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Das „Einfache Maßnahmenkonzept“ der BAuA – Auswahl der Schutzmaßnahmen

Informationen sammeln und Schwerpunkte setzen Teil 2
Das „Einfache Maßnahmenkonzept“ der BAuA – Auswahl der Schutzmaßnahmen

Das „Ein­fache Maß­nah­menkonzept Gefahrstoffe“ (EMKG) der BAuA gibt es seit eini­gen Jahren. Es wurde im Laufe der Jahre immer weit­er ver­fein­ert und erweit­ert, und seit kurzem ste­ht ein Mod­ul für die Ein­beziehung von Stof­fen zur Ver­fü­gung, die nach der neuen CLP-Verord­nung der Europäis­chen Union (GHS) gekennze­ich­net sind. Der erste Teil dieses Beitrags (Sicher­heitsin­ge­nieur 6/10, S. 22 bis 27) beschrieb die Ermit­tlung der Gefährlichkeits­gruppe mit Hil­fe des EMKG, der zweite Teil erläutert die Auswahl der Schutzmaßnahmen.
 
Die Auswahl von geeigneten Schutz­maß­nah­men erfol­gt auf der Grund­lage ein­er voll­ständi­gen und kor­rek­ten Gefährdungs­beurteilung. Auch hier­für hält das Ein­fache Maß­nah­menkonzept der BAuA eine Rei­he von Hil­f­s­mit­teln bereit:
Aus der ermit­tel­ten Gefährlichkeits­gruppe und den Arbeits­be­din­gun­gen (siehe hierzu den ersten Teil des Beitrags) ergibt sich ein „Maß­nah­men­paket“, das sich an den Schutzstufen der Gefahrstof­fverord­nung [9] ori­en­tiert, oder aber es kön­nen für bes­timmte, häu­fig vork­om­mende „Stan­dard­tätigkeit­en“ so genan­nte „Schut­zleit­fä­den“ herange­zo­gen wer­den, die von der BAuA in Zusam­me­nar­beit mit der dama­li­gen Beruf­sgenossen­schaft der Chemis­chen Indus­trie (BG Chemie – heute BG RCI) erar­beit­et wor­den sind.
4 Fes­tle­gung der Schutzmaßnahmen
Auf­grund der gesam­melten Infor­ma­tio­nen wer­den nun die geeigneten Schutz­maß­nah­men fest­gelegt. Dabei bestimmen
  • die Zuord­nung eines Stoffes oder Gemis­ches zu ein­er Gefährlichkeitsgruppe,
  • die Men­gen­gruppe
  • und die Freisetzungsgruppe
den erforder­lichen Umfang der Schutz­maß­nah­men. Durch die Gestal­tung des Arbeitsver­fahrens lassen sich die Gefährdun­gen bei Tätigkeit­en mit Gefahrstof­fen beseit­i­gen oder auf ein Min­dest­maß verringern.
Das Ein­fache Maß­nah­menkonzept ord­net die Schutz­maß­nah­men „paketweise“ – entsprechend den Schutzstufen der Gefahrstof­fverord­nung [9] – dem jew­eili­gen Ermit­tlungsergeb­nis zu. Zu diesem Zweck muss in den nach­fol­gen­den Zuord­nungsta­bellen – getren­nt für Gefährdun­gen durch Einat­men und bei Hautkon­takt – das jew­eils passende „Paket“ (Schutzstufe) ermit­telt werden.
Hier­bei kann in eini­gen Fällen bere­its die kon­se­quente Anwen­dung von Min­dest­stan­dards (Schutzstufe 1; siehe auch TRGS 500 [10]) aus­re­ichend sein. Anson­sten sind emis­sion­s­min­dernde tech­nis­che Maß­nah­men (Schutzstufe 2) erforder­lich. Bei höheren Gefährdun­gen kön­nen auch zusät­zliche Maß­nah­men aus der Schutzstufe 3 (§ 10 Gef­Stof­fV), wie etwa geschlossene Sys­teme oder gar eine beson­dere tech­nis­che Beratung erforder­lich sein.
Hier wird deut­lich, dass die strenge Ori­en­tierung der Schutzstufen an der Kennze­ich­nung (wie z.B.: Tätigkeit­en mit gifti­gen Stof­fen führen immer zur Schutzstufe 3) nicht sin­nvoll (und auch nicht im Sinne des „Erfind­ers“ der Schutzstufen) ist.
Gle­ich­es gilt natür­lich auch umgekehrt: Ver­gle­ich­sweise „harm­lose“ Gefahrstoffe der Gefährlichkeits­gruppe B (z.B. gesund­heitss­chädliche Stoffe [Xn]) kön­nen Schutz­maß­nah­men der Schutzstufe 3 erfordern, wenn sie in ein­er hohen Freiset­zungs­gruppe – etwa bei erhöhter Tem­per­atur oder als stark stauben­des Pro­dukt – ver­wen­det werden.
Auch wenn die Neu­fas­sung der Gefahrstof­fverord­nung [11], die 2010 in Kraft treten soll, den Begriff „Schutzstufe“ nicht mehr ver­wen­det, wird das Grund­prinzip erhal­ten bleiben; anstelle ein­er „Schutzstufe“ sind dann die in den entsprechen­den Para­grafen der Verord­nung aufge­führten Schutz­maß­nah­men anzuwenden.
Bei der Auswahl von Schutz­maß­nah­men ist zu beacht­en, dass bei ein­er Empfehlung, die Maß­nah­men der Schutzstufe 1 anzuwen­den, nicht die in § 7 Abs. 9 Gef­Stof­fV [9] definierte „Geringe Gefährdung“ gemeint ist. Im Unter­schied zu den „echt­en“ Tätigkeit­en geringer Gefährdung kann zwar auf tech­nis­che Maß­nah­men der Schutzstufe 2 verzichtet wer­den, die Grund­maß­nah­men der Schutzstufe 2 und die zusät­zlichen Maß­nah­men der Schutzstufe 3 sowie die organ­isatorischen Maß­nah­men der Gef­Stof­fV sind den­noch zu beachten.
4.1 Schutz­maß­nah­men bei Gefährdung durch Einatmen
Aus der nach­fol­gen­den Tabelle lassen sich die Schutz­maß­nah­men / Schutzstufen ermit­teln, die für den jew­eili­gen Anwen­dungs­fall geeignet sind; dabei sind die Felder wie bei ein­er Ampel grün (Schutzstufe 1), gelb (Schutzstufe 2) oder rot (Schutzstufe 3) eingefärbt:
Bei ein­er Tätigkeits­dauer bis 15 min kann der erforder­liche Maß­nah­menbe­darf ggf. geringer sein als in Tab. 7 angegeben (siehe Abb. 2).
4.2 Schut­zleit­fä­den
Als Hil­festel­lung wur­den für häu­fig vork­om­mende Tätigkeit­en – etwa „Befüllen von Fässern“ oder „Trans­port über Förder­band“ – so genan­nte „Schut­zleit­fä­den“ erar­beit­et, in denen die angemesse­nen Schutz­maß­nah­men zusam­mengestellt sind. Diese Schut­zleit­fä­den sind eben­falls in Grup­pen zusam­menge­fasst, wobei
  • Schut­zleit­fä­den der Rei­he 100 Schutz­maß­nah­men der Schutzstufe 1,
  • Schut­zleit­fä­den der Rei­he 200 Schutz­maß­nah­men der Schutzstufe 2,
  • Schut­zleit­fä­den der Rei­he 300 Schutz­maß­nah­men der Schutzstufe 3
enthal­ten. In Tabelle 8 sind die derzeit ver­füg­baren Schut­zleit­fä­den aufgeführt:
4.2.1 Maß­nah­men der Schutzstufe 1 = Schut­zleit­fä­den der Rei­he 1
Bei der Empfehlung zur Anwen­dung von Maß­nah­men der Schutzstufe 1 = Schut­zleit­fä­den 1xx ist die kon­se­quente Anwen­dung von Maß­nah­men der Schutzstufe 1 aus­re­ichend. Bei fes­ten Gefahrstof­fen der Freiset­zungs­gruppe „mit­tel“ oder „hoch“ sollte auch der Schut­zleit­faden 240 „Staubar­beit­splätze“ beachtet werden.
4.2.2 Maß­nah­men der Schutzstufe 2 = Schut­zleit­fä­den der Rei­he 2
Durch Maß­nah­men der Schutzstufe 2 = Schut­zleit­fä­den 2xx kann die Freiset­zung (Emis­sion) von Gefahrstof­fen an der Entste­hungsstelle begren­zt wer­den. Die Schut­zleit­fä­den 2xx beschreiben typ­is­che Arbeitsabläufe, wie z.B. wiegen, ab- und umfüllen, entleeren, mis­chen, beschicht­en oder laminieren. Die Vorschläge haben Mod­ellcharak­ter und müssen sorgfältig an die jew­eili­gen Ver­hält­nisse im Betrieb angepasst wer­den, um eine aus­re­ichende Wirk­samkeit zu gewährleisten.
Falls es keinen Schut­zleit­faden für die zu beurteilende Tätigkeit gibt oder die Anpas­sung im Betrieb nicht unmit­tel­bar möglich ist, emp­fiehlt sich eine qual­i­fizierte Beratung in Anspruch zu nehmen.
4.2.3 Maß­nah­men der Schutzstufe 3 = Schut­zleit­fä­den der Rei­he 3
Maß­nah­men der Schutzstufe 3 = Schut­zleit­fä­den 3xx bein­hal­ten Vorschläge für die Gestal­tung von Tätigkeit­en als geschlossenes Sys­tem. Neben dem all­ge­meinen Leit­faden 300 „Geschlossenes Sys­tem“ gibt es weit­ere spezielle Schut­zleit­fä­den z.B. zum Entleeren und Befüllen von Fässern, IBC-Con­tain­ern sowie Umpumpen von Flüssigkeiten.
Inte­gri­erte Absaugun­gen wer­den nach TRGS 500 [10] auf­grund ihrer hohen Wirk­samkeit den geschlosse­nen Sys­te­men zuge­ord­net. Auch hier sollte bei kom­plex­en Rah­menbe­din­gun­gen eine qual­i­fizierte Beratung in Anspruch genom­men werden.
Gibt es für bes­timmte Tätigkeit in einem Betrieb keinen Schut­zleit­faden oder ist das geschlossene Sys­tem tech­nisch nicht mach­bar, kann ggf. eine branchen­be­zo­gene Gefahrstoff- oder Pro­duk­t­be­w­er­tung oder eine qual­i­fizierte Beratung Hil­festel­lung bieten.
4.2.4 Tech­nis­che Beratung
Emp­fiehlt das EMKG bei ein­er sehr hohen Gefährdung eine tech­nis­che Beratung, kann der Anwen­der in vie­len Fällen auf das Tech­nis­che Regel­w­erk (TRGS) [12] oder Infor­ma­tio­nen der Unfal­lver­sicherungsträger (Beruf­sgenossen­schaften) und Län­der zurück­greifen. Für eine Rei­he von kreb­serzeu­gen­den Gefahrstof­fen (z.B. Asbest, Diox­ine, Holzs­taub, Keramik­fasern, Pyrol­y­se­pro­duk­te, Diesel­mo­tore­mis­sio­nen) enthal­ten die Tech­nis­chen Regeln
  • stoff- und tätigkeits­be­zo­gene Gefährdungs­beurteilun­gen und Schutz­maß­nah­men, branchen- oder tätigkeitsspez­i­fis­che Hil­festel­lun­gen (z.B. Regeln und Infor­ma­tio­nen der Unfallversicherungsträger),
  • branchen­be­zo­gene Gefahrstoff- und Pro­duk­t­be­w­er­tun­gen der Unfal­lver­sicherungsträger (z.B. GISBAU [13], Gis Chem [14]),
  • Stoffin­for­ma­tio­nen der Bun­deslän­der und Unfal­lver­sicherungsträger (z.B. Gefahrstoff­daten­bank der Län­der (GDL) [15], IFA-Stoff­daten­bank (GESTIS) [16], Infor­ma­tion­ssys­tem für gefährliche Stoffe (IGS) des Lan­des Nor­drhein-West­falen [17]).
Gibt es keine passenden Tech­nis­chen Regeln oder weit­er­führende Infor­ma­tio­nen, ist eine ver­tiefende Gefährdungs­beurteilung notwendig. Diese Gefährdungs­beurteilung fordert in der Regel die beson­dere Exper­tise eines Tech­nikers, etwa zur Pla­nung eines geschlosse­nen Sys­tems oder ander­er tech­nis­ch­er Maß­nah­men. Die Pla­nung und Umset­zung aller tech­nis­chen, organ­isatorischen und per­sön­lichen Maß­nah­men sollte von der Sicher­heits­fachkraft oder vom Betrieb­sarzt begleit­et werden.
4.3 Schutz­maß­nah­men bei Hautkontakt
Auch für hautre­sorp­tive Stoffe (Gefährlichkeits­grup­pen HA bis HE) lassen sich auf ver­gle­ich­bare Weise passende Schutz­maß­nah­men­pakete zuord­nen; diese Zuord­nung stimmt mit der TRGS 401 [8] übere­in; danach gibt es einen
  • gerin­gen,
  • erweit­erten oder
  • hohen
Maß­nah­menbe­darf. Die Maß­nah­men bauen aufeinan­der auf und müssen bei der Fes­tle­gung der Schutz­maß­nah­men zusät­zlich zum Maß­nah­menbe­darf „Einat­men“ berück­sichtigt werden.
Hin­weise zu Tabelle 9:
*) Wurde die Gefährlichkeits­gruppe HD durch die R‑Sätze R 62 „Kann möglicher­weise die Fortpflanzungs­fähigkeit beein­trächti­gen“ oder R 63 „Kann das Kind im Mut­ter­leib möglicher­weise schädi­gen“ zuge­ord­net, reicht nach TRGS 401 für eine große Wirk­fläche und eine lange Wirk­dauer ein erweit­ert­er Maß­nah­menbe­darf aus.
**) Wurde die Gefährlichkeits­gruppe HE durch den R‑Satz R 35 „Verur­sacht schwere Verätzun­gen“ zuge­ord­net, reicht nach TRGS 401 für eine kleine Wirk­fläche und eine kurze Wirk­dauer ein erweit­ert­er Maß­nah­menbe­darf aus. 4.3.1 Hoher Maßnahmenbedarf
Beim Ergeb­nis „hoher Maß­nah­menbe­darf“ ist die Sub­sti­tu­tion des Gefahrstoffes die beste Lösung. Alter­na­tiv muss geprüft wer­den, ob der Hautkon­takt durch ein geschlossenes Sys­tem voll­ständig aus­geschlossen wer­den kann. Ist dies der Fall, sind keine weit­eren Maß­nah­men erforderlich.
Ist ein geschlossenes Sys­tem tech­nisch nicht möglich, so sollte in enger Zusam­me­nar­beit mit dem Betrieb­sarzt ein Schutz­maß­nah­menkonzept entwick­elt wer­den, in das auch die Beschäftigten einge­bun­den sind.
4.3.2 Feuchtar­beit
Beson­dere Schutz­maß­nah­men müssen bei Feuchtar­beit getrof­fen wer­den; Feuchtar­beit liegt vor wenn
  • die Beschäftigten mehr als 2 Stun­den im feucht­en Milieu tätig sind,
  • mehr als 2 Stun­den flüs­sigkeits­dichte Schutzhand­schuhe getra­gen wer­den oder
  • Tätigkeit­en ein häu­figes inten­sives reini­gen der Hände bzw. desin­fizieren erfordern.
Hin­weise für zusät­zliche Maß­nah­men für Feuchtar­beit­splätze enthält der Schut­zleit­faden 250.
5 Über­prü­fung der Wirk­samkeit von Schutzmaßnahmen
Wie jede betriebliche Maß­nahme unter­liegt auch der Arbeitss­chutz der Qual­itätssicherung. Die Gefahrstof­fverord­nung beze­ich­net dies in den §§ 7, 8 und 9 als „Über­prü­fung der Wirk­samkeit von Schutz­maß­nah­men“. Hierzu gehört die Überprüfung
  • der Ein­hal­tung von Arbeit­splatz­gren­zw­erten sowie
  • der Wirk­samkeit tech­nis­ch­er Schutz­maß­nah­men und ‑ein­rich­tun­gen.
Die Zusam­men­hänge sind in Abbil­dung 3 dargestellt.
5.1 Über­prü­fung der Wirk­samkeit der Grundmaßnahmen
Die immer anzuwen­den Maß­nah­men der Schutzstufe 1 kön­nen mit Hil­fe der Schut­zleit­fä­den der Rei­he 1 durchge­führt wer­den. Sind tech­nis­che Schutzein­rich­tun­gen, z.B. raum­luft­tech­nis­che Anla­gen (RLT) vorhan­den oder notwendig, so muss auch deren Funk­tion und Wirk­samkeit regelmäßig über­prüft wer­den. Hierzu gehört die Überwachung lüf­tung­stech­nis­ch­er Kon­troll­größen nach Vor­gaben des Her­stellers (z.B. Erfas­sungsluft­geschwindigkeit, Luftwech­sel­rat­en) oder tech­nisch erfass­bar­er Störe­in­flüsse wie z.B. Querströmungen.
Die Über­prü­fung muss regelmäßig, min­destens jedoch alle 3 Jahre erfol­gen; bei Ein­rich­tun­gen zum Abschei­den, Erfassen und Nieder­schla­gen von Stäuben min­destens jährlich. Das Ergeb­nis der Prü­fun­gen ist zu dokumentieren.
Darüber hin­aus soll­ten regelmäßige, möglichst tägliche Sicht- und Funk­tion­skon­trollen fest­gelegt wer­den, z.B. die Über­prü­fung der Funk­tion ein­er Absaugan­lage nach dem Einschalten.
Die Nutzer soll­ten auch auf sicht- oder hör­bare Verän­derun­gen sowie auftre­tende Män­gel an per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung und Arbeitsmit­teln acht­en. Die Angaben des Her­stellers in der Betrieb­san­leitung von tech­nis­chen Arbeitsmit­teln sind zu beachten.
  • 5.2 Ein­hal­tung der Arbeitsplatzgrenzwerte
  • 5.1.2.1 Stoffe mit AGW
Bei Stof­fen mit Arbeit­splatz­gren­zw­erten kann man die Ein­hal­tung durch
  • Arbeit­splatzmes­sun­gen oder
  • durch nichtmesstech­nis­che Ermittlungsmethoden
nach­weisen. Weit­ere Hin­weise hierzu enthält die TRGS 402 „Ermit­teln und Beurteilen der Gefährdun­gen bei Tätigkeit­en mit Gefahrstof­fen: Inhala­tive Expo­si­tion“ [18].
Das Ein­fache Maß­nah­menkonzept Gefahrstoffe kann als nicht-messtech­nis­che Ermit­tlungsmeth­ode zur Ein­hal­tung von Arbeit­splatz­gren­zw­erten genutzt wer­den. Für eine aus­re­ichende Sicher­heit hal­ten die Autoren des EMKG es jedoch für erforder­lich, die Gefährlichkeits­gruppe nach Tabelle 3 im ersten Teil dieses Beitrags eine Kat­e­gorie strenger zu wählen (also z.B. Gefährlichkeits­gruppe „C“ statt Gefährlichkeits­gruppe „B“). Die erhöht­en Aufwen­dun­gen für Schutz­maß­nah­men wer­den dafür mit dem Verzicht auf Arbeit­splatzmes­sun­gen „belohnt“.
5.2.2 Gemis­che mit AGW
Wer­den mit dem EMKG Maß­nah­men für Tätigkeit­en mit Gemis­chen abgeleit­et, ist die Liste der Inhaltsstoffe zu beacht­en. Sind Stoffe mit Arbeit­splatz­gren­zw­ert (AGW) nach TRGS 900 [7] im Gemisch enthal­ten, muss deren Ein­hal­tung über­prüft wer­den. Je höher der Anteil eines Stoffes mit AGW im Gemisch ist, umso wichtiger ist eine Über­prü­fung. Die Ein­hal­tung der Arbeit­splatz­gren­zw­erte kann durch Arbeit­splatzmes­sun­gen bzw. nicht-messtech­nis­che Ermit­tlungsmeth­o­d­en nachgewiesen werden.
Ana­log zum Vorge­hen bei Stof­fen mit AGW kann auch bei Gemis­chen das EMKG als nicht-messtech­nis­che Ermit­tlungsmeth­ode angewen­det wer­den, wenn die für das Gemisch aus der Ein­stu­fung ermit­telte Gefährlichkeits­gruppe strenger ist als alle Gefährlichkeits­grup­pen, die sich aus den AGW der einzel­nen Kom­po­nen­ten ergeben.
Die Liste der Inhaltsstoffe mit Arbeit­splatz­gren­zw­ert ist im Sicher­heits­daten­blatt im Abschnitt 8 „Begren­zung und Überwachung der Expo­si­tion / per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung“ aufge­führt. Bei dieser Vorge­hensweise sind nur die in Deutsch­land gel­tenden gesund­heits­basierten Arbeit­splatz­gren­zw­erte nach TRGS 900 zu berücksichtigen.
In allen übri­gen Fällen ist das Vorge­hen bei der Wirk­samkeit­süber­prü­fung im Einzelfall festzule­gen. Zur Entschei­dung, ob Arbeit­splatzmes­sun­gen erforder­lich sind, kön­nen Berech­nungsver­fahren für Luftkonzen­tra­tio­nen von Gefahrstof­fen hil­fre­ich sein.
5.3 Wirk­samkeit­sprü­fung bei Stof­fen und Gemis­chen ohne AGW
Bei Stof­fen und Gemis­chen ohne AGW kann das EMKG als nicht-messtech­nis­che Ermit­tlungsmeth­ode zur Prü­fung der Wirk­samkeit der Schutz­maß­nah­men dienen. Die Umset­zung der gewählten Schutz­maß­nah­men ist zu doku­men­tieren und regelmäßig auf ihre tech­nis­che Wirk­samkeit zu prüfen.
5.4 Über­prü­fung der Wirk­samkeit von Hautschutzmaßnahmen
Eben­so wie tech­nis­che Schutz­maß­nah­men muss auch die Nutzung von per­sön­lich­er Schutzaus­rüs­tung und Haut­mit­teln geprüft wer­den. Dazu gehört auch die unverzügliche Besei­t­i­gung von Verun­reini­gun­gen und Kon­t­a­m­i­na­tio­nen an Arbeitsmit­teln. Die ver­wen­dete per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung muss vor Beginn der Arbeit auf Funk­tions­fähigkeit geprüft wer­den (z.B. auf schad­hafte Stellen oder innen­seit­ige Ver­schmutzun­gen von Schutzhand­schuhen). Haut­mit­tel soll­ten regelmäßig hin­sichtlich des Ver­falls­da­tums über­prüft werden.
5.5 Erken­nt­nisse aus der arbeitsmedi­zinis­chen Vorsorge
Da die Wirk­samkeit von Hautschutz­maß­nah­men erhe­blich vom indi­vidu­ellen Ver­hal­ten der Beschäftigten abhängt, soll­ten Erken­nt­nisse aus der arbeitsmedi­zinis­chen Vor­sorge für die kon­tinuier­liche Verbesserung des betrieblichen Hautschutzes genutzt wer­den. Ein wichtiger Punkt ist die regelmäßige arbeitsmedi­zinisch-toxikol­o­gis­che Beratung durch den Betrieb­sarzt im Rah­men der Unterweisung.
6 EMKG Taschenscheibe
Als Hil­festel­lung für die Prax­is hat die BAuA auf der Fachmesse A+A in Düs­sel­dorf im Novem­ber 2009 ein neues Hil­f­sin­stru­ment vorgestellt, mit dem sich inhala­tive Gefährdun­gen in Betrieben schnell und sich­er ermit­teln lassen: Die EMKG Taschenscheibe.
In nur vier Schrit­ten lassen sich mit der Taschen­scheibe Maß­nah­men gegen Gefährdun­gen durch Einat­men von gefährlichen Stof­fen find­en. Sie erfüllt damit die gle­iche Funk­tion wie die Entschei­dungsta­belle (Tabelle 7), kann jedoch leicht über­all hin mitgenom­men werden.
Die Scheibe ist als Unter­stützung für den Arbeitss­chutzprak­tik­er im Betrieb gedacht. Ganz ein­fach und ohne beson­dere Vorken­nt­nisse kann man damit die erforder­lichen Maß­nah­men durch Infor­ma­tio­nen aus Sicher­heits­daten­blät­tern und Betrieb­s­bege­hun­gen ableit­en. Vor allem kleine und mit­tlere Unternehmen kön­nen Prob­leme so frühzeit­ig erken­nen und Hand­lungss­chw­er­punk­te setzen.
Down­load:
Der voll­ständi­ge Text des Ein­fachen Maß­nah­menkonzepts – ein­schließlich der aktuellen Schut­zleit­fä­den – ste­ht im Inter­net auf der Seite der Bun­de­sanstalt für Arbeitss­chutz und Arbeitsmedi­zin (BAuA) unter der Adresse www.baua.de/de/Themen-von-A‑Z/Gefahrstoffe/EMKG/EMKG.html zur Verfügung.
Lit­er­aturhin­weise:
  • 1. Verord­nung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates vom 16.12.2008 über die Ein­stu­fung, Kennze­ich­nung und Ver­pack­ung von Stof­fen und Gemis­chen sowie zur Änderung der Richtlin­ie 67/548/EWG und der Verord­nung (EG) Nr. 1907/2006 (GHS-Verord­nung), geän­dert durch die Verord­nung (EG) Nr. 790/2009 der Kom­mis­sion vom 10. August 2009 zur Änderung der Verord­nung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates über die Ein­stu­fung, Kennze­ich­nung und Ver­pack­ung von Stof­fen und Gemis­chen zwecks Anpas­sung an den tech­nis­chen und wis­senschaftlichen Fortschritt (ABl. EU Nr. L 235 vom 05.09.2009 S. 1), berichtigt im ABl. EU Nr. L 297 vom 13.11.2009 S. 19
  • 2. TRGS 600 „Sub­sti­tu­tion“, GMBl Nr. 46/47 vom 22.09.2008, S. 970–989
  • 3. Bekan­nt­machung 220 „Sicher­heits­daten­blatt“, GMBl Nr. 47/48 vom 25.10.2007, S. 943–963, mit Änderun­gen und Ergänzun­gen im GMBl Nr. 28 vom 02.07.2009. S. 606
  • 4. Richtlin­ie 67/548/EWG des Rates zur Angle­ichung der Rechts- und Ver­wal­tungsvorschriften für die Ein­stu­fung, Ver­pack­ung und Kennze­ich­nung gefährlich­er Stoffe an den Tech­nis­chen Fortschritt (EG-Stof­frichtlin­ie), ABl. EG Nr. 196 vom 16.8.1967 S. 1
  • 5. Nicht verbindlich­er prak­tis­ch­er Leit­faden zum Schutz von Gesund­heit und Sicher­heit der Arbeit­nehmer vor der Gefährdung durch chemis­che Arbeitsstoffe bei der Arbeit – Artikel 3, 4, 5, 6 und Punkt 1 von Anhang II der Richtlin­ie 98/24/EG, Europäis­che Kom­mis­sion – DG Beschäf­ti­gung, soziale Angele­gen­heit­en und Chan­cen­gle­ich­heit, 2005 (Dok. 2261–00–00-DE endg.)
  • 6. TRGS 400 „Gefährdungs­beurteilung für Tätigkeit­en mit Gefahrstof­fen“, GMBl Nr. 11/12 vom 13.03.2008, S. 211–223
  • 7. TRGS 900 „Arbeit­splatz­gren­zw­erte“, BArb­Bl. Heft 1/2006 S. 41–55, zulet­zt geän­dert und ergänzt im GMBl Nr. 5–6 vom 04.02.2010, S. 111
  • 8. TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkon­takt – Ermit­tlung, Beurteilung, Maß­nah­men“, GMBl Nr. 40/41 vom 19.08.2008, S. 818–845, berichtigt im GMBl Nr. 5–6 vom 04.02.2010, S. 111
  • 9. Verord­nung zum Schutz vor Gefahrstof­fen (Gefahrstof­fverord­nung – Gef­Stof­fV) vom 23. Dezem­ber 2004 (BGBl. I S 3758), zulet­zt geän­dert durch Artikel 2 der Verord­nung vom 18. Dezem­ber 2008 (BGBl. I S 2768)
  • 10. TRGS 500 „Schutz­maß­nah­men“, GMBl Nr. 11/12 vom 13.03.2008, S. 225–258 mit Änderun­gen und Ergänzun­gen im GMBl Nr. 26 vom 04.07.2008, S. 528
  • 11. Verord­nung zur Neu­fas­sung der Gefahrstof­fverord­nung und zur Änderung ander­er Verord­nun­gen (Ref­er­ente­nen­twurf vom 24. Sep­tem­ber 2009) www.bmas.de/portal/38106/2009__09__24__entwurf__gefahrstoffverordnung.html
  • 12. www.baua.de/de/Themen-von-A‑Z/Gefahrstoffe/TRGS/TRGS.html
  • 13. GISBAU – Gefahrstoffin­for­ma­tion­ssys­tem der Beruf­sgenossen­schaften der Bauwirtschaft, www.gisbau.de
  • 14. Gis­Chem – Gefahrstoffin­for­ma­tion­ssys­tem der Beruf­sgenossen­schaft der chemis­chen Indus­trie [seit 1.1.2010: Beruf­sgenossen­schaft Rohstoffe und chemis­che Indus­trie – BG RCI]), www.gischem.de
  • 15. Gefahrstoff­daten­bank der Län­der (GDL)
  • 16. IFA-Stoff­daten­bank (GESTIS, bis 31.12.2009: BGIA-Stoff­daten­bank), www.dguv.de/ifa/stoffdatenbank
  • 17. Infor­ma­tion­ssys­tem für gefährliche Stoffe (IGS) des Lan­des Nor­drhein-West­falen http://igsvtu.lanuv.nrw.de/igs_portal/
  • 18. TRGS 402 „Ermit­teln und Beurteilen der Gefährdun­gen bei Tätigkeit­en mit Gefahrstof­fen: Inhala­tive Expo­si­tion“, GMBl Nr. 12 vom 25.02.2010, S. 231–253
Autor
Dr. Ulrich Welzbach­er, Sankt Augustin Autor@Gefahrstoffinformation.de
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