Fast ein Drittel aller Krankheitstage gehen auf Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats zurück – dazu gehören chronische Krankheiten wie entzündliches Rheuma, aber auch Rückenschmerzen oder ein Mausarm. Ferner zählen sie zu den häufigsten Ursachen für eine krankheitsbedingte Frühberentung, wie der deutsche „Fit for Work“-Report der unabhängigen britischen Work Foundation zeigt. Diese Erkrankungen haben auch für die Wirtschaft eine große Bedeutung, durch sie entstehen jährlich Kosten von insgesamt 26 Milliarden Euro.
Der Report „Fit for Work? Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates und der deutsche Arbeitsmarkt“ entstand in Zusammenarbeit von Experten der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW) und des Gesundheitsunternehmens Abbott. Zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit von chronisch Kranken fordern sie eine frühe Diagnose, speziell von chronischen Erkrankungen, und eine frühzeitige Intervention.
An einem Strang ziehen
Zusätzlich ist eine bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten – Ärzte, Arbeitgeber und Beschäftigte – notwendig. Dafür muss die Politik die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Durch ein effizienteres Gesundheitsmanagement könnten 30 bis 40 Prozent der krankheitsbedingten Abwesenheitstage vermieden werden, so ein Ergebnis des Berichts.
„Das oberste Ziel sollte die Reduzierung von Erkrankungen und von dauerhafter Arbeitsunfähigkeit sein. Denn aufgrund der demografischen Entwicklung sind Unternehmen immer mehr darauf angewiesen, wertvolles Know-how und Erfahrungen im Betrieb zu halten“, betonte Anette Wahl-Wachendorf, Präsidiumsmitglied des VDBW, und verdeutlichte damit die konkrete Relevanz dieser Thematik für Unternehmen. Wie der Bericht der Work Foundation belegt, beträgt der Produktivitätsausfall allein durch Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates 9,7 Millionen Euro pro Jahr – das entspricht 0,4% des Bruttosozialprodukts. Insgesamt kommt es schon jetzt infolge von vorübergehenden oder dauerhaften Arbeitsausfällen aufgrund dieser Erkrankungen in Deutschland jährlich zu Kosten von insgesamt 26 Milliarden Euro.
Rahmenbedingungen optimieren
„Bei den Bemühungen, chronisch Kranke im Berufsleben zu halten, sind alle Beteiligten gefragt: Unternehmen, Beschäftigte, Politiker, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, Ärzte sowie Sozialpartner“, forderte Christa Sedlatschek, stellvertretende Leiterin der INQA, und ergänzte: „Wichtig wäre es, die Rahmenbedingungen zu optimieren, um Menschen mit Erkrankungen und Behinderungen besser in das Arbeitsleben zu integrieren.“
Ein wichtiges Instrument zur Vermeidung von Arbeitsunfähigkeit ist eine möglichst frühe Diagnose und adäquate Behandlung von Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Zusätzlich müssen möglichst frühzeitig präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz ergriffen werden. Voraussetzung ist eine positive und offene Unternehmenskultur, die es ermöglicht, dass „Arbeitsmediziner in Kooperation mit dem Management und den Betroffenen Lösungen erarbeiten, die z.B. geeignete Anpassungen des Arbeitsplatzes, der Arbeitszeit und weitere Maßnahmen beinhalten“, so Wahl-Wachendorf.
Wiedereingliederung fördern
Wichtig sind laut Christa Sedlatschek ebenfalls eine bessere Information der Verantwortlichen in Unternehmen und der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die bestehenden Fördermöglichkeiten. Diese seien wenig bekannt und werden daher zu selten genutzt. Außerdem müssten das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement weitaus mehr gefördert und Unternehmen bei der praktischen Umsetzung unterstützt werden.
„Kein chronisch Kranker sollte auf seinen Arbeitsplatz verzichten müssen. Denn für die Lebensqualität und ‑zufriedenheit spielt die Berufstätigkeit eine wichtige Rolle. Außerdem können es sich Unternehmen immer weniger leisten, wertvolles Know-how durch Erkrankungen der Mitarbeiter zu verlieren. Eine frühe Diagnose, die entsprechende Behandlung sowie ein offener und lösungsorientierter Umgang am Arbeitsplatz können dabei helfen“, betonte Wulff-Erik von Borcke, Geschäftsführer Abbott Deutschland.
Gesund- anstatt Krankmeldung
Das Gesundheitsunternehmen Abbott forscht seit Jahren im Bereich Rheumatologie, stellt innovative Therapien zur Verfügung und beschäftigt sich intensiv mit den Bedürfnissen der rheumatologischen Patienten. Wichtig ist, die Fähigkeiten und nicht die Einschränkungen der erkrankten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fokus zu rücken.
Die Work Foundation empfiehlt hier die Einführung einer so genannten „Gesundmeldung“, die im Unterschied zur „Krankmeldung“ aufzeigt, welche Leistungen die Beschäftigten weiterhin erbringen können. Ein solcher Ansatz wird derzeit in Großbritannien verfolgt. „Es ist bereits ‘fünf vor zwölf’, um auf diese Ergebnisse zu reagieren“, resümierte Sedlatschek. Quelle: www.inqa.de
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