Seit gut zwei Jahren stellt die BG-Regel 191 (BG = Berufsgenossenschaft) neue Anforderungen an orthopädische Zurichtungen von Fußschutz. Die Hersteller haben daraufhin Konzepte entwickelt, die diesen Regeln gerecht werden. Schließlich steigt die Zahl derjenigen, die zugerichtetes Schuhwerk benötigen, kontinuierlich. Ihre passgenauen Lösungen für ein hohes Maß an Sicherheit bei gleichzeitig gutem Tragekomfort präsentiert die Industrie im Rahmen der A+A 2009 in Düsseldorf, der mit mehr als 1.000 Ausstellern international führenden Fachmesse mit Kongress für Persönlichen Schutz, betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (3. bis 6. November).
Messe Düsseldorf GmbH Pressereferat A+A 2009 Herrn Martin-Ulf Koch Messeplatz Stockumer Kirchstraße 61 40474 Düsseldorf
Basis des menschlichen Bewegungsapparates sind die Füße. Bereiten sie Probleme, kann sich das bis in den Kopf hinein ziehen. „Wir konnten einem Koch helfen, der jahrelang unter extremen Muskelverspannungen im Nacken litt. Ein Paar Einlagen hat ihn von seinen Beschwerden befreit“, sagt Kirsten Goepel von der Bauerfeind AG in Zeulenroda-Triebes, Geschäftsbereich Fußorthopädie. Auch Knie, Hüfte und Rücken sind gefährdet, wenn Füße Fehlstellungen aufweisen oder schmerzen. Die Bauerfeind AG ist Kooperationspartner der Fa. Steitz Secura, die im Rahmen der A+A 2009 ihre baumustergeprüften Produkte als System aus orthopädischer Einlage und Schuh thematisieren wird.
„Die Zahl der Menschen mit Fußproblemen nimmt eindeutig zu“, sagt Orthopädie-Schuhmachermeister Olaf Glindemann von Bauerfeind. „Das ist zivilisatorisch bedingt: Erstens gehen wir alle fast nur noch auf hartem Untergrund, zweitens tut der demografische Wandel sein übriges.“ Ab dem 40-sten Lebensjahr führen verminderte Muskulatur und ausgeleierte Bänder zu Veränderungen am Fuß. Das kann teils schmerzhafte Knick‑, Senk- oder Spreizfüße verursachen. Immer häufiger treten dann auch Beschwerden im oberen Bewegungsapparat auf. Außerdem werden mit zunehmendem Alter die Fettpolster am Fuß dünner, die Füße somit druckempfindlicher.
Bis vor zwei Jahren konnten Sicherheitsschuhträger private Einlagen und Zurichtungen nutzen. Bei orthopädischen Anpassungen am Schuh war es üblich, die Sohle auf- oder abzuschneiden oder abzuschleifen, die Zurichtung anzubringen und die Sohle wieder aufzukleben. Sowohl durch private Einlagen also auch durch Schuhveränderungen erlosch die Baumusterprüfung. Die Antistatik und der Zehenschutz waren meist nicht mehr gewährleistet. Dadurch kam es immer wieder zu tragischen Unfällen, deren Haftungsfragen schwierig zu klären waren. Meist wurden die Orthopädieschuhmacher belangt.
Uvex Safety wird ebenfalls zur A+A 2009 in Düsseldorf seine Schuhinnovationen für die individuelle Versorgung präsentieren. „Bereits seit 1996 wurde die PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) in deutsches Recht umgewandelt“, erklärt Dirk Breitenberger, Vertriebsbereichsleiter und Projektleiter von Uvex Safety im neu geschaffenen Geschäftsbereich „Medicare“. „Hierin ist festgelegt, dass der Arbeitgeber nur persönliche Schutzausrüstungen auswählen und bereitstellen darf, die den Anforderungen über das Inverkehrbringen von PSA entsprechen, also ein CE-Kennzeichen tragen und baumustergeprüft sind.“ Doch lange Zeit haben die Berufsgenossenschaften nach Absprache mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Ausnahmeregelung bei orthopädischen Zurichtungen von Sicherheitsschuhen geduldet.
Klare Regeln für Einlagen und orthopädische Zurichtungen
Diese Ausnahmeregelung wurde ersatzlos gestrichen und die neue BG-Regel 191 etabliert. Mit ihr sind orthopädische Veränderungen am Schuh geregelt und somit versicherungsrechtlich eindeutig festgelegt. Jede orthopädische Zurichtung für Fußschutz, der in den Verkehr gebracht wird, bedarf seit der BGR 191 von Januar 2007 nun einer Baumusterprüfung und muss der Norm EN ISO 20345 entsprechen. Erst dann bekommt der zugerichtete Schuh das notwendige CE-Kennzeichen.
„Heute konzipieren die Schuhhersteller eine Herstelleranweisung mit Materialvorgaben und verfahrenstechnischen Anweisungen“, erklärt Dr. Markus Scherer vom Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V. Anschließend werden für das Baumusterprüfverfahren Prototypen mit unterschiedlichen Zurichtungen hergestellt. Sie müssen dann mit kompletten Unterlagen von einer akkreditierten Prüfstelle wie beispielsweise dem PFI baumustergeprüft werden. Mit einer EG-Baumusterprüfbescheinigung kann mit Erlaubnis des Schuhherstellers jeder qualifizierte Hersteller den orthopädischen Fußschutz individuell entsprechend der Fertigungsanweisung herstellen oder zurichten. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt er abschließend und eigenverantwortlich, dass der Schuh auf Grundlage des Prüfmusters gefertigt wurde.
Hersteller von Sicherheitsschuhen wie Abeba, Uvex, Steitz Secura, Bata oder Elten bieten mittlerweile eine große Vielfalt an Modellen; ein Rundgang durch die Hallen der A+A 2009 wird dies im November eindrucksvoll bestätigen. Die Palette reicht von Sicherheitssandalen über Sicherheitshalbschuhe bis hin zu Stiefeln.
Einlagen, Sohlenerhöhung und Zehenkappenvergrößerung
Mit 120 Modellen für Einlagen und orthopädische Zurichtungen präsentiert die Firma Steitz Secura in Kirchheimbolanden vermutlich das breiteste Angebot. Die auf den Schuh abgestimmten Bauerfeind-Einlagen verfügen über einen harten Kern, mit dem unterschiedliche Fehlstellungen wie Supination, Pronation und ein Längenunterschied der Beine ausgeglichen werden. Durch Materialreduktion an bestimmten Stellen können druckempfindliche Füße entlastet werden. An den Bauerfeind-Standorten kann ein dynamischer Fußabdruck genommen werden. Damit gewinnt der Orthopädieschuhmacher auch Erkenntnisse über die Füße in Bewegung.
Ähnlich breit ist Uvex aufgestellt. Das Unternehmen bietet 24 Sicherheitsschuhmodelle für orthopädische Komfort-Maßeinlagen oder orthopädische Schuhzurichtungen, die vom PFI eine Baumusterprüfbescheinigung haben. Die Uvex Komfort-Maßeinlage lässt sich aufgrund ihrer Modulbauweise vielfältig verändern und anpassen. An zahlreichen Uvex-Modellen können außerdem baumustergeprüft orthopädische Zurichtungen vorgenommen werden.
Elten aus Uedem hat sieben seiner Modelle für unterschiedliche orthopädische Zurichtungen zertifizieren lassen. Schuh- und Absatzerhöhungen sind genauso möglich wie Innen- und Außenranderhöhungen, orthopädische Abrollhilfen oder Pufferabsätze. Zusätzlich gibt es ein Einlagensystem, für das 22 Modelle zertifiziert wurden.
Spezielle Fertigungsweisen mit Bausätzen und orthopädische Maßschuhe
Nicht allen Menschen mit Fußproblemen reichen Einlagen oder Absatzerhöhungen. Mit fünf Modellen deckt Solor Schuhforschung und Entwicklung GmbH in Pirmasens die Patienten ab, die speziell orthopädisch zugerichteten Fußschutz oder gar Maßschuhe brauchen. Die Schuhe werden halbfertig von Steitz angeliefert (gezwickerter Schuh und Sohle) und dann von Solor mit Aufbau- und Trägerelementen angepasst.
Der Weg zum Schuh
Die meisten Hersteller von Sicherheitsschuhen kommen bei Bedarf in die Unternehmen selbst, um dort direkt die geeigneten Maßnahmen zu eruieren. Wenn die orthopädische Zurichtung am Schuh selbst vorgenommen werden muss wie beispielsweise eine Sohlenerhöhung, wird das meist nach ärztlicher Vorgabe durch den Orthopädieschuhmacher der Sicherheitsschuhhersteller durchgeführt. Braucht der Arbeitnehmer lediglich eine Einlage, so kann der Orthopädieschuhmacher das vor Ort erledigen. Dazu gehört, dass der zertifizierte Einlagenrohling verwendet und die besonderen Normanforderungen für Sicherheitsschuhe berücksichtigt werden. Nur so behält der Schuh seine CE-Kennzeichnung. Die Anpassung der Schuhe und der Korrekturservice durch den Orthopädieschuhmacher sind in der Regel kostenlos.
„2008 wurden 9,3 Millionen Paar Sicherheitsschuhe in Deutschland verkauft“, zitiert Thomas Birke von Solor eine Studie des Hauptverbandes der Deutschen Schuhindustrie, Offenbach. Schätzungen von Sicherheitsschuh-Spezialisten und Orthopädieschuhmachern gehen davon aus, dass 5 bis 10 Prozent der Sicherheitsschuhträger Einlagen oder orthopädische Veränderungen brauchen, Tendenz steigend. Somit ergibt sich großer Handlungsbedarf seitens der Sicherheitsbeauftragten. Es liegt in ihrer Verantwortung, die Mitarbeiter zu informieren und dafür zu sorgen, dass ihre Schuhe mit Sicherheit angepasst sind.
Informationen zur A+A 2009 und ihren Ausstellern und Produkten z. B. Schutzschuhen sind online abrufbar unter:
Häufige Probleme und wie ihnen begegnet wird
- Die Mehrzahl aller Menschen mit Fußproblemen leidet an Senk‑, Knick‑, Spreiz- und Plattfüßen. Diesen Patienten kann in der Regel mit Einlagen geholfen werden.
- Relativ häufig und nicht altersabhängig ist die Längendifferenz der Beine. Sie kann über eine Schuherhöhung ausgeglichen werden, die maximal 3 cm betragen darf.
- Bei Erkrankungen wie beispielsweise Arthrose im Fuß‑, Zehen- oder oberem Sprunggelenk können Abrollhilfen nutzen. Je nach Lage entlasten sie Vorder‑, Mittelfuß oder die Ferse.
- Bei extremem Spreizfuß setzt man eine Schmetterlingsrolle ein. Sie schont die empfindlichen Mittelfußköpfchen, indem der Bodendruck durch eine beidseitige seitliche Polsterung abgefedert wird.
- Probleme durch X- oder O‑Beine werden durch Sohlenranderhöhung gelindert. Auch zur zeitweiligen Entlastung der Außenbänder nach einer Operation kann die Sohlenranderhöhung eingesetzt werden.
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