Meter hohe Stichflammen und eine brennende Fläche von 6000 Quadratmetern machten den Einsatz von mehr als 200 Wehrleuten notwendig. Die Menschen in der Region wurden aufgerufen, Fenster und Türen geschlossen zu halten, weil am Brandherd offenbar Kunststoffe aus dem „Gelben Sack“ wie Zunder verbrannten und giftige Gase entwickelten. Die Recyclinganlage war nicht mit einer Feuerlöschanlage ausgestattet.
Die Schadensbeispiele zeigen den komplexen Zusammenhang zwischen Brandschutz und Umweltschutz. Generell ist jedes Feuer, das sich durch automatische Löschanlagen erst gar nicht zum Brand entwickelt, aktiver Umweltschutz. Aber nicht nur die Rauchentwicklung des Feuers schadet der Umwelt, auch die Brandlasten können giftige Gase freisetzen, die gesundheits- und umweltschädlich sind. Dazu kommt das Problem des kontaminierten Löschwassers, das im Falle Sandoz erst die umfangreiche Rheinverschmutzung verursachte. Wenn Flüsse durch Löschwasser und austretende Chemikalien vergiftet werden, ist oft auch die Trinkwasserversorgung vieler Menschen in Gefahr. Auch eine Verschmutzung des Erdreichs kommt häufig bei Großbränden in Industrieanlagen hinzu.
Sprinkleranlagen als Antwort
Die Antwort der Brandschutzbranche auf die Frage nach der größtmöglichen Sicherheit für Gebäude und Anlagen mit hohem Gefahrenpotenzial lautet Sprinkleranlagen. Der Löscherfolg von 98 Prozent macht Sprinkleranlagen zu einem wertvollen Baustein in einem Brandschutzkonzept, das Personen, Sachwerte, Produktion und die Umwelt effektiv schützt. Brände werden durch Sprinkleranlagen zwar nicht verhindert, aber bereits in der Entstehungsphase gemeldet und bekämpft. Damit werden auch Umweltschäden minimiert. Der gezielte Löschangriff setzt zeitgleich mit der Branderkennung ein. Und das rund um die Uhr. Dabei gehen Sprinkleranlagen auch mit der Ressource Wasser höchst sparsam um. Durch die schnelle Brandentdeckung und die sofortige und gezielte Brandbekämpfung bleibt der Löschwasserbedarf – insbesondere im Vergleich zum Löschwasserbedarf der Feuerwehr – meist gering. Das führt wiederum dazu, dass nur geringe Löschwasserrückhaltung nötig ist, um Flüsse, Grundwasser und Boden sauber zu halten.
Zugeschnittene Brandschutzkonzepte für spezielle Risiken
Neben Brandschutzlösungen mit Sprinkleranlagen gibt es noch eine Reihe weiterer Löschanlagentypen, die hochwirksame zugeschnittene Schutzkonzepte für spezielle Risiken bieten und zugleich umweltverträglich sind – zum Beispiel Gaslöschanlagen. In der gesamten Entwicklungsbreite von Gaslöschanlagen sind die Möglichkeiten längst nicht ausgereizt. Mit dem internationalen Halon-Verbot zum Schutz der Ozonschicht, wurde ein Anfang gemacht. Die Natur bietet Stoffe, mit denen Feuer effektiv und ohne Umweltbelastung bekämpft werden kann. Um die Umwelt zu schonen, werden natürliche, aus der Luft gewonnene Gase favorisiert: Die Inertgase Argon, Stickstoff und Kohlendioxid, oder auch Mischgase, sind nahezu jederzeit und überall verfügbar und besitzen kein Ozon-Abbaupotenzial. Inertgase finden in aktiven Brandvermeidungssystemen Anwendung. Das Löschen erfolgt durch die Sauerstoffverdrängung. Beispielsweise können Niederdruck-CO2-Löschanlagen Gefahrstoffläger schützen.
Auch chemische Löschmittel haben – unter Umweltaspekten – für bestimmte Anwendungen, bei denen geringer Platzbedarf und schneller Löscherfolg entscheidend sind, ihre Berechtigung. Die neuen Generationen von chemisch wirkenden Löschmitteln sind durchaus umweltverträglich. Sie haben- anders als Halon – keine ozonschädigende Wirkung mehr und auch das Erderwärmungspotenzial ist stark reduziert bis nicht mehr vorhanden.
Auch durch Einrichtungsschutzanlagen werden Brände schneller erkannt, Löschmittel werden lokal ausgerichtet eingesetzt und die erforderliche Menge kann dadurch reduziert werden. Aber auch die Raumdichtigkeitsprüfung (Door Fan Test) trägt dazu bei, ein unnötiges Freisetzen von Löschmitteln zu verhindern und die Löschmittelmengen zu verringern. Intelligente Brandmeldeanlagen erkennen Störungen und stellen die frühestmögliche zuverlässige Erkennung tatsächlicher Brände sicher.
Seit Sandoz gilt das Vorsorgeprinzip
Nach der Sandoz-Katastrophe reagierte die Schweiz mit einer Weiterentwicklung des Vorsorgeprinzips in der Störfallverordnung für Betriebe, in denen chemische und biologische Gefahrenpotenziale vorhanden sind. Bei diesen Anlagen muss der Stand der Sicherheitstechnik erfüllt sein, und das von diesen Anlagen ausgehende Risiko für Bevölkerung und Umwelt muss tragbar sein.
Aber auch hierzulande brachten bereits die 80er und 90er Jahre verschärfte Vorschriften:
- Die Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten TRbF 100 „Allgemeine Sicherheitsanforderungen“ in der Fassung von 1987/1989
- Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 514 „Lagern sehr giftiger und giftiger Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“ vom September 1987
- Die Richtlinien zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (Löschwasser-Rückhalte-Richtline – LöRüRL) vom August 1992.
Sprinkleranlagen minimieren Risiko und Schaden
Die Schadenshöhe von gesprinklerten Flächen im Vergleich mit der von nicht gesprinklerten Flächen beträgt nach einer Langzeitanalyse der debis Risk Consult GmbH 1:36. Dieses Verhältnis lässt sich auch auf den Umweltbeitrag der Sprinkleranlagen übertragen. 36-mal sicherer vor Verschmutzung und Verunreinigung sind Luft, Gewässer und Boden, wenn Gebäude mit hohem Gefahrenpotenzial mit Sprinkleranlagen ausgerüstet sind. Auch die Feuerversicherer honorieren den Einbau von Sprinkleranlagen mit Rabatten bis zu 65 Prozent.
Fazit
Sowohl die Langzeitanalyse über die Effizienz von Sprinkleranlagen als auch die Überlegungen zur Wirkungsweise und Auslegung dieser Anlagen zeigen überzeugend, dass Sprinkleranlagen nicht nur für den Personen- und Sachschutz, sondern auch für den Umweltschutz eine effektive Lösung darstellen. Diese Tatsache gewinnt noch an Gewicht, wenn man bedenkt, dass bei Bränden im industriellen Bereich, insbesondere bei Lagerbränden, nicht nur bekannte, sondern auch unbekannte giftige Stoffe freigesetzt werden. Auch Gaslöschanlagen haben unter Umweltaspekten für bestimmte Anwendungen ihre Berechtigung: Sie löschen Brände schnell und wirkungsvoll, haben keine ozonschädigende Wirkung und hinterlassen keine Löschmittelrückstände. Die bvfa-Mitgliedsfirmen werden weiterhin mit Forschung und Entwicklung in allen Bereichen des modernen Brandschutzes einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Auch der Häuptling der Cree würde heute zustimmen: Vorbeugender und effektiver Brandschutz ist der beste Umweltschutz!
Autor:
Dr. Wolfram Krause
bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e.V.
E‑Mail: info@bvfa.de
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