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Was sollte ein Sicherheitsbeauftragter über die Anlagen- und Maschinensicherheit wissen?

Sicherheit praxisnah umsetzen
Was sollte ein Sicherheitsbeauftragter über die Anlagen- und Maschinensicherheit wissen?

Diese pro­vokante Frage soll mit einem prax­is­be­zo­ge­nen Fall­beispiel beant­wortet wer­den. Im vor­liegen­den Fall wurde eine „alte“ Druck­gieß­mas­chine mit einem neuen Indus­trier­o­bot­er automatisiert.

Sicher­heits­beauf­tragte wer­den nicht immer in die Pla­nung und Umset­zung solch­er Pro­jek­te einge­bun­den. Dies ist meist in Abhängigkeit zur Unternehmensgröße zu sehen. Mitunter ist aber der Sicher­heits­beauf­tragte die Per­son, die bei solchen Umbau­maß­nah­men in kleineren Unternehmen das alleine meis­tern muss.
Dieses „Prax­iswis­sen“ ist erfahrungs­gemäß sehr sin­nvoll in Sicher­heits- und Bedi­enkonzepten zu nutzen, ins­beson­dere im Hin­blick auf die „Bedi­en­barkeit“ ohne das Umge­hen von Schutzein­rich­tun­gen. Nicht sel­ten sind die von oben, sprich von der Fir­men­leitung geplante Sicher­heit­skonzepte prax­is­fremd und lösen Manip­u­la­tio­nen von Schutzein­rich­tun­gen aus.
Das Fall­beispiel soll Mut machen, auch in diesen Fra­gen der Arbeitssicher­heit mit zureden.
Beispiel Druck­gieß­mas­chine
In einem met­al­lver­ar­bei­t­en­den Unternehmen wurde mit Beratung durch die Fach­stelle „Maschi­nen­sicher­heit“ der Maschi­nen­bau- und Met­all-Beruf­sgenossen­schaft die Inte­grierung bzw. Automa­tisierung ein­er „alten“ Druck­gieß­mas­chine mit einem neuen Indus­trier­o­bot­er real­isiert. Die beson­dere Pro­jek­tauf­gabe bestand in der sicher­heit­stech­nis­chen Ein­bindung der „alten“ Druck­gieß­mas­chine, um eine Gesamtkon­for­mität der automa­tisierten Anlage zu erreichen.
Die Empfehlung, bere­its bei der Bestel­lung der neuen Maschi­nen- und Anla­gen­teile einen Gen­er­alun­ternehmer zu verpflicht­en um die Richtlin­ienkon­for­mität zu erre­ichen, wurde ver­traglich vere­in­bart und war eine wichtige Grund­vo­raus­set­zung zur ziel­gerichteten Durch­führung des Pro­jek­tes. Oft ist die tech­nis­che Real­isierung der Anforderun­gen der EG-Maschi­nen­richtlin­ie (MRL) (Anhang I) für eine „Alt­mas­chine“ nicht im vollen Umfang möglich. Um jedoch eine geforderte Sicher­heit zu erre­ichen, sind min­destens die Vor­gaben der in der Betrieb­ssicher­heitsverord­nung Anhang 1, i.V. mit den Bau- und Aus­rüs­tungs­bes­tim­mungen der Unfal­lver­hü­tungsvorschriften für die Alt­mas­chine ohne CE- Kennze­ich­nung zu berücksichtigen. 
Zur Erläuterung sind die All­ge­meinen Grund­sätze der EG-Maschi­nen­richtlin­ie, an denen sich das betriebliche Vorge­hen ori­en­tierte, auszugsweise genannt:
Grundle­gende Sicher­heits- und Gesund­heitss­chutzan­forderun­gen für Kon­struk­tion und Bau von Maschinen
  • 1. Der Her­steller ein­er Mas­chine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sor­gen, dass eine Risikobeurteilung vorgenom­men wird, um die für die Mas­chine gel­tenden Sicher­heits- und Gesund­heitss­chutzan­forderun­gen zu ermit­teln. Die Mas­chine muss dann unter Berück­sich­ti­gung der Ergeb­nisse der Risikobeurteilung kon­stru­iert und gebaut werden. …
  • 2. …
  • 3. Die in diesem Anhang aufge­führten grundle­gen­den Sicher­heits- und Gesund­heitss­chutzan­forderun­gen sind bindend. Es kann jedoch sein, dass die damit geset­zten Ziele auf­grund des Stands der Tech­nik nicht erre­icht wer­den kön­nen. In diesem Fall muss die Mas­chine so weit wie möglich auf diese Ziele hin kon­stru­iert und gebaut werden.
  • 4. …
Die in diesem Betrieb­spro­jekt zu berück­sichti­gen­den neuen und alten Maschi­nen bzw. Anla­gen­dat­en der automa­tisierten Druck­gießzelle (Bau­jahr im Gel­tungs­bere­ich der EG-Maschi­nen­richtlin­ie) sind hier stich­punk­tar­tig aufgeführt:
Maschinen/unvollständige Maschinen/Komponenten:
  • Hydraulis­che Abgratpresse
  • Indus­trier­o­bot­er
  • Förder­sys­teme
  • Druck­gieß­mas­chine (alt, Bau­jahr 1991)
  • Schutzein­rich­tun­gen
Her­steller (NEU):
  • Indus­trier­o­bot­er
  • Hydraulis­che Presse
  • Steuerung
Her­steller (ALT):
Druck­gieß­mas­chine
Hersteller/Betreiber:
  • Förder­sys­teme
  • div. Schutzein­rich­tun­gen
Bei der prak­tis­chen Durch­führung wur­den u. a. fol­gende Fes­tle­gun­gen und Grund­la­gen als Basis für die Risikobeurteilung und Gesamtkon­for­mität­serk­lärung herange­zo­gen (Haup­tkom­po­nen­ten):
  • Indus­trier­o­bot­er und Steuerung ohne Schutz­za­un mit Ein­bauerk­lärung (früher Her­stellererk­lärung) gemäß Anhang II B.
  • Hydraulis­che Abgrat­presse mit Kon­for­mität­serk­lärung gem. Anhang II A.
  • Druck­gieß­mas­chine (Bau­jahr 1991) mit Nach­weis (Betrieb­san­leitung) der Übere­in­stim­mung mit der Unfal­lver­hü­tungsvorschrift VBG 7n8 „Druck­gieß­maschi­nen“.
  • Schutzein­rich­tun­gen (Umzäu­nung, Schutztüren …) unter Beach­tung divers­er EN ISO Nor­men für Sicherheitsabstände.
  • Schnittstel­len­be­tra­ch­tung der erkan­nten Gefährdun­gen bzw. Sig­nalver­ar­beitung der steuerung­stech­nis­chen Sicher­heits­funk­tio­nen (z.B. Schutztürüberwachung, NOT-Halt) für alle Komponenten.
Wichtige und hil­fre­iche Sicher­heit­snor­men zur Umset­zung die durch die Her­steller angewen­det wur­den, waren unter anderem:
  • EN ISO 11161 „Inte­gri­erte Fertigungssysteme“.
  • EN ISO 10218 „Indus­trier­o­bot­er“.
  • EN 693 „Hydraulis­che Pressen“.
  • EN ISO 13857; „Sicher­heitsab­stände“.
  • EN ISO 13850 „Not-Halt“.
  • EN 60204 „Elek­trische Aus­rüs­tung von Maschinen“.
Risikobeurteilung und Maßnahmen
Ergänzend zu den bere­its vor­liegen­den Doku­menten bzw. tech­nis­chen Doku­men­ta­tio­nen der Maschi­nen wurde durch die Her­steller und den Betreiber eine Risikobeurteilung im Rah­men der Automa­tisierung für die entsprechen­den Schnittstellen vorgenom­men. Die entsprechen­den Maß­nah­men und Bauaus­führun­gen wur­den fest­gelegt, doku­men­tiert und real­isiert (Lay­out, Schalt­pläne, Schutz­maß­nah­men, …). Einige wesentliche Schritte und Maß­nah­men der Analyse und Über­prü­fung der Kom­po­nen­ten stell­ten sich wie fol­gt dar:
  • Der Her­steller der Druck­gieß­mas­chine über­prüft den die Mas­chine anhand der Unfal­lver­hü­tungsvorschrift VBG 7n8 und der Hand­lungsan­leitung (Fachauss­chuss MHHW) für Druck­gieß­maschi­nen i.V. mit der Betrieb­ssicher­heitsverord­nung Anhang 1 und rüstet zu ergänzende Bau- und Aus­rüs­tungsmerk­male nach.
  • Abgle­ichung der Steuerung/Signalverarbeitung mit Sicherheitsfunktionen.
  • Von der Bedi­en­seite der DGM war das Ein­greifen in den Gefahren­bere­ich möglich und der Spritzschutz nicht gewährleis­tet. Hier wur­den zusät­zliche Schutzbleche ergänzt.
  • Auf der Innen­seite der DGM bleibt die Schutztür der Mas­chine im Automatik­be­trieb geöffnet. Vom Betreiber wurde eine Schutztür ergänzt (Stel­lungsüberwacht) um einen Einzel­be­trieb der Mas­chine ohne Indus­trier­o­bot­er zu ermöglichen.
  • Der Schutz­za­un wird in eini­gen Bere­ichen opti­miert um ein Erre­ichen von Gefahrstellen zu verhindern.
  • An der Über­gabestelle Fördersystem/Schutzzaun/Entnahmeband ist der Gefahren­bere­ich durch kon­struk­tive Gestal­tung des Schutz­za­uns zu sichern.
  • Die Zugangstüren wer­den mit Posi­tion­ss­chal­tern überwacht. Ein Zugang muss durch einen Anforderungstaster vorgewählt wer­den. Der Wieder­an­lauf bzw. Start der Maschi­nen nach Ver­lassen der Schutz­zone ist nur vom Hauptbe­di­en­pult aus möglich.
  • Die Not-Halt Funktionen/Taster befind­en sich an jeden Anla­gen­teil um eine sequen­tielle Abschal­tung zu ermöglichen. Des Weit­eren wurde ein über­ge­ord­neter Not- Halt real­isiert und entsprechend gekennzeichnet.
CE-Kennze­ich­nung
Neben den tech­nis­chen Maß­nah­men mussten auch die formellen Anforderun­gen erfüllt wer­den. Dieses sind die Über­gabe der Betrieb­san­leitung und das Ausstel­lung der EG- Kon­for­mität­serk­lärung über die Gesamtanlage.
Der Abschluss und die erfol­gre­iche Durch­führung des Pro­jek­tes ist durch den Gen­er­alun­ternehmer mit ein­er Gesamt CE-Kennze­ich­nung erfolg (s. Abb. 6).
Maschi­nen­bau- und Met­all BG ; Fach­stelle „Maschi­nen­sicher­heit“
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