1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Arbeitssicherheit » Schutzmaßnahmen » Brandschutz »

Arbeitssicherheit – eine Preisfrage?

Leistungsgerechte Honorierung für externe Sicherheitsingenieure in Anlehnung an die HOAI
Arbeitssicherheit – eine Preisfrage?

Immer wieder zeigen in der Presse Sta­tis­tiken, mit wie vie­len Mil­liar­den­be­trä­gen die jährlichen Kosten für berufs­be­d­ingte Erkrankun­gen zu Buche schla­gen und in welchem Umfang die Volk­swirtschaft und jedes Einzelun­ternehmen dadurch belastet wer­den. Trotz­dem betra­chtet ein nicht uner­he­blich­er Teil deutsch­er Unternehmen Arbeitssicher­heit weit­er­hin als „notwendi­ges Übel“, „betrieblichen Hemm­schuh“ und „bloßen Kostenfaktor“.

  • 1vgl. BGZ-Report 1/2006 S. 29; 37,38
  • 2Begründung zum Ref­er­ente­nen­twurf zu HOAI vom 19.03.2009, S. 6
  • 3Ausschuss der Inge­nieurver­bände und Inge­nieurkam­mern für Hon­o­rarord­nung e.V. (AHO) (Bonn): Unter­suchun­gen für ein Leis­tungs­bild und zur Hon­orierung für den Pla­nungs­bere­ich „Alt­las­ten“ (1996), S. 3
  • 4Ausschuss der Inge­nieurver­bände und Inge­nieurkam­mern für Hon­o­rarord­nung e.V. (Bonn): Leis­tungs­bild und Hon­orierung „Leis­tun­gen für Brand­schutz“ (2003), S. 5
  • 5Hermann Kor­bion, Jack Mantscheff, Klaus Vygen: Hon­o­rarord­nung für Architek­ten und Inge­nieure (Kom­men­tar), Ver­lag C. H. Beck, München (2004), S. 134
  • 6Hrsg. Man­fred von Beutheim, Karsten Meur­er: Hon­o­rarhand­buch für Architek­ten und Inge­nieure, Ver­lag Ernst und Sohn (2001), S. 575
  • 7vgl. Man­fred von Beutheim, Karsten Meur­er S. 583
  • 8vgl. Kor­bion, Mantscheff, Vygen S. 275
  • 9vgl. Nor­bert Franz Kollmer in Arbeitss­chutzge­setz (Kom­men­tar) 2005; zu § 1 Rdnr. 20
  • 10Begründung zum Ref­er­ente­nen­twurf zu HOAI vom 19.03.2009, S. 8
  • 11vgl. Man­fred von Beutheim, Karsten Meur­er S. 561ff
  • 12vgl. BGZ-Report 1/2006 S. 78
  • 13Ulf Schapp­mann in „Erstel­lung eines Busi­ness­plans“, Folge 5 Mark­t­analyse und Mar­ket­ing, Ver­band deutsch­er Sicher­heitsin­ge­nieure e.V. (2007), S. 1
  • 14vgl. Kollmer Arbeitss­chutzge­setz (Kom­men­tar) zu § 5 Arb­SchG Rdnr. 35 ff
  • 15vgl. Kollmer Arbeitss­chutzge­setz (Kom­men­tar) zu § 5 Arb­SchG Rdnr. 57 und zu § 6 Arb­Sc G Rdnr. 27, 29
  • 16vgl. BGZ-Report 1/2006 S. 50, 51
  • 17vgl. Kollmer Arbeitss­chutzge­setz (Kom­men­tar) zu § 3 Arb­SchG Rdnr. 28
  • 18Ulf Schapp­mann in „Erstel­lung eines Busi­ness­plans“, Folge 9 Ermit­tlung von Stun­den­sätzen (2007), Ver­band Deutsch­er Sicher­heitsin­ge­nieure e.V.
  • 19Verband Öster­re­ichis­ch­er Sicher­heitsin­ge­nieure (VÖSI): Index­an­pas­sung der Hon­o­rar­richtlin­ien für externe Sicher­heits­fachkräfte (2002) Fund­stelle: (www.voesi.at/FP_V%D6SiSERVER/SECURE/V_ hono_01.htm) S.1
  • 20AHO Auss­chuss der Inge­nieursver­bände und Inge­nieurkam­mern für die Hon­orierung e.V. in „Unter­suchun­gen für ein Leis­tungs­bild und zur Hon­orierung für den Pla­nungs­bere­ich „Alt­las­ten“ 1996, S. 41ff; S. 44
  • 21Begründung zum Ref­er­ente­nen­twurf zu HOAI vom 19.03.2009, S. 2ff
  • 22Begründung zum Ref­er­ente­nen­twurf zu HOAI vom 19.03.2009, S. 5–6
In der Prax­is führt das dazu, die Betreu­ung der Arbeitssicher­heit nach dem Preis und nicht nach der Qual­ität auszuricht­en. Die Ver­gabe der Arbeitssicher­heits­be­treu­ung erfol­gt meist als kom­plettes Dien­stleis­tungspaket „Arbeitss­chutz“ an den jew­eils preis­gün­stig­sten und nicht an den leis­tungsstärk­sten und fach­lich geeignet­sten Anbi­eter. Eine Prax­is, die im krassen Wider­spruch zum Sinn und Zweck der Arbeitssicher­heit ste­ht, Leben und Gesund­heit von Arbeit­nehmern zu schützen.
Man­gel­ndes Bewusstsein
Die man­gel­nde Qual­itätssen­si­bil­ität der Unternehmen begün­stigt einen Anbi­eter­markt mit höchst unter­schiedlich­er Qual­ität des Betreu­ungs­stan­dards und führt auf Seit­en der Anbi­eter von Arbeitssicher­heit­sleis­tun­gen streck­en­weise zu einem ruinösen Preiswettbewerb.1
Aber nicht nur die geringe Nach­frage nach qual­itätvoller Arbeit und das unter­schiedliche Ange­bot haben dazu geführt, dass sich bis heute kein anerkan­nter Qual­itäts­stan­dard für den Bere­ich des betrieblichen Arbeitss­chutzes etablieren kon­nte. Der Geset­zge­ber hat die Ver­ant­wor­tung für einen qual­itätvollen betrieblichen Arbeitss­chutz allein dem Unternehmer über­lassen, ohne für ein flächen­deck­endes und effizientes Kon­troll­sys­tem für alle Betrieb­sarten und ‑größen Sorge zu tra­gen. Dadurch entste­ht zumin­d­est der Anschein, Arbeitss­chutz besitze keine zen­trale Bedeu­tung für diese Gesellschaft.
Andere Beispiele
Dabei gibt es dur­chaus Arbeits­ge­bi­ete (wie etwa die Rechts- und Steuer­ber­atung), deren qual­itätvolle Aus­führung der Geset­zge­ber für der­art wesentlich hält, dass er über eine detail­lierte und verbindliche Leis­tungs- und Hon­o­rar­regelung Qual­itätssicherung betreibt.
Für einen Teil von Inge­nieurleis­tun­gen aus dem Bere­ich Bau bietet die „Verord­nung über die Hon­o­rare für Architek­ten- und Inge­nieurleis­tun­gen“ (HOAI) eine Ver­trags- und Arbeits­ba­sis in diesem Sinne. Für die in der HOAI geregel­ten Tätigkeits­bere­iche (z. B. Bauleit­pla­nung, Land­schaft­s­pla­nung) sind verbindliche Hon­o­rar­rah­men aus Min­d­est- und Höch­st­sätzen fest­gelegt, um einen ruinösen Preiswet­tbe­werb zugun­sten qual­itätvoller Leis­tun­gen zu ver­hin­dern (§ 3 Abs 1 HOAI).2
Auf­bau HOAI
Dabei gliedert sich die HOAI in Leis­tungs­bere­iche mit einem verbindlichen Hon­o­rar­rah­men und einen Teil für Beratungsleis­tun­gen, deren Hon­orierung eben­so frei vere­in­bart wer­den kann, wie für alle anderen Leis­tun­gen, die nicht von der Regelung der HOAI erfasst werden.
Zur genauen Def­i­n­i­tion ihres verbindlichen Regelung­sum­fanges, enthält die HOAI Leis­tungs­bilder, in denen die zur üblichen Auf­gaben­er­fül­lung notwendi­gen Leis­tungs­bere­iche beschrieben sind. Diese Leis­tungs­bilder (z. B. Land­schaft­s­pla­nung, Inge­nieur­bauw­erke) sind in einzelne Leis­tungsphasen gegliedert (z. B. Grund­la­gen­er­mit­tlung, Entwurf­s­pla­nung, Objek­t­be­treu­ung) (§ 3 Abs 4 HOAI).
Alle Leis­tungsphasen zusam­men ergeben die hun­dert­prozentige Auf­gaben­er­fül­lung des kom­plet­ten Leis­tungs­bildes. Welche Anteile die einzelne Leis­tungsphase (und damit die einzelne Aus­führung­shand­lung) am Gesamt-Leis­tungs­bild hat, wird mit dem all­ge­mein üblichen prozen­tualen Ver­hält­nis von Einzel­phase zu Leis­tungs­bild angegeben.
Für weit­erge­hende Detail­hand­lun­gen, die zur Erfül­lung der einzel­nen Leis­tungsphasen üblicher­weise zu erbrin­gen sind, enthält die HOAI für alle geregel­ten Leis­tungs­bere­iche spezielle Def­i­n­i­tio­nen (Anla­gen zu HOAI).
Zur Bemes­sung der konkreten Hon­o­rarhöhe stellt die HOAI für jedes Leis­tungs­bild Hon­o­rartafeln im Rah­men von verbindlichen Höchst- und Min­desthono­rarsätzen zur Ver­fü­gung. Um dabei dem – je nach Pro­jekt – sehr unter­schiedlichen Leis­tungsaufwand gerecht zu wer­den, ver­fügt jede Hon­o­rartafel über unter­schiedliche Hon­o­rar­zo­nen (§ 6 HOAI – z. B. Hon­o­rar­zone I = sehr geringe Pla­nungsan­forderung; Hon­o­rar­zone II = durch­schnit­tliche Planungsanforderung).
Dabei ist es der Regelungsstruk­tur der HOAI nicht fremd, die Hon­o­rar­ermit­tlung um „Beson­dere Leis­tun­gen“ zu ergänzen, die zwar im Zusam­men­hang mit den zwin­gend erforder­lichen Leis­tungsphasen ste­hen, aber über den notwendi­gen und üblichen Rah­men hin­aus erbracht werden.
Diese (vere­in­fachte) Darstel­lung der Regelungsstruk­tur der HOAI zeigt, dass der Geset­zge­ber die Leis­tungs­bere­iche der HOAI im Inter­esse der Qual­itätssicherung gegenüber anderen (Ingenieur-)Leistungen privilegiert.
Gemein­same Schutzziele
Da die HOAI nur auf die unmit­tel­bar dort geregel­ten Bere­iche anwend­bar ist (§1 HOAI), haben sich bei den Inge­nieur- und Architek­tenkam­mern Bestre­bun­gen ergeben, die Struk­tur der HOAI auch auf Bere­iche anzuwen­den, die zwar nicht im Leis­tungskat­a­log der HOAI enthal­ten sind, aber ihren Zie­len und ihrer Struk­tur nahe kommen.
Durch den Auss­chuss der Inge­nieurver­bände und Inge­nieurkam­mern für die Hon­o­rarord­nung e.V. (AHO) wurde 1996, in Anlehnung an die HOAI und mit dem Bestreben von deren Erweiterung, u.a. ein Leis­tungs­bild zur Alt­las­ten­sanierung ent­wor­fen. Die dabei zu erbrin­gen­den Leis­tun­gen sind in der HOAI nicht erfasst, erfordern aber eben­so qual­i­fiziertes Inge­nieur­wis­sen gemäß HOAI.3 Gle­ich­es erfol­gte in 2003 für Inge­nieurleis­tun­gen zum Brandschutz.4
Abgestellt wurde bei diesen Bestre­bun­gen immer auf die Inten­sion der HOAI, Preiswet­tbe­werb zugun­sten von Leis­tungswet­tbe­werb dort auszuschließen, wo Qual­itätssicher­heit im Hin­blick auf über­ge­ord­nete Ziele wie Per­so­n­en­sicher­heit, Umweltschutz etc. zwin­gend erforder­lich ist und nur durch fundierte Fachkunde und aus­re­ichende fach­liche Leis­tung erre­icht wer­den kann.5
Aus diesem Grund gibt es auch Bestre­bun­gen der AHO, die Tätigkeit als SiGeKo gemäß der „Verord­nung über Sicher­heit- und Gesund­heitss­chutz auf Baustellen“, der Regelungsstruk­tur der HOAI anzupassen.6 Auch für die Auf­gabe des SiGeKo ist zen­traler Aus­gangspunkt, dass die Sicher­heit für Leib und Leben der Arbeit­nehmer im Rah­men des Gefährdungs­bere­ich­es ein­er Baustelle nicht im Inter­esse der Kosten­min­imierung fach­lich man­gel­haft erfol­gen darf.7
Aus allen diesen Über­legun­gen ist zu schließen, dass mit der HOAI und ihrem Regelungssys­tem der Grundgedanke der Präven­tion ver­fol­gt wird, (Gesund­heits-) Schä­den durch qual­itätvolle Arbeit zu ver­hin­dern und nicht lediglich Folgeschä­den zu beseitigen.8
Regelungsstruk­tur der HOAI im Arbeitsschutz
Das Ziel der HOAI kor­re­spondiert insoweit mit dem Ziel des betrieblichen Arbeitss­chutzes, die durch Arbeit möglichen Schä­den an Leib und Leben mit präven­tiv­en Maß­nah­men zu ver­hin­dern bzw. soweit als möglich zu minimieren.9 Eben­so wie für die HOAI set­zt der Geset­zge­ber dabei im Grund­satz auf eine qual­itätvolle und kom­pe­tente Aus­führung durch die Fachken­nt­nis der dabei han­del­nden Per­so­n­en (§ 7 ASiG, BGV A2).
Dass diese Qual­itätsvo­raus­set­zung sowohl in der betrieblichen Prax­is wie von eini­gen Aus­bil­dung­sor­gan­i­sa­tio­nen für Fachkräfte für Arbeitssicher­heit schlicht mis­sachtet oder zumin­d­est „großzügig“ aus­gelegt wird, dürfte dem bere­its oben geschilderten Man­gel an ein­er umfassenden Auf­sichtsstruk­tur und dem nur mäßi­gen Inter­esse staatlich­er Insti­tu­tio­nen am The­ma Arbeitssicher­heit geschuldet sein.
Jedoch sprechen nicht nur die Zielset­zun­gen für eine analoge Regelungsstruk­tur, auch die struk­turelle Angle­ichung des Hand­lungsrah­mens eines Sicher­heitsin­ge­nieurs im betrieblichen Arbeitss­chutz ist möglich. Zwar hat der Geset­zge­ber in der Nov­el­le zur HOAI in 2009 davon abge­se­hen, die Empfehlun­gen der AHO aufzu­greifen und die HOAI um neue Tätigkeits­bere­iche zu erweit­ern. Allerd­ings ist davon auszuge­hen, dass eine Aktu­al­isierung der Leis­tungs­bilder lediglich aufgeschoben wurde, nicht jedoch aus­geschlossen wer­den darf.10 Die Weit­er­en­twick­lung der Regelungsstruk­tur der HOAI und ihrer Leis­tungs­bilder für ver­gle­ich­bare Inge­nieurleis­tun­gen macht auch Sinn – nicht zulet­zt, da für alle, der HOAI angelehn­ten Leis­tungs­bilder ein über­ge­ord­netes All­ge­mein­in­ter­esse an qual­itätvoller Aus­führung zu beja­hen ist. Dass Arbeitssicher­heit in diesem Sinne ein kom­pat­i­bles Leis­tungs­bild darstellt, wurde für die Inge­nieurleis­tung eines SiGeKo nicht nur bere­its von der AHO fest­gestellt, diverse Architek­ten- und Inge­nieurkam­mern haben hier­für bere­its Leis­tungsverze­ich­nisse und Hon­o­rartafeln in Anlehnung an die Regelung der HOAI entworfen.11
Die Tätigkeit des SiGeKo ist nur eine Son­der­funk­tion im Rah­men der all­ge­meinen Arbeitssicher­heit und entspricht im Wesentlichen dem Auf­gaben­rah­men für den betrieblichen Arbeitss­chutz §§ 1,und 3 BauStel­lV, § 18 ArbSchG.
Anwen­dung der HOAI
Das 7‑stufige Hand­lungs- und Leis­tungss­chema, das bere­its 2001 durch das dama­lige Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit- und Sozialord­nung, die Bun­de­sanstalt für Arbeitss­chutz und Arbeitsmedi­zin und dem Hauptver­band der gewerblichen Beruf­sgenossen­schaften für den betrieblichen Arbeitss­chutz entwick­elt wurde, ist heute weit­ge­hend anerkan­nt (s. Tab. 3).12
Legt man diese einzel­nen Hand­lungss­chritte als üblich und notwendig zugrunde, bilden sie in einem Leis­tungs­bild „betriebliche Arbeitssicher­heit“ ana­log HOAI die zuge­höri­gen Leistungsphasen.
Ergänzt man diese Hand­lungss­chritte um die Ermit­tlung des Kun­denbedürfniss­es (= Grund­la­gen­er­mit­tlung im Sinne HOAI), zur Klärung des gewünschten/erforderlichen Tätigkeit­sum­fanges für das Betreu­ung­sun­ternehmen, erhält man ein der HOAI-Struk­tur angepasstes Hand­lungss­chema (s. Tab. 4).13
Für die Gewich­tung der einzel­nen Leis­tungsphasen im Ver­hält­nis zum Gesamtleis­tungs­bild im Sinne der HOAI kann man – neben der all­ge­meinen beru­flichen Prax­is – auf die Gewich­tung der einzel­nen Hand­lungs­bere­iche im Rah­men der ins­ge­samt 141 fach­be­zo­ge­nen Lernein­heit­en der Aus­bil­dungsrichtlin­ie abstellen. Nicht zulet­zt, da auch der Umfang und die Gewich­tung der Aus­bil­dungs­bere­iche weit­ge­hend an die Bedeu­tung in der betrieblichen Prax­is angelehnt ist.
Gefährdungs­analyse
Die grundle­gende Gewich­tung der Leis­tungsphasen ergibt sich zwangsläu­fig daraus, dass Basis jeden Han­delns – ob präven­tiv oder zur Gefahren­ab­wehr – immer die Gefährdungs­analyse ist (§ 5 Arb­SchG). Ohne Fest­stel­lung ein­er zumin­d­est poten­ziellen Gefährdungslage beste­ht kein Hand­lungsan­lass für den Sicher­heitsin­ge­nieur. Die Gefährdungs­analyse ist zudem in der Regel ver­bun­den mit ein­er Arbeit­splatzbege­hung vor Ort (§ 6 ASiG) und der Ermit­tlung im weit­eren Arbeitssys­tem, dem der betrof­fene Gefährdungs­bere­ich angehört.
Diese zen­trale Posi­tion der Gefährdungs­analyse zeigt sich auch inner­halb der Aus­bil­dungsrichtlin­ien. Von 141 fach­be­zo­ge­nen Lernein­heit­en sind ihr 49 Ein­heit­en mit unmit­tel­barem Bezug zuge­ord­net (= 35 %).
Gefährdungs­beurteilung
Als zweit­er, wesentlich­er Hand­lungss­chritt fol­gt die Gefährdungs­beurteilung zur Fest­stel­lung des Risikos eines konkreten Gefährdung­sein­tritts, nach Wahrschein­lichkeit und Schwere ein­er möglichen Schädi­gung, § 5 Arb­SchG. Die Ein­stu­fung erfol­gt auf Grund­lage der Betr­SichV und von Spezialge­set­zen (z. B. Biostof­fV, Gef­Stof­fV) oder branchen­spez­i­fis­chen Regelun­gen und Erfahrungswerten.14
Wobei der Geset­zge­ber nach § 5 Abs. 2 S. 2 Arb­SchG hier aus­drück­lich die Möglichkeit gibt, gle­ichar­tige Arbeits­be­din­gun­gen im Rah­men ein­er ein­heitlichen Beurteilung zusammenzufassen.
Der Zeitaufwand ist hier erhe­blich geringer als für die Gefährdungs­analyse selb­st, da auf beste­hende Ken­nt­nisse und Vorschriften zurück­ge­grif­f­en wird. Zudem ist davon auszuge­hen, dass die Fachken­nt­nisse und ‑erfahrun­gen es einem Sicher­heitsin­ge­nieur im Nor­mal­fall ermöglichen, diese Beurteilung ohne zusät­zlichen Ermit­tlungsaufwand durchzuführen. Im Rah­men der Aus­bil­dungsrichtlin­ien wer­den 14 Lernein­heit­en hier­für the­men­be­zo­gen ange­set­zt ( = 10%).
Der Anteil von ca. 45% für Gefährdungs­analyse und Beurteilung entspricht auch der betrieblichen Prax­is, da mit diesen bei­den Leis­tungsphasen die entschei­den­den und Weichen stel­len­den Grund­la­gen für alle weit­eren Hand­lungsphasen gelegt werden.
Set­zen von Zielen
Aus dem Ergeb­nis von Gefährdungs­analyse und ‑beurteilung wird die Notwendigkeit abgeleit­et, ob Hand­lungs­be­darf für eine Verän­derung der jet­zi­gen Situation/Sachlage beste­ht. Dabei sind hier auch planer­ische und gesamt­be­triebliche Zielset­zun­gen für den Arbeitss­chutz zu berücksichtigen.15
Auch hier­für kann auf die Fachken­nt­nisse der Fachkraft zurück­ge­grif­f­en wer­den. Wobei für den Grund­satz der Präven­tion und der gesamt­be­trieblichen Verbesserung und Umset­zung des Arbeitss­chutzes hier ver­stärk­tes Augen­merk auch auf nicht unmit­tel­bar mit der konkreten Beurteilung befasste Arbeitssys­teme zu lenken ist. Diesem Bere­ich sind ins­ge­samt 21 Lernein­heit­en zuge­ord­net, was einem Anteil von 15 % entspricht.
Lösungsalter­na­tiv­en: Auswahl, Durch- und Umsetzung
Anders als für Gefährdungs­analyse, Gefährdungs­beurteilung und Zielset­zung wird der Sicher­heitsin­ge­nieur in den Phasen „Entwick­eln von Lösungsalter­na­tiv­en“, „Lösungsauswahl“ und „Durch- wie Umset­zung“ meist nicht aktiv, son­dern lediglich beratend/begleitend tätig. Auch wenn dem Sicher­heitsin­ge­nieur als Fach­mann, ins­beson­dere für den Bere­ich der Entwick­lung von Lösungsalter­na­tiv­en, häu­fig die Rolle eines Ini­tia­tors für effiziente Neuerung und Alter­na­tiv­en zufällt.16 Ins­ge­samt ist der Anteil dieser drei Bere­iche mit 33% anzusetzen:
Lernein­heit­en der Aus­bil­dungsrichtlin­ie dieser drei Bereiche:
  • 22 Lernein­heit­en für die Entwick­lung von Lösungsalter­na­tiv­en (16%)
  • 12 Lernein­heit­en für die Auswahl der Lösung (9%)
  • 11 Lernein­heit­en für die Durch­set­zung und Umset­zung (8%).
Wirkungskon­trolle
Die Prü­fung, ob das definierte Schutzziel tat­säch­lich erre­icht wurde und die (poten­zielle) Gefährdung auf ein akzept­a­bles (Rest-)Risiko min­imiert wer­den kon­nte, erfordert wieder einen erhöht­en Bedarf an Fachkom­pe­tenz und wird daher in der Regel vom Sicher­heitsin­ge­nieur eigen­händig vorgenom­men. 17
Trotz­dem stellt sie im Rah­men der Aus­bil­dung (8 Aus­bil­dung­sein­heit­en) für sich genom­men nur 5 % dar. Denn, falls im Rah­men der Wirkungskon­trolle eine Wieder­hol­ung des Hand­lungskreis­laufs begin­nend mit der Gefährdungs­analyse erforder­lich ist, wird diese Prüf­phase, in der Regel als neuer, eigen­ständi­ger Zyk­lus der Hand­lungss­chritte gewertet.
Grund­la­gen­er­mit­tlung
Die den Hand­lungss­chrit­ten und fach­be­zo­ge­nen Leis­tungsphasen voraus­ge­hen­den Ermit­tlun­gen zu den Kun­denbedürfnis­sen und Kun­den­wün­schen wer­den in der Prax­is zwis­chen 1 und 3% am Gesamtvol­u­men der Leis­tungsphasen zuge­ord­net. Hier wird von einem Mit­tel­w­ert von 2 % ausgegangen.
Daraus ergibt sich eine Bew­er­tung der einzel­nen Leis­tungsphasen im Sinne der HOAI (siehe Tab. 5).
Eine struk­turelle Über­führung des Hand­lungsrah­mens des betrieblichen Arbeitss­chutzes in das Regelungssys­tem ana­log der HOAI ist somit dur­chaus möglich.
Fes­tle­gung der Hon­orierung im Wege eines Honorarrahmes
Für die Ermit­tlung eines Hon­o­rar­rah­mens, wie ihn die HOAI vor­sieht, bietet die Prax­is der Arbeitssicher­heit bis­lang wenig Anhalt­spunk­te. Das konkrete Hon­o­rar berech­net sich nicht nach der konkret geleis­teten Tätigkeit, son­dern wird über einen vere­in­barten Stun­den­satz und die geleis­tete oder vere­in­barte Arbeit­szeit ermittelt.18 Dies entspricht auch der Vergü­tung­sprax­is der europäis­chen Län­der mit ein­er ver­gle­ich­baren Struk­tur der betrieblichen Arbeitssicherheit.
So legte z. B. der Ver­band Öster­re­ichis­ch­er Sicher­heits-Inge­nieure (VÖSI) in ein­er Hon­o­rarempfehlung (s. Tab. 6) eben­falls einen Stun­den­satz zugrunde, dif­feren­ziert diesen jedoch je nach Schwierigkeits­grad und fach­lich­er Anforderung über acht Stufen – wobei für Inge­nieurleis­tun­gen eine Ein­stu­fung nicht unter Klasse V emp­fohlen wird.19
Damit trägt die übliche Hon­orierung per Leis­tungsstunde den höchst unter­schiedlichen Bedürfnis­sen der einzel­nen Unternehmen und Branchen Rech­nung und ermöglicht es, Beratungs- und Unter­stützungsleis­tun­gen auch als „punk­t­ge­naue“ Einzel­maß­nah­men außer­halb der Stan­dard­be­treu­ung anzu­fordern und zu bew­erten, wie auch in BGV A2-Nov­ellen vorgesehen.
Diese Indi­vid­u­al­isierung ste­ht der Hon­o­rarsys­tem­atik der HOAI nicht ent­ge­gen. Betra­chtet man die Stun­denein­heit­en der üblichen Abrech­nungsmodal­ität als gen­er­al­isierte Abrech­nung­sein­heit und kop­pelt diese an (verbindliche) Höchst- und Min­destkosten pro Stunde (entsprechend dem Stufen­mod­ell der VÖSI), ergibt sich ein fes­ter Hon­o­rar­rah­men ana­log HOAI. Das Mod­ell der VÖSI berück­sichtigt in dif­feren­ziert­erem Umfang die umfassenden und unter­schiedlichen fach­lichen Anforderun­gen an den betrieblichen Arbeitss­chutz und entspricht damit dem Zweck der Hon­o­rar­zo­nen, die einen (HOAI-) Hon­o­rar­rah­men nach der Leis­tungsan­forderung gliedern.
In dieser Form wurde bere­its für den Pla­nungs­bere­ich „Alt­las­ten“ durch die AHO (Auss­chuss der Inge­nieurver­bände und Inge­nieurkam­mern für die Hon­o­rarord­nung e.V.) eine Hon­o­rar­grund­lage ana­log der HOAI erar­beit­et, wobei die Höchst- und Min­destkosten durch entsprechende Erhe­bun­gen (per Frage­bo­gen) auf Anbi­eter­seite ermit­telt wurden.20 Die übliche Hon­o­rar­ermit­tlung auf Stun­den­ba­sis bildet daher keinen zwin­gen­den Gegen­satz zur Sys­tem­atik der HOAI.
Faz­it
Bis­lang gibt es auch seit­ens der VÖSI keine Bestre­bun­gen, die Grund­la­gen aus 2002 zur Hon­o­rargestal­tung im betrieblichen Arbeitss­chutz weit­er zu entwick­eln, noch weniger lassen sich dafür Anhalt­spunk­te in Deutsch­land erken­nen. Grund hier­für mögen die immer wieder aufleben­den wet­tbe­werb­srechtlichen Bedenken sein.
Wie dargelegt dür­fen für den sen­si­blen und auch gesamtwirtschaftlich wesentlichen Bere­ich des Arbeitss­chutzes aber keines­falls wet­tbe­werb­srechtliche Über­legun­gen im Vorder­grund ste­hen, son­dern alleine die Sicherung ein­er qual­itätvollen und fach­lich fundierten Aus­führung – wie dies für den Regelungs­bere­ich der HOAI anerkan­nt und üblich ist.
Der Entwick­lung ein­er Hon­o­rar­grund­lage für externe Sicher­heitsin­ge­nieure im betrieblichen Arbeitss­chutz ste­ht die Sys­tem­atik der HOAI, wie oben gezeigt, eben­so wenig ent­ge­gen, wie ihre Funk­tion als verbindliche Preisregelung.
Die aktuelle Nov­el­le der HOAI trägt vielmehr den bish­eri­gen Bedenken zu möglichen Beschränkun­gen von Mark­t­frei­heit und unge­hin­dertem Wet­tbe­werb inner­halb der EU expliz­it Rechnung.21
Auch wurde aus­drück­lich fest­gestellt, dass der Erhalt der Regelungssys­tem­atik der HOAI im Inter­esse des All­ge­mein­wohls erforder­lich ist, da die mit ihr ver­fol­gten Schutzziele ein­er qual­itätvollen Arbeit und der Ver­mei­dung eines ruinösen Preiswet­tbe­werbs nicht anders erre­ich­bar sind.22 Obwohl eine entsprechende Preis­regelung damit ein geeignetes Instru­ment für den Geset­zge­ber wäre, durch eine großflächige Unterbindung des exis­ten­ten Preiswet­tbe­werbs im Bere­ich „Betriebliche Arbeitssicher­heit“ einen Min­destqual­itäts­stan­dard auf diesem Gebi­et zu sich­ern, wurde bis­lang von kein­er Seite ein entsprechen­der Vorstoß unter­nom­men. Weit­er­hin dominieren am Markt Anbi­eter mit höchst unter­schiedlichen Aus­bil­dungs- wie Weit­er­bil­dungs­stan­dards und einem eben­so diver­gen­ten Qualitätsstandard.
Autor
Dipl.-Sicherheitsingenieur (FH) Horst Wern­er E‑Mail: horst.werner@wema-muenchen.de
Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 3
Ausgabe
3.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de