Anzeige
Bereits 1925 hat der Gesetzgeber den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Wegeunfälle ausgedehnt. Dabei handelt es sich um Unfälle, die sich auf dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit ereignen. Versichert ist grundsätzlich nur der direkte Weg.
Ein Umweg ist nur dann versichert, wenn er beispielsweise wegen besserer Straßenverhältnisse, der günstigeren Verkehrsführung oder aufgrund der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln angemessen ist. Die Wahl des Verkehrsmittels steht den Versicherten frei.
Der versicherte Weg beginnt mit dem Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes und endet mit dem Betreten des Betriebsgeländes. Es ist auch denkbar, dass der Weg zur oder von der Arbeit an einem anderen Ausgangspunkt angetreten oder beendet wird als der eigenen Wohnung, z. B. von einem dritten Ort (Wohnung der Freundin/des Freundes). Diese Wege zum oder vom dritten Ort stehen dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen unmittelbaren Weg stehen und der Aufenthalt am dritten Ort mindestens zwei Stunden gedauert hat.
Ein gesetzlich geregelter Fall sind die Wege von und zur ständigen Familienwohnung. Versicherungsschutz besteht in diesem Falle allerdings nur dann, wenn der Versicherte wegen der Entfernung der Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an dem Ort seiner Tätigkeit oder in dessen Nähe nur eine Unterkunft hat.
Beispiel: A unternimmt im Anschluss an ein auswärtiges Dienstgeschäft in Remscheid einen privaten Besuch nach Aachen, wo seine Frau ein Zimmer hatte. Die Wohnung der Eheleute und der Ort der Beschäftigung des A lagen in Hannover. Auf dem Weg von Aachen nach Hannover verunglückte der A tödlich. Das Bundessozialgericht (BSG) hat das Vorliegen eines Wegeunfalls und damit den Versicherungsschutz abgelehnt. Begründet wurde dies zum einen damit, dass sich der übliche Weg unangemessen verlängert hat und damit kein Weg vom dritten Ort vorliegt. Des Weiteren liegt auch kein Weg von oder zur Familienwohnung vor. Versicherungsschutz würde nur dann bestehen, wenn sich die ständige Familienwohnung der Eheleute in Aachen befunden hätte. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse, d. h. die ständige Familienwohnung, lag jedoch in Hannover (Entscheidung des BSG vom 10.10.2006, B 2 U 20/05 R).
Abweichungen vom direkten Weg
Bei Abweichungen vom direkten Weg aus privaten Interessen ist man grundsätzlich nicht versichert. Ausnahmen bestehen z. B. bei Fahrgemeinschaften oder auch bei Wegen zur Unterbringung von Kindern.
Fahrgemeinschaften
Wenn mehrere Berufstätige gemeinsam ein Fahrzeug nutzen, um zur Arbeit hin oder nach Hause zu gelangen, ist dies eine Fahrgemeinschaft. Die aufgrund der Fahrgemeinschaft entstehenden Umwege, z. B. durch das Abholen oder Bringen eines Mitfahrers, sind in den Unfallversicherungsschutz eingeschlossen. Nicht erforderlich ist, dass alle Mitfahrer im selben Betrieb arbeiten. Kein Versicherungsschutz besteht jedoch für denjenigen, der an seinem freien Tag seine Mitfahrer zur Arbeit bringt oder abholt. Für die anderen ist der Versicherungsschutz gleichwohl gegeben.
Umweg zum Kindergarten
Auch der Umweg über den Kindergarten, die Schule usw. ist vom Versicherungsschutz erfasst. Allerdings muss der Grund für die Unterbringung der Kinder in fremder Obhut auch in der Berufstätigkeit der Eltern liegen und die Wege müssen mit dem Weg zur Arbeit verbunden sein.
Beispiel: M unterbrach ihre Arbeit, holte ihre Tochter aus der Grundschule ab und brachte sie nach Hause. Anschließend begab sie sich wieder zur Arbeit. Auf diesem Weg erlitt sie einen Verkehrsunfall. Das BSG hat dazu ausgeführt, dass der Weg nicht mit der versicherten Tätigkeit zusammen hing, sondern privat veranlasst war. Es fehlte der innere sachliche Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit.
Nicht alle Wege von oder zur Arbeitsstätte stehen unter Versicherungsschutz, sondern nur solche Wege, die durch die Ausübung der Beschäftigung bedingt sind. Die Rückfahrt zur Arbeitsstelle beruhte allein darauf, dass die A zuvor ihren Arbeitsplatz aus privaten Gründen verlassen hatte (Entscheidung des BSG vom 20.03.2007 B 2 U 19/06 R).
Unterbrechung des Arbeitsweges
Bei einer Unterbrechung des Weges aus privaten Gründen besteht für die Dauer der Unterbrechung kein Versicherungsschutz. Vorausgesetzt der unmittelbarer Weg wird innerhalb von zwei Stunden fortgesetzt, lebt der Versicherungsschutz dann wieder auf. Dauert die private Unterbrechung länger als zwei Stunden tritt eine Lösung vom Versicherungsschutz ein und der folgende Weg ist unversichert.
Beispiel: S befand sich auf dem Rückweg von der Arbeit. Auf dem Weg wollte sie in einem Fischgeschäft einkaufen und hielt an.
Auf dem Weg in das Fischgeschäft wurde die S von einem Fahrzeug erfasst und verletzt. Das BSG hat dazu entschieden, dass der Versicherungsschutz mit dem Verlassen des Fahrzeugs unterbrochen wird, wenn die Fahrt zu oder von der Arbeitsstätte für eine private Verrichtung unterbrochen wird.
Der Versicherungsschutz lebt erst mit der Fortsetzung der Fahrt wieder auf. An der bisherigen Rechtsprechung des BSG, dass der Versicherungsschutz erst mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes (z. B. Betreten des Geschäfts) eintrat, wird nicht mehr festgehalten (Entscheidung des BSG vom 09.12.2003, Az. B 2 U 23/0 R).
Kein Versicherungsschutz besteht also während eines privaten Einkaufs und zwar ab dem Moment in dem der unmittelbare Weg aus privaten Motiven verlassen wird.
Die Entscheidung, ob ein versicherter Weg vorliegt, wird vom Unfallversicherungsträger jeweils unter Berücksichtigung des Einzelfalles geprüft. — A.L. UKPT -
Teilen: