Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung können auch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen stehen. Die auf Richterrecht beruhende Einbeziehung solcher Aktivitäten in den Unfallversicherungsschutz muss aber eng begrenzt bleiben, zumal der Gesetzgeber sie bis heute und auch anlässlich der Neukodifizierung des Unfallversicherungsrechts im SGB VII nicht durch eine ausdrückliche normative Regelung nachvollzogen hat. Sie ist nur zu rechtfertigen, soweit die betreffende Veranstaltung im Interesse des Unternehmens liegt und wie die eigentliche Arbeitstätigkeit selbst betrieblichen Zwecken dient.
Unternehmungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten unterliegen auch dann nicht der Versicherung, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und vom Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden.
Wann liegt eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vor?
Die Teilnahme von Beschäftigten an Betriebsausflügen, Betriebsfesten, Weihnachtsfeiern u.a. kann der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege und Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie den Beschäftigen untereinander dient. Sie muss allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen und von der Unternehmensleitung entweder selbst veranstaltet oder jedenfalls von ihrer Autorität getragen werden. Es ist auch eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern, um von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann. Entscheidend sind auch hier die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Teilnahme an einer Gemeinschaftsveranstaltung dann mit der versicherten Tätigkeit gleichzusetzen ist, wenn:
- ein angemessener Gemeinschaftszweck (Pflege der Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft) verfolgt wird,
- der Unternehmer/die Unternehmensleitung die Gemeinschaftsveranstaltung selbst veranstaltet oder billigt bzw. fördert, und sie bei der Planung und Durchführung von der Autorität des Unternehmers getragen wird,
- der Unternehmer selbst anwesend ist oder sich durch einen Beauftragten vertreten lässt,
- die Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offen steht und
- ein wesentlicher Teil der Betriebsangehörigen teilnimmt.
Was heißt das nun konkret?
Die Feier muss, damit Versicherungsschutz besteht, die Verbundenheit zwischen Betriebsleitung und Belegschaft sowie dieser untereinander pflegen, d. h. die Betriebsgemeinschaft fördern. Die Betriebsleitung muss daher zumindest zeitweise an der Veranstaltung teilnehmen. Zusammenkünfte, welche der Pflege der Verbundenheit nur der Beschäftigten eines Unternehmens untereinander dienen, reichen in der Regel nicht aus, um die Teilnahme an ihnen einer betrieblichen Tätigkeit gleichzustellen. Das Unternehmen muss beispielsweise die Feier oder den Ausflug selbst veranstalten oder jemanden mit der Veranstaltung beauftragen. Auch Betriebsangehörige oder der Betriebsrat können die Organisation der Veranstaltung übernehmen. Dann muss diese aber vom Unternehmen gefördert oder gebilligt werden. Dies kann durch eine ausdrückliche Aufforderung zur Teilnahme, durch eine erhebliche oder vollständige Finanzierung, die Gewährung sachlicher Zuwendungen oder auch eine Arbeitsfreistellung erfolgen. Die Billigung der Unternehmensleitung muss sich nicht nur auf die wegen der Durchführung einer Veranstaltung erforderlichen betrieblichen Änderungen (z. B. der Arbeitszeit, das Benutzen betrieblicher Räume) erstrecken, sondern die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihr gewollt sein, zumal mögliche Unfälle bei solchen Veranstaltungen Auswirkungen auf die von dem Unternehmen zu zahlenden Beiträge haben können.
Gemeinschaftsveranstaltungen, die nur einem begrenzten Teilnehmerkreis offen stehen, z. B. nur einigen ausgewählten Mitarbeitern, unterliegen nicht dem Versicherungsschutz. Abhängig von der Größe des Unternehmens sind aber getrennte Veranstaltungen unschädlich, z. B. Abteilungsfeiern, Feier der Auszubildenden. Dann genügt es, wenn sie von der Autorität des jeweils zuständigen Leiters getragen werden.
Eine Teilnahmepflicht muss nicht bestehen, aber ein wesentlicher Teil der Belegschaft muss an der Veranstaltung teilnehmen. Bei einer Teilnahme von 26 Prozent ist das Bundessozialgericht (BSG) beispielsweise von einer gewissen Mindestbeteiligung ausgegangen. Die Teilnahme von 3 bis 15 Personen bei insgesamt 150 Betriebsangehörigen hat das BSG als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet und den Versicherungsschutz verneint. Die Beurteilung muss aber auch hier wieder bezogen auf den jeweiligen Einzelfall erfolgen.
Wie weit reicht der Versicherungsschutz?
Bereits in den Versicherungsschutz einbezogen sind Tätigkeiten, die der Vorbereitung der Gemeinschaftsveranstaltung dienen. Vom Versicherungsschutz umfasst sind weiterhin alle Tätigkeiten, die mit dem Gesamtzweck der Feier vereinbar sind, d. h. ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehen oder üblich sind. Versicherungsschutz wurde z. B. bejaht für das Abgeben von Kleidungsstücken an der Garde- robe, das Tanzen, Spazieren gehen, Vorführungen, Einnahme der Mahlzeiten, Kegeln, Besichtigungen usw. Der Versicherungsschutz endet, sobald der Unternehmer oder sein Beauftragter die Weihnachtsfeier beendet, beispielsweise durch eine Durchsage oder durch einen im Vorhinein festgelegten Endzeitpunkt. Nicht mehr vom Unfallversicherungsschutz umfasst ist damit also das Weiterfeiern einzelner. In den Versicherungsschutz einbezogen sind auch die Wege zur oder von der Gemeinschaftsveranstaltung nach Hause.
Inwiefern beeinflusst Alkoholkonsum den Versicherungsschutz?
Gerade auf Gemeinschaftsveranstaltungen kann es zu verstärktem Alkoholkonsum kommen. Auch hier gelten die allgemeinen Grundsätze. Ist also jemand so hochgradig betrunken, dass er eine dem Unternehmen förderliche Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann (Volltrunkenheit), entfällt der Versicherungsschutz unabhängig von der konkreten Unfallursache. In allen anderen Fällen ist danach zu fragen, ob der Alkoholgenuss die wesentliche Ursache des Unfalls bildet. Übrigens: Selbst der betriebliche Anlass, z.B. die Ausgabe von Biermarken, Freigetränken, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Was gilt für Fußballturniere?
Sportliche Betätigungen auf Gemeinschaftsausflügen, z. B. Spiele oder Baden, sind nur dann auch versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten dienen, nicht nur dem persönlichen Interesse eines Betroffenen. Dies gilt auch für die Veranstaltung eines Fußballturniers. Es muss von der Programmgestaltung her geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten anspricht. Dies dürfte dann zumindest fraglich sein, wenn ausdrücklich Fußballinteressierte angesprochen werden, das Fußballspiel im Mittelpunkt der Veranstaltung steht und ihren Charakter prägt. Aber auch ein Fußballturnier kann eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bzw. ein Teil von ihr sein. Dies lässt sich wie immer nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls ermitteln. Von Bedeutung können dabei beispielsweise sein, wie die Geschlechterverteilung in der Belegschaft ist oder ob es nur Männer- oder auch Frauen- bzw. gemischte Mannschaften gibt, ob weitere Aktivitäten angeboten werden usw.
Die Einbeziehung von Fußballturnieren in den Versicherungsschutz unter dem Aspekt des Betriebssports kommt oftmals nicht in Betracht. Nicht jede vom Unternehmen erlaubte Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung begründet den Versicherungsschutz. Die sportliche Betätigung zählt nur dann zu den versicherten Tätigkeiten, wenn die engen Voraussetzungen des Betriebssports erfüllt sind. Durch den Betriebssport sollen einseitige körperliche, geistige oder seelische Arbeitsbelastungen ausgeglichen werden. Dient die Sportausübung der Teilnahme am allgemeinen sportlichen Wettkampf, liegt aufgrund des fehlenden Ausgleichs-charakters kein Betriebssport vor.
Antje Didlaukat Kügelgenstr. 15 06493 Ballenstedt
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