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Im dritten Teil unserer Reihe „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz“ sollen diesmal die im Krankenhaus allgemein sowie speziell durch die Arbeit am Patienten auftretenden psychischen Belastungen aufgezeigt werden, denen Ärzte und Pflegepersonal bei ihrer täglichen Arbeit ausgesetzt sind. Parallel dazu werden mögliche präventive Maßnahmen im Bereich von Krankenhaus und Klinik skizziert, um Beanspruchungen vorzubeugen. Die „Arbeit am Patienten“ eignet sich dabei besonders gut, um die Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Ärzten und Pflegekräften aufzuzeigen.
Ärzte und Pflegepersonal in Krankenhäusern sind sowohl physisch als auch psychisch stark belastet. Schicht- und Nachtarbeit, Arbeitszeitwechsel, z.T. zu lange Arbeitszeiten ohne angemessene Pausen, ein hohes Arbeitstempo, massiver Stress sowie eine hohe Verantwortung für Leben und Gesundheit der Patienten prägen die Arbeit. Zusätzlich sind die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus starken Wandlungsprozessen unterworfen.
Der früheren, eher administrativen Organisationsstruktur mit ihren traditionellen medizinischen Werten, steht heute ein betriebswirtschaftlich geführtes Unternehmensmanagement mit dem Fokus auf finanziellem Profit gegenüber. Hier müssen medizinische und pflegerische Qualitätsansprüche mit ökonomischen Kriterien zur Deckung gebracht werden. Krankenhäuser unterliegen dabei enormen wirtschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen, die nicht zuletzt massive Auswirkungen auf die Kommunika-tion, das Organisationsklima und das Führungsverhalten im Arbeitsalltag haben.
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) schlägt stressbezogene Arbeitsanalysen zur Erfassung potenzieller Risiken, Beanspruchungen und Belastungen am Arbeitsplatz „Krankenhaus“ vor. Auf der Grundlage der Ergebnisse solcher Analysen können präventive Maßnahmen abgeleitet und um-gesetzt werden. Betrachtet man ein solches Belastungsprotokoll der Arbeit in Kliniken genauer, ergeben sich nachfolgende zentrale Einzelbelastungen für die Belegschaft im Krankenhaus:
- Hohe Anforderungen bei gleichzeitig geringem Handlungsspielraum
- Hoher Zeitdruck; das Gefühl „immer und überall gebraucht zu werden“
- Bereitschaftsdienste an jedem Tag zu jeder Uhrzeit
- Ständig wechselnde Schichten, auch Nachtarbeit
- Zeitdruck und überlange Arbeitszeiten, problematische Überstundenregelungen
- Störungen durch häufige Arbeitsunterbrechungen
- Häufige unvorhergesehene Vorkommnisse
- Emotionsarbeit: Dem Patienten gegenüber immer höflich und fröhlich erscheinen
- Umgang mit Einzelschicksalen, schwer kranken Patienten und dem Thema Sterben und Tod
- Gefahren durch Infektionen und Umgang mit Giftstoffen
- Keine ausreichende Qualitätszeit mit dem Patienten möglich
- Rollenkonflikte: Das Bild „guter Arzt“ und begrenzende Möglichkeiten im Berufsalltag
- Mangelnde Anerkennung durch Vorgesetzte
- Fehlende fachliche und soziale Anerkennung bei neuen Ärzten
- Soziale Stressoren: Konkurrenz, Leistungsdruck und Diskriminierung
- Viele administrative und patientenferne Tätigkeiten (Einführung von DRG-Klassifikationssystem)
- Organisationsmängel durch Verdichtung der Arbeitsabläufe
- Organisatorische Abstimmungsprobleme und Kommunikationsprobleme zwischen Hierarchieebenen
- Große Verantwortung: Gefahr von medizinischen Fehlentscheidungen
- Häufig chaotische Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander; hohes Konfliktpotenzial
- Mangelnde personelle und technische Ausstattung
- Work-Family-Balance: Erhebliche Arbeitszeitbelastung auf Kosten des Familienlebens und der Freizeitgestaltung
- Körperliche Belastung (Belastung des Rückens und der Wirbelsäule): Drehen, Aufsetzen, Heben und Lagern von Patienten
- Fremdbestimmtheit durch Bindung an (ärztliche) Anordnungen
- Monotonie: Ständig wiederholende Tätigkeiten mit gleichzeitig hoher Aufgabenanzahl
Im Krankenhaus finden sich somit vielfältigste physische wie psychische Belastungsfaktoren. Dabei ist die Kommunikationsstruktur in vielen Krankenhäusern und Kliniken immer noch sehr häufig hierarchisch aufgebaut. Es zeigen sich bei vielen Organisationsanalysen in Krankenhäusern große „Lücken“ zwischen den Hierarchieebenen, also im Kommunikationsprozess zwischen Ärzten und Pflegepersonal. Der Großteil der psychischen Belastungen im Krankenhaus geht dabei häufig auf die Informations‑, Beziehungs- und Kommunikationsprobleme innerhalb und zwischen den Berufsgruppen zurück.
Nicht nur unter der mitunter sehr beschwerlichen internen Kommunikation leiden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie erleben auch den Wandel der Unternehmenskultur im Gesundheitsbereich mit. Die berufsethischen Werte der Medizin und Pflege müssen mit betriebswirtschaftlichen und ökonomischen Zielen synchronisiert werden. Die veränderten Arbeitsbedingungen durch die Beeinträchtigung von übergreifenden Norm- und Wertvorstellungen können zum Verlust der traditionellen berufsethischen Identität führen und Unsicherheiten und psychische Belastungen fördern.
Auch in den Krankheitsbildern der Patienten sind Veränderungen zu beobachten. So findet sich ein Anstieg an älteren, multimorbiden und chronisch kranken Patienten. Häufig steht nicht mehr die Heilung im Vordergrund, sondern die Krankheits- und auch Sterbebegleitung.
Es findet zudem eine enorme Arbeitsverdichtung für das Krankenhauspersonal statt. Ärzte und Krankenpfleger müssen Überstunden, Bereitschafts- und Hintergrunddienst leisten, was oft zu Lasten der Familie und Freizeit geht. Die Qualität der Arbeitsleistung im Krankenhaus hängt dabei entscheidend vom Ausmaß der Leistungsfähigkeit und der Motivation des Personals ab. Daher ist es besonders wichtig die unterschiedlichen psychologischen Belastungen in der Klinik aufzudecken. Doch wie sieht der Arbeitsalltag von Mitarbeitern im Krankenhaus genau aus? Wie ist die Kooperation zwischen Ärzten und Pflegekräften?
Die Arbeitsabläufe im Krankenhaus sind in drei Bereiche voneinander getrennt: Der Bereich der Verwaltung, der ärztliche Dienst und die Pflege. Die Arbeit direkt am Patienten ist eine Schnittstelle für ärztliche Tätigkeit und Pflege. Dabei sehen sich Ärzte und Pflegekräfte besonderen organisatorischen und kommunikativen Herausforderungen gegenüber.
Wie insbesondere die psychischen Belastungen der Mitarbeiter im Krankenhaus konkret aussehen, soll im folgenden Fallbeispiel näher dargestellt werden. Wie immer kommen im Interview zwei Vertreter unterschiedlicher Berufsgruppen zu Wort, diesmal eine Krankenschwester und eine Ärztin. Aus Expertenperspektive gibt es Hintergrundinformationen zu den psychologischen Belastungsfaktoren. Ergänzend werden mögliche Lösungsansätze skizziert, um mit psychischen Belastungen und Beanspruchungen im Klinikalltag richtig umzugehen.
Das im Fallbeispiel beschriebene Krankenhaus befindet sich in privater Trägerschaft. Das Krankenhaus besitzt 135 Betten. Ins-gesamt arbeiten 29 Ärztinnen und Ärzte als Vollkräfte im Krankenhaus. Hinzukommen 55 Personen, die im Pflegebereich arbeiten. Die meisten von ihnen sind Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, Krankenpflegehelfer/innen und Pflegehelfer/innen. Zudem arbeiten 20 medizinisch-technische Assistenten auf den Stationen. Die medizinischen Hauptabteilungen gliedern sich in Innere Medizin und Chirurgie. Seit dem Jahr 2004 müssen alle Krankenhäuser in Deutschland einen Qualitätsbericht im zweijährigen Turnus veröffentlichen. Der Qualitätsbericht des hier beschriebenen Krankenhauses aus dem letzten Jahr gibt insgesamt 5.711 behandelte vollstationäre Fälle und 9.296 ambulante Fälle an. Die durchschnittliche Bettenbelegung belief sich auf 75%.
Die Krankenschwester ist um 4:50 Uhr aufgestanden und löst um 5:40 Uhr die Nachtschicht ab. Die Ärztin ist momentan auf einer 12-Stunden-Schicht und seit gestern Mittag zu einer Notfallaufnahme auf der Station. Jetzt ist es 8 Uhr, die Patientenaufnahme findet statt.
Ärztin: „Wenn morgens die Frühschicht anfängt, ist es meistens am chaotischsten. Die Geschehnisse der Nacht müssen besprochen werden, einen unruhigen Patienten muss ich mir noch angucken, bevor es zur Patientenaufnahme und der Visite geht. Wer sich wann genau um welchen Patienten kümmert – solche Dinge werden oft nicht klar genug kommuniziert. Für manche Dinge fühlt sich hin und wieder auch einfach keiner zuständig, zum Beispiel wenn eine Stationssekretärin krank ist, dann werden die anfallenden administrativen Tätigkeiten einfach hin- und hergeschoben. Außerdem gibt es meiner Meinung nach immer noch zu viele Einzelkämpfer auf der Station anstatt Teamarbeit.“
Experte: „Der Arbeitsplatz ‚Krankenhaus‘ verfügt über ganzheitliche Arbeitsgestaltungsmerkmale: Die Arbeit wird realisiert durch planende, organisierende, ausführende und kontrollierende Elemente. Neben der Anforderungsvielfalt sind insbesondere die soziale Interaktion mit den Patienten und der Austausch der Mitarbeiter untereinander wichtig. Wird dies nicht realisiert, z.B. stillgeschwiegen, führt das auf Dauer zu psychischen Belastungen und Kontrollverlust. Sozialer Austausch in Form von Kommunikation hat elementare Bedeutung. Die Bewältigung zentraler Aufgaben im Krankenhaus (Einweisung der Patienten, Evaluation der Pflegeintervention u.v.a.m.) ist nur durch Koopera-tion und Kommunikation aller Beteiligten möglich. Dabei helfen eindeutig definierte, transparente Verhaltensregeln für alle Mitarbeiter im Krankenhaus. Zudem sind schriftlich fixierte, allgemein anerkannte Entscheidungs- und Tätigkeitsbefugnisse sinnvoll. Wenn es klar ist, wer sich wann um welchen Patienten kümmert, können Konflikte verhindert werden.“
Krankenschwester: „In Krankenhäusern geht es grundsätzlich sicherlich hierarchischer zu als an vielen anderen Arbeitsplätzen. Bei uns herrscht jedoch eine eher flache Hierarchie, eigentlich gehen alle kollegial miteinander um. Natürlich würde aber trotzdem kein Arzt, ob erfahren oder nicht, das Pflegepersonal bei Unsicherheiten oder Unklarheiten um Hilfe fragen. Da rennen immer alle zum Chefarzt. Dabei haben wir einfach einen anderen Blick auf die Dinge, der schon einiges klarer wirken lässt, außerdem hilft meist unsere breite Erfahrung weiter.“
Ärztin: „Ein gravierender Fehler im Zeitmanagement im Krankenhaus ist sicher die mangelnde Absprache der Berufsgruppen untereinander. Jeder macht seine Arbeit und setzt bei einer Zusammenarbeit bei dem jeweils anderen das Vorwissen über den Patienten voraus. Die Pflege hebt in letzter Zeit außerdem immer mehr die Eigenständigkeit ihres Berufes hervor, was ja durchaus erfreulich ist. Ich habe aber den Eindruck, dass sich dadurch der Kooperationswille merklich verringert.“
Experte: „Die Verständigung im Krankenhaus wird oft durch hierarchische Kommunikationsebenen verbaut. Dies führt zu Problemen in der Arbeitsorganisation, zu Schwierigkeiten in der Interaktion mit Patienten sowie Problemen bei der internen Zusammenarbeit im Team. Das Problem der schlechten organisationsinternen Kommunikation kann durch die Etablierung einer offenen Kommunikationskultur verbessert werden. Kommunikationstrainings in Form von sozialer Interaktion und Feedback können zielführend sein. Ein ausgiebiger Austausch zwischen Pflegekräften und Ärzten kann positiven Einfluss auf die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter haben. Hilfreich sind auch interne Seminare und Teamtrainings, in denen über Verzerrungen in der sozialen Wahrnehmung aufgeklärt wird. So können im Rollenspiel Vorurteile abgebaut und Flexibilität, Offenheit und Perspek ‑tivenübernahme gefördert werden. Vor dem Hintergrund einer zukünftig stärkeren Einbindung der Pflegekräfte auch in ärztliche Tätigkeitsfelder ist eine verbesserte Kommunikation zwischen den Berufsgruppen dringend erforderlich.“
Krankenschwester: „Nach der Visite tausche ich mich mit ein paar Kollegen – darunter Pflegerinnen und auch Ärzte – über die Patienten aus. Das sieht einer der Chefärzte gar nicht gerne. Dabei haben wir stets unsere Aufgaben im Blick und erledigen alles was ansteht, er hingegen braucht für die Visite von drei Patienten manchmal eine Stunde und die restlichen Patienten kommen dann einfach zu kurz. Das geht ja so nicht, vor allem, weil die Chefarzt- Visite doch nur einmal wöchentlich stattfindet und alle Patienten dann natürlich das Bedürfnis haben, mit ihm zu reden. Als wir mal versucht haben das anzusprechen, hat er nur gemurmelt, dass er sich von jungen, unerfahrenen Ärzten und dem Pflegepersonal doch nichts sagen lässt.“
Ärztin: „Für uns Ärzte sind die Ansprechpartner wahrlich gering. Während das Pflegepersonal häufig guten Kontakt zu ihrer Pflegedienstleitung hat, haben wir zu unseren Chef- und Oberärzten meist keinen besonderen Draht, auch, weil die häufig zu beschäftigt sind. Wir sind also mehr auf uns alleine gestellt, dabei wäre es schon ab und zu ganz nett, sich mit dem Vorgesetzten austauschen zu können.“
Experte: „Grundsätzlich sind Führungskräfte in der Verantwortung gute Kommunikation vorzuleben und zu belohnen. Eine gute Möglichkeit Belastungen am Arbeitsplatz abzubauen, findet sich im Einsatz von Mitarbeiterzirkeln. In Problemlösegruppen, beispielsweise in Form eines Gesundheitszirkels, kann im Team von sechs bis zehn Mitarbeitern (auch aus der Führungsabteilung) mit Unterstützung durch die Klinikleitung auf die anstehenden Problematiken eingegangen werden. Dazu steht idealerweise ein externer Moderator zur Verfügung. Im Mittelpunkt des Meinungsaustauschs stehen dabei verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen. Zudem wird Kommunikation geschult und durch die Aussprache die Arbeitszufriedenheit gesteigert. Solche partizipativen Ansätze sind eine besonders empfehlenswerte Methode, um organisationale Veränderungen zu initiieren und zu begleiten.“
Ärztin: „Für lange Schwätzchen oder Kaffeekränzchen zwischendurch haben wir keine Zeit, im Gegenteil, manchmal fühlt man sich hier wie ein Hamster im Laufrad: Man macht und tut, aber es ist kein Ende in Sicht. So ergeht es mir manchmal, wenn ich auf die Menge der Patienten schaue, die zu behandeln sind und dann noch den Berg an Schriftkram und, und, und … Dabei will man als Arzt ja Zeit für seine Patienten haben, um die bestmögliche Behandlung zu finden. Manchmal muss man sich auch länger mit einem Patienten beschäftigen, oder heute zum Beispiel nehme ich mir einfach die Zeit, um mich intensiv auf einen gerade eingelieferten Fall einzulassen, an solchen Tagen geht man dann auch zufriedener nach Hause, finde ich.“
Experte: „Im Krankenhaus ist der Zeitplan eng gelegt. Pflegekräfte und Ärzte müssen einen Terminplan einhalten, der oft unübersichtlich und chaotisch abläuft. Neben der psychischen Belastung durch Vorgesetzte ergeben sich immer wieder zwischenmenschliche Stresssituationen. Eine Möglichkeit, Belastungen vorzubeugen, ist das Zeitmanagement der Mitarbeiter. Bei der Ziel- und Prioritätensetzung ist die klare Ausformulierung des Ziels wichtig. Das Ziel „Ich möchte für meine Patienten da sein“ ist nicht klar definiert. Genauere Zielformulierungen mit Angabe des Orts, der Uhrzeit und der Tätigkeit sind für das Einhalten und Erreichen der Ziele bedeutsam.“
Ärztin: „Zum Frühdienst zum Beispiel erscheine ich pünktlich um 7:15 Uhr. Dann verschaffe ich mir einen Überblick, die Visite muss durchgeführt und natürlich vor- und nachbereitet werden. Neue Patienten werden aufgenommen und andere entlassen, da fallen ganz schön viele Arztbriefe an, also Entlassungsbriefe, Befundberichte und so weiter. Zwischendurch stelle ich gegebenenfalls Krankenkassenanträge fertig. Für Aufnahmegespräche mit neuen Patienten und die Eingangsuntersuchungen versuche ich mir immer Zeit zu nehmen, aber der größte Zeitfresser ist und bleibt die ganze Bürokratie.“
Krankenschwester: Ich habe das Gefühl, dass 80% meiner Arbeitszeit für Papierkram draufgeht. Vor allem die Dokumentation der getanen Arbeit, die findet meistens auch nach der eigentlichen Arbeitszeit statt, denn währenddessen habe ich einfach nicht genug Zeit, mich mal hinzusetzen und das alles in den PC einzutippen. Wenn ich mir für einen Patienten mal länger Zeit nehme, denke ich insgeheim schon drüber nach, wie ich die Zeit wieder reinkriege, dabei sind mir Gespräche mit meinen Patienten eigentlich extrem wichtig – weil es für mich auch dazu gehört, sich mit kranken Menschen zu unterhalten und sich um deren Sorgen und Ängste zu kümmern.
Experte: „Hier wird deutlich, dass die Anforderungen an das Krankenhauspersonal diesem nicht nur qualitativ sondern auch quantitativ sehr viel abverlangt. Stress und Überforderung sind die Folge. Diese Arbeitsverdichtung führt dazu, dass die Patientenversorgung häufig vernachlässigt werden muss. Das ist besonders kritisch zu sehen, da soziale und motivationale Aspekte des Berufs den Anlass dazu geben den Arbeitsalltag mit Freude zu bewältigen. Arbeitende im Krankenhaus haben das Bedürfnis ihre anfänglichen beruflichen Wertvorstellungen zu verwirklichen. Das Berufsbild der Ärztin oder des Krankenpflegers sollte auch die ausreichende Zuwendung zum Patienten beinhalten. Werden zu wenige soziale Anreize geboten, führt dies zu Frustration und Demoralisierung.
Ärztin: „Bereitschaftsdienste, 24-Stunden Schichten, Nacht- und Wochenenddienste – das gehört zu unserem Beruf einfach dazu. Und natürlich hört man, wenn man das Krankenhaus verlässt, nicht auf Arzt zu sein. Meine Gedanken sind dann häufig immer noch bei der einen schweren OP oder bei Patient XY. Zuhause fällt es mir oft schwer abzuschalten oder mich zum Sport aufzuraffen und auch andere Hobbies müssen zurücktreten. Meine Familie kommt für mich an erster Stelle, aber ein Gleichgewicht zwischen Familie, Beruf und sozialem Umfeld muss immer wieder neu austariert werden, damit ich auch allen familiären, beruflichen und sozialen Verpflichtungen so gut es geht nachkommen kann.“
Experte: „Das Arbeitsleben im Krankenhaus ist durch Überstunden und Sonderschichten zu Lasten des Privatlebens geprägt. Die Work-Life-Balance ist hier stark strapaziert. Als Vollzeitbeschäftige im Krankenhaus ist die außerberufliche Zeitplanung schwierig und oftmals finden die familiären Anliegen der Mitarbeiter keine Berücksichtigung. Die Balance zwischen Familie und Beruf kann durch bedarfs-spezifische Arbeitszeitmodelle und eine angepasste Arbeitsorganisation aufrechterhalten werden. Dies fängt schon bei Selbstmanagement-Techniken, wie Selbstbeobachtung oder dem Setzen von Zielen und Selbstbelohnung an. Ein erfolgreiches Selbstmanagement enthält eine Ziel- und Prioritätensetzung sowie die Erarbeitung der eigenen Motive. Dazu zählt auch die Berücksichtigung von individuellen eigenen Bedürfnissen, z.B. nach Regeneration, Bewegung, aber auch Weiterbildung oder einfach nur Nichtstun.“
Ärztin: „Den Anforderungen als Arzt gerecht zu werden, ist schwer. Meine Möglichkeiten sind ja auch begrenzt, aber das ist manchmal schwer zu erklären, denn es herrscht noch immer dieses Bild der „Götter in Weiß“ und die Kranken haben hohe Ansprüche. Meine eigenen Erwartungen an mich sind aber auch hoch; mein Ziel war es ja, Mediziner zu werden und Menschen zu helfen. Aber oft habe ich das Gefühl, ich fertige meine Patienten regelrecht ab. Viele Aufgaben muss ich auch auf die Pflege übertragen, die mehr Patientenkontakt hat als wir Ärzte. Dabei weiß ich aber, dass die genauso im Stress sind wie wir auch. Ohne die Pflege wären wir schon ziemlich aufgeschmissen.“
Krankenschwester: „Arbeiten im Krankenhaus bedeutet Arbeiten in einem System. Viele Faktoren beeinflussen unsere Arbeit – da wären zum Beispiel die Funktionsdienste, die bestimmen, wann welche Untersuchung überhaupt durchgeführt werden darf, der Arzt, der sagt wann er die Visite bei einem bestimmten Patienten durchführen kann, die Küche, die bestimmt wann das Essen kommt, weil es eben nur dann genau heiß gebracht werden kann … Und da ist der Patient als solcher, mit seinen Äußerungen und Bedürfnissen noch gar nicht zu Wort gekommen. Wir müssen also all diese Faktoren berücksichtigen, um alle anstehenden Aufgaben unter einen Hut zu kriegen.“
Experte: „Ärzte haben damit zu rechnen, dass ihr verinnerlichtes Leitbild eines guten Arztes nicht mit der Wirklichkeit zu vereinbaren ist. Überhöhte Selbstansprüche und Überforderungen führen zu unhaltbaren intrapersonellen Konflikten. Ärzte sind ständig gefordert Prioritäten zu setzen und Entscheidungen neu zu gewichten. Pflegekräfte stellen sich der Herausforderung, dass sie die Patienten zwar häufig sehen, ihre Arbeit aber als fremd-bestimmt erleben: ‚Die Betten müssen bis 12:00 Uhr gemacht sein und dann müssen die Mahlzeiten gereicht werden.‘ Häufig sind Zeitfenster so knapp eingegrenzt, dass ein individueller Austausch nicht möglich ist. Dauerhaft sind diese Anforderungen nicht erfüllbar und werden zu einer starken emotionalen Belastung. Dies sind keinesfalls persönliche Probleme der betroffenen Mitarbeiter, sondern häufig bedingt durch die Organisations- und Kommunikationsstruktur der Klinik.“
Krankenschwester: „Oft werden wir Pflegenden als Assistentinnen der Ärzte gesehen, dabei üben wir einen eigenständigen Beruf aus. Wir sind – wie der Name schon sagt – eben für die Pflege zuständig, während die Ärzte für ihren Arbeitsbereich verantwortlich sind. Häufig kommt es zu Diskussionen zwischen Ärzten und uns Krankenpflegern, weil wir nun mal ihre Anordnungen ausführen sollen, und wenn wir dann in einem Fall aufgrund unserer Erfahrung etwas anderes vorschlagen würden als der Arzt, versuchen wir das natürlich durchzusetzen. Auch kann es sein, dass die Anordnung des Arztes, die wir dann ausführen sollen, nicht mit unserem Gewissen zu vereinbaren ist: Wir sehen den Patienten leiden und starke Schmerzen ertragen, der Arzt ordnet an, keine weiteren Schmerzmittel zu geben.
Wenn neue, junge Ärzte ins Krankenhaus kommen, gibt es häufig Konflikte, weil sie denken, sie wissen mehr als wir – dabei haben wir jahrelange Erfahrung und kennen uns in vielen Fällen erst mal besser aus, weil wir Routine haben. Mit dieser Arroganz kommen wir Pflegerinnen nicht klar. Gut, dass das nicht so oft passiert. Meistens sind alle freundlich und versuchen erst mal anzukommen in unserer eingeschworenen Gemeinschaft, bevor irgendwelche Aufgaben delegiert werden.“
Experte: „Krankenschwestern sind gleichzeitig umsorgende, vertrauensvolle Pflegerinnen, professionell handelnde Spezialistinnen sowie verhältnismäßig unter- geordnete Mitarbeiterinnen der Organisation. Es entstehen Rollenkonflikte, die zusätzlich zur Kooperation im Team zu Problemen führen können. Ein weiterer Konflikt ergibt sich durch die Diskrepanz zwischen subjektiven Verpflichtungen und objektiven Vorgaben. Unter anderem findet sich auch der klassische Konflikt zwischen jungen Ärzten und erfahrenem Pflegepersonal. Da der neue Arzt die Abläufe und internen Regeln noch nicht kennt und trotzdem die Befugnisse und Weisungsberechtigungen beansprucht, ergibt sich ein Konflikt zwischen den Hierarchieebenen. Hier passen Erfahrung und Machteinfluss nicht zusammen.“
Ärztin: „Ohne die Krankenpflegerinnen und ‑pfleger wären wir Ärzte aufgeschmissen. Gerade bei alteingesessenem Pflegepersonal lohnt es sich, wenn man sich mit ihnen austauscht und nach ihren Meinungen fragt. Das wissen wir Ärzte, aber wir denken zu selten daran. Bei Fragen gehen wir halt meistens zu Kollegen, um uns mit denen zu beraten. Haben eine Krankenschwester und ich unterschiedliche Meinungen, kann das ganz schön kompliziert werden, wenn sie meine Anordnungen nicht nachvollziehen kann oder nicht nachvollziehen will. Gerade neue, junge Ärzte sollten da aufpassen und sich von der Pflege nicht auf der Nase herumtanzen lassen.“
Krankenschwester: „Genauso müssen aber auch wir Pfleger aufpassen, dass unsere Kompetenzen angemessen gewürdigt werden und wir mit Respekt behandelt werden. Bei aller Freundlichkeit scheint es mir doch so, dass zwischen Pflege und Ärzten eine gewisse Distanz gewahrt wird – beide Seiten sind meistens sehr stolz auf ihren Beruf und sehen die andere Seite fast als Gegenspieler.“
Experte: „Die Austragung von Konflikten ist meist durch negative Emotionen und Stress, Aggression oder Angst und Frustration gekennzeichnet. Um mit Konflikten richtig umzugehen, bieten sich lösungs-orientierte Teamtrainings an. Eine zentrale Botschaft solcher Trainings ist, dass nicht jeder Konflikt vollständig gelöst werden muss. Nicht jeder Konflikt ist gleich schädlich. Manchmal können Konflikte konstruktiv wirken und mit dem richtigen Umgang mit der Konfliktdynamik positiv genutzt werden. Wichtig ist, dass die Grenzen zwischen Ärzten und Krankenpflegern inter- und intraindividuell gelockert und der Bezug zueinander sowie zur gemein-samen Aufgabe (die Behandlung des Patienten) sichergestellt wird.“
Ärztin: „Wenn ein Patient ins Krankenhaus kommt, wird er anhand von medizinischen Daten, z.B. der Diagnose und der Behandlung, die er kriegen wird, klassi- fiziert und einer Fallgruppe zugeordnet, die ökonomische Ähnlichkeiten zu ihm hat. Wir sollen also nicht die Patienten, sondern nur die Krankheiten sehen und das geht mir schon gegen den Strich. Außerdem muss wegen des DRG-Systems die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus, egal was ist, so kurz wie möglich sein. Natürlich erhöht das den Zeitdruck für uns Ärzte. Hinzu kommt, dass wir alles detailliert dokumentieren müssen und darauf achten sollen, dass sich OPs für das Krankenhaus auch finanziell lohnen – soweit ist unser Gesundheitssystem mittlerweile ökonomisiert.“
Experte: „Durch die Einführung des DRG („diagnosis related groups“)-Klassifika- tionssystems zur Eintragung und Codierung von Diagnosen für Fallpauschalen haben sich weitere administrative Tätigkeiten für den Arztberuf ergeben. Der Beruf ist vielseitig und verlangt viel Flexibilität. Im Krankenhaus ergeben sich weitere patientenferne Tätigkeiten. Die alleinige Orientierung am Patienten ist für den Arztberuf nicht ausreichend. Auch die Pfleger/innen müssen ihre Arbeitsschritte dokumentieren, Pflegeevaluationen durchführen und bei Bedarf pflegedienstbezogene Abrechnungs‑, Organisations- und Verwaltungsarbeiten mit Hilfe von computergestützten Pflegeassistenzprogrammen erledigen. Krankenpfleger dienen als Bindeglied zwischen den Ärzten, Therapeuten und Patienten. Daher werden häufig auch Verwaltungs- und Organisationsaufgaben oder die Koordination von Terminen mit anderen Fachabteilungen von Pflegekräften verlangt.“
Krankenschwester: „Heute geht es wieder besonders hektisch zu. Einer von meinen Patienten versteht nicht, dass er nicht alleine hier liegt und versucht immer wieder meine Aufmerksamkeit nur auf sich zu lenken. Aber ich lasse mich nicht so leicht ablenken. Wenn aber tatsächlich Not am Mann ist und mich eine Kollegin zu einem Patienten ruft, der unerwartet krampft oder einen epileptischen Anfall hat, oder ich zur Unterstützung in den OP muss, dann muss ich schon mal alles stehen und liegen lassen, was ich gerade tue, um da erst einmal zu helfen.“
Experte: „Arbeitsunterbrechungen führen dazu, dass der Arbeitende aus der aktuellen Tätigkeit herausgerissen wird. Sie fordern dem Gedächtnis zusätzliche Leistung ab. So kann es vorkommen, dass die Pflegerin für eine Patientin gerade die Betten machen muss, dann einer anderen Patientin ihre Medikamente verabreichen, einen Patienten noch waschen muss und dann von einem Notfall (Schlaganfall, Krampfanfall…) aus ihrer Arbeitsaufgabe gerissen wird. Es kostet Zeit und Aufwand, sich wieder in die Arbeitsschritte einzudenken und nichts zu vergessen. Ein weiteres Risiko kommt auf, wenn Routinehandlungen nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden, um stressverursachende Unterbrechungen zu kompensieren. Hier wird zu Lasten der Qualität auf wichtige Kontrollhandlungen verzichtet, so dass die Pflegerin den Blutdruck heute nicht mehr kontrolliert oder die Pflegedokumentation nur sporadisch durchführt.“
Ärztin: „Vor einem Fehler sind auch wir Ärzte nicht sicher – wir sind nun mal auch nur Menschen und keine Halbgötter. Aber die meisten von uns sind mit Sicherheit keine Pfuscher, die bewusst etwas unterlassen oder anordnen, womit sie einem Patienten schaden können. Das Wohl unserer Patienten steht an erster Stelle. Deshalb bin ich Ärztin geworden und wir haben unsere ethischen Richtlinien, einen Ehrenkodex, der für uns heilig ist. Wir tragen in unserem Beruf einfach eine große Verantwortung und Kleinigkeiten können riesige Auswirkungen haben. Vor solchen „Kleinigkeiten“, die schief gehen oder die wir falsch machen, haben wir Ärzte riesige Angst – denn oft sind auch wir in unserem Beruf davon betroffen und müssen zudem unser Leben lang mit der Schuld leben.“
Experte: „Immer dort, wo Menschen unter anstrengenden Bedingungen arbeiten, ist das Fehlerrisiko erhöht, also auch in Krankenhäusern. Gemessen an der Gesamtzahl der jährlichen Behandlungen bewegt sich die Fehlerhäufigkeit zwar im Promillebereich, aber jeder Fehler ist, wenn es um Menschenleben geht, ein Fehler zu viel. Wichtig ist, dass Fehler wenn sie passiert sind, nicht unter den Tisch gekehrt werden, sondern dass man aus ihnen lernt und den Patienten möglichst rasch aufklärt und Folgebehandlungen oder Therapiemöglichkeiten aufzeigt und anbietet. Ärzte stehen nach vermuteten oder nachgewiesenen Behandlungsfehlern unter massivem Druck und haben häufig Schwierigkeiten, mit dem gleichen Elan weiter zu praktizieren. Sie bezahlen also ebenfalls für den Behandlungsfehler, und zwar mit ihrer psychischen und emotionalen Gesundheit. Das Stichwort „Arzt als zweites Opfer“ bringt dies auf den Punkt.
Ein Augenmerk sollte natürlich auf die Prävention von Ärztefehlern gelegt werden. Drei Viertel der Ärztinnen und Ärzte arbeitet im Durchschnitt mehr als 48 Stunden pro Woche. Ein Viertel ist pro Woche sogar 60 bis 79 Stunden im Dienst. Daraus resultieren Übermüdung und Konzentrationsschwächen, Faktoren, die natürlich Fehler begünstigen. Das sollte man bedenken, wenn Arbeitspläne erstellt werden. Feste Pausenregeln sollten eingeführt werden, außerdem sollten Krankenhäuser mehr Geld zu Verfügung haben, um genug kompetentes Personal einstellen zu können.“
Krankenschwester: „Ich bin gerne Krankenschwester und deshalb fällt es mir meistens auch nicht schwer, gute Laune auszustrahlen und die Patienten freundlich und höflich zu behandeln. Das gehört zu meinen Job, genauso wie es dazu gehört, Emotionen wie Ekel, Antipathie, Wut, aber eben auch ganz einfache schlechte Laune unterdrücken zu können, denn die nach außen zu tragen wäre nicht fair den Patienten gegenüber. Was mir natürlich zu schaffen macht ist, wenn Patienten, um die ich mich schon länger kümmere oder die mir besonders sympathisch erscheinen, schwere Schicksalsschläge erleiden oder sogar sterben. Besonders dramatisch sind Reanimationen, die sich hinziehen und dann doch nicht mehr helfen können. Nach solchen „schwarzen“ Tagen könnte ich einfach nur noch weinen, aber zuhause versuche ich mir wenig anmerken zu lassen, denn meine Kinder will ich damit nicht belasten.“
Ärztin: „Natürlich geht mir Vieles näher, als ich das zugeben möchte. Wer zu Gefühlsausbrüchen neigt, wirkt aber schnell überfordert und leicht angreifbar, etwas, das man als Arzt nicht sein darf und möchte. Aber auch zu distanziert kann man nicht sein, denn man soll seinen Job ja schließlich mit Leidenschaft ausüben. Einem kühlen, reservierten Arzt vertraut sich kein Patient gerne an. Diese Balance zu halten und vor allem nach sehr aufwühlenden und bewegenden Fällen oder Operationen wieder runterzukommen und dem nächsten Patienten ganz und gar neutral gegenüberzutreten – das fällt mir nicht leicht.“
Experte: „Ganz besonders auf der Onko-logie-Station, in der Notaufnahme und im Hospiz, aber im Grunde genommen überall im Krankenhaus werden Pfleger und Ärzte tagtäglich mit schweren Krankheiten, großem Leid und dem Tod konfrontiert. Oft werden dann Probleme, die bei der Verarbeitung von dem Erlebten auftreten, mit ins Privatleben genommen. Deshalb ist es wichtig, dass das Fachpersonal für den Umgang mit belastenden Themen Strategien entwickelt, damit man im Beruf gesund bleibt. Führungskräfte sind in der Verantwortung, stets auch die Gesundheit ihrer Mitarbeiter im Blick zu behalten. Fortbildungen zu den Themen sollten angeboten werden, Mitarbeiter sollten motiviert werden, sich feste Pausenregeln zu schaffen, denn oft neigen Menschen in emotional anspruchsvollen Berufen dazu, erst abzuschalten, wenn es schon zu spät ist.
Von großer Wichtigkeit ist auch wieder die Kommunikation zwischen dem Pflegepersonal und Ärzten: Ein Austausch unter Kollegen hilft sehr dabei, Gefühle und Erlebnisse zu thematisieren und so zu verarbeiten. Eventuell kann auch ein Außenstehender oder die betriebliche Sozialberatung des Krankenhauses zur Moderation hinzugezogen werden. Nur, wenn das Krankenhauspersonal gelernt hat, mit seinen eigenen Emotionen umzugehen, kann es auch kompetent für Angehörige oder trauernde Patienten da sein. Mit den eigenen Emotionen umgehen heißt auch, den Widerspruch zwischen dargestellten und erlebten Gefühlen, der sogenannte emotionalen Dissonanz, möglichst zu vermeiden. Möglich ist das, indem man versucht, die erwünschten Emotionen in sich selber wach zu rufen, anstatt nur seine eigenen Impulse zu unterdrücken.“
In Zeiten der weiteren Ökonomisierung des Gesundheitswesens wird es eine wesentliche Aufgabe für die in diesem System arbeitenden Ärzte und Pfleger sein, die auftretenden Belastungen und Beanspruchungen zu kennen, sie zu berücksichtigen und bei Ungleichgewichten auszutarieren. Berufsständische Grenzen und (Vor-)Urteile müssen zum Wohle aller abgebaut werden. Die weitere Verbesserung der Kommunikation nach innen und nach außen (zum Patienten hin) wird dabei eine Schlüsselrolle spielen. Eine gute Kommunikation hilft dabei nicht nur den professionell im Medizinbetrieb tätigen Menschen, sie stellt auch einen wichtigen salutogenen Faktor für die Patienten da.
Autor
Dr. Stefan Poppelreuter, Leiter Bereich HR Development Service, TÜV Rheinland Personal GmbH; E‑Mail: stefan.poppelreuter@de.tuv.com
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