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Körper und Seele leiden

Serie Volkskrankheiten: Suchterkrankungen
Körper und Seele leiden

Abhängigkeit­en kön­nen stof­fge­bun­den sein, wie beispiel­sweise bei Alko­hol oder Medika­menten, oder stof­fun­ab­hängig, wenn es etwa um Fernseh- oder Inter­net­sucht geht. Oft lei­den nicht nur die Betrof­fe­nen, son­dern auch Fre­unde, Fam­i­lie oder Arbeit­skol­le­gen des Süchtigen.

Men­schen, die unter ein­er Abhängigkeit lei­den, sind meis­tens nicht nur selb­st behand­lungs­bedürftig. Indem schon ein langer (gemein­sam erlit­ten­er) Weg hin­ter ihnen liegt, brauchen auch die Ange­höri­gen fachkundi­ge Hil­fe. Denn die Lei­dens­geschicht­en von Men­schen, die Medika­mente miss­brauchen oder nicht mit dem Glücksspiel aufhören kön­nen, sind für Fam­i­lien eben­so belas­tend wie für die Betrof­fe­nen selbst.
In ganz Deutsch­land gibt es derzeit etwa 7.500 Selb­sthil­fe­grup­pen, in denen sich abhängige Men­schen oder auch Ange­hörige von Suchtkranken tre­f­fen, um sich selb­st und sich gegen­seit­ig zu helfen.
Immer größere Mengen
Der Gebrauch von Sucht­mit­teln – vor allem in riskant großem Maß – schädigt die kör­per­liche und seel­is­che Gesund­heit. Je größer das Ver­lan­gen etwa nach Alko­hol oder einem Auf­putschmit­tel, desto mehr wird die Zufuhr erhöht. Der Kör­p­er reagiert darauf, indem sich der Stof­fwech­sel anpasst. So wer­den immer größere Men­gen „ver­tra­gen“ und in der Folge set­zt die gewün­schte Wirkung dann nur noch bei weit­eren Dosis­steigerun­gen ein. Will man das Sucht­mit­tel abset­zen, kann es zu starken Entzugser­schei­n­un­gen kom­men – die bei manchen Sucht­mit­teln sog­ar lebens­ge­fährlich wer­den können.
Im nach­fol­gen­den Text haben wir uns darauf beschränkt, nur die am häu­fig­sten vork­om­menden Abhängigkeit­en zu erwähnen.
Alko­hol
Der Kon­sum von Alko­hol ist in der deutschen Gesellschaft weit ver­bre­it­et. So lag der Ver­brauch je Ein­wohn­er an reinem Alko­hol im Jahr 2010 bei 9,6 Litern.
Hinzu kommt: Die Fol­gen von Alko­hol wirken sich nicht nur auf den einzel­nen Kon­sumenten aus. Die volk­swirtschaftlichen Kosten alko­hol­be­zo­gen­er Krankheit­en wer­den auf ins­ge­samt 24,4 Mil­liar­den Euro geschätzt. Wobei 8,4 Mil­liar­den Euro auf direk­te Kosten (ambu­lante, sta­tionäre Behand­lung, Reha­bil­i­ta­tion) und 16 Mil­liar­den Euro auf indi­rek­te Kosten (Arbeit­sun­fähigkeit, Mor­tal­ität, Früh­ber­en­tung) entfallen.
Abhängig von Alko­hol sind in Deutsch­land etwa 1,3 Mil­lio­nen Men­schen. Der schädliche Kon­sum und echter Miss­brauch bet­rifft weit­ere zwei Mil­lio­nen Men­schen. Mit diesen alarmieren­den Zahlen wen­det sich die Deutsche Haupt­stelle für Sucht­fra­gen regelmäßig an die Öffentlichkeit.
Tabak
Schon Jugendliche rauchen hierzu­lande gern und oft. Etwa ein Vier­tel der über 15-Jähri­gen greift laut Sta­tis­tik regelmäßig zum Glimm­stän­gel. Obwohl Zigaret­ten über die Jahre immer teur­er gewor­den sind, und Rauch­er aus Restau­rants mehr oder weniger ver­ban­nt wur­den, lassen sich junge Men­schen immer noch den Tabak schmeck­en. Etwa 140.000 Men­schen ster­ben pro Jahr an Krankheit­en, die in unmit­tel­barem Zusam­men­hang mit dem Rauchen ste­hen. Rauchen gilt als Haup­trisiko­fak­tor für viele Kreb­serkrankun­gen, Herz­in­farkt und Schla­gan­fall sowie chro­nis­che Bron­chi­tis und Lungenemphysem.
Medika­mente
Etwa fünf Prozent aller häu­fig verord­neten Arzneimit­tel besitzen Sucht­poten­zial. Dazu gehören Schmerzmit­tel, Schlaf- und Beruhi­gungsmit­tel, aber auch alko­hol­haltige Stärkungsmit­tel und Hus­ten­säfte. Cir­ca 1,5 Mil­lio­nen Men­schen sind medika­menten­ab­hängig, etwa zwei Drit­tel der Betrof­fe­nen sind Frauen.
Ille­gale Drogen
Der Gebrauch ille­galer Dro­gen gehört zu den zehn bedeu­tend­sten Risiko­fak­toren für die Gesund­heit und belegt bei Män­nern und Frauen jew­eils den acht­en Rang­platz. Knapp zehn Mil­lio­nen Befragte im Alter zwis­chen 18 und 59 Jahren haben schon min­destens ein­mal in ihrem Leben eine ille­gale Droge gebraucht. Als ille­gal gel­ten Sub­stanzen, die unter das Betäubungsmit­telge­setz fall­en – also zum Beispiel Cannabis, Hero­in, Ecsta­sy, Kokain, Crack und LSD.
Glücksspiel
Die Deutsche Haupt­stelle für Sucht­fra­gen schätzt die Zahl der pathol­o­gis­chen Glücksspiel­er in Deutsch­land auf rund 200.000 Per­so­n­en. Annäh­ernd 300.000 Men­schen sollen ein prob­lema­tis­ches Spielver­hal­ten haben.
In soge­nan­nten „Spiel­hallen“, in denen Geld­spielau­to­mat­en aufge­baut sind, tum­meln sich die meis­ten pathol­o­gisch Spie­len­den. Das Gefühl, dort könne man viel Geld gewin­nen, wenn man nur ordentlich Glück hat, ist tück­isch. Denn der Gedanke: „Wenn ich jet­zt weit­er­spiele, kommt bes­timmt bald eine Glückssträhne!“ treibt zu immer län­geren Spiel-Exzessen an. Es wird deut­lich mehr Geld ver­spielt als man ein­set­zen wollte – und die Spi­rale des Geldlei­hens und Wieder-Ver­spie­lens set­zt sich immer heftiger in Bewe­gung. Mas­sive Schulden und finanzielle Prob­leme drück­en irgend­wann so, dass wom­öglich auch krim­inelle Energien frei wer­den – nur um an genug Geld zum Spie­len zu kommen.
Essstörun­gen
Die wohl bekan­ntesten For­men von Essstörun­gen sind die Mager­sucht (Anorex­ie) und die Bulim­ie (Ess-Brech-Sucht). Die Beschäf­ti­gung mit dem eige­nen Kör­p­er, der Kalo­rien­zu­fuhr und dem Gewicht wird für Betrof­fene zum „wichtig­sten Lebensin­halt“. Man geht davon aus, dass etwa ein Prozent der weib­lichen Jugendlichen von Mager­sucht betrof­fen ist. Alles Denken und Tun kreist dann nur noch darum, wie am besten ganz auf Nahrung verzichtet wer­den kann. Obwohl der Gewichtsver­lust häu­fig lebens­bedrohlich ist, fall­en die betrof­fen Mädchen/Frauen durch beson­deren Ehrgeiz auf: Ob im Sport oder in der Schule – hart und unnachgiebig mit sich selb­st „kämpfen“ sich Mager­süchtige durchs Leben.
Die Ess-Brech-Sucht ist gekennze­ich­net durch Heißhunger­an­fälle, die sich abwech­seln mit selb­st her­beige­führten Brech-Attack­en. Um das Gewicht zu hal­ten oder um zusät­zlich abzunehmen, kann es auch zum Miss­brauch ver­schieden­er Medika­mente kom­men. Appetitzü­gler, Abführmit­tel und harn­treibende Mit­tel gehören zu den Arzneien, die häu­fig in ursäch­lichem Zusam­men­hang mit Essstörun­gen stehen.
Vor­sicht bei Suchtmitteln
Grund­sät­zlich gilt: Wer Sucht­mit­tel kon­sum­iert, kann abhängig wer­den. Beson­ders anfäl­lig für eine Such­t­en­twick­lung ist, wer unter schw­eren (seel­is­chen) Belas­tun­gen lei­det. Denn der Gebrauch von Sucht­mit­teln sorgt dafür, dass ganz schnell – und zunächst auch sehr angenehm – Entspan­nung und Ent­las­tung her­beige­führt wird. Die Prob­leme, die real existieren, wer­den dadurch natür­lich nicht gelöst. Den­noch fühlen sich Betrof­fene – die z.B. Alko­hol oder auch Medika­mente kon­sum­ieren – plöt­zlich freier und ungezwun­gener. Ihr prob­lem­be­hafteter All­t­ag rückt in weite Ferne, tang­iert und stört sie in diesen Phasen „unter Droge“ gar nicht mehr.
Schwierige soziale Sit­u­a­tio­nen (wie Arbeit­slosigkeit, Ein­samkeit, Äng­ste) kön­nen eben­so in die Sucht ver­leit­en wie trau­ma­tis­che Erleb­nisse, die eventuell schon aus der Kind­heit stam­men (z.B. häus­liche Gewalt oder Ablehnung in der eige­nen Familie).
Als Ange­hörige „mit­be­trof­fen“
Für alle nahen Ange­höri­gen ist die Suchterkrankung eben­falls schw­er belas­tend. Schließlich möchte man doch einem geliebten Men­schen „beis­te­hen“, ihn unter­stützen. Ihm wom­öglich dabei helfen, von sein­er Sucht auch wieder loszukom­men. Meis­tens fruchtet die gut gemeinte Unter­stützung jedoch nicht. Denn eine Ver­hal­tensän­derung ist für den erkrank­ten Men­schen nicht so ohne weit­eres möglich.
Selb­st wenn immer wieder beteuert wird „Ich höre auf zu trinken“, gute Vorsätze und Ver­sprechen kön­nen von Patien­ten, die abhängig sind, gar nicht einge­hal­ten werden.
Helfen – aber ganz anders
Für die Ange­höri­gen eine riesen­große Belas­tung: Denn Stim­mungss­chwankun­gen, Unzu­ver­läs­sigkeit, lieblos­es oder aggres­sives Ver­hal­ten bis hin zu kör­per­lich­er oder gar sex­ueller Gewalt beein­trächti­gen das Zusam­men­leben zusätzlich.
Frauen mit einem suchtkranken Ange­höri­gen bemühen sich oft in ganz beson­derem Aus­maß, eine Erkrankung „nicht auf­fliegen“ zu lassen. Nach außen soll möglichst ein guter Ein­druck beste­hen bleiben. Um den Ange­höri­gen zu schützen, ver­suchen Frauen oft, die Ver­ant­wor­tung für den aus­fal­l­en­den Part­ner mitzuübernehmen. Auf­gaben, die nicht erledigt wur­den, bürdet sich die Frau im Haushalt auf – aber eine Wende zum Besseren bleibt trotz­dem aus.
Sucht­mit­tel ver­steck­en oder weg­w­er­fen, den Abhängi­gen eng­maschig kon­trol­lieren – all diese Wege wer­den nicht erfol­gre­ich sein. Der Ange­hörige, der sich sein Sucht­mit­tel „partout“ besor­gen will, wird immer Mit­tel und Wege find­en, dies zu tun. Allen Wider­stän­den zum Trotz!
Soll sich wirk­lich etwas ändern, muss der suchterkrank­te Ange­hörige selb­st an ein­er dauer­haften Verän­derung seines Ver­hal­tens inter­essiert sein. Nur das offene, scho­nungslose Gespräch kann dies her­beiführen. Denn nur wenn deut­lich wird, wie unerträglich die Sit­u­a­tion für das gesamte Umfeld ist, und dass ein Leben mit der Sucht für die Ange­höri­gen so nicht mehr trag­bar ist, set­zen Sie ein klares Zeichen.
Bieten Sie ruhig an, dass Sie mit­ge­hen zu ein­er speziellen Beratung – aber kündi­gen Sie auch an, dass Sie für sich selb­st Beratung in Anspruch nehmen wer­den. So liefern Sie den unmissver­ständlichen Anstoß, dass auch der abhängige Ange­hörige sich küm­mern möge – und aktiv wer­den muss.
Erken­nen Sie sich?
Sie sind unsich­er, ob sich in Ihrer Fam­i­lie wom­öglich schon eine Sucht entwick­elt (hat)? Über­legen Sie, ob fol­gende Aus­sagen für Sie zutreffen.
  • Sie sor­gen dafür, dass Ihr Part­ner rechtzeit­ig auf­ste­ht und pünk­tlich zur Arbeit kommt.
  • Sie erledi­gen im Haushalt Auf­gaben, für die Sie eigentlich nicht zuständig sind.
  • Sie nehmen allein Ter­mine wahr oder gehen allein zu Tre­f­fen und Feiern, an denen Sie eigentlich bei­de hät­ten teil­nehmen sollen.
  • Sie sparen oder erschließen weit­ere Geldquellen, um finanziell über die Run­den zu kommen.
Weit­ere Informationen:
Tele­fonis­che Infor­ma­tion und Beratung bietet die
Bun­desweite Sucht- und DrogenHotline
01805 – 31 30 31 (täglich von 0 bis 24 Uhr, Kosten: 0,24 Euro je Minute aus dem deutschen Fes­t­netz, andere Mobil­funkpreise möglich.)
Info-Tele­fon der Bun­deszen­trale für gesund­heitliche Aufk­lärung (BZgA): 0221 – 89 20 31 (Mo. bis Do. von 10 – 22 Uhr
Fr. bis So. von 10 – 18 Uhr
Brit­ta Surholt

Der Weg in die Sucht
Eine Abhängigkeit entwick­elt sich nicht von heute auf mor­gen. Es kann dur­chaus viele Jahre dauern, bis sich aus ein­er Gewohn­heit eine echte Abhängigkeit ergibt. Das Tück­ische: Der Über­gang ist meist fließend. Wird jedoch das ganze Leben nur noch von der Sucht bes­timmt – und Fre­unde, Fam­i­lie und Beruf treten in den Hin­ter­grund – muss die Abhängigkeit drin­gend fachkundig behan­delt werden.

Alkohol-Opfer
Die Zahl der Todes­fälle, die pro Jahr auf die Wirkung von Alko­hol zurück­zuführen ist, liegt bei 70.000.
Bei Frauen beste­ht spätestens ab einem Alko­holkon­sum von mehr als 12 Gramm täglich das Risiko gesund­heitlich­er Schä­den. Bei Män­nern liegt dieser Wert bei cir­ca 24 Gramm pro Tag. Zur Ori­en­tierung: Eine Flasche Bier (330 ml) enthält etwa 12 Gramm Alkohol.

So kommen Sie aus der Co-Abhängigkeit
  • Den Tat­sachen ins Auge sehen
  • Den Krankheitswert der Abhängigkeit akzeptieren
  • Schuldge­füh­le überwinden
  • Die eigene Angst bewältigen
  • Aufhören, zu helfen
  • Kon­se­quent bleiben
  • Ver­ant­wor­tung für das eigene Leben übernehmen
(Quelle: Deutsche Haupt­stelle für Sucht­fra­gen e.V., Hamm)

Einsicht ist notwendig
Wichtig: Abhängige Men­schen müssen vor allem auch selb­st erken­nen, dass sie ein Sucht­prob­lem haben. Bevor eine Ther­a­pie oder andere Maß­nah­men greifen kön­nen, muss der/die Betrof­fene selb­st erkan­nt haben, dass eine dauer­hafte Verän­derung des Ver­hal­tens notwendig ist. Nur wer selb­st bere­it ist, seine Sucht zu bekämpfen, wird sich hier­bei helfen lassen!
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