Bestimmte typische Vorbereitungshandlungen und Nachbereitungshandlungen stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, beispielsweise das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und zum Ort der Tätigkeit, Wege zur Unterbringung von Kindern usw. Richterrechtlich wurde dieser Schutz aber auch noch auf weitere Vorbereitungshandlungen erstreckt. Lesen Sie, welche dies sind und wann eine Zuordnung zur versicherten Tätigkeit nicht möglich ist und damit der Versicherungsschutz entfällt.
Was sind Vorbereitungshandlungen?
Vorbereitungshandlungen sind Tätigkeiten, die der Arbeit vorausgehen und sie erleichtern oder ermöglichen. Versicherungsschutz besteht nur beim Vorliegen eines engen sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit, der die Vorbereitungshandlung nach den Gesamtumständen selbst bereits wie einen Bestandteil der versicherten Tätigkeit erscheinen lässt.
Ist man bei einem Vorstellungsgespräch versichert?
Die Abgabe von Arbeitspapieren zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht versichert. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits im Jahr 1959 entschieden, dass das Besorgen der Lohnsteuerkarte dem unversicherten persönlichen Lebensbereich zugerechnet wird. Dies gilt gleichermaßen für die Abholung der Papiere bei Beendigung der Beschäftigung. Für die Arbeitssuche und das Vorstellungsgespräch besteht grundsätzlich ebenfalls kein Versicherungsschutz. Eine Ausnahme gilt dann, wenn mit einer sofortigen Arbeitsaufnahme zu rechnen ist. Dies kann bei Aushilfskräften der Fall sein. Auch wenn Meldepflichten nach dem Sozialgesetzbuch II oder III bestehen, kann Versicherungsschutz unter Umständen bejaht werden. So z.B. bei Arbeitslosen, die sich aufgrund einer Aufforderung der Bundesanstalt für Arbeit für eine ABM-Maßnahme vorstellen müssen (BSG Urteil vom 12.05.2009, B 2 U 8/08 R).
Einkauf von Lebensmitteln vor Arbeitsantritt – versichert?
Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und vom Ort der Tätigkeit. Die Einbeziehung dieser Wege in den Versicherungsschutz wird damit begründet, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit unternommen werden und eine Art Vor- und Nachbereitungshandlung zur eigentlichen versicherten Tätigkeit darstellen. Allerdings wird der Versicherungsschutz auf solchen Wegen dann unterbrochen, wenn private Verrichtungen eingeschoben werden. Eine solche private und daher unversicherte Verrichtung wäre der Weg zum Einkauf von Lebensmitteln.
Beispiel
A geht vor der Arbeit zum Metzger, um sich eine Brotzeit zu besorgen, rutscht im Hof der Metzgerei aus und bricht sich das Bein.
Das BSG hat den Versicherungsschutz abgelehnt und ausgeführt, dass die konkrete Verrichtung zum Unfallzeitpunkt „Überqueren des Hofbereichs nach dem Erwerb der Brotzeit“ in keiner sachlichen Beziehung zum versicherten Weg stand. Dieser wurde vielmehr unterbrochen. Während der Unterbrechung besteht Versicherungsschutz nur dann weiter, wenn die eingeschobene Verrichtung im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen würde. Dieser Zusammenhang ist aber nicht allein deshalb gegeben, weil eine Brotzeit für die Mittagspause erworben wird und damit die Arbeitskraft der A im Laufe der Arbeitszeit aufrecht erhalten werden sollte. Der Einkauf von Lebensmitteln gehört zum unversicherten persönlichen Bereich. Die Vorbereitungshandlung stand nicht in dem erforderlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit, so dass sie nach den Gesamtumständen selbst bereits als Bestandteil der betrieblichen Tätigkeit erschienen wäre (BSG Urteil vom 02.12.2008, B 2 U 15/07 R).
Was gilt für das Tanken?
Allgemeine Maßnahmen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit eines Pkw sind grundsätzlich unversichert.
Dies gilt auch für das Tanken und erst recht bei Wegeabweichungen zu billigen Tankstellen. Ausnahmsweise kann Versicherungsschutz bestehen, wenn das Tanken aus vertretbarer Sicht des Versicherten erst unterwegs erforderlich wird, um den restlichen Weg fortsetzen zu können. Dann sind auch die Wegeabweichungen zur nächsten Tankstelle im angemessenen Umfang versichert.
Ist die Reparatur des Autos auf dem Weg zur Arbeit versichert?
Bei Maßnahmen zur Behebung einer während des versicherten Weges auftretenden unvorhergesehenen Störung am PKW kann Versicherungsschutz dann bejaht werden, wenn die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit nach Art und Zeitaufwand nicht in einem Missverhältnis zur Dauer des Weges im Ganzen steht und der Versicherte sich auf Maßnahmen beschränkt, die zur Fortsetzung des Weges notwendig sind.
Beispiel
B war mit seinem PKW auf dem Weg zur Arbeit und stellte ein Schleifgeräusch fest. Er hielt an und ging mit dem Kopf unter das Fahrzeug, weil er glaubte ein Ast habe sich unter dem Wagen verklemmt. Durch das Abrutschen des Wagenhebers wurde der B eingeklemmt und erlitt eine Schädelbasisfraktur.
Das BSG hat die Schadenssuche mit dem Kopf unter dem PKW dem unter Versicherungsschutz stehenden Weg zugerechnet. Wichtige Kriterien waren danach die Unvorhergesehenheit der Störung und die Relation des Weges zu den ergriffenen Maßnahmen. B nahm an, ein Ast hätte sich unter dem PKW festgeklemmt und sei mit wenigen Handgriffen zu entfernen. Auch wenn der Weg wie hier nur 1000 m lang war, begründet dies kein Missverhältnis zwischen Weg und Maßnahme und es war auch keine über das Notwendige hinausgehende Maßnahme (Urteil des BSG vom 04.09.2007, B 2 U 24/06 R).
…und was ist, wenn es schneit?
Versicherte Tätigkeiten sind all diejenigen, die wesentlich durch das Zurücklegen des Weges bedingt sind, z.B. auch das Freimachen des Fahrzeugs von Eis und Schnee bei Fahrtantritt oder das Räumen der Garagenzufahrt von Schnee, wenn das Fahrzeug ohne die Räumung stecken bleiben würde. Dann ist allerdings auch nur die zur Flottmachung unumgängliche Räumung versichert.
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