Bei einem Schock handelt es sich um eine oftmals unterschätzte, jedoch lebensgefährliche Reaktion des Körpers auf einen schädigenden Einfluss. Akute Verletzungen, bedrohliche Herzerkrankungen, starke Schmerzen, Allergien etc. sind häufige Ursachen. Durch den Schock kann eine erheblich verringerte Versorgung der Zellen und Organe mit Blut bzw. Sauerstoff einsetzen. Es kommt zu einer Kreislaufstörung. Dann besteht Lebensgefahr, weil wichtige Organe wie Herz, Lunge und Gehirn nicht ausreichend versorgt werden.
Neben allgemeinen Schockanzeichen gibt es individuelle Symptome, die bereits auf charakteristische Störungen bzw. Verletzungen hinweisen. Ein typisches Symptom ist ein fahl-blasses Gesicht, das schweißbenetzt und kühl ist. In der Regel setzt nach einiger Zeit ein leichtes Frösteln ein, das sich stufenweise zum zitternden Frieren steigert. Der Körper versucht der Störung mit einer Zentralisation des Blutes entgegenzutreten. Dabei wird Blut aus der Körperschale in das Innere geleitet, um die vitalen Organfunktionen aufrechtzuerhalten. Betroffene reagieren darauf teils sehr unterschiedlich: Angefangen bei panischen Zuständen, Verwirrung, Desorientierung über Schmerzunempfindlichkeit bis hin zur Apathie ist alles möglich. Nicht selten sind Übelkeit, Schwindel oder gar Erbrechen zu beobachten. Die normale Pulsfrequenz von 60 Schlägen je Minute ist stark mit $ 100 Schlägen erhöht, wobei der Puls dennoch kaum zu spüren ist. Die Pulskontrolle soll in diesem Fall mit den Fingerbeeren auf der Daumenseite am Handgelenk des Hilfsbedürftigen vorgenommen werden. Niemals dürfen Sie den eigenen Daumen benutzen. Der hat einen Eigenpuls und kann das Ergebnis verfälschen. Beim Nagelbetttest drücken Sie leicht auf den Daumen des Betroffenen. Strömt das Blut nur langsam zurück, erhärtet das den Schockverdacht.
Hauptgruppen des Schocks
Verliert der Körper Flüssigkeit aufgrund einer Blutung, Dehydrierung (Durchfall, Erbrechen, starkes Schwitzen) oder einer starken Verbrennung, entwickelt sich ein Volumenmangelschock. Bei einem Erwachsenen ist bereits bei einem 20-prozentigen Blutverlust (ungefähr ein Liter) damit zu rechnen. Da Blut fehlt, bezeichnet man diese Form auch als absoluten Mangel an Blut. Kinder verfügen über weniger Blut. Der Schock setzt dort bereits bei geringeren Blut- bzw. Flüssigkeitsverlusten ein.
Ist die Pumpleistung des Herzens infolge eines Herzinfarktes, Angina Pectoris, Herzrhythmusstörung oder Herzschwäche beeinträchtigt, wird nicht mehr genügend Blut in den Körperkreislauf gepumpt – es liegt ein Kardiogener Schock vor.
Bei der sogenannten Vasovagalen Synkope stellen sich die Blutgefäße bei starken emotionalen Einflüssen wie Angst, Schmerz, Aufregung etc. plötzlich weit. Der Gefäßwiderstand (Gefäßtonus) verändert sich, das Blut versackt buchstäblich in den Beinen. Blut ist zwar in ausreichender Menge vorhanden, doch das Absacken des Blutes führt zu einem – häufig nur kurzzeitigen – relativen Blutmangel.
Allergische Reaktionen auf unterschiedliche Substanzen, sogenannte Allergene, beeinträchtigen ebenfalls den Gefäßtonus und führen zum Versacken des Blutes. Darüber hinaus ist eine Verkrampfung der Bronchialmuskulatur sowie daraus resultierend eine Atemnot nicht selten. Man spricht in diesem Fall von einem Anaphylaktischen Schock. Insektengifte, Medikamente, Pollen usw. sind mögliche Auslöser. Erste Hinweise sind Hautrötungen, Insektenstiche sowie Juckreiz.
Wirbelsäulen- und Kopfverletzungen – Körperareale, in denen viele Nervenbahnen verlaufen – wirken sich auf die Gefäßregulation aus, so dass es ebenso zur Erschlaffung der Gefäßmuskulatur kommt. Ein Nervenschock ist entstanden. Es setzt wiederum ein relativer Blutmangel ein, da zwar ggf. genügend Blut vorhanden ist, aber kurzzeitig viel Blut in die untere Körperhälfte versinkt.
Erstversorgung
Die Erstversorgung beruht im Wesentlichen auf fünf Basismaßnahmen.
- Die Versorgung der lebenswichtigen Organe mit Blut hat oberste Priorität. Indem Sie die Beine des Betroffenen etwa 20 bis 30 cm erhöht lagern, fördern Sie den verstärkten Blutzufluss zu den Organen und insbesondere zum Gehirn. (Abb. 1) Im Idealfall werden zur sogenannten Schocklagerung Gegenstände (Kiste, Stuhl, Tasche etc.) benutzt, damit der oder die Helfer alle Hände frei haben. Ist nichts Geeignetes zur Hand, hockt ein Helfer sich hin und legt die Beine auf seine Oberschenkel.
- Sie dürfen neben der erhöhten Beinlagerung keinesfalls die Ursache des Schocks vergessen, da sie den Schock weiterhin forciert. Daher müssen Sie bspw. Wunden ebenso zügig versorgen.
- Kälte ist nicht nur unangenehm, sondern kann zur bedrohlichen Unterkühlung führen – auch wenn sie das Gefühl haben, es ist warm, wickeln sie den Betroffenen in eine Decke ein.
- Vergessen Sie nicht die Rettungskräfte zu informieren!
- Neben allen „mechanischen“ Hilfen ist die menschliche Betreuung genauso wichtig. Reden Sie mit dem Betroffenen, um den Zustand nicht zu verschlechtern. Gleichzeitig verringern Sie das Risiko, dass er bewusstlos wird.
Mit der Schocklage und den anderen Elementarmaßnahmen ist die Hilfe nicht abgeschlossen. Da sich der Zustand jederzeit negativ verändern kann, sind die Vitalzeichen permanent zu beobachten. So können sie ggf. auf die veränderte Situation reagieren. Die zusätzliche Versorgung richtet sich nach den weiteren Symptomen.
Ausnahmen von der Schocklagerung
Bei bestimmten Erkrankungen und Notfällen ist eine Schocklage kontraproduktiv und würde den Gesundheitszustand verschlechtern. Daher spiegelt die leicht zu merkende „B‑Regel“ die wichtigsten Ausnahmen wieder.
- Birne: Infolge von Kopfverletzungen und ‑erkrankungen (z. B. Schlaganfall) würde sich durch die Hochlagerung der Beine der Blutfluss zur Kopfwunde verstärken. Eine flache Lagerung des Betroffenen ist nötig.
- Brust (Herz, Lunge): Atemnot und Herzerkrankungen erfordern eine Unterstützung der Atmung bzw. eine Entlastung des Herzens und haben daher Vorrang. Mit Hilfe einer sitzenden Haltung wird die Atemhilfsmuskulatur aktiviert und die Atmung wesentlich erleichtert.
- Buckel (Rücken, Wirbelsäule): Bei einem Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung sind weitergehende Schädigungen durch zusätzliche Bewegungen zu vermeiden. Der Betroffene verbleibt am besten in der aufgefundenen Haltung. Indizien, die auf mögliche Wirbelschäden hinweisen, sind ein Taubheits- oder Kribbelgefühl in den Gliedmaßen, Bewegungsunfähigkeit und/oder der Abgang von Urin bzw. Stuhl. Auch der Unfallhergang kann erste Anzeichen widerspiegeln.
- Bauch: Bauchverletzungen sowie ‑schmerzen erfordern eine Bauchentlastung, die nur durch eine gekrümmte Haltung (z. B. embryonale Seitenlage) zustande kommt (Abb. 2).
- Becken: Als Folge eines Beckenbruches würde das Anheben der Beine nicht nur die Fraktur verstärken, sondern auch heftige Schmerzen verursachen. Lassen Sie den Verletzten in der ihm am angenehmsten Lage.
- Bewusstlosigkeit: Der Verlust des Bewusstseins bedeutet akute Erstickungsgefahr – speziell in der Rückenlage. Wenden Sie auf keinen Fall die Schocklage an. Hier hilft nur die stabile Seitenlage.
- Bein: Ein gebrochenes Bein darf nicht angehoben werden, wie es bei der Schocklage nötig ist. In der Regel kann auch das gesunde Bein nicht hochgelegt werden. Insofern lässt man den Verletzten in der aufgefundenen oder bequemsten Position liegen.
Steffen Pluntke
E‑Mail: S.Pluntke@gmx.de
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