Durch alters- oder erkrankungsbedingte Veränderungen sowie durch Unfälle kommt es zum häufigen Notfallbild Knochenbruch, auch Fraktur genannt. Dabei ist der Knochen infolge von Gewalteinwirkung über die Elastizitätsgrenze hinaus durchtrennt worden.
Herrn Steffen Pluntke Otto-Hahn-Ring 9 14480 Potsdam
Die Form eines Menschen wird maßgeblich durch sein Skelett bestimmt. Ohne seine etwa 220 Knochen würde der Körper regelrecht zusammenfallen. Die Knochen haben aber nicht nur stützende, sondern auch schützende Funktion. Wichtige Organe und Bereiche wie Gehirn und Rückenmark sind durch Knorpel und Knochen gegen Gewalt von außen im besonderen Maße geschützt. Die inneren Hohlräume bestimmter Knochen übernehmen darüber hinaus weitere Aufgaben wie unter anderem die Blutbildung.
Unter einem Knochenbruch versteht man die Durchtrennung eines Knochens infolge von Gewalteinwirkung bei gleichzeitiger Überschreitung der individuellen Elastizitätsgrenze. Häufige Ursachen sind Gewalteinwirkungen von außen beispielsweise durch Schläge, Sturz, Stauchung, Zusammenstöße etc. Bei bestimmten Erkrankungen können bereits alltägliche Bewegungen – ohne überbelastende Kräfteeinwirkung – zu Frakturen führen.
Frakturarten
Brüche treten in zwei Formen auf: geschlossene und offene Frakturen. Bei einem offenen Bruch wurde die Haut von innen heraus durch einen scharfkantigen Knochenteil geöffnet. In den meisten Fällen geschieht dies unter Verletzung einer oder mehrerer Blutgefäße, so dass im Bereich der Wunde Blut austritt. Trotz Hautschädigung ist der Knochen nicht immer direkt sichtbar. Keine sichtbaren Verletzungen gibt es bei einer geschlossenen Fraktur. Die Krafteinwirkung hat in diesem Fall zwar den Knochen an der Bruchstelle zerstört, doch die Mechanik hatte keine Möglichkeit die Haut entsprechend zu schädigen.
Wie man sie erkennt
Das Erkennen eines Bruches ist mitunter für Ersthelfer nicht einfach, da je nach der Spezifik des Bruches Symptome vorliegen können, die nicht eindeutig sind. Man unterscheidet daher zwischen sicheren und unsicheren Anzeichen. Die sicheren Symptome sind Beweise für eine Fraktur, die unsicheren Anzeichen legen hingegen nur eine Vermutung nahe.
Sichere Frakturanzeichen sind neben direkt sichtbaren Knochenstücken in der Wunde auch eine abnorme Fehlstellung der betroffenen Gliedmaße. Letzteres kann man sehr leicht durch einen unmittelbaren Seitenvergleich zwischen gesunder und verletzter Gliedmaße feststellen. Abnorm ist die Gliedmaßenstellung dann, wenn sie starke Bögen bzw. Winkel aufweist. Außerdem, wenn die Haltung des Betroffenen im Bereich des Knochenbruches ebenfalls unnormal und eingeschränkt ist. Ein weiteres typisches Symptom sind hörbare Knochengeräusche, die durch Reibung der Knochenenden (sog. Krepitation) entstehen.
Kennzeichen, die nur einen Verdachtscharakter haben, sind unter anderem Schmerzen. Infolge des einsetzenden Schocks sind diese nicht immer sofort vorhanden bzw. sie können auch auf andere Schädigungen hinweisen, die nicht im Zusammenhang mit einer Fraktur stehen.
Schwellungen treten bei einer Vielzahl von Verletzungen auf (z.B. Prellungen, Quetschungen), weswegen sie nicht unbedingt auf einen Bruch schließen lassen. Als wenig eindeutig gelten außerdem Blutergüsse (Hämatome) und eingeschränkte Funktionsfähigkeiten.
Risiken
Auch wenn eine Fraktur nicht nach außen hin sichtbar ist, werden Blutgefäße zerstört. Es entstehen Hämatome, die sich jedoch meistens auf die Bruchstelle beschränken. Befinden sich größere Blut führende Gefäße in der Nähe der Fraktur, schwillt die Extremität nicht nur stark an, sondern es entsteht ein starker (nach innen gerichteter) Blutverlust (s. Tab.1), der wiederum zu einer ausgeprägten Schocksymptomatik führt. Daneben erfährt der Schock durch die Schmerzen eine Verstärkung.
Je nach Lage des Bruches können ebenso Nerven, Muskeln bzw. Sehnen geschädigt werden. Eine offene Fraktur geht immer mit einer drohenden Infektion einher, denn durch die Hautschädigung sind Krankheitskeime in der Lage in den Körper einzudringen. Verzögerungen in der Wund- und Knochenheilung wären die Folgen.
Allgemeine und spezielle Erstversorgung
Wie bei jeglicher Erstversorgung müssen auch hier die Vitalfunktionen aufrechterhalten werden, so sind gegebenenfalls stabile Seitenlage oder Reanimationsmaßnahmen durchzuführen.
Es ist keine Aufgabe des Ersthelfers verschobene Frakturen zu richten oder zu schienen. Brüche werden von Ersthelfern durch geeignete Lagerungen und Materialien vor weiteren Bewegungen bewahrt, das heißt ruhig gestellt. Nur im Notfall – beispielsweise bei der Rettung aus einem Gefahrenareal – ist der Betroffene umzulagern. Parallel zur Versorgung der Knochenfraktur darf die Schockbekämpfung nicht vergessen werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass durch die Lagerung selbst keine Bewegung provoziert wird, die den Bruch verschlimmert. Darüber hinaus gibt es Ausnahmen, bei denen keine Schocklage anzuwenden ist. Durch offene Brüche verursachte Blutungen sind wie in jedem anderen Fall mit einer Wundauflage (ohne Druckverband) zu versorgen. Aus der Haut herausragende Knochenenden sind dabei wie Fremdkörper zu behandeln.
Bein
Befindet sich der Bruch im Bereich eines Beines, wird dieses mit Decken, Jacken, Taschen etc. vorsichtig umpolstert, um weitere Bewegungen zu verhindern (Abb. 1). Eine Schocklagerung kann hier in der Regel nicht erfolgen, da durch das Anheben des Beines der Bruch verschlimmert wird.
Arm
Bei Armfrakturen nimmt der Betroffene in den meisten Fällen von allein eine Schonhaltung in Form eines angewinkelten Armes ein, um die Schmerzen zu lindern. Aufgabe des Ersthelfers ist es dann, diese Schonhaltung mittels eines Dreiecktuches zu unterstützen. Das Dreiecktuch wird dazu unter dem verletzten Arm durchgezogen, so dass dieses Ende auf der Schulter liegt, die zum verletzten Arm gehört. Die spitze Seite des Tuches zeigt dabei zum Ellenbogen. Das noch herunterhängende Teil des Dreiecktuches wird zu der Schulter hochgeschlagen, die zum unverletzten Arm gehört (siehe Abb. 2).
Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Hand inklusive Finger des verletzten Armes vollständig im Tuch liegt. Beide Enden des Tuches werden nun im Nacken verknotet. Die Spitze des Tuches am Ellenbogen wird zum Schluss verknotet, damit der Arm dort nicht herausrutscht (Abb. 3). Falls erforderlich, fixiert man das Armtragetuch mit einem anderen Dreiecktuch oder einer Binde am Oberkörper. Alternativ kann man eine Armfraktur auch ruhig stellen, indem man das T‑Shirt vom Bauch aus einfach über den verletzten Arm hochklappt und mit einer Sicherheitsnadel befestigt.
An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass eine Ruhigstellung mit Dreiecktuch nur möglich ist, wenn der Betroffene dies wünscht. Kann er den Arm auch ohne Hilfsmittel, nur durch seine Schonhaltung, ruhig stellen, so ist kein Armtragetuch notwendig.
Becken
Beckenbrüche sind enorm schmerzhaft und führen dazu, dass der liegende Betroffene sich nicht aufrichten kann. Durch das Anwinkeln der Beine, zum Beispiel mit einer eingerollten Decke unter den Kniekehlen, unterstützt man die natürliche Schonhaltung und stellt den Bruch ruhig.
Wirbelsäule
Wirbelsäulenverletzungen können sich durch Schmerzen, auch durch Taubheitsgefühle und Kribbeln äußern. Die betroffene Person kann die Kontrolle über ihre Ausscheidungsorgane verlieren. Jede weitere Bewegung wäre fatal und könnte zu dauerhaften Lähmungen führen. Daher bleibt der Betroffene in der aufgefundenen Position liegen – insofern keine lebensrettenden Maßnahmen eine höhere Priorität haben.
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