Anzeige
Polyurethan-beschichtete Strickhandschuhe sind aufgrund ihres guten Tragekomforts aus dem betrieblichen Alltag nicht wegzudenken. In der Technischen Regel für Gefahrstoffe 401 (TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt“) ist für diesen Handschuhtyp ein Grenzwert für N,N‑Dimethylformamid vorgeschrieben. Sind Handschuhe, die diesen Grenzwert überschreiten gesundheitsgefährdend? Oder umgekehrt: Ist die Einhaltung dieses Grenzwertes gleichzusetzen mit gesundheitlicher Unbedenklichkeit?
Frank Zuther
PU-beschichtete Strickhandschuhe werden in der Industrie und im Handwerk vielseitig eingesetzt. Durch die Beschichtung sind sie je nach Bauart abriebfest, rutschfest und bedingt ölbeständig. Sie finden, da sie keine Rückstände hinterlassen und/oder fusseln, vor allem für feine Arbeiten und Arbeiten mit scharfkantigen, rutschigen Kleinteilen und auch im Produktschutz Anwendung.
Um Polyurethan als Beschichtungsstoff für Schutzhandschuhe verwenden zu können, müssen die notwendigen Rohstoffe zunächst gelöst werden. Dies erfolgt – wie bei einer Vielzahl von Polymeren – oft mit dem Lösungsmittel N,N‑Dimethylformamid (DMFA).
Gemäß der TRGS 401 müssen PU-beschichtete Handschuhe folgendes Kriterium erfüllen:
Dieser Abschnitt warf in Fachkreisen grundlegende Fragen auf. Dies betraf die Begründung des Grenzwertes, aber vor allem die Methode, nach der DMFA in Handschuhen ermittelt werden soll, sowie die gesundheitlichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung dieses Grenzwertes. Die Antworten auf diese Fragen fielen kontrovers aus und waren nicht ausreichend begründet. Sicher sollte durch diesen Abschnitt ein möglichst niedriger Gehalt in persönlicher Schutzausrüstung sichergestellt werden, jedoch ist dies, wie im Folgenden dargestellt wird, durch diesen Absatz in der TRGS 401 offensichtlich nicht gelungen.
Was ist DMFA?
N,N‑Dimethylformamid (DMFA) ist eines der industriell wichtigsten organischen Lösungsmittel. Außer in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie kommt es vor allem in der Kunstfaserindustrie und auch bei der Herstellung von PU-beschichteten Geweben (z.B. Kunstleder!) zum Einsatz.
Die Reinsubstanz DMFA wird gemäß GHS (Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) als reproduktionstoxisch (Kategorie 1B) eingestuft. Sie ist gesundheitsschädlich beim Einatmen sowie bei Hautkontakt und kann Augenreizungen hervorrufen.
Akute oder chronische Auswirkungen auf die Gesundheit durch das Tragen von Kleidung oder Handschuhen, die auf DMFA-Basis hergestellt wurden, sind nicht bekannt.
Grundsätzliches zu Chemikalien bei der Handschuhproduktion
Chemikalien sind notwendig, um Handschuhe herzustellen, da erst durch deren Zugabe Handschuhe effizient mit definierten Eigenschaften und Leistungen produzierbar sind. Sie erhöhen den Komfort oder verbessern die Leistung des Handschuhs.
Die Verwendung von Chemikalien in Produktionsprozessen ist an sich kein ausreichendes Bewertungskriterium für eine gesundheitliche Schädigung. Eine Schädigung kann nur stattfinden, wenn gefährdende Stoffe in ausreichender Menge unter Tragebedingungen bei bestimmungsgemäßer Verwendung aus dem Handschuhmaterial freigesetzt werden.
Wenn Stoffe, die sich negativ auf die Gesundheit des Anwenders auswirken könnten, im Herstellungsprozess verwendet werden müssen, sind sie im Endprodukt natürlich auf eine technisch machbare, verantwortbare und für den Verbraucher unschädliche Menge zu reduzieren.
Seriöse Hersteller betreiben einen hohen Aufwand, um sichere Produkte anbieten zu können. Zum einen setzen sie bei der Produktion ihrer Handschuhe Chemikalien nur in den notwendigen Mindestmengen ein. Zum anderen wird auf größte Sorgfalt bei der Herstellung geachtet. Sie sorgen dafür, dass die Handschuhe nach der Produktion geeignet gereinigt und nachbehandelt werden, um die Konzentration der bei der Herstellung eingesetzten Chemikalien auf ein Minimum zu reduzieren.
Die Nachbehandlung ist damit ein sehr wichtiger Prozess, der die Sicherheit des Endproduktes und damit die Gesundheit der Anwender garantiert. All dies erhöht die Herstellungskosten und damit auch den Verkaufspreis. Verantwortungsvolle Entscheider stellen daher bei der Auswahl der Handschuhe nicht den Preis allein, sondern insbesondere die nachweisbare Qualität in den Vordergrund.
Es besteht Einigkeit darüber, dass Handschuhinhaltsstoffe unter Tragebedingungen nicht in gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen aus Handschuhen freigesetzt werden dürfen. Dies ist sowohl in der EU-Richtlinie 89/686/EWG [1], als auch in der DIN EN 420 (Schutzhandschuhe – Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren) [2] klar beschrieben und gefordert. Danach dürfen sich Handschuhmaterial, Zersetzungsprodukte, enthaltene Substanzen, Nähte und Kanten und vor allem solche Teile des Handschuhs, die in engem Kontakt mit dem Benutzer stehen, nicht nachteilig auf die Gesundheit und Hygiene des Benutzers auswirken. Zudem muss der Hersteller oder sein autorisierter Repräsentant alle bekannten im Handschuh enthaltenen Substanzen angeben, die Allergien verursachen können.
Auswirkungen des fixierten Grenzwertes für N,N‑Dimethylformamid (DMFA) in Handschuhen
Ein wesentlicher Kritikpunkt an dem entsprechenden Abschnitt in der TRGS 401 ist, dass Angaben zur Bestimmung von DMFA fehlen. Das mag daran liegen, dass in diesem Bereich bisher kein Standardverfahren existierte, das sichere und akzeptabel reproduzierbare Werte liefert. Hersteller konnten und haben bisher zwar den DMFA-Gehalt ihrer Produkte bestimmen lassen, jedoch werden in den Prüfinstituten unterschiedliche Verfahren angewendet. Dies kann bei identischen Proben zu völlig verschiedenen Ergebnissen führen, da diese in hohem Maße abhängig von der Methodenführung sind. Dies wurde – wie erwartet – bereits in den ersten Messreihen, die der BVH initiierte, deutlich. Im Januar 2005 wurde darüber berichtet. [3]
Die „Freiheit“ in der Analytik führte bei einigen Herstellern teilweise zu einer überaus hohen Kreativität. So war es bisher möglich, zur Bestimmung des DMFA- Gehalts eine Methode zu wählen, mit der unabhängig von der tatsächlichen Konzentration der in der TRGS 401 fixierte „Grenzwert“ grundsätzlich immer unterschritten wird. So können bis heute auch hochbelastete Handschuhe das Zertifikat „DMFA-frei“ erhalten. Dem geforderten Minimierungsgebot wird damit sicher nicht Folge geleistet! Die Situation führte letztlich zu einer Verunsicherung der Anwender.
Die AG Handschuhinhaltsstoffe des BVH hat sich dem Thema mit folgender Zielsetzung angenommen:
Es sollte eine Methode zur Bestimmung des DMFA-Gehalts erarbeitet werden, die
- dem Stand der Technik entspricht,
- standardisierbar ist,
- in Prüfinstituten etabliert ist,
- reproduzierbare Werte liefert,
- rasch durchführbar und wirtschaftlich ist.
Darauf basierend sollte der derzeit fixierte Grenzwert von „10mg/kg Handschuh“ überdacht und ausreichend begründet werden.
Methoden zur Bestimmung von DMFA
Das BVH-Expertengremium „Handschuhinhaltsstoffe“ initiierte zusammen mit einem akkreditierten Prüfinstitut Messungen an PU-beschichteten Schutzhandschuhen mit dem Ziel, ein sicheres und akzeptables Messverfahren für die Branche zu finden, mit dem Kleinstmengen an DMFA reproduzierbar bestimmt werden können. Grundlage dazu bildete die in der Automobilindustrie etablierte Thermodesorption-GC-MS-Methode, die seit September 2002 durch die Empfehlung der VDA 278 „Thermodesorptionsanalyse organischer Emissionen zur Charakterisierung von nichtmetallischen Kfz-Werkstoffen“ anerkannt ist. Die Methode wurde dem Medium „Handschuh“ und der Substanz „Dimethylformamid“ angepasst. Es wurden geeignete analytische Parameter gefunden, die reproduzierbare Messwerte liefern.
Insgesamt wurden 12 PU-beschichtete Handschuhtypen verschiedener Qualitäten aus unterschiedlichen Produktionsanlagen und ‑orten mehrfach unter verschiedenen Bedingungen geprüft. Dabei wurden sowohl PU-beschichtete Polyamid-Strickhandschuhe als auch Schnittschutzhandschuhe verwendet. Weiterhin wurde der DMFA-Gehalt vor und nach dem Waschen der Handschuhe sowie nach mehrtägiger Lagerung bei Raumtemperatur ermittelt. Auch wurden Migrationsversuche durchgeführt, die zeigen sollten, in welchem Ausmaß DMFA durch Schweiß aus dem Handschuh gelöst wird und damit für eine dermale Aufnahme zur Verfügung steht.
Zum Austreiben flüchtiger Substanzen aus einer Analysenprobe haben sich zwei verschiedene Verfahren etabliert: Thermodesorption und Headspace. Bei beiden Verfahren handelt es sich um standardisierbare Methoden, die in unseren Untersuchungen vergleichbare Werte lieferten und sich zum Austreiben von DMFA aus der Handschuhprobe eigneten. Verglichen mit dem Headspace-Verfahren ist die Thermodesorptionsmethode in der Durchführung jedoch aufwändiger und deutlich kostenintensiver. Dem Headspace-Verfahren wurde daher zur Ermittlung der optimalen Prüfparameter der Vorzug gegeben.
Die Detektionsmethode ist maßgeblich für die sichere Identifizierung einer Substanz. Grundsätzlich haben sich der Flammenionisationsdetektor (FID) und das Massenspektrometer (MS) etabliert.
Eine sichere Identifizierung des DMFA mit dem FID war nicht in jedem Fall möglich und zur quantitativen Bestimmung von DMFA in Handschuhen nicht geeignet.
Die Detektion mittels Massenspektroskopie wird wegen ihres hohen Nachweis- und Auflösungsvermögens u.a. zur quantitativen und qualitativen Analyse komplex zusammengesetzter Proben verwendet. Sie gilt als sicher, liefert gut reproduzierbare Ergebnisse und hat eine sehr hohe Empfindlichkeit für organische Stoffe/Gemische. Dies gilt auch für DMFA und wurde daher von der BVH AG Handschuhinhaltsstoffe bevorzugt.
Nach dieser Methode wurden unterschiedliche PU-beschichtete Handschuhe (Polyamid und schnittfeste Materialien) auf ihren DMFA-Gehalt geprüft und durch Methodenvariation die optimalen Prüfbedingungen festgestellt (Schaukasten).
Wichtig ist, dass die Analytik der beschichteten Handschuhflächen allein keine aussagekräftigen Werte liefert. Unabhängig von Hersteller und Bauart wurde DMFA in allen von uns untersuchten Handschuhen nicht nur in der PU-Beschichtung, sondern in deutlich höheren Konzentrationen auch im unbeschichteten Liner und insbesondere auch im Bündchen gefunden (s. Abb. 1). Um aussagekräftige Messergebnisse bezogen auf den gesamten Handschuh erzielen zu können, wurden zwei Verfahrensweisen untersucht:
- 1. Einzelprobenverfahren: Hierbei werden drei einzelne Messungen mit Proben vom Strickbund, vom beschichteten und unbeschichteten Liner durchgeführt.
- 2. Mischprobenverfahren: Hierbei wird eine einzige Messung aus einer Mischprobe bestehend aus Teilen des Strickbundes, des beschichteten und des unbeschichteten Liners durchgeführt. Man erhält dadurch mit nur einer Messung Aussagen zum Gesamtgehalt an DMFA im Handschuh.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Messreihen
In allen untersuchten Handschuhen konnte DMFA sowohl in der PU-Beschichtung als auch in höheren Konzentrationen im unbeschichteten Liner sowie im Bündchen nachgewiesen werden.
Es konnte gezeigt werden, dass DMFA durch Waschen aus dem beschichteten und unbeschichteten Liner entfernt werden kann, während die Werte im Strickbund auch nach dem Waschen noch relativ hoch bleiben. DMFA lässt sich offensichtlich aus dem Strickbund wesentlich schlechter entfernen, als aus dem (un)beschichteten Prüfling.
Werden Handschuhe einige Tage unverpackt bei Raumtemperatur gelagert, so kommt es aufgrund des hohen Siedepunktes von 156°C zu keiner nennenswerten Verdunstung des enthaltenen DMFA. Die Messwerte liegen in der gleichen Größenordnung.
Im Falle von Strickhandschuhen aus schnittfesten Garnen wurde erwartet, dass kein DMFA gefunden wird, da diese Textilien eine geringe oder keine Aufnahmebereitschaft für DMFA haben. Der schnittfeste Liner enthält jedoch je nach Bauart unterschiedlich hohe Anteile an Spandex/Elasthan und gegebenenfalls Polyamid, die DMFA aufnehmen können. Insgesamt wurden im beschichteten und unbeschichteten Liner der geprüften schnittfesten Handschuhe geringere DMFA-Konzentrationen gefunden, als in Polyamid-Handschuhen. Es wird vermutet, dass aufgrund der höheren Anteile an Spandex/Elasthan und gegebenenfalls Gummifäden die Absorption des DMFA am Strickbund größer ist, als am schnittfesten Liner. Weiterhin wurde, wie bei Polyamid-Handschuhen, im Bündchen der Handschuhe aus schnittfesten Fasern mehr DMFA gefunden, als im beschichteten und unbeschichteten Liner, wobei höhere Differenzen als bei Polyamid-Handschuhen festgestellt wurden.
In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Methoden zur Bestimmung von DMFA in PU-beschichteten Handschuhen verwendet. Dies waren vor allem die Lösemittel-Extraktion und das Prüfkammerverfahren. Ein Vergleich dieser Methoden mit der beschriebenen Headspace GC/MS zeigt, dass verglichen mit der Lösemittel-Extraktion davon ausgegangen werden kann, dass mit der statischen Headspace-Methode der gesamte extrahierbare Anteil an DMFA erfasst wird. Ein Vergleich mit dem Prüfkammerverfahren zeigt deutliche Übereinstimmungen zwischen den Werten des Prüfkammerverfahrens und den Werten der statischen Headspace-Methode im Mischprobenverfahren.
Weiterhin wurden Migrationsuntersuchungen zur Freisetzung von DMFA unter Einsatzbedingungen durchgeführt. Dazu wurde ein Handschuh 8 Stunden bei 37°C in künstlicher saurer Schweißlösung temperiert und anschließend der DMFA-Gehalt bestimmt. Es migrierten je nach DMFA-Gesamtgehalt zwischen 70 und 100 % in die künstliche Schweißlösung. Aufgrund der hohen Nachweisgrenze, den daraus resultierenden hohen Genauigkeitsverlusten und der mangelnden Reproduzierbarkeit wurde dieses Verfahren nicht weiterverfolgt. Es wird angenommen, dass der Gesamtgehalt an DMFA freigesetzt wird.
Überlegungen zum DMFA-Grenzwert
Für DMFA ist gemäß TRGS 900 derzeit ein Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 10mg/kg bzw. 10 ppm (30 mg/m³) fixiert. Der AGW ist definiert als die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz, bei der eine akute oder chronische Schädigung der Gesundheit der Beschäftigten nicht zu erwarten ist. Bei der Festlegung des AGW wird von einer in der Regel achtstündigen Exposition an fünf Tagen in der Woche während der Lebensarbeitszeit ausgegangen.
Ein Erwachsener atmet an einem Arbeitstag (8 h) durchschnittlich 4320 l Luft (4,32 m³) ein. Bei einem AGW von 30 mg/m³ und dem Trägermedium „Luft“ dürften demnach pro Tag durchschnittlich etwa 130 mg DMFA pro Arbeitstag und Lebensarbeitszeit eingeatmet werden, ohne dass eine akute oder chronische Schädigung der Gesundheit erwartet wird.
Unabhängig davon, dass beim Tragen von Handschuhen nicht die inhalative, sondern die dermale Aufnahme von Handschuhinhaltsstoffen im Vordergrund steht, ist es für die Praxis wichtig zu wissen, welche Mengen an DMFA beim Anwenden unter Praxisbedingungen und unter Beachtung der Herstellerempfehlungen aus Handschuhen freigesetzt und durch die Haut oder über die Atemwege aufgenommen werden. Wissenschaftlich tragbare Erkenntnisse darüber existieren nicht. Als „worst case“ wird daher angenommen, dass 100 % der in Handschuhen gegebenenfalls vorhandenen Mengen über die Haut in den Körper aufgenommen werden.
Bei dem Trägermedium „Handschuhe“ besteht direkter Kontakt zur Haut, jedoch kann diese maximal nur die Menge an DMFA aufnehmen, die tatsächlich im Handschuhpaar enthalten ist. Der AGW von 10 mg/kg würde demnach eingehalten, wenn der Anwender während seiner Lebensarbeitszeit an 5 Tagen pro Woche täglich 1 kg Handschuhe trägt, die den derzeitigen TRGS-Grenzwert einhalten.
Der Grenzwert von 10mg/kg Handschuh ist insofern praxisfern, weil es unwahrscheinlich ist, dass ein Anwender 1 kg Handschuhe pro Arbeitstag (entspricht je nach Gewicht 16–40 Paar) trägt.
In der Praxis werden PU-beschichtete Handschuhe täglich gewechselt. Der DMFA-Grenzwert wäre damit eingehalten, wenn ein Kilogramm des Handschuhmaterials zwischen 166 mg (60 g‑Handschuhe) und 400 mg (25 g‑Handschuhe) DMFA2 enthielte.
An einem in der TRGS 401 definierten „Grenzwert“ ist im Grunde nichts auszusetzen – im Gegenteil. Die qualifizierten Hersteller des BVH begrüßen einen Grenzwert, da er die Möglichkeit bietet, ihre Handschuhe von qualitativ minderwertigen Produkten abzugrenzen. Der Grenzwert muss jedoch ausreichend begründet sein und sich auf eine Messmethode beziehen, die reproduzierbar ist.
Die AG Handschuhinhaltsstoffe schlägt daher vor, den derzeitigen Grenzwert zu überdenken und fundiert zu begründen.
Ausgehend davon, dass ein Anwender pro Tag durchschnittlich ein Handschuhpaar trägt, ist ein DMFA-Gehalt von 5 mg pro Handschuhpaar, gemessen im beschriebenen Headspace-GC/MS-Verfahren, realistisch und für gute Qualitäten in der Produktion erreichbar. Der DMFA-Grenzwert (AGW) würde dabei noch um 50 % unterschritten.
Ausdrücklich begrüßen wir die Grenzwertfixierung für DMFA in PU-beschichteten Handschuhen, bitten jedoch, diesen ausreichend zu begründen und realistisch zu definieren. Zudem muss dabei Bezug auf eine geeignete Messmethode genommen werden.
Mit den beschriebenen Untersuchungen hat die BVH AG Handschuhinhaltsstoffe eine Basis geschaffen, um den DMFA-Gehalt in PU-beschichteten Handschuhen sicher, reproduzierbar und vergleichbar ermitteln zu können. Die Methode ist in Prüfinstituten etabliert und standardisierbar. Sie stellt den Stand der Technik dar und erlaubt die Vergleichbarkeit von Handschuhen untereinander. Die eingangs aufgeführten Zielvorgaben sind damit voll erfüllt.
Auswahl von PU-beschichteten Handschuhen
Uns liegen keine Kenntnisse zu Erkrankungen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, die auf das Tragen PU-beschichteter Handschuhe mit vergleichsweise hohen DMFA-Anteilen (100‑1000 ppm) zurückzuführen sind. Dennoch sollten Handschuhe grundsätzlich keine unter Tragebedingungen freisetzbaren Schadstoffe in unnötig hohen, vermeidbaren Konzentrationen enthalten.
Der Grenzwert der TRGS 401 führt in der derzeit gültigen Form leider nicht zum geforderten Minimierungsgebot, da bisher die Analytik so geführt werden konnte, dass auch hochbelastete Handschuhe den derzeitigen TRGS-Grenzwert einhalten. Damit werden qualitativ hochwertige Produkte nicht von minderwertigen Produkten abgegrenzt und der Anwender möglicherweise in eine falsche Sicherheit gewogen.
Allein die Verwendung von DMFA bei der Produktion von Handschuhen bedeutet nicht, dass der Handschuh schädlich ist.
Hier einige Tipps für die Auswahl:
- Ziehen Sie bei der Auswahl grundsätzlich nur die qualifizierten Hersteller in Betracht, die ihre Verpflichtungen kennen und leben, die geeigneten Service liefern und deren sachkundige Mitarbeiter Sie kompetent beraten können.
- Nehmen Sie nur Schutzhandschuhe in die engere Auswahl, die die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Die Leistungsdaten und die Benutzerinformation des ausgewählten Handschuhs müssen in schriftlicher Form vorliegen! Achten Sie auf eine korrekte Kennzeichnung auf dem Handschuh, der Verpackung und der Herstellerinformation sowie auf gute Verarbeitung (z.B. Nähte, gleichmäßige Beschichtung/Tauchung) und gute Passform mit exzellentem Sitz.
- Beachten Sie bitte: Gütesiegel bei Kat.-II-Handschuhen (z.B. SG, GS, Öko-Tex Standard) sind nicht immer hilfreich bei der Auswahl. Bezogen auf DMFA in PU-beschichteten Handschuhen sind sie nicht aussagekräftig, da DMFA im Gegenstandskatalog dieser Zusatzprüfungen nicht vorgesehen ist.
- Fragen Sie den Hersteller nach einem Zertifikat und prüfen Sie die Methode, nach der DMFA analysiert wurde. Achten Sie dabei auf die Probe und die Prüfparameter: Wurde nur die Handschuhbeschichtung geprüft oder auch der Strickbund und der unbeschichtete Liner? Wie wurde detektiert? Die FID- Detektion ist in diesem Fall abzulehnen!
- Trauen Sie nicht der Auslobung einer „lösungsmittelfreien“ Herstellung. Die gibt es nicht! Beachten Sie bitte, dass PU-beschichtete Handschuhe, die ohne DMFA hergestellt wurden, nicht zwingend „unschädlich“ sind. Zur Handschuhherstellung müssen immer Chemikalien eingesetzt werden, um den Komfort und die Leistung zu gewährleisten. Ob diese im Endprodukt noch nachweisbar sind, ist in hohem Maße abhängig von der Sorgfalt bei der Herstellung und dem Qualitätsanspruch des Herstellers!
- PU-beschichtete Handschuhe, die nicht im DMFA-Verfahren hergestellt wurden, enthielten in unseren Untersuchungen zwar kein DMFA, jedoch wurden teilweise andere als gesundheitsschädlich eingestufte Substanzen in relevanten Konzentrationen gefunden. Es ist daher keine Lösung, Handschuhe, die im DMFA-Verfahren hergestellt wurden gegen Handschuhe, die in einem anderen Verfahren produziert wurden, ohne Vorbehalt auszutauschen!
- Der Preis eines Handschuhs sollte niemals das wesentliche Auswahlkriterium für Handschuhe sein! Ziehen Sie immer auch die Standzeiten in die Auswahl mit ein, um das Preis-Leistungsverhältnis bewerten zu können.
Fazit
Ziel der BVH AG Handschuhinhaltsstoffe war und ist nicht die Abschaffung des DMFA-Grenzwertes in der TRGS 401, sondern die Fixierung eines begründeten Limits. Unsere Untersuchungen zeigen, dass nach dem beschriebenen Messverfahren keiner der geprüften Handschuhe den Grenzwert von 10 mg/kg Handschuh einhalten konnte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie der Grenzwert bezogen auf Handschuhe begründet wird.
Mit den beschriebenen Untersuchungen hat die BVH AG Handschuhinhaltsstoffe eine Basis geschaffen, um den DMFA-Gehalt in PU-beschichteten Handschuhen sicher, reproduzierbar und vergleichbar ermitteln zu können. Die Methode ist in Prüfinstituten etabliert und standardisierbar. Sie stellt den Stand der Technik dar und erlaubt die Vergleichbarkeit von Handschuhen untereinander. Die eingangs aufgeführten Zielvorgaben sind damit voll erfüllt.
Unsere Ergebnisse wurden dem Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) zur Verfügung gestellt.
Details zur Analytik können Sie gerne beim BVH anfordern.
Die BVH AG Handschuhinhaltsstoffe freut sich auf jegliche Fragen und Anregungen zum Thema und ist jederzeit gerne gesprächsbereit!
Gerne beantworten wir alle Fragen rund um das Thema Schutzhandschuhe!
Literatur
- 1. RICHTLINIE DES RATES vom 21.Dezember 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen (89/686/EWG)
- 2. DIN EN 420: 2003 „Schutzhandschuhe – Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren
- 3. BVH: Gesundheitsschädliche Stoffe in Polyurethan-beschichteten Handschuhen?; sicher ist sicher – Arbeitsschutz aktuell 1/2005, 22–23
- 4. Interne Untersuchungen des BVH, 2010
- 1 N,N‑Dimethylformamid; Abkürzung DMFA zur Abgrenzung zu „Dimethylfumarat“, für das auch das Kürzel DMF verwendet wird.
- 2 Wert = AGW x Handschuhgewicht : 1000g
Autor
Frank Zuther Bundesverband Handschutz (BVH) e.V. Skagerrakstr. 72 46149 Oberhausen Tel. 0208–6250182 Fax: 0208–6250181 zuther@bvh.de handschuhinhaltsstoffe@bvh.de www.bvh.de
Teilen: