Jürgen Glaser Sicherheitsingenieur
Ein Unternehmen mit 1.200 Mitarbeitern, das früher jährlich einen Treppensturz zu beklagen hatte, ist nun seit über sechs Jahren unfallfrei auf Treppen.
Wie hat dieses Unternehmen das geschafft? Viele Leser können sich bestimmt noch an die Aktion „Sicherer Auftritt“ der Berufsgenossenschaften zur Vermeidung von SRS-Unfällen (Stolper/Rutsch/Sturz-Unfällen) in den Jahren 2003/2004 erinnern. Im Frühjahr 2004 hatte sich in diesem Unternehmen ein schwerer Treppensturz ereignet (Schulterbruch und Gehirnerschütterung). Dieser Unfall wurde zusammen mit der Geschäftsleitung in Verbindung mit dem Schwerpunktthema der BGen diskutiert. Die Inhalte des Gespräches waren:
- Akzeptieren von Treppenstürzen, da man gegen diese Art von Unfall nicht wirklich etwas machen kann.
- Vorgabe, dass die Mitarbeiter den Handlauf nützen müssen. Bei Verstoß drohen disziplinarische Maßnahmen.
Beide Punkte wurden abgelehnt, da das Unternehmen keine Unfälle akzeptiert bzw. die zweite Variante nicht der Unternehmenskultur entspricht. Die Geschäftsleitung hat daraufhin eine Fachkraft für Arbeitssicherheit beauftragt, eine andere Möglichkeit zu erarbeiten, um Unfälle auf Treppen nachhaltig zu vermeiden. Am Anfang schien es ein unlösbares Problem zu sein und insgeheim hoffte man, dass einfach nichts mehr auf Treppen passiert. Jeder weiß, das ist Illusion und dabei konnte und wollte man es auch nicht belassen.
Der wichtigste Ansatzpunkt war das Merkblatt M 44 „Sicherheit auf Treppen“ der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (siehe Grafik). Dort wird aufgezeigt, dass sich fast 90 Prozent aller Unfälle am Treppenanfang bzw. ‑ende ereignen. Diese Zahlen zeigen die Ursachen für Treppenstürze ganz deutlich: Wird die erste Stufe übersehen, tritt man ins Leere und stürzt die Treppe hinunter. Treppauf ist es ähnlich: Man denkt die Treppe beginnt noch nicht, stolpert und fällt auf die Stufen. Ziel war eine Visualisierung der ersten und letzten Stufe, damit die Mitarbeiter bewusst oder auch nur unterbewusst durch eine optische Änderung Beginn und Ende der Treppe wahrnehmen.
Die Anforderungen an die Stufenmarkierung waren:
- Die Markierung muss mechanisch extrem belastbar sein und darf sich nicht abnutzen. Ziel: mindestens eine Million Personenbewegungen.
- Die Oberflächenrauigkeit muss eine gleiche oder ähnliche Rauigkeit wie der Untergrund der Treppe aufweisen, damit ein Hängenbleiben mit dem Schuh vermieden wird.
- Das Band muss sich einfach reinigen lassen.
- Die Markierung muss optisch ansprechend sein, da sie auch auf hochwertigen Steintreppen verlegt werden sollte.
Im Herbst 2004 war es dann soweit. Innerhalb eines Tages wurde Safety-Stripes, ein speziell entwickeltes Markierungsband, auf die erste und letzte Stufe aller Treppen des Unternehmens aufgebracht.
Die Bilanz nach über sechs Jahren kann sich sehen lassen. Seit der Aufbringung von Safety-Stripes im Herbst 2004 hat sich kein einziger Treppensturz mehr ereignet. Auf der Haupttreppe wurden seit der Aufbringung der Markierungsbänder mittlerweile über drei Millionen Personenbewegungen gezählt, und das ohne der Notwendigkeit die Markierung zu erneuern. Weitere Details und Bilder zu dieser Aktion unter
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