Wege von und zur Arbeit stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Dabei müssen Ausgangs- bzw. Endpunkt der Fahrt nicht unbedingt die eigene Wohnung sein. Möglich ist auch ein so genannter dritter Ort.
Unter dem Schutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, DGUV, steht das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Versichert ist nur der Weg, der mit der versicherten Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang steht. Der Weg muss daher wesentlich dazu bestimmt sein, den Ort der Tätigkeit aufzusuchen oder nach Beendigung der Tätigkeit die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges zu erreichen. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist grundsätzlich bei unmittelbaren Wegen zwischen Arbeitsstätte und Wohnung anzunehmen.
Was ist ein „dritter Ort“?
Ausgangspunkt oder Endpunkt des Weges muss immer der Ort der versicherten Tätigkeit sein. Der andere Grenzpunkt des Weges ist gesetzlich nicht geregelt. Daraus wurde von der Rechtsprechung der Schluss gezogen, dass neben der Familienwohnung, d.h. die Wohnung, die für nicht unerhebliche Zeit den Lebensmittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet, auch ein anderer Ort Ausgangs- oder Endpunkt des versicherten Weges sein kann.
Anders ist dies im Übrigen bei Beamten. Hier ist in § 31 Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz geregelt, dass nur der unmittelbare Weg zwischen Wohnung und Dienststelle unter dem Schutz der Beamtenvorsorge steht.
Anstatt von oder zur Wohnung kann der Weg zur versicherten Tätigkeit also auch von einem anderen Ort – an einem so genannten dritten Ort – beginnen oder enden. Ein dritter Ort ist dabei jeder Ort, der nicht die Wohnung des Versicherten ist. Der Aufenthalt am dritten Ort muss mindestens zwei Stunden gedauert haben. Wichtig ist, dass der dritte Ort anstelle der Wohnung des Versicherten und nicht zusätzlich aufgesucht wird. Nur der Weg zwischen dem dritten Ort und der Arbeitsstätte ist vom Versicherungsschutz umfasst. Der vorherige oder der sich anschließende Weg nicht.
Wann besteht Versicherungsschutz?
Der Weg von oder zum dritten Ort steht nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Weg nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zum versicherten Weg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit steht. Bei der Beurteilung der Angemessenheit spielt also die Entfernung eine entscheidende Rolle.
In der jüngeren Rechtsprechung des BSG wurden darüber hinaus noch andere Aspekte in die Betrachtung einbezogen. Es soll auch berücksichtigt werden, ob die Verrichtung am dritten Ort dem Betrieb zugute kommt. Verrichtungen, die lediglich der geistigen Anregung, Entspannung oder Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Beziehungen dienen, werden nicht als betriebsdienlich angesehen. Es dürfte darüber hinaus wohl nicht ausreichend sein, wenn die Motive nur mittelbar betriebsdienlich sind. So können Arztbesuche zur Wiederherstellung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit den rechtlich wesentlichen und unmittelbaren Zusammenhang wohl nicht begründen. Diese Umstände können auch nicht die Beurteilung der Angemessenheit des Weges im Hinblick auf dessen Länge beeinflussen.
Der innere Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit ist aber immer dann gegeben, wenn die Wahl des Ausgangs- oder Endpunktes des Weges wesentlich durch Besonderheiten der versicherten Tätigkeit geprägt ist.
Beispiel: A ist Arzt und wird aufgrund eines Notfalls vom Wochenendaufenthalt an einem dritten Ort in die Klinik zurückgerufen. Gleiches gilt auch für das Zurücklegen des Weges im Rahmen einer Rufbereitschaft.
Wird der dritte Ort aus persönlichen Motiven gewählt, kann der Weg dann versichert sein, wenn die Länge des dadurch bedingten Weges im angemessenen Verhältnis zum Weg von der Wohnung steht. Die Angemessenheit wird nach Verkehrsanschauung ermittelt. Der so gewählte Weg darf sich z.B. nach Länge und Dauer nicht erheblich vom direkten Weg unterscheiden. Liegt also der dritte Ort auf dem direkten Weg oder stellt nur einen unerheblichen Umweg dar, ist in der Regel von einem angemessenen Verhältnis auszugehen. Die Rechtsprechung hat beispielsweise eine Verlängerung von 15 km auf 22 km und wenn aufgrund der Verkehrsverhältnisse nur wenige Minuten mehr benötigt wurden als angemessen anerkannt.
A arbeitet in H und wohnt im südwestlich von H gelegenen S. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 40 km. A verließ um 14.00 Uhr die Arbeitsstätte und fuhr ins nordöstlich gelegene H. Sie wollte dort einen Bekannten besuchen, bei dem sie seit einigen Jahren alle 14 Tage ihr freies Wochenende verbringt. Die Entfernung von der Arbeitsstätte dorthin beträgt 44 km. Es kam zu einem Unfall.
A befand sich auf einem versicherten Weg zu einem dritten Ort. (In Anlehnung an das Urteil des Bundessozialgerichts vom 09.12.2003, B 2 U 23/03 R)
Fehlt es an einem inneren Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit, d.h. weicht z.B. die geplante Strecke im Hinblick auf die Länge oder Dauer erheblich von dem Weg zur Wohnung des Versicherten ab, scheidet der Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf der Strecke ereignet, die der Versicherte üblicherweise benutzt.
Zwischenort oder dritter Ort?
Beim Zwischenort wird lediglich der Weg zwischen Arbeitsstätte und dem häuslichen Wirkungskreis unterbrochen. Dies ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn auf dem Weg nach Hause eine Tankstelle oder ein Supermarkt aufgesucht wird. Der Umweg zum Zwischenort steht nicht unter Versicherungsschutz.
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