1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Fachbeiträge » Archiv SB »

Kleinste Glasfaser-Bruchstücke aufgewirbelt

Gießener Regierungspräsidium stoppte Abbrucharbeiten
Kleinste Glasfaser-Bruchstücke aufgewirbelt

Der unsachgemäße Umgang mit alter Glas­wolle führt nicht nur zu Baustopps und Bußgeldern, son­dern hat viel schlim­mere Fol­gen: Er kann Kreb­serkrankun­gen und Entzün­dun­gen der Haut, Augen und Atemwege her­vor­rufen. Für die Entsorgung gibt es strenge arbeitss­chutzrechtliche Vorschriften – die aber nicht immer einge­hal­ten werden.

RP Gießen Jörg Heller Dez­er­nat 25.1 Südan­lage 17 35390 Gießen

„Alte Glas­wolle“, wie Jörg Heller, Arbeitss­chutz-Experte des Gießen­er Regierung­sprä­sid­i­ums, erläutert, „ sind Min­er­al­fasern die vor 1996 ver­baut wur­den“. Für den Aus­bau und die Entsorgung dieser gefährlichen Dämm-Mate­ri­alien sind strenge Vorschriften zum Schutze der Arbeit­er und der Umwelt einzuhal­ten. Umso erstaunlich­er, dass kür­zlich ein fachkundi­ges Abbruchunternehmen aus Nor­drhein-West­falen seine Mitar­beit­er wissentlich anwies, im Gießen­er Stadt­ge­bi­et ein über 40 Jahre altes Gebäude abzureißen, ohne zuvor die darin enthal­te­nen Gefahrstoffe ord­nungs­gemäß zu ent­fer­nen. Die Mitar­beit­er rück­ten stattdessen mit Bag­gern an der Baustelle an, um die Unter­deck­en des Gebäudes mit­samt der Glas­wolle zu zertrüm­mern. Bei ein­er solchen Vorge­hensweise kommt es unweiger­lich zu ein­er Aufwirbelung von kle­in­sten Glas­fas­er-Bruch­stück­en in die Umge­bungsluft, die so in die Atemwege von Men­sch und Tier gelan­gen können.

Nur mit Schutzkleidung abtragen

Heller, der regelmäßig auf mit­tel­hes­sis­chen Baustellen die Ein­hal­tung des bun­desweit ein­heitlichen Arbeitss­chutzrechts kon­trol­liert, hat­te den Unternehmer daraufhin angewiesen, eine notwendi­ge Gefährdungs­beurteilung vorzule­gen, seine Mitar­beit­er über den sachgemäßen Umgang mit der­ar­ti­gen Gefahrstof­fen zu unter­richt­en und die restliche Däm­mung sauber per Hand und mit Schutzk­lei­dung abtra­gen zu lassen.
Aber auch der zusät­zlich ver­hängte Baustopp sowie das ange­ord­nete Bußgeld in vier­stel­liger Höhe, hiel­ten den Unternehmer nicht davon ab, seine Arbeit­en weit­er­hin per Bag­ger fort­führen zu lassen. Die Folge: Ein erneuter Baustopp wurde ver­hängt. Zudem hat­te die Fir­ma ein Sub­un­ternehmen beauf­tragt, die herum­liegen­den – kreb­serzeu­gen­den – Dämm­stoffe einzusam­meln und in dafür vorge­se­hene Kun­st­stoff­säcke einzutüten. „Dies ist an sich wed­er ungewöhn­lich noch ver­boten“, erläutert Heller, „dass der Chef des Sub­un­ternehmens aber seinen jugendlichen Sohn für diese Arbeit­en ein­set­zte und ihm kein­er­lei Schutzaus­rüs­tung (Atem­schutz­maske und Schutzanzug) zur Ver­fü­gung stellte, war dann aber der Gipfel“, ergänzt Heller entset­zt, der umge­hend auch Sank­tio­nen gegen den Sub­un­ternehmer erließ. „Nach dem Jugen­dar­beitss­chutzge­setz ist es näm­lich ver­boten, Jugendliche mit kreb­serzeu­gen­den Sub­stanzen arbeit­en zu lassen“, so der Experte des Regierungspräsidiums.
Nicht nur Unternehmen, son­dern ins­beson­dere auch Pri­vat­per­so­n­en soll­ten beim Aus­bau ein­er alten Däm­mung ver­schiedene Vor­sichts­maß­nah­men ein­hal­ten. Unbe­d­ingt notwendig ist es bei größeren Glas­fas­er-Freiset­zun­gen, wie beispiel­sweise bei Überkop­far­beit­en, neben ein­er geeigneten Schutzaus­rüs­tung (Atem­schutz­maske, Schutzanzug und ‑Hand­schuhe) auch eine Stauben­twick­lung weitest­ge­hend zu ver­hin­dern. Das grobe Däm­m­ma­te­r­i­al muss zudem staub­dicht ver­packt und als gefährlich­er Abfall fachgerecht bei entsprechen­den Ver­w­er­tungssta­tio­nen entsorgt wer­den. „Eine Aufwirbelung der restlichen Fasern kann unter anderem ver­mieden wer­den, indem sie feucht aufgewis­cht oder aufge­saugt wer­den“, ergänzt Heller.
Auch bei der Neudäm­mung von Däch­ern, Wän­den und Böden kann bere­its auf gute Qual­ität und unschädliche Däm­m­ma­te­ri­alien geachtet wer­den: Ist die Glas­wolle mit dem RAL-Güteze­ichen des Deutschen Insti­tuts für Gütesicherung und Kennze­ich­nung e. V. verse­hen, kann sie unbe­den­klich ver­wen­det wer­den. „Aber auch hier ist zum Schutz vor kle­in­sten Staub­par­tikeln entsprechende Schutzk­lei­dung zu tra­gen“, wie Heller abschließend erläutert.

„Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffen“

 

Min­er­al­wolle gibt es heute in fast jedem Gebäude. Die vor 1996 einge­baut­en „alten“ Min­er­al­wolle-Pro­duk­te wer­den in Deutsch­land als kreb­serzeu­gend bew­ertet. Nach dieser Zeit einge­baute Min­er­al­wolle-Dämm­stoffe gel­ten als frei vom Kreb­sver­dacht. Hat der Bauherr dies nicht schon gemacht, müssen der Unternehmer oder seine Beauf­tragten vor Arbeit­sauf­nahme prüfen, ob es sich um „alte“ oder „neue“ Min­er­al­wolle han­delt. Hil­festel­lung bei der Bew­er­tung gibt die Gütege­mein­schaft Min­er­al­wolle e. V. (GGM).
Auf Basis ein­er kostenpflichti­gen chemis­chen Analyse bew­ertet sie anhand der bei ihr hin­ter­legten Doku­men­ta­tion, ob es sich bei der Mate­ri­al­probe um „alte“ oder „neue“ Min­er­al­wolle han­delt (www.mineralwolle.de).
Bei Tätigkeit­en mit einge­baut­en „alten“ Min­er­al­wolle-Dämm­stof­fen im Zuge von Abbruch‑, Sanierungs- und Instand­set­zungsar­beit­en gel­ten strenge Arbeitss­chutz­maß­nah­men. Diese sind in der Tech­nis­chen Regel für Gefahrstoffe TRGS 521 beschrieben, die im Früh­jahr 2008 in ein­er Neu­fas­sung veröf­fentlicht wurde.
Im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung nach der Gefahrstof­fverord­nung (Gef­Stof­fV) sind die Maß­nah­men abhängig von Art und Umfang der Tätigkeit­en und der hier­bei freige­set­zten Faser­staubkonzen­tra­tion (Expo­si­tion) festzule­gen. Dies würde ger­ade für Arbeit­en von geringer Dauer oder geringem Umfang einen hohen Aufwand (z. B. Arbeit­splatzmes­sun­gen) bedeuten. Um den Betrieben in dieser Sit­u­a­tion eine Hil­festel­lung zu geben, wurde für zahlre­iche Tätigkeit­en im Hochbau sowie der tech­nis­chen Isolierung die zu erwartende Faser­staubex­po­si­tion am Arbeit­splatz abgeschätzt. Hier­durch kön­nen zahlre­iche Tätigkeit­en ein­er von drei Expo­si­tion­skat­e­gorien zuge­ord­net wer­den, die mit konkreten Schutz­maß­nah­men ver­bun­den sind. In den Tabellen 1a („Hochbau“) und 1b („Tech­nis­che Isolierung“) der TRGS 521 sind diese aus­gewählten Tätigkeit­en bei ASI-Arbeit­en zusam­mengestellt. Die bewährte Hand­lungsan­leitung „Umgang mit Min­er­al­wolle-Dämm­stof­fen (Glas­wolle, Stein­wolle) wurde nun auf Basis der TRGS 521 über­ar­beit­et. Sie erscheint im Okto­ber 2008 in der aktuellen Ver­sion. Down­load unter www.gisbau.de oder zu bestellen unter www.bgbau-medien.de
Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de