Wenn sie rutscht, ist es zu spät, dann hält sie nichts mehr. Daher ist die Ladungssicherung ein wichtiges Thema, das frühzeitig beachtet werden muss. Doch nicht nur die Sicherung der Ladung, auch die Verteilung der Ladung auf Transportflächen darf nicht willkürlich erfolgen, da sonst Unfälle drohen. Lastverteilungspläne helfen, die Ladungssicherung entsprechend den anerkannten Regeln und Vorschriften durchzuführen.
Autoren:
Karl-Heinz Jubt
Dr. Claus Backhaus
Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, Hamburg
Lastverteilungsplan = Ladungssicherung
Die Ladungssicherung ist ein viel diskutiertes Thema. In der Straßenverkehrsordnung [1] als maßgebliche Rechtsvorschrift heißt es in § 22 (1):
„Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“
Die Ladungssicherung wird in diesem Paragrafen direkt genannt, ein Lastverteilungsplan (LVP) jedoch expressis verbis nicht erwähnt. Hier liegt möglicherweise die Ursache dafür, dass dieses wichtige Instrument zur Ladungssicherung in der Fachliteratur oft nicht ausreichend thematisiert wird.
Der Lastverteilungsplan wird allerdings in den anerkannten Regeln der Technik aufgeführt, die gemäß § 22 StVO zu beachten sind. Die VDI 2700 Blatt 4, Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Lastverteilungsplan [2], beschreibt den LVP und zeigt schrittweise die Datenerhebung und alle Berechnungen auf, die zur Erstellung des LVP erforderlich sind.
Der Beitrag erläutert die Bedeutung des Lastverteilungsplans für die Ladungssicherung und erklärt, wie man einen LVP erstellt.
Warum Lastverteilung?
Jedem Lkw-Fahrer ist klar, dass er sein Fahrzeug nicht überladen darf, d.h. dass das Gesamtgewicht des Fahrzeugs den vom Gesetzgeber oder Fahrzeughersteller bestimmten Wert nicht überschreiten darf. Doch die Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichts ist nicht alles.
Zusätzlich muss gewährleistet sein, dass einzelne Achslasten nicht über- oder unterschritten werden, denn die Fahrstabilität bzw. ‑sicherheit des Nutzfahrzeugs hängt neben Fahrzeugstabilität und ‑geometrie in hohem Maße von einer gleichmäßigen Beladung des Fahrzeugs ab.
Darüber hinaus führt eine ungleichmäßige Beladung zur übermäßigen Beanspruchung einzelner Achsen und ist somit auch aus ökonomischer Sicht zu vermeiden [3].
Beim Berücksichtigen der Lastverteilung auf dem Fahrzeug stellt sich zunächst die Frage, welches Ladegut befördert werden soll. Handelt es sich um eine homogene Ladung, d.h. es sind gleich schwere Ladungsteile über die gesamte Ladefläche verteilt, oder es werden Schüttgüter wie z.B. Kies oder Sand transportiert, so muss man sich über die Lastverteilung keine Gedanken machen, solange die zulässige Gesamtmasse des Fahrzeugs nicht überschritten wird. Doch sobald schwere Einzelgüter wie z. B. Maschinenteile befördert werden, muss sich der Verantwortliche darüber im Klaren sein, wo auf der Ladefläche diese Ladung zu platzieren ist. Ebenso verhält es sich bei Teilbeladungen aber auch bei Teilentladungen.
Aber auch folgende Fragen sind zu klären:
- Dürfen die Ladungsteile formschlüssig zur Stirnwand auf den vorderen Teil der Ladefläche geladen werden bzw. können die verbliebenen an ihrem Platz stehen bleiben?
- Ist in diesem Ladezustand evtl. die Vorderachse überladen oder ist die Sattellast zu groß?
Merke: Auch bei Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichtes können Achslasten eines Fahrzeuges über- oder unterschritten sein!
Zur Beantwortung dieser Fragen muss für möglichst viele Punkte auf der Mittellängsachse der Ladefläche des Fahrzeugs die maximal zulässige Masse des Gesamtladungsschwerpunkts berechnet werden. Durch die Verbindung der berechneten Punkte ergibt sich eine Kurve. Diese Kurve ist der Lastverteilungsplan (in Abb. 1 blau dargestellt).
Der Lastverteilungsplan ist eine Kurve, aus der für jeden Punkt der Mittellängsachse der Ladefläche die maximale Zuladung (= Masse des Gesamtladungsschwerpunktes) ersichtlich ist.
Neben der Betrachtung des Grenzfalls „Ladungsmaximum“ ist zu beachten, dass ein Fahrzeug ausgeglichen beladen ist, damit eine bessere Fahrstabilität bzw. ‑sicherheit gegeben ist und durch die gleichmäßigere Verteilung der Ladung eine unnötig hohe Beanspruchung einzelner Achsen vermieden wird [4]. Damit wird der Verschleiß von Bereifung, Radlagern und Aggregaten minimiert.
Für die richtige Ladungssicherung ist der Lastverteilungsplan also von hoher Bedeutung. Denn es gilt: Lastverteilung vor Ladungssicherung!
Dies gilt natürlich für alle Fahrzeuge, also neben Lkw und Anhängern auch für Kleinlasttransporter (KEP-Fahrzeuge) und für Pkw. Da die Fahrzeughersteller, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keinen Lastverteilungsplan mitliefern, muss sich der für die Beladung des Fahrzeugs Verantwortliche selbst um die Beschaffung bzw. Berechnung des LVP bemühen.
Lastverteilungspläne erstellen
Die Berechnung des Lastverteilungsplans erfordert die folgenden Schritte:
- Datenerhebung für den entsprechenden Fahrzeugtyp
- evtl. Berechnung der technischen Achse(n)
- Bestimmung der Schwerpunktlage des unbeladenen Fahrzeugs
- Berechnung des Kurvenverlaufs (Lastverteilungsplan)
1. Datenerhebung: Als Eingangsgrößen für die Berechnung des LVP werden die Fahrzeugdaten benötigt. Hierzu gehören Abstandsmaße, Radstände, Achsleergewichte und zulässige Gesamtgewichte. Folgende Fahrzeugtypen können unterschieden werden:
- Lkw mit zwei oder mehr Achsen,
- Gelenkdeichselanhänger mit zwei oder mehr Achsen,
- Starrdeichselanhänger mit einer oder mehr Achsen,
- Sattelanhänger mit einer oder mehr Achsen.
Die Beschaffung dieser Daten ist in der Praxis oft nicht leicht, da z. B. Achsleergewichte vom Fahrzeughersteller häufig nicht angegeben sind. In diesem Fall müssen die Gewichte durch Wiegen ermittelt werden. Achsabstände können z. B. aus den Fahrzeugpapieren entnommen oder einfach gemessen werden. Die für die Berechnung des LVP erforderlichen Maße und Gewichte sind aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlich (s. Abb. 2).
2. Berechnung der technischen Achse(n)
Die Berechnung des LVP erfolgt stets an einem 2‑achsigen Fahrzeug, wobei z.B. bei einem Sattelauflieger die Vorderachse durch den Sattelzapfen „ersetzt“ wird. Bei Fahrzeugen mit mehr als zwei Achsen muss demzufolge zunächst eine technische Achse ermittelt werden. Hat z.B. ein 3‑achsiger Lkw eine Doppel-Hinterachse mit einem Achsabstand von 1,31 m, mit einem Achsleergewicht von jeweils 2,8 t pro Hinterachse und einem Radstand (= Abstand Vorderachse – 1. Hinterachse) von 5,60 m, so entspricht dies einer technischen Achse mit einem Leergewicht von 5,6 t und einem „technischen Radstand“ von 6,255 m. Wenn die Leerlasten der Einzelachsen z.B. durch unterschiedliche Achs- bzw. Reifendrücke oder durch einfachbereifte Vor- oder Nachlaufachsen voneinander abweichen, verschiebt sich die technische Achse in Richtung der höher belasteten Achse.
3. Bestimmung der Schwerpunktlage des unbeladenen Fahrzeugs
Nachdem der Radstand bzw. der technische Radstand ® ermittelt wurde, muss die Schwerpunktlage des leeren Fahrzeugs berechnet werden. An dieser Stelle sei darauf hin gewiesen, dass alle Anbauten und Zusatzlasten wie z.B. Ladekräne, Ladebordwände, Mitnahmestapler, Zusatztanks usw. die Schwerpunktlage des Fahrzeugs und damit die nachfolgende Berechnung der Lastverteilungskurve beeinflussen und deshalb unbedingt zu berücksichtigen sind. Nach dem mechanischen Momentensatz kann die Schwerpunktlage mit Hilfe der nachfolgenden Gleichung berechnet werden (Abb. 3).
HAleer [kg] Hinterachslast Fahrzeug leer
l1 [m] Schwerpunktlage Fahrzeug leer
mF [kg] Masse des Fahrzeugs leer
R [m] Radstand
4. Berechnung des Lastverteilungsplans
Die Erstellung bzw. Berechnung eines Lastverteilungsplans basiert neben den Fahrzeugdaten zusätzlich auf folgenden Grenzbedingungen, die unbedingt eingehalten werden müssen:
- Die zulässige Vorderachslast darf nicht überschritten werden.
- Die zulässige Hinterachslast darf nicht überschritten werden.
- Die zulässige Fahrzeuggesamtmasse darf nicht überschritten werden.
- Die Mindestlenkachslast darf nicht unterschritten werden.
- Die Mindestantriebsachslast darf nicht unterschritten werden.
Für jede Bedingung wird zunächst eine eigene Kurve berechnet, welche die max. Masse des Gesamtladungsschwerpunktes angibt, die an einer bestimmten Position auf der Mittellängsachse der Ladefläche aufgebracht werden darf. Durch das Zusammenführen aller Einzelkurven ergibt sich dann der LVP (Abb. 4).
Nachfolgend ist die Berechnung der Einzelkurven des Lastverteilungsplans dargestellt:
- a) Der Verlauf des Kurvenbereichs a wird durch die maximal zulässige Vorderachslast bestimmt. Momentengleichung um die Hinterachse:
- b) Der Verlauf des Kurvenbereichs b wird durch die maximal zulässige Hinterachslast bestimmt. Momentengleichung um die Vorderachse:
- c) Der Verlauf des Kurvenbereichs c stellt die Verbindungslinie zwischen den Kurvenbereichen a und b in Höhe der maximal zulässigen Nutzlast des Fahrzeugs dar.
- d) Der Verlauf des Kurvenbereichs d wird durch die Einhaltung der Mindest- lenkachslast bestimmt. Momentengleichung um die Hinterachse:
- e) Der Verlauf des Kurvenbereichs e wird durch die Einhaltung der Mindestantriebsachslast bestimmt. Momentengleichung um die Vorderachse:
Verwendete Formelzeichen:
HAvoll [kg] Hinterachslast Fahrzeug vollbeladen
l1 [m] Schwerpunktlage Fahrzeug leer
mF [kg] Masse des Fahrzeugs leer
mLx [kg] Masse der Zuladung an Punkt „x“
R [m] Radstand
S [m] Abstand Vorderachse – Ladefläche
SLx [%] Mindestlenkachslast (sichere Lenkbarkeit)
ST [%] Mindestantriebsachslast (sichere Traktion)
VAvol l [kg] Vorderachslast Fahrzeug vollbeladen
x [m] Laufvariable ab Beginn der Ladefläche
Hinweis:
Zur Vereinfachung werden bei den Berechnungen Kraft und Masse gleich gesetzt. Physikalisch betrachtet sind „Last“ und „Gewicht“ Massenkräfte. Die Erdbeschleunigung bleibt hier vereinfachend unberücksichtigt, da ausschließlich statische Zustände betrachtet werden.
Den Lastverteilungsplan einfach erstellen
Da das manuelle Berechnen des LVP sehr aufwändig ist hat die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft eine Software entwickelt mit der es möglich ist, Lastverteilungspläne schnell und einfach zu erstellen. Diese kann auf den Internetseiten der BG Verkehr (www.bg-verkehr.de) im Medienshop gegen eine geringe Schutzgebühr bestellt werden.
Autoren
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Jubt (Foto) Dr.-Ing. Claus Backhaus
Korrespondenzadresse: Dipl.-Ing. Karl-Heinz Jubt Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft Geschäftsbereich Prävention, Referat Ergonomie karl-heinz.jubt@bg-verkehr.de
Literatur:
- 1. Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Bundesgesetzblatt vom 13. August 2009, Teil I Nr. 52 S. 2631
- 2. VDI 2700–4 (2008): Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Lastverteilungsplan. Düsseldorf: VDI-Verlag
- 3. Lemmer H. (2007) Ladungssicherung – Richtig Wichtig. Düsseldorf: Verkehrsverlag Fischer
- 4. BGI 649 (2002) Ladungssicherung auf Fahrzeugen. Hamburg: Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen
- Neu ab 30.06.2018: BGI 649 (ZH1/ 413) Ladungssicherung auf Fahrzeuge
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