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Das zentrale Instrument

Gefährdungsbeurteilung Teil 1
Das zentrale Instrument

Die Gefährdungs­beurteilung ist die unab­d­ing­bare Voraus­set­zung für einen wirk­samen Arbeits- und Gesund­heitss­chutz. Die Zeit­en eines nur an Rechtsvorschriften ori­en­tierten Arbeitss­chutzes, der sich in dem Aus­füllen von Check­lis­ten erschöpfte, sind defin­i­tiv vor­bei. Dieses bietet Chan­cen und Risiken – Grund genug, bes­timmte Aspek­te der Gefährdungs­beurteilung in ein­er kleinen Artikelserie kurz auszuleuchten.

Gefährdungs­beurteilun­gen (GB) gehören zu unserem Leben wie das tägliche Brot. Es sind tief ver­ankerte Denkstruk­turen, die zumeist unwillkür­lich und in den meis­ten Fällen unre­flek­tiert „automa­tisch“ ablaufen. Bere­its das ein­fache Über­queren ein­er Straße ist mit ein­er ganzen Kaskade geistiger Prozesse ver­bun­den, in denen Gefahren­mo­mente erkan­nt und bew­ertet sowie mit entsprechen­den Maß­nah­men beant­wortet wer­den (Abb. 1).
Selb­st im Tier­re­ich sind entsprechende Abläufe zu beobacht­en: Tre­f­fen zwei Stein­böcke zu einem möglichen Kampf aufeinan­der, find­en wir zunächst gegen­seit­iges Imponierge­habe (Infor­ma­tionsver­mit­tlung), die Zeitverzögerung bis zu ein­er Aktion darf als Bew­er­tung betra­chtet wer­den, deren Ergeb­nis sich dann in der Maß­nahme Kampf oder Flucht widerspiegelt.
Dementsprechend wer­den im Arbeitss­chutz nur Denkstruk­turen sys­tem­a­tisiert und auf eine rechtliche Basis gestellt, die sowieso schon in uns angelegt sind (Siehe Kasten).
Ethis­che und his­torische Rahmenbedingungen
Arbeitss­chutz und GB sind Instru­mente eines ethisch-kul­turellen Kon­sens­es. Im Zuge ein­er sich über Jahrhun­derte erstreck­enden Entwick­lung wurde der Men­sch, seine kör­per­liche und geistige Integrität und seine Unversehrtheit als beson­ders schützenswertes Gut erkan­nt [1].
For­mal ist dies in den Men­schen­recht­en und in unser­er Ver­fas­sung niedergelegt. Art. 2, Abs. 2, sagt ein­deutig: „Jed­er hat das Recht auf Leben und kör­per­liche Unversehrtheit“, was natür­lich auch für die geistig-psy­chis­che Unversehrtheit gilt und selb­stver­ständlich auch in der Arbeitswelt gewährleis­tet sein muss. Es han­delt sich hier also um ein Grun­drecht, das nicht aufgewe­icht wer­den darf.
His­torisch ist die Auf­forderung zu ein­er GB erst­mals 1853 in der preußis­chen „Gemein­samen Cir­cu­larver­fü­gung der drei Min­is­ter“ schriftlich fix­iert. Aber auch der § 107 der Gewer­be­ord­nung des Nord­deutschen Bun­des von 1869 set­zt die Gefährdungs­beurteilung impliz­it voraus, wenn er fordert: „Jed­er Gewerbe-Unternehmer ist ver­bun­den, auf seine Kosten alle diejeni­gen Ein­rich­tun­gen herzustellen und zu unter­hal­ten, welche mit Rück­sicht auf die beson­dere Beschaf­fen­heit des Gewer­be­be­triebes und der Betrieb­sstätte zu thun­lich­ster Sicherung der Arbeit­er gegen Gefahr für Leben und Gesund­heit noth­wendig sind.“
So gese­hen war die Gefährdungs­beurteilung schon immer inte­graler Bestandteil aller nor­ma­tiv­en Arbeitss­chutzregelun­gen und materielle Grund­vo­raus­set­zung für deren prak­tis­che Umsetzung.
Rechtliche Grund­la­gen
Die staatlichen Rechts­grund­la­gen unseres Arbeitss­chutzes sind unter anderem das Arbeitssicher­heits­ge­setz (ASiG) und das Arbeitss­chutzge­setz (Arb­SchG) von 1996 als nationale Umset­zung der EU-Arbeitss­chutzrah­men­richtlin­ie 89/391 EWG.
Bei­de Recht­squellen sind sach­lich miteinan­der ver­woben, denn ins­beson­dere definiert die GB nach § 5 Arb­SchG wesentlich die inhaltliche Aus­for­mung der Anforderun­gen des ASiG (s.u.). Ander­er­seits stellt das ASiG mit den Fachkräften für Arbeitssicher­heit und den Betrieb­särzten zwei wesentliche Akteure, die bei der Umset­zung des Arb­SchG involviert sind.
Die Gefährdungs­beurteilung ist – wie nur der Voll­ständigkeit hal­ber erwäh­nt wer­den soll – im § 5 des Arbeitss­chutzge­set­zes fest­gelegt und ist grund­sät­zlich für Tätigkeit­en auszuführen, ori­en­tiert sich also am Men­schen. Die Gefährdung des Men­schen ste­ht im Focus der GB, nicht etwa Gefährdun­gen für Gebäude, tech­nis­che Ein­rich­tun­gen oder andere Sachgüter.
Es muss an dieser Stelle noch ein­mal erwäh­nt wer­den, dass es nur die Gefährdungs­beurteilung nach § 5 Arb­SchG gibt. Forderun­gen nach Gefährdungs­beurteilun­gen aus anderen Rechtsvorschriften (zum Beispiel Gefahrstoff‑, Biostoff‑, Betrieb­ssicher­heitsverord­nung …) sind keine eigen­ständi­gen Gefährdungs­beurteilun­gen son­dern lediglich Anforderun­gen, wie bei der Erstel­lung der Beurteilung nach § 5 Arb­SchG im konkreten Falle umge­gan­gen wer­den soll.
Grund­sät­zlich ist der Arbeit­ge­ber der Nor­madres­sat des Arbeitss­chutzge­set­zes. Ihm allein obliegt die Ver­ant­wor­tung für die Umset­zung der Gefährdungs­beurteilung und der daraus resul­tieren­den Arbeitss­chutz­maß­nah­men ein­schließlich der men­schen­gerecht­en Gestal­tung der Arbeit. Zwar kann der Arbeit­ge­ber viele Auf­gaben delegieren [2], doch bleibt die Let­ztver­ant­wor­tung bei ihm.
Mitar­beit­er­beteili­gung
Grund­sät­zlich eröffnet der § 87 des Betrieb­sver­fas­sungs­ge­set­zes bzw. die Per­son­alvertre­tungs­ge­set­ze (z. B. § 81 Bun­des­per­son­alvertre­tungs­ge­setz) den Mitar­beit­ern der gewerblichen Betriebe und des öffentlichen Dien­stes ein generelles Mitbes­tim­mungsrecht bei allen Belan­gen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Dies trifft ins­beson­dere dann zu, wenn dem Arbeit­ge­ber oder Dien­s­ther­ren bei Anwen­dung von Rechtsvorschriften ein Hand­lungsspiel­raum verbleibt. In mehreren Urteilen (z.B. BAG 1 ABR 13/03, 8.6. 2004) wurde daher die Beteili­gung der Mitar­beit­er­vertre­tun­gen auch bei der Aus­gestal­tung der Gefährdungs­beurteilung bestätigt, da wed­er deren Meth­o­d­en noch die Vorge­hensweise nor­ma­tiv fest­gelegt sind.
Grund­sät­zlich, so das BAG in einem anderen Urteil (1 ABR 4/03, 8.6. 2004), sind „zumin­d­est die Fra­gen, welche Tätigkeit­en beurteilt wer­den sollen, worin die mögliche Gefahr bei der Arbeit beste­ht, woraus sie sich ergibt und mit welchen Meth­o­d­en und Ver­fahren das Vor­liegen und der Grad ein­er solchen Gefährdung fest­gestellt wer­den soll“ zwis­chen den Betrieb­sparteien abzustimmen.
Zudem hat jed­er Mitar­beit­er das Recht, eine etwa ausste­hende GB gerichtlich einzu­fordern, wobei jedoch die Modal­itäten durch die Betrieb­sparteien festzule­gen sind (BAG 9 AZR 1117 / 06, 12. 8. 2008).
Ins­ge­samt ergeben sich daraus weit reichende Rechte für die Mitar­beit­er­vertre­tun­gen und die Ver­ant­wortlichen sind gut berat­en, die Betriebs- oder Per­son­al­räte rechtzeit­ig ins Boot zu holen. Neben den rein rechtlichen Pflicht­en hil­ft dies auch, die Akzep­tanz der Arbeitss­chutz­maß­nah­men im Unternehmen zu erhöhen – und darauf kommt es ins­beson­dere an.
Das Herz des Arbeitsschutzes
Unzweifel­haft ist die Gefährdungs­beurteilung mit ihren wohlbekan­nten Einzelschrit­ten (Abb. 2) die Mitte oder die Grund­lage aller Arbeitss­chutz­maß­nah­men. Diese darf sich aber nicht nur auf die Sicher­heit tech­nis­ch­er Arbeitsmit­tel, die Gestal­tung des Arbeit­splatzes oder der Ein­wirkung von Kräften, Stof­fen oder Strahlen konzen­tri­eren. Ins­beson­dere ist darauf zu ver­weisen, dass nach § 2 Arb­SchG zu den Maß­nah­men auch die men­schen­gerechte Gestal­tung der Arbeit zu zählen ist.
Dieser etwas schillernde Begriff bedeutet nicht, dass jed­er Arbeit­splatz indi­vidu­ell auf die jew­eilige Per­son „zurecht­geschnit­ten“ sein muss oder dass Arbeit­splätze so beschaf­fen sein müssen, dass grund­sät­zlich jed­er Mitar­beit­er der Arbeit gewach­sen ist. Das ist genau so lebens­fremd wie ein rein an Nor­men und tech­nis­chen Lösun­gen ori­en­tiert­er Arbeitss­chutz. Men­schen­gerecht ist jedoch min­destens „die Berück­sich­ti­gung der indi­vidu­ellen Belas­tungs­fähigkeit und indi­vidu­eller Beein­träch­ti­gun­gen auf­grund kör­per­lich­er Behin­derun­gen oder beson­der­er Lebenssi­t­u­a­tio­nen“ [3].
Als men­schen­gerecht ist aber sich­er auch zu beze­ich­nen, wenn spez­i­fis­che Maß­nah­men für solche Per­so­n­en ergrif­f­en wer­den, die z.B. durch ein Abwe­ichen von sta­tis­tis­chen Ken­nwerten ggf. beson­deren Gefahren unter­liegen. Dies kön­nen z.B. beson­ders kleine oder beson­ders große Per­so­n­en sein, auch die Berück­sich­ti­gung des Alters kann an dieser Stelle ange­führt wer­den. Alters­be­zo­gene Betra­ch­tun­gen soll­ten immer auch im Blick haben, ob im Moment dur­chaus zumut­bare Belas­tun­gen mit den Jahren zu Schädi­gun­gen führen kön­nen [4].
Auch psy­chis­che Kom­po­nen­ten müssen im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung betra­chtet wer­den, wobei externe und betrieb­sin­terne Fak­toren getren­nt berück­sichtigt wer­den soll­ten. Extern meint hier z.B. trau­ma­tisierende Erfahrun­gen durch An- bzw. Über­griffe, Notwehrsi­t­u­a­tio­nen und andere Extrem­si­t­u­a­tio­nen, z.B. in der Polizeiar­beit, dem Ret­tungswe­sen, in Banken, in der Betreu­ung von Per­so­n­en, aber auch bei der Sozialar­beit, in Arbeit­sämtern und der­gle­ichen. Solche Sit­u­a­tio­nen sind in gewis­sen Gren­zen vorherse­hbar und teil­weise kennze­ich­nen­der Bestandteil der Arbeit­sauf­gabe. Entsprechende Schutz- und Betreu­ungs- bzw. Nach­sorgekonzepte sind daher möglich und häu­fig auch schon etabliert.
Viel schwieriger dage­gen gestal­tet sich die Beurteilung betrieb­sin­tern­er psy­chis­ch­er Fak­toren, die sich aus Zeit- und Konkur­ren­z­druck, Ent­gren­zung der Arbeit, insuf­fizientes Führungsver­hal­ten etc. ergeben. Dass diese Aspek­te mit zu berück­sichti­gen sind, ergibt sich indi­rekt schon aus dem Arbeitss­chutzge­setz, denn § 4 Nr. 4 stellt klar, dass auch die sozialen Beziehun­gen bei den Arbeitss­chutz­maß­nah­men zu berück­sichti­gen sind.
In der Prax­is darf dieser Punkt allerd­ings als der am wenig­sten erfol­gre­ich umge­set­zte betra­chtet wer­den. Dies liegt vor allem an method­is­chen Prob­le­men, Auf­fas­sung­sun­ter­schieden der Sozial­part­ner, der tat­säch­lichen oder ver­meintlichen indi­vidu­ellen Kom­po­nente, der tat­säch­lichen oder ver­meintlichen gerin­gen Trennschärfe zwis­chen betrieb­s­be­d­ingten und pri­vat­en psy­chis­chen Belas­tun­gen und der­gle­ichen mehr.
Typ­is­cher­weise wer­den im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung die in Tab. 1 dargestell­ten poten­ziellen Gefahren­schw­er­punk­te ange­se­hen [5].
Ver­schränkung mit dem ASiG
Wenig beachtet wer­den in der Regel die sach­lichen Ver­schränkun­gen zwis­chen dem Arbeitss­chutz- und dem Arbeitssicher­heits­ge­setz. Sowohl den Fachkräften für Arbeitssicher­heit als auch den Betrieb­särzten sind sehr ähn­liche Auf­gaben­schw­er­punk­te zuge­ord­net. Neben Beratun­gen, Überprüfungen/Untersuchungen gehören dazu ins­beson­dere die regelmäßi­gen Bege­hun­gen und Män­gelfest­stel­lun­gen (z. B. § 6 Nr. 3 a).
Über­prü­fun­gen und Män­gelfest­stel­lung sind immer Soll-Ist-Ver­gle­iche, wie aber wird das „Soll“ fest­gelegt? Neben eini­gen rein geset­zlichen Vor­gaben sind dies ins­beson­dere die Ergeb­nisse der GB nach § 5 Arb­SchG. Die Maß­nah­men aus der GB definieren je nach Tätigkeit bes­timmte Vor­gaben an das Arbeitssys­tem oder die Tätigkeits­gestal­tung, deren Umset­zung in regelmäßi­gen Abstän­den auf Ein­hal­tung und Wirkung zu kon­trol­lieren sind.
Damit „füllt“ die GB diesen Teil der Auf­gaben nach dem ASiG mit Leben und Inhalt. Auf Grund­lage der GB wer­den die Zustände erar­beit­et, die einen sicheren Ablauf des Betriebes gewähren und damit definiert das Arb­SchG die Fak­toren, die nach dem ASiG zu über­prüfen und zu „pfle­gen“ sind.
Vor­bere­itung ein­er GB
Die Durch­führung der Gefährdungs­beurteilung – und jet­zt näh­ern wir uns den eher prak­tis­chen Aspek­ten – erfordert zumin­d­est in größeren Betrieben eine einge­hende Vor­bere­itung. Dabei sind die fol­gen­den für Großun­ternehmen meist uner­lässlichen Prozesss­chritte zu beacht­en, die aber auch für kleinere Fir­men in vere­in­fachter Form sin­nvoll sind:
Bil­dung ein­er Steuer­gruppe: Um einen rei­bungslosen Ablauf der GB zu gewährleis­ten, ist es hil­fre­ich, zunächst eine Steuer­gruppe zu bilden, die die fach­liche Konzep­tion und weit­ere Pla­nun­gen begleit­et bzw. ausar­beit­et. Einge­bun­den soll­ten dabei als Kern­gruppe min­destens sein: Arbeit­ge­bervertreter, Fachkraft für Arbeitssicher­heit, Betrieb­sarzt und Mitar­beit­er­vertre­tung. In einen erweit­erten Kreis kön­nten auch die Führungskräfte aus den jew­eili­gen Organ­i­sa­tion­sein­heit­en mit ein­be­zo­gen werden.
Sicht­en vorhan­den­er Unter­la­gen: Mit Hil­fe von Unter­la­gen, Tätigkeit­spro­filen und weit­eren Erken­nt­nis­sen ist zu klären, in welchen Bere­ichen beson­ders hohe Gefährdun­gen zu ver­muten sind, woraus diese wahrschein­lich resul­tieren und ob schon „Vorkomm­nisse“ in den fraglichen Bere­ichen beobachtet wur­den. Hier­bei helfen Unfal­lanzeigen, Kranken­stände, betrieb­särztliche Unter­suchungsergeb­nisse, Resul­tate aus Mes­sun­gen, Berichte von Mitar­beit­ern über Beina­he­un­fälle und weit­ere all­ge­meine Infor­ma­tio­nen zu den jew­eili­gen Tätigkeit­en. Diese Phase ist insofern beson­ders wichtig, da sie die Grund­lage für die Rei­hen­folge der Einzel­beurteilun­gen darstellt, denn in der prak­tis­chen Umset­zung soll­ten aus leicht ein­se­hbaren Grün­den zunächst die gefährlich­sten Tätigkeit­en beurteilt werden.
Zeitliche und säch­lich-per­son­elle Organ­i­sa­tion: Anhand der zu erwartenden Gefährdung­spro­file ist festzule­gen, wie die zeitliche Abfolge sein soll, welche Tätigkeit­en vor­dringlich zu beurteilen sind und ob hier­für säch­liche (z.B. Messin­stru­mente) oder per­son­elle Voraus­set­zun­gen (Bestel­lung eines exter­nen Messin­sti­tuts, Unter­stützung durch Spezial­is­ten) erforder­lich sind. Es sollte auch gek­lärt wer­den, ob die GB vornehm­lich durch die eige­nen Mitar­beit­er (und wenn ja, durch welche?) geleis­tet wer­den kann, oder ob z.B. externe Dien­stleis­ter den gesamten Prozess begleit­en bzw. durch­führen sollen.
Mitar­beit­erkom­mu­nika­tion: Wichtig ist spätestens zu diesem Zeit­punkt, dass alle Führungskräfte und Mitar­beit­er über den Prozess der anste­hen­den GB informiert wer­den. Gün­stig ist es dabei, zunächst die Führungskräfte mit der Grob­pla­nung ver­traut zu machen und ggf. deren Anregungen/Ergänzungen einzuar­beit­en. Danach sollte der Rest der Belegschaft informiert wer­den, wobei der Sinn ein­er GB erläutert und der etwaige Zeit­plan bekan­nt gegeben wird. Nur so kann ein „Brodeln der Gerüchteküche“ ver­hin­dert wer­den, wenn auf ein­mal eine Del­e­ga­tion im Arbeits­bere­ich auf­taucht und sich sehr inten­siv die Arbeit­splätze anschaut. Als Infor­ma­tion­swege kom­men in Frage: Betrieb­sver­samm­lung, Abteilungs- und Grup­penbe­sprechun­gen, haus­in­terne Zeitschriften, Schwarzes Brett etc.. Sich­er am effek­tivsten ist die Kom­bi­na­tion aus mündlich­er und schriftlich­er Darstellung.
Ein­bindung der Mitar­beit­er: Soll die GB die tat­säch­liche Sit­u­a­tion am Arbeit­splatz erfassen, ist eine Beteili­gung der Mitar­beit­er uner­lässlich. Hierzu gehören min­destens Gespräche mit den Mitar­beit­ern während der Beurteilung und die Ein­bindung der jew­eili­gen Sicher­heits­beauf­tragten. Daneben gibt es aber auch weit­ere Beteili­gungsmod­elle bis hin zur sog. mod­erierten Gefährdungs­beurteilung [6], in denen die Mitar­beit­er unter fach­lich­er Anleitung die GB in großen Teilen selb­st erstellen.
Fes­tle­gung der zu beurteilen­den Tätigkeit­en: Bere­its in der Pla­nungsphase sollte gek­lärt wer­den, welche Einzeltätigkeit­en beurteilt wer­den. All­ge­mein­be­tra­ch­tun­gen wie z.B. Werk­stat­tar­beit­en sind viel zu grob, da ein Nebeneinan­der von eher unge­fährlichen und gefährlichen Arbeit­en (zum Beispiel Schweißen) keine klaren Aus­sagen zulässt. Es muss das Ziel sein, die ver­schiede­nen Teiltätigkeit­en zumin­d­est im groben zu iden­ti­fizieren, ggf. nach Gefährlichkeitsmerk­malen zu grup­pieren und dann dif­feren­ziert der GB zuzuführen (Tab. 2).
Eine reale Arbeitssi­t­u­a­tion kann sehr ver­wirrend sein und es ist ein typ­is­ch­er Anfänger­fehler, alles gle­ichzeit­ig berück­sichti­gen zu wollen. Daher müssen Schw­er­punk­te geset­zt und entsprechend der Gefährdungser­wartun­gen sukzes­sive abgear­beit­et wer­den. Ob dabei die angenomme­nen Gefährdun­gen tat­säch­lich existieren, ob weit­ere dazukom­men, und wie hoch die Gefährdun­gen sind, kann nur in der GB vor Ort gek­lärt wer­den: Eine the­o­retis­che Auf­stel­lung wie in Tab 2. ist keine GB und erset­zt sie auch nicht, sie ist nur eine wichtige Arbeitshilfe.
Wahl des Beurteilungsmod­ells: Vor der prak­tis­chen Durch­führung müssen sich die Ver­ant­wortlichen darüber klar wer­den, mit welchen Mod­ellen sie die Gefährdun­gen beurteilen wollen. Die zu unter­suchen­den Gefährdungs­fak­toren sind in der Regel klar (Tab 1), nicht aber, was unter dem Begriff „beurteilen“ zu ver­ste­hen ist. Hier müssen die Beteiligten in der Vor­bere­itung einen Kon­sens find­en, der dann während des gesamten Prozess­es beibehal­ten wird.
Was nun unter „Beurteilung“ zu ver­ste­hen ist und mit welchen Mod­ellen in der Prax­is gear­beit­et wer­den kann, dass erfahren Sie im zweit­en Artikel dieser Serie.
Lit­er­atur
  • 1. Schnei­der, G.: Ethik des Arbeitss­chutzes.- Sicher­heitsin­ge­nieur 1/2011, S. 6 – 10
  • 2. Enzen­ross, B.: Ver­ant­wor­tung tra­gen und delegieren. – Sicher­heitsin­ge­nieur 10/2011, S. 32 – 37
  • 3. Bun­destags­druck­sache BT 13/3540, S. 15, Begrün­dung zu § 2 Abs. 1 ArbSchG
  • 4. Schnei­der, G.: Demografie und Arbeitss­chutz.- Die BG 12/2011, S. 538 – 543
  • 5. Z. B. BGV/GUV – I 8700; Leitlin­ie Gefährdungs­beurteilung und Doku­men­ta­tion der GDA
  • 6. Bren­nert, C., Müller-Bagehl, S., Bauer-Stern­berg, D., Säckl, D.: Mod­erierte Gefährdungs­beurteilung.- INQA Pflege 2009
 
Lesen Sie auch:

Autor
Dr. Ger­ald Schneider
B A D Gesund­heitsvor­sorge und Sicher­heit­stech­nik GmbH, Bonn

Definition Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungs­beurteilung ist die sys­tem­a­tis­che Ermit­tlung und Bew­er­tung rel­e­van­ter Gefährdun­gen der Beschäftigten mit dem Ziel, die erforder­lichen Maß­nah­men für Sicher­heit und Gesund­heit bei der Arbeit festzulegen.
Quelle: Leitlin­ie Gefährdungs­beurteilung und Doku­men­ta­tion der Gemein­samen Deutschen Arbeitss­chutzs­trate­gie, Aus­gabe Dezem­ber 2011, Seite 10.
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