Das Berufsbildungspersonal verfügte bislang über keine eigenständige Anerkennung als Berufsbild. Zudem erfordern die wachsenden Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung eine pädagogische Qualifizierung des Berufsausbildungspersonals. Mit den im Jahr 2009 geschaffenen Fortbildungen „Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge“ und „Geprüfter Berufspädagoge“ wurde für Berufsausbilder Weiterbildungs- und Berufsaufstiegsmöglichkeiten geschaffen. Beide Fortbildungen werden in diesem Beitrag vorgestellt.
Steffen Pluntke
Das Berufsbildungspersonal steht zunehmend vor der Herausforderung auf wachsende fachliche Anforderungen, auf verstärkte Bedeutung außerfachlicher Kenntnisse und Kompetenzen sowie auf heterogener werdende Gruppen von Lernenden didaktisch-methodisch und auch pädagogisch angemessen zu reagieren. Darüber hinaus erfährt das Anforderungsspektrum eine deutliche Erweiterung durch neue Aufgaben wie zum Beispiel der Qualitätssicherung der beruflichen Bildung sowie einer intensiveren Verzahnung von Aus- und Weiterbildung im Kontext des lebenslangen Lernens. Bezogen auf die berufliche Aus- und Weiterbildung ergibt sich daher die Notwendigkeit, das Berufsbildungspersonal stärker zu professionalisieren. Mit der Verabschiedung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) 1969 und dem Erlass der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) 1972 wurden zwar erste Schritte der Professionalisierung der betrieblichen Berufsausbilder umgesetzt, doch eine entsprechende berufliche Anerkennung blieb bislang aus. Bisher besaß der Ausbilder nicht mal die Anerkennung als eigenständiges Berufsbild. Daher wurden die Rufe zur Schaffung eines Bildungsganges für das Berufsbildungspersonal und die rechtliche Anerkennung dieses Berufsstandes – insbesondere durch den Bundesverband Deutscher Berufsausbilder (BDA) – in den letzten Jahren immer lauter.
Aufstiegsfortbildungen der Berufspädagogik
Am 1. September 2009 wurden die bundeseinheitlichen Verordnungen für die Aufstiegsfortbildungen „Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge“ und „Geprüfter Berufspädagoge“ verabschiedet und damit eine Art Qualifizierungsleiter für Berufsausbilder geschaffen (s. Abb. 1). Gleichzeitig wurde ein jahrelanger Diskussionsprozess zur Professionalisierung des Personals der beruflichen Bildung und über die Strukturierung seiner Qualifikationsanforderungen abgeschlossen. Damit ist die berufspädagogische Qualifizierung in der beruflichen Bildung deutschlandweit einheitlich geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Weiterbildung durch Rechtsvorschriften der zuständigen Industrie- und Handelskammern (IHK) geregelt. Beide Abschlüsse werden in den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR), der die Vergleichbarkeit von Bildungswegen und ‑abschlüssen erleichtern soll, eingeordnet (s. Abb. 2). Der geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagoge ist hierbei auf der Stufe 6 und der geprüfte Berufspädagoge auf der Stufe 7 eingeordnet. Beide Fortbildungslehrgänge enden mit einer anerkannten Prüfung und berechtigen dazu, die Berufsbezeichnung „Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge“ beziehungsweise „Geprüfter Berufspädagoge“ zu führen.
Die Abschlüsse qualifizieren für gehobene Fach- und Führungskräftepositionen und sind auch im Bildungssystem anschlussfähig. Sie eröffnen, wie mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. März 2009 „Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung“ unterstrichen wird, den allgemeinen Hochschulzugang. An einigen Hochschulen gibt es erste Ansätze, ergänzende Studienangebote zu entwickeln. Bei deren Realisierung wäre die Durchlässigkeit von der beruflichen Ausbildung über die Ausbildertätigkeit und den beiden Fortbildungen zu einem einschlägigen Bachelor-Abschluss gewährleistet.
Die AEVO wird durch die neuen Berufe nicht berührt. Sie behält ihre Funktion der Einführung in die Ausbildungsverantwortung insbesondere für ausbildende Fachkräfte, die den weitaus größten Teil der innerbetrieblichen Bildungsdienstleister stellen.
Entwicklung
In Anbetracht des Bedarfs an professionellem Berufsbildungspersonal erklärte sich 2004 die IHK für München und Oberbayern bereit, eine Rechtsvorschrift für eine berufspädagogische Fortbildungsprüfung zu erlassen. Ihr entsprechend wurde gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen eines Pilotprojektes eine komplette Fortbildung für Berufsausbilder erprobt und mit Mitteln des europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. 2007 fanden die ersten Prüfungen statt. In anderen Bundesländern wurden in enger Zusammenarbeit zwischen den IHK und dem BIBB weitere Pilotprojekte realisiert.
Im Zuge der Entwicklung der beiden pädagogischen Aufstiegsfortbildungen wurde besonders die Nähe des Begriffes „…pädagoge“ zu universitären Abschlussbezeichnungen diskutiert. Vor allem die Vertreter der Berufsschullehrer befürchteten das Entstehen eines „Schmalspurberufsschullehrers“. Letztlich soll die Verwendung des Attributs „…pädagoge“ aber dazu dienen, den gleichrangigen und gleichbedeutenden Anspruch gegenüber der berufspädagogischen Qualifikation der Berufsschullehrer deutlich zu machen.
Ziele und Zielgruppen
Mit den Fortbildungsverordnungen werden grundsätzlich zwei Ziele verfolgt (s. Abb. 3). Beide Qualifikationen dienen dazu, Ausbildern neue weiterführende pädagogische Kompetenzen zu vermitteln und sie für die berufliche Qualifizierung von Auszubildenden und Beschäftigten vorzubereiten. Im Mittelpunkt steht das Lernen im Arbeits- und Geschäftsprozess zur Erlangung beruflicher Handlungskompetenz. Dazu gehören vor allem Methoden des entdeckenden und selbstgesteuerten Lernens.
Mit beiden Fortbildungsberufen erhalten Ausbilder, die bereits in der betrieblichen Berufsausbildung tätig sind, die Möglichkeit, sich über ihren jeweiligen Fachberuf hinaus pädagogisch zu professionalisieren und damit aus ihrer Ausbildertätigkeit einen eigenständigen, anspruchsvollen und anerkannten Beruf zu machen, dessen Qualifikationsniveau seiner Verantwortung entspricht und der seinem Inhaber vielfältige Möglichkeiten der Entwicklung eröffnet.
Die beiden pädagogischen Aufstiegsfortbildungen richten sich an Personen aller Branchen, die in einem berufspädagogischen Tätigkeitsfeld arbeiten und dort ihre berufliche Position sowie ihre methodisch-didaktischen Kompetenzen – jenseits der AEVO – verbessern wollen, um den gestiegenen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung gerecht zu werden. Absolventen beider berufspädagogischer Qualifizierungen finden Einsatzmöglichkeiten als:
- Leitender Ausbilder eines Unternehmens
- Mitarbeiter privater/öffentlicher Bildungsunternehmen
- Berufsschullehrer
- Freiberufliche Dozenten
- Geschäftsführer/Vorstand einer eigenen Bildungseinrichtung
- Ausbilder in der Berufsausbildung
- Trainer, Coach
Von den Fortbildungen profitieren neben den Auszubildenden auch die Arbeitgeber, das heißt die Betriebe des Berufsbildungspersonals. Insbesondere die Qualifizierung „Geprüfter Berufspädagoge“ findet überwiegend anhand von konkreten Praxisprojekten statt, sodass – gewissermaßen als Nebenprodukt – eine Modernisierung der Ausbildung erfolgt.
Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge
Die Qualifizierung „Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge“ eignet sich für haupt- und nebenamtliche Aus- und Weiterbildner, die ihre berufspädagogische Bildung innovativer gestalten möchten und hierfür tiefer in die Methodik des Lehrens und Lernens einsteigen wollen. Aus- und Weiterbildungspädagogen planen beziehungsweise organisieren Bildungsprozesse, sie führen sie durch und werten sie aus. Sie sind beteiligt an der Bewerberauswahl und Lernberatung bei Beschäftigten. Auf Grundlage neuer methodisch-didaktischer Kompetenzen ermitteln sie den betrieblichen Qualifizierungsbedarf und setzen ihn in Bildungsmaßnahmen um.
Der Lehrgang kann in Vollzeit oder berufsbegleitend absolviert werden und dauert sechs Monate bis zwei Jahre. Er endet mit einer Prüfung.
Die Zulassungsvoraussetzungen zur Fortbildung zum Aus- und Weiterbildungspädagogen sind:
- 1. Abschluss in einem anerkannten, mindesten drei Jahre umfassenden Ausbildungsberuf sowie im Anschluss mindestens ein Jahr Berufspraxis oder
- 2. Abschluss in einem sonstigen anerkannten Ausbildungsberuf sowie im Anschluss mindestens zwei Jahre Berufspraxis und
- 3. erfolgreich abgelegte Prüfung nachAEVO oder eine vergleichbare berufs- und arbeitspädagogische Qualifikation
Geprüfter Berufspädagoge
Mit diesem Berufsbild ist ein anspruchsvolles Profil auf der höchsten IHK-Qualifizierungsebene (Betriebswirtniveau) entwickelt worden. Das neue Berufsbild „Geprüfter Berufspädagoge“ erhebt den Anspruch zum entscheidenden Standard für hauptberufliche Berufsausbilder und Weiterbildner zu werden. Es ergänzt dabei die Fortbildung zum „Geprüften Aus- und Weiterbildungspädagogen“ um weitere Schwerpunkte wie Managementprozesse sowie Personalentwicklung und ‑beratung. Das neue Berufsbild des Berufspädagogen bereitet zudem auf die vielfältigen neuen Managementaufgaben in der beruflichen Bildung vor und ermöglicht damit auch den Aufstieg in mittlere Leitungs- und Managementfunktionen, die Übernahme von Aufgaben im Bildungsservice großer Bildungsträger, in der Koordination von Ausbildungsverbünden beziehungsweise dezentralen Aus- und Weiterbildungen oder in der Bildungsberatung. Die Marktchancen auf einen möglichen Einsatz nach der erfolgreichen Ausbildung sehen mehr als gut aus. In vielen Bundesländern nimmt der Bedarf an Fachkräften mit berufspädagogischem Hintergrund stark zu. Mit dem Erwerb dieses Fortbildungsabschlusses besteht für Interessierte die Durchlässigkeit zu definierten Master-Studiengängen an (Fach-)Hochschulen.
Berufspädagogen nehmen in Einrichtungen der betrieblichen und außerbetrieblichen Bildung die Organisation und Planung beruflicher Bildungsprozesse wahr. Sie betreuen Auszubildende und Mitarbeiter in Lernsituationen, beurteilen und prüfen sie. Darauf aufbauend koordinieren und optimieren sie Lernprozesse. Zudem gestalten sie Marketingmaßnahmen und evaluieren die Wirksamkeit von Bildungsmaßnahmen (Controlling). Sie betreuen und entwickeln ebenso bestehende Qualitätsmanagementsysteme im Bereich der Aus- und Weiterbildung und optimieren Prüfungsverfahren und Beurteilungssysteme.
Um den Abschluss „Geprüfter Berufspädagoge“ erwerben zu können, muss ein Lehrgang besucht werden, der 800 Unterrichtsstunden umfasst und sich in der berufsbegleitenden Form über zwei Jahre erstreckt. Die Inhalte der Qualifizierung gliedern sich in drei Themenbereiche (s. Tab. 2). Sie decken damit sowohl die betrieblichen als auch außer- und überbetrieblichen Bildungsaufgaben ab. Die Qualifizierung ist handlungsorientiert ausgerichtet. Das bedeutet, dass in und an Projekten gearbeitet wird, die von der Lerngruppe selbst entwickelt wurden.
Die Zulassungsvoraussetzungen zur Fortbildung zum Berufspädagogen sind:
- 1. eine bestandene Prüfung zum geprüften Aus- und Weiterbildungspädagogen, zum Fachwirt, Industrie‑, Fach- oder Handwerksmeister oder einer vergleichbaren Fortbildung sowie imAnschluss ein Jahr Berufspraxis oder
- 2. ein abgeschlossenes Hochschulstudium beziehungsweise eine staatlich anerkannte Fachschulfortbildung sowie im Anschluss zwei Jahre Berufspraxis oder
- 3. der Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf sowie im Anschluss fünf Jahre Berufspraxis und
- 4. eine erfolgreich abgelegte Prüfung nach AEVO oder eine vergleichbare berufs- und arbeitspädagogische Qualifikation
Generelle Zulassungsvoraussetzung sowohl für die Fortbildung zum Aus- und Weiterbildungspädagogen sowie zum Berufspädagogen ist eine bestandene Ausbildereignungsprüfung nach AEVO oder eine vergleichbare berufs- und arbeitspädagogische Qualifikation. Letzteres kann durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft gemacht werden. Es entspricht also nicht der neuen Bundesverordnung, wenn (vereinzelt) grundsätzlich eine absolvierte AEVO-Prüfung verlangt wird.
Literatur
- Blötz, U. et al. (2006): Neuer Beruf für betriebsbezogene Bildungsdienstleistungen. Gepr. Berufspädagoge/-in für Aus- und Weiterbildung IHK. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 4/ 2006. S. 44–48.
- Brandt, H. et al. (2008): Qualifizierung durch Fortbildung. Das Modellprojekt Berufspädagoge/Berufspädagogin IHK in Mecklenburg-Vorpommern. In: Berufs-bildung in Wissenschaft und Praxis 6/ 2008. S. 26–27.
- Brater, M. et al. (2007): Ein neuer Beruf für Berufsausbilder. In: DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung 1/ 2007. S. 51–53.
- Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF (2010): Berufsbildungsbericht 2010. Berlin.
- Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF (2012): Pressemit- teilung 012/2012. Berlin.
- Hrsg. Berufspädagogen.net (2007): Berufspädagoge. Professionell aus- und weiterbilden. Gerlingen.
- Loebe, H. et al. (2011): Heterogene Lerngruppen in der Ausbildung. Qualifizierungskonzepte für das Ausbildungspersonal. Band 51, Bielefeld.
- o. A. (2004): Eine berufliche Entwicklungsperspektive für Berufsausbilder. Der neue Fortbildungsberuf Berufspädagoge (IHK). In: Der deutsche Berufsausbilder 4/ 2004. S. 3–4.
- Rebmann, K. et al. (2011): Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Wiesbaden.
- Schlottau, W. (2005): Ausbildungspersonal – von der Eignung zur Professionalisierung. Regionale Erprobung zweijähriger Aufstiegsfortbildungsgänge. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 6/2005. S. 32–35.
- Siegbert, W. (2011): Auf dem Weg zum Berufspädagogen. Norderstedt.
- Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Aus- und Weiterbildungspädagoge/ Geprüfte Aus- und Weiterbildungs- pädagogin vom 21.08.2009
- Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Berufspädagoge/ Geprüfte Berufspädagogin vom 21.08.2009
Autor
Steffen Pluntke
Fachautor, Dozent und Bildungsreferent DRK Landesverband Brandenburg e.V.
E‑Mail: s .pluntke@gmx.de
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