Alkohol und Drogen gehören zur betrieblichen Wirklichkeit. Schätzungen zufolge lassen sich bis zu einem Viertel aller Arbeitsunfälle auf Alkoholeinfluss zurückführen.1 Dadurch entstehen hierzulande Kosten von zirka 1,7 Milliarden Euro jährlich.2 Der wirtschaftliche Schaden, der auf Fehlzeiten sowie auf die verminderte Leistungsfähigkeit und Produktivität von unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehenden Mitarbeitern zurückzuführen ist, liegt bei rund 20 Milliarden Euro pro Jahr.
Vor allem alkoholische Getränke werden heutzutage von Menschen aller Altersgruppen und sozialen Stellungen regelmäßig konsumiert. Aber auch psychoaktive Medikamente (Psycho- und Neuropharmaka) spielen zunehmend eine Rolle. Da Unternehmen immer auch ein Spiegel der Gesellschaft sind, bleiben sie zwangsläufig nicht von den Problemen und Gefahren des Substanzmissbrauchs verschont. Alkohol gilt dabei als die Droge, die das betriebliche Umfeld am häufigsten belastet: Fünf bis sieben Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland haben Schätzungen zufolge ein Alkoholproblem, das mit einem deutlichen Sicherheitsrisiko für sie und andere verbunden ist.4 Weitere gravierende Folgen resultieren aus der Einnahme illegaler Drogen. Diese führen häufig schon in niedrigsten Konzentrationen zu unberechenbaren und nicht vorherzusehenden Konzentrations‑, Wahrnehmungs- und Denkstörungen und Fehleinschätzungen.
Doch nicht nur dieser intensive Konsum birgt Gefahren. „Die Verkürzung der Thematik auf die rund drei Millionen Alkohol- und Drogensüchtigen in Deutschland wird dem Problem nicht gerecht“, erklärt Dr. Rolf Breitstadt, Facharzt für Innere und Arbeits- und Umweltmedizin in der Chemischen Industrie während einer Diskussionsrunde, die von der Firma Dräger initiiert wurde. Dort suchten Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaft nach Möglichkeiten zum Umgang mit Substanzmissbrauch am Arbeitsplatz und zur Schaffung eines sicheren, drogenfreien Arbeitsumfeldes für die Belegschaft. Auch der eigentlich unproblematische, nicht „süchtige“ Konsum könne Folgen für Sicherheit und Qualität haben, ergänzte Breitstadt.
Für den Unfall unter Alkoholeinfluss mache es keinen Unterschied, ob der Restalkohol vom Abend zuvor oder der Geburtstagssekt im Büro der Verursacher sei. Daher gelte: Um die Sicherheit am Arbeitsplatz signifikant zu erhöhen, müsste das Aufnehmen der Tätigkeit unter Alkohol und oder Drogeneinfluss grundsätzlich verboten werden, lediglich den Konsum von Alkohol und Drogen im Arbeitsumfeld zu untersagen, reiche nicht aus.
Neue Anforderungen durch veränderte Arbeitsorganisation
„Das Erkennen von Auffälligkeiten wird im betrieblichen Miteinander immer schwieriger“, erläutert Breitstadt. „Während Unternehmen vor rund zehn Jahren noch von einem relativ fixen Personalbestand in einem weitgehend stabilen Arbeitsumfeld ausgehen konnten, sind heute eine erhebliche Fluktuation von Mitarbeitern, die Auslagerung von Arbeitsbereichen und eine häufige Beschäftigung von Contractoren und Leiharbeitern die Regel. Das mindert die Verbundenheit der Mitarbeiter untereinander und nicht zuletzt die soziale Kontrolle unter den Kollegen.“ Zudem hätten die Unternehmen keinen direkten disziplinarischen Zugriff auf Mitarbeiter von Fremdfirmen und auch die Durchführung eines sogenannten „Drug Testings“ vor ihrer Einstellung sei meist nicht möglich.
Diese Situation birgt unter Umständen ein großes Risikopotenzial für alle Beteiligten – vor allem, wenn es um besonders gefahrgeneigte Tätigkeiten geht, bei denen eine uneingeschränkte psychophysische Verfassung Voraussetzung ist. „Wenn es zu Unfällen im Zusammenhang mit Substanzmissbrauch kommt, kann neben dem Konsumenten auch der Arbeitgeber rechtlich belangt werden“, erklärt Prof. Peter Bengelsdorf, Arbeitsrechtler und ehemaliger Geschäftsführer des Arbeitsgeberverbandes der Metallindustrie in Schleswig-Holstein. „Führungskräfte können sich schadenersatzpflichtig oder sogar strafbar machen, wenn sie es pflichtwidrig unterlassen, einzugreifen oder wenn sie den Eintritt des Schadens hätten verhindern können.“
Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für Mitarbeiter und Betrieb
Arbeitgeber haben gegenüber ihren Angestellten und Personen, die sich im Betrieb aufhalten, rechtlich unterschiedlich begründete Schutz- und Fürsorgepflichten zu erfüllen. „Zur Wahrung und Förderung der Arbeitssicherheit ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die aus dem Alkohol- und Drogenkonsum des Mitarbeiters resultierende Gefährdung für ihn selbst, die übrige Belegschaft und Dritte frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit auszuschließen“, fasst Bengelsdorf zusammen.
Grundsätzlich steht Arbeitgebern eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um die Basis für ein alkohol- und drogenfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Hierzu zählen beispielsweise
- die Einführung eines allgemeinen absoluten Alkohol- und Drogenverbots im Betrieb,
- der Ausschluss der Verfügbarkeit von Alkoholika im Betrieb, zum Beispiel in der Betriebskantine,
- Vorsorge bei der Einstellung in Form einer ärztlichen Gesundheitsuntersuchung,
- die Durchführung von Aufklärungsaktionen, Seminaren und Informationsveranstaltungen,
- die Durchführung von Alkohol- und Drogenkontrollen vor oder während der Arbeitszeit, die unten näher erläutert werden.
Wichtige Voraussetzung für die Realisierung der beschriebenen Maßnahmen ist laut Adi Brachmann, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall, die Akzeptanz in der Belegschaft. „Eine Verordnung von oberster Stelle ohne Einbeziehung der Mitarbeiter ist wenig Ziel führend. Insbesondere Verbote sollten Arbeitgeber nicht aussprechen, wenn sie nicht von der Belegschaft gestützt werden“, so Brachmann. „Außerdem müssen sie für alle gelten – vom Kollegen am Band bis zur Vorstandsetage.“
Einsatz von Alkohol- und Drogenkontrollen
Die Erfahrungen vieler Unternehmen zeigen jedoch, dass innerbetriebliche Sicherheit und ein drogenfreier Betrieb nicht allein über Aufklärungskampagnen oder Verbote zu realisieren sind. „Zur Wahrung der Sicherheit im Unternehmen könnten regelmäßige Tests am besten beitragen – und zwar nicht nur verdachtsabhängige, sondern vor allem verdachtsunabhängige, sogenannte randomisierte Tests. Sie wären die logische Folge, wenn man das Verbot des Arbeitens unter Alkohol und Drogenwirkung auch durchzusetzen will“, erklärt Breitstadt.
Schon jetzt zeigt die Praxis, dass sich Alkohol- und Drogenkonsum allzu selten per Augenschein erkennen lassen. Die Verifizierung der Vermutung bedürfe aber eben einer belastbaren Überprüfung, auch um dem Mitarbeiter die faire Chance zu geben sich von einem Verdacht freizusprechen. Laut Expertenansicht sind professionelle Alkohol- und Drogentests grundsätzlich das effektivste Instrument zur Feststellung von Substanzmissbrauch. „Professionelle Geräte zur Messung der Alkoholatemkonzentration sind heute so weit entwickelt, dass sie ebenso zuverlässige Ergebnisse liefern wie eine aufwendige Blutuntersuchung im Labor – und das an Ort und Stelle“, erläutert Dr. Michael Vogel, Produktspezialist für Alkohol- und Drogendiagnostik im Unternehmensbereich Sicherheitstechnik bei Dräger. „Zudem erfordern sie keinen Eingriff in die körperliche Integrität der Testperson.“
„Um bei vermutetem Drogenmissbrauch sicher zu gehen, sollte eine Analyse von Urin oder Speichel vorgenommen werden,“ meint Vogel. „Urintests geben dabei Aufschluss über langfristigen Konsum. Speicheltests hingegen zeigen eine aktuelle Beeinflussung des Probanden durch bewusstseinsverändernde Substanzen an.“ Somit sei der Speicheltest das Mittel der Wahl, wenn es um die Ermittlung aktueller Gefährdung durch Konsumenten gehe, so Vogel. Zudem berge die Probennahme von Urin die Gefahr der Verfälschung des Untersuchungsmaterials, da sie nicht oder nur sehr eingeschränkt unter Aufsicht stattfinden könne. Speichel dagegen ließe sich einfach, ortsunabhängig und unter Beobachtung entnehmen. Das Ergebnis neuester Drogenmessgeräte wie dem Dräger DrugTest 5000 läge innerhalb weniger Minuten vor.
Betriebliche Möglichkeiten zur Feststellung von Substanzmissbrauch
In Unternehmen sind verschiedene Szenarien von innerbetrieblichen Alkohol- und Drogenkontrollen denkbar, die aus rechtlichen Gründen in Deutschland jedoch nicht immer zu realisieren sind.
1. Drogentests bei der Einstellung
Einige Unternehmen führen im Rahmen ihrer Einstellungsuntersuchungen Drogentests durch, um den Substanzmissbrauch am Arbeitsplatz einzudämmen. Betriebe bringen durch diese im Vorfeld angekündigte Form der Kontrolle deutlich zum Ausdruck, dass sie weder Drogenkonsum noch dessen Auswirkung am Arbeitsplatz akzeptieren. Die Testergebnisse unterliegen dabei der ärztlichen Schweigepflicht und die Personalabteilung erhält im Fall eines positiven Ergebnisses lediglich den Hinweis, dass der Bewerber aus medizinischen Gründen nicht für die vorgesehene Stelle geeignet ist.
Als Maßnahme, um grundsätzlich betriebliche Sicherheit herzustellen, sind diese Tests jedoch ungeeignet, da sie einmalig stattfinden und die Belegschaft nicht einbeziehen. „Schließlich,“ so Breitstadt, „lassen sie sich auf eine Art Intelligenztest reduzieren, den derjenige besteht, der ‚clever’ genug ist, seinen Konsum zu kontrollieren und „clean“ zur Einstellungsuntersuchung zu kommen.“
2. Verdachtsabhängige Kontrollen
Gängig und in Deutschland erlaubt sind verdachtsabhängige Kontrollen in den Betrieben. Torkeln, eine lallende Sprache, ein glasiger Blick oder geweitete Pupillen sind eindeutige Verdachtsmomente, die die Teilnahme an einem Test ohne Blutentnahme angemessen und für den Mitarbeiter zumutbar machen. Auch im Falle eines Betriebsunfalls sind Tests auf Alkohol- und Drogenkonsum zulässig. Bengelsdorf erläuterte die rechtliche Seite: Das von den Betriebsparteien zu sichernde allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters schützt diesen zwar grundsätzlich vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden eines Alkohol- bzw. Drogentests. Dennoch hat der Mitarbeiter grundsätzlich in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Kontrollmaßnahmen zu dulden, die der Wahrung und Förderung der Arbeitssicherheit dienen. Das bedeutet, dass er zwar in die konkrete Kontrollmaßnahme einwilligen muss. Weigert er sich aber, dürfen die Betriebsparteien diese Ablehnung als erhebliches Indiz für einen erfolgten Alkohol- bzw. Drogenkonsum werten.
3. Verdachtsunabhängige Tests
Tests ohne konkreten Anlass beruhen auf dem Zufallsprinzip und werden stichprobenartig durchgeführt. „Eine durchgängig klare Rechtssprechung gibt es bislang nicht, doch wird eine Verpflichtung der für Mitarbeiter zur Teilnahme an Stichproben an einem gefahrträchtigen, sicherheitsempfindlichen Arbeitsplatz in der Regel gebilligt“, so Bengelsdorf. Hiermit sind vor allem Tätigkeiten – zum Beispiel in der Luftfahrt, der Personenbeförderung oder im Gerüst- und Hochbau – gemeint, bei denen Alkohol- und Drogenkonsumenten die Sicherheit des Betriebs, der Kollegen oder der eigenen Person akut gefährden. Entsprechend habe das Arbeitsgericht Hamburg verdachtsunabhängige Suchtmittelkontrollen zur Überprüfung der Arbeitsfähigkeit bei solchen Tätigkeiten für zulässig erklärt, bei denen eine alkohol- bzw. drogenkonsumbedingte Schlechtleistung zu Gefahren für Leib und Leben Dritter führen können.
„Solche randomisierten Tests würden als eine konstruktive Verunsicherung alkohol- und Drogen konsumierender Mitarbeiter wirken können. Dabei geht es nicht nur um Suchmittelabhängige, sondern auch um solche Mitarbeiter mit „normalem“ bis problematischem Konsumverhalten, die durch diese immanente Verunsicherung aufzufallen und folgende disziplinarische Maßnahme zum Verzicht bewogen werden“, erläutert Breitstadt. „Den Mitarbeitern muss von Betriebsseite deutlich gemacht werden, dass es bei der Arbeit unter Alkohol und/oder Drogenwirkung um eine Regelüberschreitung geht, die disziplinarische Konsequenzen hat. Die Durchführung der Tests sollte auch nicht primär in die Hände von Arbeitsmedizinern, sondern von Dritten gelegt werden. Das erleichtert den disziplinarischen Durchgriff bei positivem Test, da beispielsweise Ordnungsdienste die die Tests durchführen, nicht der Schweigepflicht unterliegen.“
Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten: Randomisierte Tests sind ein probates Mittel zur Wahrung und Förderung der Arbeitssicherheit, da der anfällige Mitarbeiter wegen des Risikos einer möglichen Entdeckung im besten Fall auf Alkohol und Drogen verzichtet und nüchtern an seinem Arbeitsplatz erscheint. Gewerkschaftssekretär Brachmann mahnt an dieser Stelle dazu, die Ursachen für den Griff zur Droge nicht außer Acht zu lassen. „Die Einführung verdachtsunabhängiger Kontrollen löst das Problem nicht alleine, wenn betroffene Mitarbeiter und Arbeitgeber nicht gemeinsam nach den Gründen für das problematische Konsumverhalten suchen und diese zu beheben versuchen.“
4. Tests vor Arbeitsbeginn
Eine weitere Möglichkeit für die Feststellung von Substanzmissbrauch im betrieblichen Umfeld stellen Alkohol- und Drogenkontrollen vor Arbeitsbeginn dar. „Hier sind uns unsere europäischen Nachbarn weit voraus“, erklärt Breitstadt. „In Schweden beispielsweise sind in öffentlichen Verkehrsmitteln Geräte weit verbreitet, die dem Motorstart die Abgabe einer negativen Atemprobe voranstellen, etwa Alkohol-Interlock-Systeme.“ Auch in der Industrie werden schon vereinzelt Interlocks als Präventiv-Maßnahme genutzt, etwa, um das Starten einer Maschine nur im nüchternen Zustand zu erlauben. Als Teil einer innovativen Sicherheitsstrategie sei der Einsatz solcher analytischer Verfahren vor Arbeitsbeginn auch in Deutschland denkbar.
Fazit und Ausblick
Dimension und Auswirkung von Substanzmissbrauch am Arbeitsplatz erscheinen in Deutschland bislang als unterschätztes Problem. Es fehlt an belastbaren Zahlen zum Konsum im betrieblichen Umfeld, ohne die eine konstruktive Problemlösung nur erschwert möglich ist. Statistiken können wiederum nicht erhoben werden, solange sich Unternehmen mit der Durchführung von verdachtsunabhängigen Alkohol- und Drogentests in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Einmalige Tests – etwa bei Einstellung – lösen nicht das Problem des Substanzmissbrauchs am Arbeitsplatz, sondern bilden lediglich eine Momentaufnahme. Verdachtsunabhängige, randomisierte Tests hingegen wirken wie eine „innerbetriebliche Radarfalle“, die eine Überprüfung jederzeit möglich macht und Konsumenten entsprechend abschreckt. Noch weiter reichen hier Konzepte, die Alkohol- und Drogentests vor jedem Arbeitsbeginn vorsehen und so die Nüchternheit – zumindest bei Arbeitsantritt – gewährleisten. Als Messmethodiken in der Diskussion sind derzeit v.a. die beschriebenen Speichel- und Alkoholatemtests, die schnell und einfach vor Arbeitsbeginn ohne Einbeziehung eines Arztes durchgeführt werden können. Moderne Messgeräte gewährleisten eine exakte, zeitnahe Vor-Ort-Analyse der aktuellen Beeinträchtigung durch Alkohol oder Drogen. Tests auf Basis von Blutentnahmen und damit ein Eingriff in die körperliche Integrität der Mitarbeiter sind damit nicht mehr notwendig.
Zur Umsetzung verdachtsunabhängiger Kontrollen in Unternehmen fehlen allerdings bislang entsprechende durchgängige arbeitsrechtliche Regelungen. Für die Zukunft sehen die Experten vor allem die Notwendigkeit, ein öffentliches Problembewusstsein für das Thema Substanzmissbrauch am Arbeitsplatz als ein Sicherheitsrisiko zu schaffen. Gefordert sind Zuständigkeiten für die Feststellung und den Umgang mit den Gefahren durch Alkohol- und Drogenkonsum im Betrieb, entsprechend der Handlungsmuster, die für Alkohol- und Drogenkonsum im Straßenverkehr bestehen. Nur so können nach Expertenansicht die betriebliche Sicherheit garantiert und Mitarbeiter mit problematischem Alkohol- und Drogenkonsum zu einem veränderten Verhalten bewegt werden. red
1Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., 2008 2 Bergmann, E. und K. Horch (2002): Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Kosten alkoholassoziierter Krankheiten; Schätzungen für Deutschland, Robert Koch-Institut, Berlin) 3 ebd. 4 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., 2008
Fakten zum Substanzmissbrauch
Zwar sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch von reinem Alkohol in Deutschland seit Jahren leicht, doch trinken die Deutschen insgesamt zu viel: Mit rund zehn Litern reinem Alkohol pro Einwohner jährlich (111 Liter Bier, 20,7 Liter Wein, 4 Liter Schaumwein und 5,5 Liter Spirituosen) ist der Alkoholkonsum des Einzelnen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hoch und damit zugleich um etliches höher als die Grenzwerte, die die Weltgesundheitsorganisation WHO für risikoarmen Konsum angibt (Quelle: DHS, 2008).
Laut Drogen- und Suchtbericht 2009 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung konsumieren 9 Millionen Deutsche Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Millionen Menschen gelten als alkoholabhängig. Nach neuen Berechnungen sterben in Deutschland jährlich mindestens 73.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Tabak ist gemäß dem Bericht das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko. 33,9 Prozent der Erwachsenen in Deutschland rauchen, das entspricht 16 Millionen Menschen. 140.000 sterben jedes Jahr vorzeitig an den direkten Folgen des Rauchens, etwa 3.300 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens für die Gesellschaft werden auf 18,8 Milliarden Euro geschätzt.
In Bezug auf Psychopharmaka geben rund 28 Prozent der Bevölkerung an, schon einmal Medikamente zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit oder psychischen Befindlichkeit eingenommen zu haben, und zwar ohne medizinische Notwendigkeit (Quelle: DAK-Bevölkerungsumfrage, 2008). Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung schätzt, dass 1,4 bis 1,9 Millionen Menschen hierzulande medikamentenabhängig sind, davon 70 Prozent Frauen. Anders als bei der Drogen- und Alkoholsucht verläuft die Abhängigkeit von Medikamenten unauffällig, diskret und im Alltag kaum wahrnehmbar. Deshalb gilt sie als „Stille Sucht“.
Nach dem Bericht 2008 des nationalen REITOX-Knotenpunkts an die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) ist Cannabis nach wie vor die mit Abstand häufigste konsumierte illegale Droge. Der aktuell vorliegende Epidemiologische Sucht-Survey von 2006 geht davon aus, dass in Deutschland insgesamt etwa 600.000 Personen zwischen 18 und 64 Jahren Cannabis entweder missbrauchen (380.000) oder von Cannabis abhängig sind (220.000). Zudem gehen Schätzungen davon aus, dass 200.000 Menschen in Deutschland illegale Drogen, d.h. Opiate, Kokain oder Amphetamine sehr riskant konsumieren, sprich injizieren. 2009 starben insgesamt 1.331 Menschen am Konsum illegaler Drogen, gab die Bundesregierung bekannt.
Definition Droge
Unter der Bezeichnung „Droge“ werden auf das zentrale Nervensystem (ZNS) wirkende natürliche, halb- oder vollsynthetische Stoffe verstanden, die mit dem Ziel eingenommen werden, eine Bewusstseins- und/oder Erlebnisveränderung herbeizuführen. In: „Substanzmissbrauch und Diagnostik“, herausgegeben von Dräger, Januar 2006.
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