Gefahrstoffe, explosionsfähige Gemische, Kennzeichnungspflichten, Arbeitsplatzgrenzwerte – dies sind nur einige der Begriffe, mit denen sich Unternehmen, die zuständigen Fachkräfte für Arbeitssicherheit und auch Sicherheitsbeauftragte auseinandersetzen müssen, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter beurteilen zu können.
Gemäß Gefahrstoffverordnung ist der Arbeitgeber u.a. verpflichtet, die Beschäftigten wirksam vor gesundheitsschädlichen Dämpfen und Gasen zu schützen.
Im Detail heißt das zu wissen, wann werden welche Gefahrstoffe in welchen Bereichen eingesetzt, welche gefährdenden Stoffe entstehen beispielsweise durch bestimmte Tätigkeiten oder werden dadurch freigesetzt. Welche Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken sind damit verbunden? Besteht erhöhter Schutzbedarf bei bestimmten Materialien oder für bestimmte Personengruppen? Welche vorsorglichen Maßnahmen sind zu treffen und in welchem Turnus auf ihre Wirksamkeit zu prüfen?
Die detaillierten Anforderungen müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz ermittelt und entsprechende Schutzmaßnahmen (Schutzstufenkonzept) festgelegt werden. Einen wesentlichen Schutzbeitrag beim Umgang mit Gefahrstoffen können dabei die so genannten Gefahrstoffarbeitsplätze leisten. Ihre originäre Aufgabe: Gase oder Dämpfe unmittelbar dort erfassen, wo sie entstehen oder austreten. Und sofort abtransportieren, bevor Mensch oder Umwelt gefährdet werden.
Gewährleistet wird die sichere Rückhaltung der Schadstoffe durch die Kombination aus Zu- und Abluft. Der Einsatz von Frischluftschleiern erzielt im Frontbereich des Arbeitsplatzes hohe Luftgeschwindigkeiten. Dies sorgt für eine optimale Erfassung der Gefahrstoffe sowie für den direkten Weitertransport an die rückwärtige Prallwand des speziellen Arbeitsplatzes. Die dort angebrachten Ansaugschlitze sorgen dafür, dass die Gefahrstoffe unmittelbar und sicher in das Abluftsystem geleitet werden. Da die gesundheitsgefährdenden Stoffe gar nicht erst in den Arbeitsraum eindringen (nachgewiesen durch lufttechnische Prüfung nach DIN EN 14175 Teil 3, Abs. 5.4), sind sichere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter möglich. Auch das Risiko einer explosionsfähigen Atmosphäre wird von vornherein ausgeschaltet.
Wasser‑, Gas‑, Druckluft- oder Reinstmedienversorgung sind in den Arbeitsplätzen ebenso umsetzbar wie unterschiedliche Größen, Materialien und Aufstellungsvarianten. Wesentlich und unveränderlich bleibt die Kernaufgabe, die Erfassung und sofortige Entsorgung der Dämpfe und Gase. Bei der gestalterischen Anpassung des jeweiligen Gefahrstoffarbeitsplatzes gibt es viele Varianten. Für die sichere und vorschriftsmäßige Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten und Chemikalien am Arbeitsplatz können zusätzlich typgeprüfte Sicherheitsschränke und Unterbauschränke mit den Arbeitsplätzen kombiniert werden. Auch speziellere Lösungen, abgestimmt auf einen oder mehrere besondere Arbeitsgänge, sind als Sonderanfertigungs-Service möglich.
Individuell zugeschnittenes Konzept
Fallbeispiel
In der Theorie klingt vieles gut, doch in der Praxis sieht es manchmal anders aus.
Norbert Weiß vom Unternehmen Envibow, asecos Fachhändler und Experte für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen, kennt sich mit den Fragen aus der Praxis aus. Wir stellten ihm Fragen zum sicheren Umgang mit Gefahrstoffen.
Als Spezialist für Lösungen im Bereich von Umwelt‑, Arbeits- und Brandschutz haben Sie täglich Kontakt zu den unterschiedlichsten Unternehmen. Lassen sich die Anforderungen an Gefahrstoffarbeitsplätze vergleichen?
Weiß: Die grundsätzlichen Anforderungen sind meist identisch. In erster Linie muss der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter gesichert werden. Ergänzend folgen Forderungen wie die Eingrenzung von explosiblen Dampf- und Luftgemischen, sprich die definierte Festlegung von Ex-Zonen oder die Beseitigung von Geruchsbelästigung. Bei den technischen Anforderungen allerdings wird es sehr individuell.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Weiß: Gerne. Ein Unternehmen, das in der Entwicklung und Produktion von Verbindungs- und Befestigungstechniken führend ist, benötigte eine kombinierte Lösung aus Gefahrstofflager und ‑arbeitsplatz, um die sichere Abfüllung von brennbaren Flüssigkeiten zu gewährleisten. Unter anderem werden in dem Unternehmen Kraftstoffschläuche für die KFZ-Branche entwickelt, was umfangreiche Tests mit verschiedenen Kraftstoffsorten erfordert.
Die Besonderheit war nun, das Abfüllen der Kraftstoffe im Labor sicherer zu machen. Denn die benzolhaltigen Dämpfe von Kraftstoffen sind nicht nur geruchsbelästigend, sondern auch krebserregend.
Außerdem sollte von den bis dato zwei Abfüllvorgängen, einmal im Außenlager und einmal im Labor, einer entfallen. Mit dem neuen Konzept sollten dann an einer zentralen Stelle sechs verschiedene Kraftstoffsorten abgefüllt werden können.
Und wie sieht die Gesamtlösung aus?
Weiß: Das aktuelle Konzept sieht die Lagerung der Kraftstoff-Fässer im Freien, in einem speziellen Lagerschrank vor. Über Leitungen sind die Fässer direkt mit dem im Kraftstofflabor aufgestellten Gefahrstoffarbeitsplatz verbunden. Der Kraftstoff wird mittels minimaler Stickstoffbeaufschlagung zum Gefahrstoffarbeitsplatz transportiert. Der Arbeitsplatz selbst verfügt über sechs integrierte Entnahmestationen für die unterschiedlichen Kraftstoffe. Die Mitarbeiter füllen Benzin und Diesel nun direkt im Gefahrstoffarbeitsplatz ab. So werden alle schädlichen und belästigenden Dämpfe direkt abgesaugt. Im Kraftstofflabor riecht es nicht mehr und die Ex-Zone rund um den Abfüllort konnte auf ein Minimum verkleinert werden.
Gesetzlicher Hintergrund
Alle asecos Gefahrstoffarbeitsplätze sind lufttechnisch nach DIN EN 14175–3 geprüft und garantieren so sicheres Arbeiten mit Gefahrstoffen. Informationen zur lüftungstechnischen Gestaltung von Arbeitsplätzen und zur Absaugung von Gefahrstoffen findet man aber nicht nur in der DIN EN 14175–3, sondern u. a. auch in:
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- GefStoffV §§ 7 – 12 „Allgemeine und ergänzende Schutzmaßnahmen“ u. a. mit TRGS 402 – „Ermitteln und Beurteilen der Konzentration gefährlicher Stoffe in der Luft“ und TRGS 420 – „Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK)“
- ArbStättV § 3 und Anhang 3.6 „Lüftung“
- BGV A 1 „Grundsätze der Prävention“, §§ 2 und 3
- BGR 104 „Explosionsschutz-Regeln“
- BGR 120 „Richtlinie für Laboratorien“
- BGR 121 „Arbeitsplatzlüftung – Lufttechnische Maßnahmen“
- BGI 524 „Polyurethan – Herstellung und Verarbeitung/ Isocyanate“
- BGI 613 „Styrol und styrolhaltige Zubereitungen“
- BGI 740 „Lackierräume und ‑einrichtungen“
- BGI 754 „Sicherer Umgang mit Gefahrstoffen in der pharmazeutischen Industrie“
- BGI 798 „Gefährdungsbeurteilung im Labor“
Sicherer Umgang mit Gefahrstoffen:
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- Informieren Sie sich über die gesetzlichen Regelungen.
- Informieren Sie sich über die Gefahrstoffe, mit denen Sie umgehen.
- Informieren Sie sich darüber, wie die von Ihnen verwendeten Gefahrstoffe mit anderen Stoffen reagieren. Gefahrstoffarbeitsplätze können mit unterschiedlichen Arbeitsflächen ausgestattet werden – ganz nach individuellem Bedarf.
- Informieren Sie sich über die Bedeutung der Symbole für Gefahrstoffe.
- Um die Gesundheit zu erhalten ist es wichtig den Arbeitsplatz sauber zu halten.
- Tragen Sie beim Umgang mit Gefahrstoffen die notwendige persönliche Schutzausrüstung (z.B. Schutzbrille, Schutzhandschuhe).
- Achten Sie beim Umgang mit Gefahrstoffen auf mögliche Ex-Zonen. Gefahrstoffarbeitsplätze gibt es auch in explosionsgeschützter Ausführung für Bereiche der Ex-Zone 1.
Unsere Webinar-Empfehlung
Es gibt viele Fälle, in denen die Fallhöhe für eine herkömmliche Absturzsicherung nicht ausreicht. Beispiele für Arbeiten in geringer Höhe sind z.B. der Auf- und Abbau von Gerüsten, die Wartung von Industrieanlagen und Arbeiten in Verladehallen sowie Anwendungen in der Bahn und…
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