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Dass in Deutschland die geltenden Arbeitsschutzvorschriften auch von ausländischen Bauarbeitern zu beachten sind, musste Anfang 2008 eine 25 Mann starke Truppe aus Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon, Vietnam) erfahren, die auf dem Gießener Gelände eines früheren Industriebetriebes maschinentechnische Anlagen abbaute und dabei sämtliche Sicherheitsregelungen missachtete. Das vietnamesische Unternehmen hatte die Anlagen gekauft, und baute diese in eigener Regie und mit eigenem Personal ab.
Schutzmaßnahmen? Wozu?
„Die Arbeiter waren während der Rückbaumaßnahmen verschiedenen krebserzeugenden Gefahrstoffen – wie asbesthaltigen Stäuben, Wellasbestzementplatten, Dichtungsschnüren und künstlichen Mineralfasern schutzlos ausgesetzt“, wie Jörg Heller, Arbeitsschutzexperte des Gießener Regierungspräsidiums (RP), mit Entsetzen berichtet. Aufgrund eines Hinweises habe er das Betriebsgelände aufgesucht und erhebliche Sicherheitsmängel festgestellt – die neben einem sofortigen Baustopp auch zu einem beträchtlichen Bußgeld für die vietnamesische Firma führten.
„Grundsätzlich“, so Heller weiter, „sind Tätigkeiten mit asbesthaltigen Gefahrstoffen dem RP anzuzeigen. Kann die Gefahrstoffkontaminierung einer Baustelle nicht zu hundert Prozent ausgeschlossen werden, muss eine Erkundung der vermuteten Gefahrstoffe und eine Abschätzung der davon ausgehenden Gefährdungen vorgenommen werden“. Nicht nur das hat das vietnamesische Unternehmen missachtet, auch die Arbeiter wurden nicht über die notwendigen, in Deutschland geltenden Sicherheitsvorkehrungen unterwiesen. Ebenso wenig war eine extra ausgebildete sachkundige Person – wie vorgeschrieben – anwesend. Die Arbeiter trugen weder entsprechende Schutzanzüge noch geeignete Masken zum Schutz vor den gefährlichen Stäuben. „Die Tatsache, dass einige Arbeiter ohne Sicherheitsschuhwerk und mit ungeeigneten Schutzhelmen angetroffen wurden, fällt bei solch eklatanten Verstößen fast nicht mehr ins Gewicht“, ergänzt Heller die lange Liste der Missachtungen.
Asbest ist immer noch aktuell
Zur Zeit ist jedes zweite Todesopfer einer Berufskrankheit in Deutschland Folge einer Asbestbelastung – obwohl bereits seit 1992 die Verwendung des Stoffes in Deutschland verboten ist. Weltweit sterben jährlich noch immer hunderttausende Menschen an Asbesterkrankungen. „Die vietnamesischen Arbeiter wurden vorsorglich arbeitsmedizinisch untersucht, in ihrer Landessprache über den Umgang mit Asbest unterwiesen und erhielten Schutzausrüstungen, die dem deutschen Standard entsprechen“, so Heller.
Es bleibt zu hoffen, dass die finanzielle Strafe sich wenigstens in Vietnam so herumspricht, dass vietnamesische Unternehmen zumindest in Deutschland nachhaltigen Arbeitsschutz berücksichtigen.
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