Auch wenn Streufahrzeuge ihre Ladung verlieren dürfen, die eigentliche Streumaschine ist damit nicht gemeint. Verantwortliche, also der Unternehmer beziehungsweise Fahrzeughalter und Fahrer müssen auf einige Dinge achten, um ein Verrutschen des Streuautomaten zu verhindern und um die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu erfüllen.
Streumaschinen sind Ladung. Häufig allerdings Ladung mit einem erheblichen Gewicht. Ein gefüllter Streuautomat für größere Fahrzeuge wiegt zwischen zehn und 15 Tonnen und hat einen hohen Schwerpunkt. Um ein solches Gerät sicher und im Einklang mit der StVO transportieren zu können, müssen beim Trägerfahrzeug und bei der Streumaschine selbst einige wichtige Rahmenbedingungen erfüllt sein. Leider ist dies nicht immer der Fall.
Zur Sicherung der Ladung gibt es mehrere geeignete Verfahren. Am sichersten ist eine formschlüssige Verladung. Ist das Ladegut – in dem Falle die Streumaschine – unter Berücksichtigung des Lastverteilungsplanes fest und formschlüssig mit dem Fahrzeug verbunden, so sind normalerweise alle wichtigen Kriterien erfüllt.
Diesen Formschluss kann man mit Hakensystemen, mit fester oder auch mit flexibler Verschraubung an dem Fahrzeugrahmen oder auch mit einem Direktzurrverfahren erreichen.
Häufig wird aber ein kraftschlüssiges Sicherungsverfahren, das „Niederzurren“ gewählt. Dies deshalb, weil die eingesetzten Fahrzeuge Alleskönner sein müssen um wirtschaftlich betrieben werden zu können. Sie sind ganzjährig beim Transport von diversen Gerätschaften oder von Schüttgütern im Einsatz. Im Sommer werden sie mit Anbaugeräten für die Grünpflege kombiniert und im Winter werden dann Streubehälter und Streuautomaten aufgebaut.
Befestigungs-Komponenten oft nicht aufeinander abgestimmt
Eine wirkungsvolle Sicherung durch ein Zurrverfahren (sowohl Direkt- als auch Niederzurren) kann nur dann erreicht werden, wenn sowohl die Ladefläche (Fahrzeugaufbau) als auch die Streumaschine über geeignete Befestigungsmöglichkeiten verfügen. Und hier beginnen die Probleme, weil die einzelnen Komponenten häufig nicht aufeinander abgestimmt sind. Auch haben viele Hersteller von Streumaschinen in der Vergangenheit keine verlässlichen Vorgaben zur Ladungssicherung gemacht, obwohl sie im Rahmen ihrer Produktverantwortung für eine sichere Betriebsmöglichkeit zu sorgen haben.
Fahrzeugaufbau/Zurrpunkte
Der Fahrzeugaufbau (Ladefläche) hat oft keine Zurrpunkte, beziehungsweise die vorhandenen sind grundsätzlich oder infolge übermäßiger Korrosion nicht ausreichend belastbar – oder sie sind für die aufzubauende Streumaschine einfach ungünstig positioniert. So ist es schwierig, die Streumaschine am Aufbau zu befestigen. Oft wird deshalb die Bordwand als „Ladungssicherungshilfsmittel“ eingesetzt, entweder, um „Zurrpunkte“ anzubringen, oder um mit den an der Streumaschine angebrachten Justierhilfen einen Formschluss an der vorderen und an den seitlichen Bordwänden zu versuchen. Auch andere Anschlagpunkte wie z.B. der Falz rund um die Brücke oder die Einhängevorrichtung für die hintere Bordwand oder auch das Zugmaul werden gerne gewählt.
Die Bordwände sind ebenso wie alle anderen genannten „Anschlagpunkte“ in aller Regel nicht für eine solche Belastung ausgelegt. Eine Punktbelastung ist bei einer Bordwand grundsätzlich nicht zulässig. Eine mögliche flächige Belastung funktioniert aber nicht mehr bei geöffnetem Bordwandkranz ohne Eckrungen. Hier hilft auch keine zusätzliche Stange am Heck, weil sich die Bordwände rautenförmig verschieben.
Mit Eckrungen wird eine deutlich größere Stabilität erreicht und eine formschlüssige Belastung ist flächig möglich. Für das Anbringen von Zurrpunkten oder irgendwelchen Ringschrauben ist eine herkömmliche Bordwand aber generell nicht gedacht.
Dies alles bedeutet: Wenn man die Streumaschine auf dem Trägerfahrzeug verzurren will, muss dieses Trägerfahrzeug auch entsprechend ausgestattet sein.
Streumaschinen
Bei den Streumaschinen fehlen häufig die für die Ladungssicherung erforderlichen Sicherungseinrichtungen, z.B. geeignete Anschlagpunkte, oder die Belastbarkeit der vorhandenen Anschlagpunkte ist nicht bekannt.
Zurr- und Hilfsmittel
Zurrmittel müssen die Anforderungen der DIN EN 12195–2 (Gurte) und 12195–3 (Ketten) erfüllen. Ungeeignet sind langgliedrige Ketten, Kettenspanner ohne Sicherungsmöglichkeit oder Kennzeichnung oder von zu geringer Qualität (müssen mindestens Qualitätskriterien der Güteklasse 8 erfüllen) sowie Haken ohne Hakensicherung. Da sich das Dehnungsverhalten von Gurten und Ketten erheblich unterscheidet, dürfen sie nicht beliebig „gemischt“ werden. Auch müssen die verwendeten Zurrmittel regelmäßig sachkundig geprüft werden.
Zu den möglichen Sicherungshilfsmitteln zählen auch rutschhemmende Matten (RH-Matten). Die Hersteller dieser Matten sollten einen Gleitreibbeiwert µ von mindestens 0,6 garantieren können und namhafte Hersteller tun das natürlich auch. Dieser Wert wird aber üblicherweise nicht unter Winterdienstbedingungen – Frost, Eis, Nässe, Salz – ermittelt. Er kann somit häufig für den Winterdiensteinsatz gar nicht übertragen werden, weil die Einsatzbedingungen und die sich daraus ergebenden Beanspruchungen gänzlich anders sind als im Sommer. Es empfiehlt sich bereits bei der Anschaffung der RH-Matten auf die Eignung für den Einsatz unter Winterdienstbedingungen zu achten und sich den tatsächlichen Winterdienst- Gleitreibbeiwert vom Hersteller unter Angabe der durchgeführten Tests konkret belegen zu lassen. Dies gilt auch für diejenigen Matten, die bereits vom Streumaschinenhersteller fest an der Streumaschine angebracht wurden. Die flexiblen RH-Matten halten in aller Regel höchstens eine Saison und müssen sauber und trocken sein, wenn sie auf einer ebenfalls sauberen und trockenen Fläche unter die Streumaschine gelegt werden.
Das muss der Unternehmer tun
Der Unternehmer muss zunächst generell sicherstellen, dass die Fahrer beauftragt, ausreichend qualifiziert und unterwiesen sind. Darüber hinaus ist er gemäß Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Fahrzeuge“ für die Betriebssicherheit (Verkehrs- und Arbeitssicherheit) der eingesetzten Fahrzeuge verantwortlich. Ein nicht betriebssicheres Fahrzeug darf gar nicht erst eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund sollte er den vorhandenen Fuhrpark kritisch überprüfen. Welche Systeme werden verwendet und wie sind diese aufeinander abgestimmt? Sind auch die Einzelkomponenten betriebssicher?
Konkret muss er die folgenden Aspekte bedenken:
- Ist der Fahrzeugaufbau in einem Wartungszustand, der den Aufbau einer Streumaschine überhaupt erlaubt? Was ist mit dem zulässigen Gesamtgewicht?
- Kann ich die Ladung möglichst formschlüssig sichern?
- Verfügt der Fahrzeugaufbau über geeignete Zurrpunkte? Falls nein, so müssen diese nachgerüstet werden. Dabei muss er die für die jeweils verwendete Streumaschine erforderlichen Zurrwinkel und Belastungsgrößen berücksichtigen.
- Welche Lastverteilung ist erforderlich und was genau schreibt der Hersteller der Streumaschine als Sicherung vor?
- Welche Zurrmittel setze ich ein, wie werden diese und durch wen und wann sachkundig geprüft?
- Kann ich oder muss ich vielleicht sogar RH-Matten verwenden?
- Wie organisiere ich die Wartung und Pflege der eingesetzten Zurr- und Hilfsmittel während des laufenden Betriebes? RH-Matten und Gurte müssen u.U. auch während der Einsatzsaison gereinigt und getrocknet werden.
Im Kern geht es um die Frage: Ist das Fahrzeug auch dann noch nachweisbar betriebssicher, wenn die Streumaschine aufgebaut ist? Die Verantwortung dafür trägt der Unternehmer. Er ist gut beraten, wenn er die Hersteller der bei ihm eingesetzten Streumaschinen in die Pflicht nimmt und ein Ladungssicherungskonzept einfordert, das alle Vorgaben der StVO und der UVV „Fahrzeuge“ sicher erfüllt.
Thomas Rhiel
Aufsichtsperson bei der Unfallkasse Hessen
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