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1635 meldepflichtige Arbeitsunfälle oder im Mittel 136 Unfälle pro Monat wurden der Papiermacher-BG im Jahr 2006 von den Mitgliedsbetrieben gemeldet. Jeder Unfall bedeutet für die Betroffenen aber sehr viel mehr als nur die reine Aufrechnung der Statistik – auch können alle etwas daraus lernen.
Von Betrieben und Seminarteilnehmern bekam die Papiermacher-BG immer wieder die Frage, ob sie Unfallschilderungen, möglichst mit Bildern, beispielsweise zu Unterweisungszwecken zur Verfügung stellen könnte. Aufgrund dieser Nachfragen hat sie sich dazu entschlossen, in ihrem Mitteilungsblatt Unfälle eines Kalenderjahres im Rückblick zu schildern und zu kommentieren.
Verlust von acht Fingern
Nach dem Wechsel des Belts an einer Schuhpresse geriet ein Mitarbeiter mit beiden Händen in die Einzugstelle der mit Kriechgeschwindigkeit laufenden Maschine. Wie die Unfalluntersuchung ergab, war die Gefahrstelle direkt nach der Reparatur vom Querlaufsteg aus noch erreichbar, weil ein Geländerelement nicht montiert war. Eine Gefährdungsbeurteilung für die Tätigkeit des Beltwechsels lag nicht vor.
Es gilt: Arbeiten an ungesicherten Einzugstellen sind grundsätzlich verboten. Auch der Aufenthalt in der Nähe ist zu unterlassen, reicht doch schon die halt- suchende Bewegung beim Stolpern oder Ausrutschen, um mit den Händen in die Einzugstelle zu geraten. (Abb. 1)
Handquetschung mit Hautablederung und Weichteilverlusten
Beim Aufführen der Papierbahn an einem Rewinder wurde die rechte Hand des Mitarbeiters zwischen zwei Walzen eingezogen. Die Maschine kam nach dem Loslassen des Tipptasters durch den Maschinenführer sofort zum Stillstand, trotzdem erlitt der Mitarbeiter schwere Handverletzungen. Die Unfalluntersuchung zeigte, dass der Verletzte beim Einführen der Bahn nachgefasst und deshalb eingezogen wurde. Eine Betriebsanweisung für das Aufführen lag nicht vor.
Es gilt: Auch im Tippbetrieb und bei Kriechgeschwindigkeit ist das Arbeiten an Einzugstellen nur ausnahmsweise gestattet. Die Arbeitsweise muss dem Risiko angemessen sein. Durch das Ankleben der Papierbahn an die noch durchlaufende Bahn wäre das gezielte Nachfassen vermeidbar gewesen. (Abb. 2)
Verbrennungen im Gesicht‑, Hand- und Oberkörperbereich
Ein Schichtelektriker öffnete in einem Schaltraum die Türe vor dem Motorsteuerungseinschub eines ausgefallenen Pumpenantriebes. Er bat per Funk den Anlagenfahrer in der Zentralwarte, die Pumpe zuzuschalten. Durch den Einschaltvorgang entstand ein Störlichtbogen, der dem vor dem Schaltschrank stehenden Elektriker schwere Verbrennungen zufügte. Zur Fehlersuche hatte der Elektriker die Schaltschranktür geöffnet, ohne den Einschub von den Stromschienen getrennt zu haben. Nachträglich wurde am Motor der Pumpe ein Masse- und Wicklungsschluss festgestellt, der beim Einschalten einen Überstrom und damit den Störlichtbogen verursachte. Die erforderliche Schutzausrüstung bei Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen war im Betrieb vorhanden, wurde von dem Elektriker jedoch trotz nachweislicher Unterweisung nicht getragen.
Es gilt: Bei Arbeiten an aktiven Teilen elektrischer Anlagen muss immer mit Störlichtbögen gerechnet werden. Das Tragen der Persönlichen Schutzausrüstung ist unerlässlich. (Abb. 3)
Gliedverlust am Zeigefinger, schwere Quetschungen des Mittelfingers
In einer Anlage zur Herstellung von Mineralfasern blieb eine Glättwalze stehen. Der Schichtmeister griff mit seiner linken Hand um die Verdeckung der Riemenscheibe am Antriebsmotor und wurde mit seinem Handschuh eingezogen. Der Schichtmeister war von einem Ausfall des Antriebsmotors ausgegangen. Was er nicht wusste und in der lauten Umgebung nicht hören konnte: Der Motor lief, die Walze drehte sich nicht, weil das Getriebe defekt war. Die Absicherung des Keilriemenantriebs des Getriebes durch eine Verdeckung war nicht ausreichend.
Es gilt: Antriebselemente müssen durch geschlossene Verkleidungen gegen Zugriff von allen Seiten gesichert sein. (Abb. 4)
Bruch des Oberarms, Quetschungen und Prellungen des Brustkorbs
Während des manuellen Aufführvorgangs stieg der Maschinengehilfe im Bereich der Pressenpartie auf die Stuhlung der Pappenmaschine, rutschte ab, fiel in die Maschine und wurde mit der rechten Körperseite in eine Filzauflaufstelle eingezogen. Es gilt: Für das manuelle Aufführen müssen sichere Standplätze vorhanden sein. Das Aufsteigen auf Stuhlungsteile laufender Papiermaschinen ist verboten. Auflaufstellen sind gegen unbeabsichtigtes Hineingeraten zu sichern. (Abb. 5)
Offener Bruch des rechten Arms, Tod nach Lungenentzündung
Unterhalb des Ausschussbandes eines Querschneiders hatte sich im Laufe der Schicht viel Papier angesammelt. Der Maschinenführer kletterte bei laufender Maschine in den beengten Bereich der Spannstation des Ausschussbandes, um den dort angefallenen Ausschuss auszuräumen. Er geriet dabei mit dem rechten Arm in die Einzugstelle zwischen rücklaufendem Band und Walze der Spannstation und wurde bis zum Oberarm eingezogen. Er erlitt einen offenen Bruch und Quetschungen. Im Laufe der stationären Behandlung dieser Verletzungen erkrankte der Verletzte an einer Lungenentzündung und verstarb. Durch die unzureichende Materialabfuhr fielen große Mengen Ausschuss an, die auch in dem schlecht zugänglichen Bereich, unterhalb der ungesicherten Auflaufstelle, geräumt werden mussten.
Es gilt: Das Einsteigen in laufende Maschinen ist verboten. Gefahrstellen an Bandförderern sind zu sichern. (Abb. 6)
Lendenwirbelfraktur und Prellungen
Ein Mitarbeiter wollte mit einem Pkw vom Betriebsgelände fahren. Er schob ein acht Meter breites und 700 Kilogramm schweres Tor auf, als dieses plötzlich umfiel, den Mitarbeiter traf und auf der Motorhaube des PKW zu liegen kam. Die Mauer im Bereich des Tores war am Unfalltag ausgebessert worden. Im Rahmen der Arbeiten sollte auch der linksseitige Toranschlag entfernt und erneuert werden. Die Maurerarbeiten durch eine Fremdfirma waren bereits beendet und der neu angefertigte Anschlag sollte nach dem Trocknen der Fugen durch Mitarbeiter der Papierfabrik eingebaut werden.Der Verkehrsweg war nicht abgesperrt, es gab keinen Hinweis auf die Instandsetzungsarbeiten. Der Mitarbeiter – der nichts von den Arbeiten wusste – schob das selten benutzte Tor in die falsche Richtung auf, wodurch es aus der Führung geriet und umfallen konnte.
Es gilt: Gefährliche Bereiche (z. B. Baustellen) sind abzusperren, umsturzgefährdete Elemente sind zu sichern. (Abb. 7)
Quetschungen und Knochenabsplitterungen linker Fuß und Unterschenkel
Beim Vorbeigehen am Lamellenband sah der Gehilfe an einer Verpackungslinie, wie der Begleitzettel von einer Palette herabfiel. Er wollte diesen aufheben und stellte sich mit dem linken Bein auf das Transportband. Genau in diesem Augenblick setzte sich das Band in Bewegung und der Maschinengehilfe wurde mit seinem linken Fuß in den ca. vier Zentimeter breiten Spalt zwischen Umlenkung Lamellenband und einer nicht angetriebenen Rolle eingezogen. Der Gehilfe war neu an diesem Arbeitsplatz. Die automatische Folgesteuerung des Transportbandes war ihm nicht bekannt. Darüber hinaus bestand eine ungesicherte Einzugstelle zwischen den angrenzenden Abschnitten der Transportstrecke.
Es gilt: Automatisch anlaufende Transportbänder dürfen nicht betreten werden. Die Übergänge zwischen den einzelnen Bandabschnitten sind so auszuführen, dass keine Einzuggefahr besteht. (Abb. 8)
Quelle:
Papiermacher-Berufsgenossenschaft
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