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Mobile Hubarbeitsbühnen gelten als sichere und wirtschaftliche Methode für den zeitlich begrenzten Höhenzugang in verschiedensten Arbeitsbereichen. Doch immer wieder kommt es zu schweren Unfällen durch Absturz aus dem Arbeitskorb. Einfach anzuwendende Sicherungssysteme finden schnell Akzeptanz beim Anwender und schützen ihn vor schlimmen Verletzungen.
Markus Hahne
Weltweit sind über 1,5 Millionen mobile Hubarbeitsbühnen im Einsatz. Ihre Stärken sind eine hohe Flexibilität und kostengünstige Anwendung bei temporär begrenzten Arbeiten in der Höhe. Verfügt ein Betrieb nicht über ein eigenes Arbeitsgerät, können Hubarbeitsbühnen in den unterschiedlichsten Ausführungen und Arbeitshöhen auch angemietet werden, so dass man diese Maschinen in nahezu allen Industrie- und Handwerksbereichen bei unterschiedlichsten Problemstellungen antreffen kann. In der Vergangenheit kam es jedoch immer wieder zu schweren Unfällen durch Absturz aus dem Arbeitskorb bei denen auch Todesfälle zu beklagen waren. Diese schweren Unfälle hätten jedoch durch einfache Maßnahmen vermieden werden können.
Allgemeine Unfallszenarien
Die Unfallursachen beim Gebrauch von mobilen Hubarbeitsbühnen sind sehr vielfältig. Oftmals sind es Probleme der Standsicherheit, durch die es zum Unglück kommt. Eine nicht ausreichende Tragfähigkeit des Untergrundes führt zum Einsinken der Stützen oder aufgrund einer mangelhaften Absicherung auf Verkehrswegen kommt es zu Anfahrunfällen bis hin zum Umsturz der kompletten Arbeitsbühne. Unfälle mit elektrischem Strom durch Kontakt mit spannungsführenden Leitungen und Quetschungen des Arbeitspersonals durch eine unvorhergesehene Korbbewegung kommen ebenfalls immer wieder vor. Verletzungen der Benutzer aufgrund technischer Defekte am Gerät gehören zu den eher seltenen Szenarien.
Unfälle durch Absturz
Immer wieder kommt es zu Abstürzen des Bedienpersonals aus dem Arbeitskorb. Hierfür gibt es unterschiedliche Ursachen:
Ein großes Problem ist der Peitschen- oder Katapulteffekt, welcher besonders bei Teleskoparbeitsbühnen auftritt. Durch eine kurzfristige Krafteinwirkung auf den Korb oder den Arm der Arbeitsbühne kommt es zu einer peitschenartigen Bewegung des Arbeitskorbes, bei der die Korbinsassen ihren festen Stand verlieren und im schlimmsten Fall aus dem Korb herausgeschleudert werden. Auslöser für so eine kurzfristige Krafteinwirkung können z.B. sein:
B ei Montagearbeiten fallen Elemente einer Konstruktion, bei Baumpflegearbeiten Äste auf den Arbeitskorb oder Teleskopausleger.
Die Bühne verhakt sich mit dem Korb in der Konstruktion oder Astwerk, so dass der Korb beim Freifahren plötzlich ins Schwingen kommt.
Der Arbeitskorb wird in der Fahrbewegung schlagartig gestoppt, z.B. durch Anstoß an ein Hindernis.
Vorbeifahrende Fahrzeuge streifen die Bühne.
Beim Umsetzen der Arbeitsbühne mit ausgefahrenem Ausleger und Bediener im Korb wird ein Schlagloch oder eine Bodenwelle durchfahren und es kommt durch die Hebelwirkung zu einer heftigen Korbbewegung.
Weitere Gründe für einen Absturz aus dem Arbeitskorb können sein:
- Das Geländer des Arbeitskorbes wird bestiegen bzw. überklettert.
- Durch nachgebenden Untergrund kommt es zu einer unvorhergesehenen Korbbewegung.
- Durch einen technischen Defekt an der Korbverstellung kippt der Arbeitskorb plötzlich nach vorne ab.
Die meisten der genannten Unfallszenarien sind in der Regel nicht vorhersehbar, so dass hier präventive Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.
Die BG Bau führte zusammen mit dem Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), der IPAV (International Powered Access Federation) und dem Hersteller IKAR (PSAgA) Untersuchungen zu den genannten Absturzsituationen durch.
Die Ergebnisse dieser Tests, welche mit einem 80 kg Dummy durchgeführt wurden, kann man in einem Satz zusammenfassen: „Mit dem Einsatz von geeigneter PSA gegen Absturz kann man Absturzunfälle effizient ausschalten.“
Ziel einer wirksamen Absturzsicherung muss es sein, den Bediener in jeder Gefahrensituation im Arbeitskorb zurückzuhalten und jegliches Herausschleudern aus diesem zu unterbinden. Dieses Ziel ist nur durch ein konsequentes Tragen eines Auffanggurtes und einer geeigneten Verbindung zum Arbeitskorb zu erreichen.
Problemlösung: „Einstellbare Halteseile“?
Einstellbare Halteseile (Verbindungsmittel) begrenzen den Arbeitsbereich des Bedieners. Diese längenverstellbaren Seile oder Gurtbänder mit Karabinerhaken werden am Anschlagpunkt im Arbeitskorb angeschlagen und mit dem Auffanggurt des Arbeiters verbunden. Die Handhabung dieser Seile ist für den Anwender jedoch sehr aufwändig, da für die Verstellung der Seillänge in der Regel beide Hände benötigt werden. So ist es in der Praxis oft zu beobachten, dass diese Systeme nicht korrekt eingestellt werden und ihrem eigentlichen Zweck, dem Rückhalten nicht nachkommen. Einstellbare Halteseile verlangen vom Anwender eine große Sorgfaltspflicht. Bei einem zu lang eingestellten Seil wird er unter Umständen trotz Sicherung aus dem Korb herausgeschleudert und fügt sich beim Anprall am Korbgeländer oder Ausleger schwere Verletzungen zu. Die bei einem Absturz auftretenden Fangkräfte werden ungedämpft in die Konstruktion der Arbeitsbühne eingeleitet, was deren Standsicherheit gefährden kann. Eine Empfehlung der Unfallversicherer sieht bei der Benutzung von einstellbaren Halteseilen auf Hubarbeitsbühnen ein zusätzliches energieabsorbierendes Element vor, wie z.B. einen Bandfalldämpfer. Des Weiteren sollten sie eine Gesamtlänge von 1,8 m nicht überschreiten und für den Einsatz auf Arbeitsbühnen geprüft sein.
Problemlösung: „Verbindungsmittel mit integriertem Falldämpfer“?
Fast alle Hersteller von PSA gegen Absturz (PSAgA) bieten Verbindungsmittel mit integriertem Falldämpfer an. Dies sind nicht längenverstellbare Seile oder Gurtbänder mit Bandfalldämpfer und Karabinerhaken. Sie können einen Sturz des Anwenders auffangen und begrenzen die Sturzenergie. Häufig sind sie mit einem Rohrhaken verbunden, der in den Haltepunkt des Korbes eingehängt wird. Diese Systeme sind für den Gebrauch auf einer Hubarbeitsbühne nicht geeignet. Da sie nicht längenverstellbar sind, kann der Arbeiter bei einer heftigen Bewegung aus dem Korb herausgeschleudert werden. Die auftretenden Fangkräfte betragen bis zu 6 KN was auch hier zu Problemen der Standsicherheit führen kann. Der Rohrhaken verleitet den Anwender dazu, diesen am Geländer anzuschlagen um einen größeren Aktionsradius zu erlangen. Dies ist nicht erlaubt und gefährlich.
Verbindungsmittel mit integriertem Falldämpfer eigenen sich nicht als Absturzsicherung auf mobilen Hubarbeitsbühnen und sollten hier nicht als Fallschutz eingesetzt werden.
Problemlösung: „Höhensicherungsgeräte“!
Besser ist hier der Einsatz von speziellen Höhensicherungsgeräten (HSG). Diese funktionieren im Prinzip wie Automatikgurte in einem PKW. Auf einer Spule ist ein Gurtband aufgewickelt, welches gegen eine Federkraft ausgezogen wird. Der Arbeiter im Korb zieht nur die Seillänge aus dem Gerät, die er gerade benötigt. Kommt es durch eine heftige Korbbewegung zu einem plötzlichen Seilauszug, z.B. bei einem Sturz des Bedieners, blockiert die Spule und der Anwender wird gehalten.
Der Einsatz von Höhensicherungsgeräten in Arbeitskörben ist neu. Es dürfen hier nur Geräte eingesetzt werden, die speziell für diesen Einsatzbereich entwickelt und geprüft worden sind.
Aktuell stellen Höhensicherungsgeräte die beste Möglichkeit dar, den Arbeiter gegen einen Absturz aus dem Arbeitskorb zu schützen. Sie sind allen anderen Systemen hinsichtlich Funktionalität und Sicherheit deutlich überlegen.
Anschlagpunkt im Arbeitskorb
Alle neuen Hubarbeitsbühnen müssen mit Anschlageinrichtungen zur Befestigung der Verbindungsmittel ausgerüstet sein. Ältere Bühnen sind entsprechend nachzurüsten. Um auch bei heftigen Korbbewegungen ein Herausschleudern aus dem Korb zu verhindern, ist es sinnvoll, den Anschlagpunkt im Korb möglichst tief zu wählen. Es dürfen jedoch nur zugelassene Anschlagpunkte nach Vorgaben des Herstellers verwendet werden.
Der richtige Auffanggurt
Die Bediener von mobilen Hubarbeitsbühnen haben oftmals nur sehr wenig Erfahrung mit dem Anlegen eines Auffanggurtes. Gurte klassischer Bauart bereiten hier Schwierigkeiten beim Anlegen und Einstellen. Sehr zu empfehlen sind hier Auffanggurte in Westenform mit verschließbaren Beinschlaufen. Diese sind sehr einfach anzulegen und lassen sich gut auf den Körper des Anwenders einstellen.
Fazit
Absturzunfälle bei Arbeiten mit mobilen Hubarbeitsbühnen können durch einfache Maßnahmen ausgeschlossen werden. Der Einsatz dieser Arbeitsgeräte sollte somit grundsätzlich mit Absturzsicherung erfolgen. Dies ist in der Betriebsanweisung fest zu verankern. Kommt es auf dem eigenen Betriebsgelände zum Einsatz von Hubarbeitsbühnen durch Fremdfirmen, so ist auch hier der Einsatz von PSA gegen Absturz beim Betrieb dieser Arbeitsgeräte vorzuschreiben. Auch bei Mietgeräten und kleineren Arbeitsbühnen muss die Anwendung dieser Fallschutzausrüstung zum Standard werden.
Seit den 70er Jahren werden PKW mit Rückhaltesystemen ausgerüstet, um die Insassen vor schweren Verletzungen zu schützen. Nach anfänglicher großer Skepsis haben sich diese Maßnahmen bewährt und werden heute als selbstverständlich hingenommen. Vergleicht man diese Entwicklung mit der Absturzsicherung auf mobilen Hubarbeitsbühnen, so verlassen wir gerade die 70er.
Quellenverzeichnis:
- 1. www.ipaf.de
- 2. DGUV Grundsatz 966Ausbildung und Beauftragung derBediener von Hubarbeitsbühnen
- 3. BG Information 720Sicherer Umgang mit fahrbarenHubarbeitsbühnen
Autor
Markus Hahne Dienstleistungen für die Absturzsicherung E‑Mail: m.hahne@gmx.net
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