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Grundlage für Verletztenrente

Lexikon der Unfallversicherung: Jahresarbeitsverdienst
Grundlage für Verletztenrente

Wer durch einen Arbeit­sun­fall so schw­er ver­let­zt wird, dass er nicht mehr oder nur noch gemindert arbeit­en kann, erhält Ver­let­zten­rente. Wie hoch sie ist, richtet sich nach dem Grad der Erwerb­s­min­derung und nach dem Jahre­sar­beitsver­di­enst. Lesen Sie hier, wie dieser berech­net wird.

Antje Did­laukat

Eine Leis­tung der geset­zlichen Unfal­lver­sicherung ist die Ver­let­zten­rente. Diese erhal­ten Ver­sicherte immer dann, wenn der Arbeit­sun­fall Ver­let­zun­gen verur­sacht hat, die zum Ver­lust oder zu ein­er Min­derung der Erwerb­stätigkeit geführt haben. Die Ver­let­zten­rente hat Lohn­er­satz­funk­tion. Für den Anspruch auf Ver­let­zten­rente muss die Min­derung der Erwerb­stätigkeit von gewiss­er Dauer und Schwere sein. Die Höhe der zu zahlen­den Ver­let­zten­rente richtet sich nach dem Grad der Min­derung der Erwerb­s­fähigkeit und dem Jahre­sar­beitsver­di­enst (JAV). Beim Ver­lust der Erwerb­s­fähigkeit erhal­ten Ver­sicherte als Voll­rente zwei Drit­tel des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes. Ist die Erwerb­s­fähigkeit nur gemindert, wird eine Teil­rente gezahlt, die der Min­derung entspricht.
Dazu ein Beispiel:
Ein Ver­sichert­er hat einen JAV i.H.v. 30.000,00 Euro. Die Min­derung sein­er Erwerb­s­fähigkeit beträgt 20 v.H.
Seine Rente berech­net sich wie folgt:
(30.000,00 Euro x 2 x 20) / (3 x 100) = 4.000,00 Euro (jährliche Rente)
4.000,00 Euro : 12 = 333,33 Euro (monatliche Rente)
Andere Leis­tun­gen, für die der Jahre­sar­beitsver­di­enst die Grund­lage der Berech­nung ist, sind Hin­terbliebe­nen­renten und Hinterbliebenenbeihilfen.
Was ist der Jahresarbeitsverdienst?
Der Jahre­sar­beitsver­di­enst ist der Gesamt­be­trag von Arbeit­sent­gelt und Arbeit­seinkün­ften in den let­zten zwölf Kalen­der­monat­en vor dem Ver­sicherungs­fall. Er ori­en­tiert sich also an dem aktuellen Lebens­stan­dard. Dabei find­en nicht nur die Bezüge der Tätigkeit Berück­sich­ti­gung, bei der sich der Arbeit­sun­fall ereignet hat. Es wer­den alle Bezüge erfasst, auch unab­hängig davon, ob die Tätigkeit ver­sichert ist, ob es sich um Haupt- oder Neben­ver­di­enst han­delt oder ob es laufende oder ein­ma­lige Bezüge sind. Der Berech­nung des für den JAV maßge­blichen Arbeit­sent­gelts ist immer das Brut­toent­gelt zugrunde zu leg­en. Zum JAV zählen unter anderem auch das Urlaubs- und Wei­h­nachts­geld, Son­nta­gar­beit­szuschläge und Sach­bezüge. Auf den Zeit­punkt der Auszahlung kommt es im Übri­gen eben­falls nicht an. Der Anspruch auf das Ent­gelt muss nur im Jahreszeitraum vor dem Unfall ent­standen sein. Allerd­ings sind auch umgekehrt nur im Jahreszeitraum aus­gezahlte, aber schon vorher ent­standene Bezüge nicht zu berück­sichti­gen. Rück­wirk­ende Lohn­er­höhun­gen und zuge­sagtes, aber nicht aus­gezahltes Ent­gelt wer­den auch ein­be­zo­gen. Aus­fal­lzeit­en, das heißt Zeit­en ohne Bezüge, sollen sich nicht nachteilig auf die oft lange zu zahlende Entschädi­gung auswirken. Daher erfol­gt hier eine fik­tive Berech­nung. Wichtig ist dabei, dass min­destens an einem Tag Arbeit­sent­gelt bezo­gen wurde. Ohne Bedeu­tung ist auch der Grund des Aus­falls. Dieser kann krankheits­be­d­ingt sein oder aber auf ein­er Arbeit­slosigkeit beruhen. Eine fik­tive Berech­nung kommt dann nicht in Betra­cht, wenn die Aus­fal­lzeit­en auf dem freien Willen des Ver­sicherten beruhen. Für den Jahre­sar­beitsver­di­enst sind Min­d­est- und Höch­st­gren­zen bes­timmt. Ist der Jahre­sar­beitsver­di­enst geringer als der Min­d­est-Jahre­sar­beitsver­di­enst, wird er auf diesen erhöht. Ist er höher als der Höchst-Jahre­sar­beitsver­di­enst, erfol­gt eine Kürzung. Ins­beson­dere bei ger­ingfügig Beschäftigten ist für die Berech­nung ein Min­d­est-Jahre­sar­beitsver­di­enst erforder­lich. Der Min­d­est-Jahre­sar­beitsver­di­enst beträgt 60 Prozent der zum Zeit­punkt des Ver­sicherungs­falls maßge­blichen Bezugs­größe (2010: alte Län­der = 18.396 Euro, neue Län­der = 15.624 Euro).
Welche Son­der­regelun­gen gibt es in der Schul- oder Berufsausbildung?
In der Beruf­saus­bil­dung ist das Ent­gelt meist sehr viel niedriger als später im Beruf­sleben. Deshalb sind Aus­bil­dungszeit­en als Aus­fal­lzeit­en zu berück­sichti­gen, das heißt mit dem durch­schnit­tlichen Ent­gelt aus der Zeit nach dem Ende der Aus­bil­dungszeit aufzufüllen. Bei Kindern, die das sech­ste Leben­s­jahr noch nicht vol­len­det haben, beträgt der Jahre­sar­beitsver­di­enst 25 Prozent der Bezugs­größe und bei Kindern zwis­chen 6 Jahren und 15 Jahren 33 1/3 Prozent der Bezugs­größe. Ab dem 15. Leben­s­jahr wird ein Min­d­est-Jahre­sar­beitsver­di­enst in Höhe von 40 Prozent der maßge­blichen Bezugs­größe fest­ge­set­zt. Bei Unfällen vor (z.B. Kinder­garte­nun­fälle) oder während der Aus­bil­dung wird der Jahre­sar­beitsver­di­enst vom Zeit­punkt an neu fest­ge­set­zt, in dem die Aus­bil­dung ohne den Ver­sicherungs­fall voraus­sichtlich been­det wor­den wäre. Dabei wird bei der Neufest­set­zung das Arbeit­sent­gelt zugrunde gelegt, das zu diesem Zeit­punkt für Per­so­n­en gle­ich­er Aus­bil­dung und gle­ichen Alters durch Tar­ifver­trag vorge­se­hen ist oder das für der­ar­tige Tätigkeit­en am Beschäf­ti­gung­sort gilt. Auch wenn der Ver­sicherte das 30. Leben­s­jahr noch nicht vol­len­det hat, wird der Jahre­sar­beitsver­di­enst nach dem Arbeit­sent­gelt neu fest­ge­set­zt, das zur Zeit des Ver­sicherungs­falls für Per­so­n­en mit gle­ichar­tiger Tätigkeit laut Tar­ifver­trag vorge­se­hen ist.
Wann wird der Jahre­sar­beitsver­di­enst kraft Satzung festgesetzt?
Für selb­ständig Tätige, für kraft Satzung ver­sicherte Unternehmer, Ehe­gat­ten und für frei­willig Ver­sicherte wird die Höhe des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes in der Satzung des Unfal­lver­sicherungsträgers festgesetzt.
Dabei ist es möglich einen Betrag frei wählen zu kön­nen oder einen Fes­t­be­trag festzuset­zen. Die tat­säch­lichen Bezüge müssen nicht berück­sichtigt wer­den, kön­nen es aber. Auch Ober- und Unter­gren­zen sind zuläs­sig. Mit der Regelung soll der ger­ade bei Unternehmern schwieri­gen Fest­stel­lung des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes begeg­net werden.
Was gilt bei Berufskrankheiten?
Bei Beruf­skrankheit­en gilt für die Berech­nung des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes als Zeit­punkt des Ver­sicherungs­falls der let­zte Tag, an dem der Ver­sicherte die Tätigkeit ver­richtet hat, die geeignet war, die Beruf­skrankheit zu verur­sachen, wenn das für den Ver­sicherten gün­stiger ist. Bei Beruf­skrankheit­en liegen häu­fig sehr lange Latenzzeit­en vor. Der Ver­sicherte kann die Tätigkeit, die zur Beruf­skrankheit geführt hat, daher schon lange aufgegeben haben und nun weniger ver­di­enen. Dies soll sich nicht nachteilig auswirken. Die gefährden­den Tätigkeit­en müssen für den tat­säch­lichen Ein­tritt der Beruf­skrankheit nicht ursäch­lich gewe­sen sein, die Möglichkeit der Verur­sachung ist aus­re­ichend. Kön­nen zwei Tätigkeit­en ursäch­lich in diesem Sinne sein, ist die Tätigkeit entschei­dend, die den gün­stigeren Jahre­sar­beitsver­di­enst ergibt.
Was gilt bei Hinterbliebenenrenten?
Die Witwen-/Witwer­rente beträgt 30 Prozent des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes des Ver­stor­be­nen (kleine Witwen-/ Witwer­rente). Die Witwen-/ Witwer­rente beträgt 40 Prozent des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes, wenn die Berechtigten das 47. Leben­s­jahr vol­len­det haben oder solange sie erwerb­s­ge­mindert im Sinne der Renten­ver­sicherung sind oder ein waisen­berechtigtes Kind erziehen. Auch Kinder von Ver­stor­be­nen haben einen eigen­ständi­gen Anspruch auf Waisen­rente. Die Waisen­rente beträgt bei Halb­waisen jährlich 20 Prozent, bei Voll­waisen 30 Prozent des Jahre­sar­beitsver­di­en­stes des Verstorbenen.
Jahre­sar­beitsver­di­enst, fest­ge­set­zt nach bil­ligem Ermessen
Wenn der nach den all­ge­meinen Regelun­gen festzuset­zende Jahre­sar­beitsver­di­enst im erhe­blichen Maße unbil­lig ist, kann er nach bil­ligem Ermessen fest­ge­set­zt wer­den. Dies geschieht unter Berück­sich­ti­gung der Fähigkeit­en, der Aus­bil­dung, der Lebensstel­lung und der Tätigkeit des Ver­sicherten zum Zeit­punkt des Ver­sicherungs­falls. Aus­geglichen wer­den sollen allerd­ings nur Unbil­ligkeit­en, die im Jahr vor dem Unfall vorgele­gen haben. Keine Berück­sich­ti­gung find­en dage­gen spätere Einkom­men­sän­derun­gen, z. B. beru­flich­er Auf­stieg. Ob der Jahre­sar­beitsver­di­enst unbil­lig ist, muss durch den Unfal­lver­sicherungsträger unter Berück­sich­ti­gung aller Umstände des Einzelfalls geprüft wer­den. Eine Unbil­ligkeit liegt dann vor, wenn der berech­nete Jahre­sar­beitsver­di­enst der durch die Lebensstel­lung der Ver­sicherten bes­timmten Einkom­menssi­t­u­a­tion nicht entspricht, z.B. nur vorüberge­hende Teilzeitbeschäf­ti­gung, vorüberge­hende Über­nahme ein­er niedriger bezahlten Tätigkeit, um Arbeit­slosigkeit zu ver­mei­den. Was erhe­blich ist, kann nicht mit star­ren Prozent­maßstäben oder zeitlichen Gren­zen angegeben wer­den, son­dern ist eben­falls immer im Einzelfall zu bewerten.
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