Nur exzellente Vorgehensweisen führen zu exzellenten Ergebnissen. Die BG RCI Branche Baustoffe – Steine – Erden hat für ihr alternatives Betreuungsmodell für Kleinbetriebe ein systematisches Qualitätsmanagement nach diesem Gedanken entwickelt und umgesetzt. Die Herausforderung bestand darin, die Qualitätsmerkmale des Erfolgs für alle Elemente der alternativen Betreuung herauszufinden und in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess die Strukturen und Prozesse zu optimieren.
Werner Hamacher, Christof Göbel
1. Sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung kleiner Betriebe
Seit den 1990er Jahren wurde die sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung kleiner Betriebe als dringendes Erfordernis gesehen, da bisher vor allem nur die größeren Betriebe auf eine fachkundige Unterstützung bei der Planung und Durchführung der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zurückgreifen konnten. Da damals schon die Auffassung vertreten wurde, dass eine qualitativ hochwertige und den tatsächlichen betrieblichen Problemen und Erfordernissen der Kleinbetriebe Rechnung tragende Betreuung nicht pauschal über Einsatzzeiten zu gewährleisten ist, begann sehr schnell die Suche nach alternativen Betreuungskonzepten und deren praktische Erprobung in Modellversuchen. Seit dem Jahr 2005 existieren im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften sowohl konkrete Vorgaben für eine Regelbetreuung von Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten als auch die Möglichkeit eines sogenannten alternativen Betreuungsmodells. Die unterschiedlichen Betreuungsformen in Kleinbetrieben wurden positiv evaluiert.
Mit der DGUV Vorschrift 2, die seit dem 1. Januar 2011 von fast allen Unfallversicherungsträgern in Kraft gesetzt wurde, gilt nun für Unternehmen aller Größenklassen das Prinzip der bedarfsgerechten Betreuung. Das heißt, der Betreuungsbedarf muss anhand von betrieblichen Erfordernissen, Gefährdungen und spezifischen betrieblichen Handlungsanlässen ermittelt und erfüllt werden. Zeitvorgaben spielen eine untergeordnete Rolle. Im Mittelpunkt steht die Erfüllung der betrieblich erforderlichen Betreuungsleistungen.
Welche Wirkungen diese Betreuung entfaltet, hängt im hohen Maße von der Qualität des jeweiligen Betreuungsmodells und seiner Umsetzung ab. Ein systematisches Qualitätsmanagement ist deshalb eine wesentliche Voraussetzung für eine wirkungsvolle sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung.
2. Qualitätsmanagement
Vor mehr als 15 Jahren wurde in der damaligen Steinbruchs-Berufsgenossenschaft das Unternehmermodell für eine alternative sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung für Kleinbetriebe mit unter 30 Beschäftigten entwickelt und erprobt. Das Modell wurde mit den Kernbestandteilen von Informations- und Motivationsmaßnahmen für die Unternehmer und einer bedarfsorientierten sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung in einem Pilotversuch „Modell Berlin“ durchgeführt. Mittlerweile hat sich das Modell als ein sehr erfolgreiches alternatives Betreuungsmodell etabliert. Das Modell wurde mehrfach evaluiert (Larisch, Lang, 1999; Kliemt u. a. 2003). Kliemt u. a. (2003) kommen bei der Evaluierung der Effektivität und Effizienz der betriebsärztlichen Betreuung in Klein- und Mittelbetrieben zu folgender zusammenfassenden Bewertung:
„Das Steinbruchs-BG-Modell allgemein und speziell die betriebsärztliche Betreuung wird als sehr wirksam beurteilt. Als wichtige Erfolgstreiber werden die Informations- und Motivationsangebote für den Unternehmer in ihrer qualitativen Ausgestaltung, die enge Kooperation (der Betriebsärzte) mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Unterstützung durch den Technischen Aufsichtsdienst gewertet. Das in den Informations- und Motivationsseminaren vermittelte Wissen ist in den Betrieben zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zu nutzen. Bei der Gesamtheit der Betriebe lässt sich der ganzheitliche (…) Handlungsansatz verifizieren. Auch wird in den Betrieben die Kooperation zwischen Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit als positives Element erkannt und bewertet.“ [1]
Schon damals wurde das Chancenpotenzial des Steinbruchs-BG-Modells und seine Ausschöpfung für eine zeitgemäße, effiziente Umsetzung der Anforderungen des ASiG als sehr hoch eingeschätzt. Die Chancen bestehen insbesondere in folgenden Punkten:
- Sicherheitstechnische und betriebsärztliche Beratung und Betreuung aus einer Hand durch eigene Sicherheitsingenieure und Betriebsärzte.
- Zeitgemäße Rollenerwartungen der BG RCI bzw. der damaligen Steinbruchs-BG an Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte sowie an die Förderung von branchenbezogener Professionalität
- Möglichkeiten der zeitnahen Betreuung und der Beratung auch auf Initiative der Betriebsärzte, der Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder des Technischen Aufsichtsdienstes.
- Qualifizierung von Unternehmern und hier speziell zur Gefährdungsbeurteilung und damit zur Feststellung des Beratungsbedarfs in erwachsenengerechten, branchenbezogenen Grundseminaren sowie der Durchführung von weiteren Fortbildungsmaßnahmen nach jeweils drei Jahren.
- Eigeninitiativ durch Betriebsärzte und Fachkräfte nutzbare Freiheitsgrade, Effizienzsteigerung durch Kooperation der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie durch Informationen des Technischen Aufsichtsdienstes, hohe Akzeptanz der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit als Beschäftigte der BG RCI– Branche Baustoffe – Steine – Erden.
- Konkrete Hilfe durch die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die zur breiten Akzeptanz bei Unternehmern und Beschäftigten führt, breites Betreuungs- und Tätigkeitsspektrum der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit.
- Intensive Betreuung der Betriebe durch den Technischen Aufsichtsdienst der BG RCI – Branche Baustoffe – Steine – Erden.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Modells ist die Entwicklung von Handlungskompetenzen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit und hier insbesondere von Handlungsbereitschaft beim Unternehmer als dem zentralen Akteur im Kleinunternehmen. Die verschiedenen Aktivitäten wie Seminare, Beratung durch Sicherheitsingenieur und Betriebsarzt, Aktionen und Angebote der BG RCI zwischen den Seminaren und die Tätigkeit der Aufsichtspersonen werden strategisch auf die Entwicklung der Handlungsfähigkeit und ‑bereitschaft der Unternehmer zu Sicherheit und Gesundheit im eigenen Unternehmen ausgerichtet (siehe Abb. 1).
Aber: Nichts ist so gut, als dass es nicht doch noch verbessert werden könnte!
Nach über 15 Jahren erfolgreicher alternativer, bedarfsorientierter, sicherheitstechnischer und betriebsärztlicher Betreuung stellten sich die Akteure des alternativen Betreuungsmodells der BG RCI – Branche Baustoffe – Steine – Erden zwei Fragen:
- Tun wir noch die richtigen Dinge?
- Tun wir die Dinge noch richtig?
Die Reflexion führt zu den Kernfragen:
„Was macht die Qualität unserer alternativen Betreuung/des Unternehmermodells aus? Woran bemisst sich die Qualität der Beratung und der Seminare?“
Es bestand schnell Einigkeit darüber, dass es nicht hinreichend ist, die Qualität der alternativen Betreuung eindimensional an erzielten Ergebnissen wie Kennzahlen zu Unfall- und Berufskrankheiten zu messen. Schon seit Beginn der alternativen Betreuung wurde die Qualität der Seminare anhand verschiedener ausgewählter Kriterien analysiert und bewertet. Daraus resultierte die ständige Weiterentwicklung der Seminare.
Dies wurde aber von den Akteuren des alternativen Betreuungsmodells als nicht ausreichend angesehen. Deshalb erfolgte vor ca. fünf Jahren der Beschluss, einen ständigen und systematischen Qualitätsmanagements- und Verbesserungsprozess einzuleiten. Der Prozess wurde von systemkonzept – Gesellschaft für Systemforschung und Konzeptentwicklung mbH über ein Workshop-Konzept unterstützt, moderiert und aktiv begleitet.
Tabelle 1 auf Seite 10 zeigt ein Grundraster für die Revision des gesamten Betreuungsmodells als Teil des Qualitätssicherungs- und Verbesserungsprozesses.
Dieses Grundraster und die dort enthaltenen Kriterien und Fragestellungen bildeten den Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Qualitätsmanagements. Es wurde ein Workshop-Konzept entwickelt und umgesetzt, mit dem systematisch über zwei bis drei Workshops pro Jahr Qualitätsansprüche und ‑kriterien entstanden. Nach einer Findungsphase und der Durchführung von konkreten Verbesserungsmaßnahmen an den verschiedenen Elementen des Betreuungsmodells wurde der Weg in ein Qualitätsmanagement nach den Grundprinzipien des EFQM-Ansatzes eingeschlagen.
3. Qualitätsmanagement nach dem EFQM-Ansatz
Konsequenterweise wurde der Ansatz systematisiert und in einem integrierten Qualitätsmanagementsystem zusammengefasst, das den Grundgedanken der EFQM-Philosophie folgt (siehe Abb. 2). EFQM steht für European Foundation for Quality Management. Sie ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für die Verbreitung und Anwendung des Modells für Excellence (EFQM-Modell) einsetzt. Die EFQM wurde 1988 in den Niederlanden als Stiftung gegründet. Stiftungsgründer (14 europäische Unternehmen) waren u. a. die Firma Robert Bosch GmbH, Renault, Philips, Volkswagen. Mittlerweile hat die EFQM über 600 Mitgliedsunternehmen, und es arbeiten weltweit mehr als 10.000 Unternehmen nach den EFQM-Prinzipien. Excellence in der Definition der EFQM ist die Grundlage des EFQM-Modells. Wirklich hervorragende Organisationen zeichnen sich nach der Definition der EFQM dadurch aus, dass sie um die Zufriedenheit ihrer Interessengruppen (Mitarbeiter und Kunden) bemüht sind, und zwar bezogen auf die Ergebnisse, die sie erreichen und durch die Vorgehensweisen (Prozesse), wie sie diese Ergebnisse erreichen. Dies wurde für das gesamte alternative Betreuungsmodell als Anspruch zugrundegelegt.
Nur excellente Vorgehensweisen führen zu excellenten Ergebnissen für alle Interessengruppen. Die Herausforderung für Unternehmen ist es, die Qualitätsmerkmale des eigenen Erfolgs herauszufinden. In einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess werden Strukturen und Prozesse optimiert, um langfristig und nachhaltig gute Ergebnisse bei den Kunden – in unserem Fall den Mitgliedsunternehmen –, aber auch bei den eigenen Mitarbeitern zu erzielen. Das EFQM-Konzept unterscheidet zwischen Befähigern (Strukturen und Prozesse) auf der einen Seite und Ergebnissen auf der anderen Seite (siehe Abb. 3).
4. Anwendung des EFQM-Ansatzes
Ziel der Einführung eines Qualitätsmanagements nach den Grundannahmen des EFQM-Ansatzes ist die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung der alternativen bedarfsorientierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung nach § 2 Abs. 4 BGV A2 bzw. ab dem 1. Januar 2011 nach DGUV Vorschrift 2.
Im Einzelnen wurden folgende Ziele gesetzt:
- Verbesserung der Leistung der Organisation,
- Bessere Nutzung der Potenziale der Akteure der BG RCI – Branche Baustoffe – Steine – Erden,
- Verbesserung der Beratungs- und Bildungsprozesse,
- Verbesserung von Produkt- und Dienstleistungsqualität,
- Bewertung der sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung,
- Zielgerichtete Steuerung der Betreuung.
Ein Hemmnis in der Umsetzung des Ansatzes sind die Befürchtungen einzelner Akteure, dass über diesen Ansatz eine persönliche Leistungsbewertung vorgenommen würde. Mit der Leitung wurde deshalb folgende Vereinbarung getroffen:
Es ist ausdrücklich nicht das Ziel, einzelne Akteure im Unternehmermodell zu bewerten. Die gewonnenen Ergebnisse aus der Selbstbewertung und den Unternehmen (z.B. Stand der Organisation des Arbeitsschutzes, Stand der Gefährdungsbeurteilung) verwenden wir ausschließlich zur Selbstreflexion des Beraters und in einer übergeordneten Auswertung, um die Struktur- und Prozessqualität (z.B. Bildungs- und Beratungsprozesse) zu optimieren.
5. Vorgehen
Im Rahmen von Workshops, an denen alle an der alternativen Betreuung der BG RCI – Branche Baustoffe – Steine – Erden beteiligten Mitarbeiter teilnahmen, wurden Indikatoren für die Struktur‑, Prozess- und Ergebnisqualität sowie Kriterien zur Bewertung der Qualitätsindikatoren entwickelt. [2]
Abbildung 4 zeigt in der Übersicht die Leitindikatoren zur Beschreibung von Struktur‑, Prozess- und Ergebnisqualität. Diese wurden im nächsten Schritt ausdifferenziert.
Die Strukturqualität wird beispielsweise mit Indikatoren zur Politik und Strategie oder zur Führungs- und Aufbauorganisation der alternativen Betreuung (Leitbild, strategische Ziele) beschrieben. Indikatoren zur Prozessqualität wurden gebildet über Qualitätsindikatoren zu den Seminaren und zur Beratung in den Unternehmen. Die Indikatoren wurden über zwei Leitfäden dargestellt:
- Leitfaden Bildungsprozesse
- Leitfaden bedarfsorientierte Betreuung
Die Ergebnisqualität beschreibt die erzielten Wirkungen in den Unternehmen. Indikatoren sind vor allem der Stand der Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb und der Stand der Gefährdungsbeurteilung (siehe Abb. 5).
Auf Basis dieses Indikatorenmodells wurde ein Selbstbewertungsinstrument entwickelt, das eine Einstufung jedes Indikators anhand verschiedener Parameter und Beurteilungskriterien ermöglicht. Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für die Umsetzung eines Indikators in messbare Kennzahlen. In vergleichbarer Weise wurden alle Indikatoren auf Kennzahlen heruntergebrochen. Mit dem Selbstbewertungsinstrument steht ein umfassendes, auf die spezifischen Belange des alternativen Betreuungsmodells angepasstes Werkzeug zur Bewertung des Stands der Qualität zur Verfügung. Das beteiligungsorientierte Vorgehen in der Entwicklung des Instruments sichert die Konsensfähigkeit und das Commitment aller Akteure.
Anhand dieses Instrumentariums wurde – wiederum in Form von Workshops – die Selbstbewertung durchgeführt und ausgewertet. Das Ergebnis zeigte die Stärken und die Verbesserungspotenziale der alternativen Betreuung. Daraufhin erfolgte eine Priorisierung von Indikatoren (Abb. 5, fett gedruckt), deren Verbesserungspotenziale durch gezielte Maßnahmen unter breiter Beteiligung der Akteure vorrangig erschlossen werden soll. Die verbleibenden Indikatoren werden zu einem späteren Zeitpunkt in den Prozess der Leistungsverbesserung aufgenommen. Abbildung 7 fasst das Vorgehen der Erarbeitung der Grundlagen bis zum Start der Leistungsverbesserung zusammen.
6. Maßnahmen zur Verbesserung
Als übergeordnete Maßnahme wurde festgelegt, dass auf den regelmäßigen Sitzungen der Sicherheitsingenieure und Betriebsärzte das Qualitätsmanagementsystem als fester Tagesordnungspunkt aufgenommen wird und die erhobenen Daten und Ergebnisse der Auswertungen zu erörtern sind. Zusätzlich finden regelmäßig Sitzungen des Qualitätsmanagement-Projektteams statt, um das Qualitätsmanagementsystem regelmäßig zu aktualisieren, Änderungen einzuarbeiten und über die Ergebnisse der Fragebogen zu diskutieren und Verbesserungspotenziale aufzuzeigen.
Die prioritären Verbesserungsmaßnahmen im Rahmen der Strukturqualität waren:
- Erarbeitung eines Leitbildes Das Leitbild legt die prinzipielle Zielsetzung und Durchführung des „Unternehmermodells“ fest. Es wurde von der Leitung der Prävention der BG RCI in Kraft gesetzt.
- Festlegung strategischer Ziele der alternativen Betreuung Die strategischen Ziele sind richtungsweisende Vorgaben für alle Elemente des Unternehmermodells. Sie beinhalten neben übergeordneten generellen strategischen Zielen weitere zur Kundenorientierung, zu Seminaren, zur sicherheitstechnischen und betriebsärztlichen Betreuung und zu sonstigen Elementen des Unternehmermodells.
- Beschreibung des Rollenverständnisses von Sicherheitsingenieur und Betriebsarzt im alternativen Betreuungsmodell Das Rollenverständnis beschreibt das Selbstverständnis von Sicherheitsingenieuren und Betriebsärzten im Rahmen der Betreuungstätigkeit im Unternehmermodell.
- Aufstellen eines Katalogs möglicher Zielvereinbarungen Die Führung von Sicherheitsingenieuren und Betriebsärzten im Rahmen des Unternehmermodells erfolgt mithilfe des Leitgedankens „Führen durch Zielvereinbarung“. Hierzu wurde ein Katalog von Zielvereinbarungen entwickelt.
- Selbstverpflichtungserklärung aller Akteure auf die Ziele Zur Erhöhung der Verbindlichkeit der Ziele und Grundsätze sowie der Instrumente zur Verbesserung der Prozessqualität wird die Selbstverpflichtungserklärung genutzt.
Zur Optimierung der Prozessqualität wurden drei Leitfäden entwickelt, die einerseits die Qualitätsmaßstäbe vorgeben und andererseits handlungsleitend für die Ausgestaltung der Prozesse sind:
- Leitfäden „Sachgerechte bedarfsorientierte Betreuung“ und „Betreuung bei besonderen Anlässen“ Beschreibung der Qualitätsanforderungen für die Durchführung von betrieblichen Beratungen.
- Leitfaden „Bildungsprozesse“ Beschreibung der Qualitätsanforderungen für die Durchführung von Bildungsmaßnahmen im Rahmen des Unternehmermodells.
- Leitfaden „Mitarbeiterzufriedenheit“ Beschreibung der Indikatoren der Mitarbeiterzufriedenheit. Er soll genutzt werden zur Selbstreflexion, für die Führungsprozesse und die Gestaltung des Umgangs miteinander.
Zur Verbesserung der Bildungsprozesse wurden die Seminarunterlagen überarbeitet und aktualisiert. Das gemeinsame Ziel der vier Grundseminare und der Fortbildungsveranstaltungen liegt in der Stärkung der Handlungskompetenz (Wissen und Bereitschaft/Motivation) des Unternehmers im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz. Inhaltlich wurden die Seminare auf die Kompetenzerweiterung zur Gefährdungsbeurteilung und zur Organisation des Arbeitsschutzes im Kleinbetrieb strategisch konzentriert. Um die damit verbundenen Ziele der Seminare besser zu erreichen, wurden mit allen Referenten Fortbildungsveranstaltungen durchge-führt.
Durch die Erstellung der Leitfäden für die Beratungen gibt es nun einen festgeschriebenen Standard, an dem sich alle Berater orientieren müssen. In einer freiwilligen Selbsterklärung haben sich alle Sicherheitsingenieure und Betriebsärzte zum Leitbild, zu Zielen und zum Rollenverständnis verpflichtet. Ein weiterer Teil der Selbstverpflichtungserklärung umfasst die Beachtung der Grundsätze der Leitfäden zur Beratung. Um die Effekte der Leitfäden mit den darin enthaltenen Qualitätsmerkmalen zu messen, wurden entsprechende Fragebögen zur „Auswertung einer Beratung“ sowie ein Fragebogen zur „Auswertung der Bildungsprozesse“ entwickelt und an die Akteure verteilt. Die Fragebögen werden in Verbindung mit den Leitfäden zur Selbstreflexion der eigenen Arbeit und übergeordnet zur ständigen Bewertung und Optimierung der Prozessqualität genutzt.
Um die Ergebnisqualität nachweisbar verbessern zu können, sind die Wirkungen und Effekte in den Betrieben als den eigentlichen Kunden zu erheben. Hierzu wurden erstellt und eingesetzt:
- Fragebogen zum „Stand der Gefährdungsbeurteilung“ Der Fragebogen erfasst in den zu betreuenden Betrieben den Stand der Gefährdungsbeurteilung.
- Fragebogen zum „Stand der Organisation des Arbeitsschutzes“ Der Fragebogen erfasst den Stand der Organisation des Arbeitsschutzes in den zu betreuenden Betrieben.
- Erhebungsbogen zur „Mitarbeiterzufriedenheit“ Der Fragebogen erfasst die Zufriedenheit der Akteure der BG RCI im Unternehmermodell mit ihrer Arbeit und ihren Arbeitsbedingungen.
7. Etablierung eines ständigen Verbesserungsprozesses
Auf Basis des Selbstbewertungsinstrumentariums und der entwickelten Werkzeuge, Leitfäden, Fragebögen usw. werden regelmäßig und laufend die Strukturen, Prozesse und erzielten Wirkungen bewertet, Verbesserungspotenziale abgeleitet und neue Maßnahmen entwickelt. Abbildung 8 zeigt das etablierte Vorgehen für die Beratungsprozesse.
Ziel des Qualitätssicherungs- und Verbesserungsprozesses ist es, das alternative Betreuungsmodell auf dem Stand von Technik, Wissenschaft und guter Praxis zu halten und die Chancen des Modells für die Prävention weiter auszuschöpfen. Dabei sind folgende Aspekte relevant:
- Ständige Anpassung des Betreuungsmodells an die Entwicklungen im Arbeitschutz.
- Verbesserung der Nachhaltigkeit der Wirkungen auf der Seite des Kunden. Hier geht es um mittel- und langfristige Wirkungen, die die Unternehmen befähigen, eigenverantwortlich präventiv zu handeln. Dies bedarf der ständigen Motivation und Unterstützung durch die betreuenden Akteure.
- Verbesserung der Angebote der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI).
Fazit
Nach der Einführung dieses Systems in 2009 haben schon die ersten Monate gezeigt, wie wichtig und richtig dieser Schritt war. Die große Herausforderung besteht nun in der nachhaltigen Etablierung des neuen Systems. Es muss mit Leben gefüllt werden und darf nicht nur als Papierordner im Regal stehen. Die Selbstbewertung wird fortgeschrieben und unter folgenden Gesichtspunkten eine systematische Verbesserung betrieben:
- Welche im größtmöglichen Umfang erhaltenswerte Stärken sind vorhanden?
- Welche Stärken sollen weiterentwickelt werden bzw. mehr genutzt werden?
- Welche Verbesserungspotenziale sind vordringlich?
- Welche Verbesserungspotenziale sollen nicht weiterverfolgt werden (kein Kerngeschäft)?
- Wie sollen der Fortschritt der vereinbarten Maßnahmen und die damit erzielten Effekte verfolgt werden?
Alle Akteure des alternativen Betreuungsmodells der BG RCI – Branche Baustoffe – Steine – Erden haben sich auf die Ziele des Qualitätsmanagements verpflichtet und stehen in der Verantwortung, diese Ziele zu erreichen. Die ersten Ergebnisse zeigen bereits spürbare und messbare Fortschritte, die alle Beteiligten ermutigen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.
Literatur
- 1. Kliemt, G.; Wienhold, L.; Barth, Chr.; Dörr, R.; Glomm, D.; Khan, A.; Korus, H. C.; Scheuch, K.; Voullaire, E.: Effektivität und Effizienz der betriebsärztlichen Betreuung in Klein und Mittelbetrieben. Vergleichende Bewertung von alternativen Betreuungsstrategien und Regelbetreuung. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH2003. (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht, Fb998).Larisch,J. Lang, P.; Evaluation der alternativen arbeitsemdizinsichen Betreuung, Abschlussbericht. In: Steinbruchs- Berufsgenossenschaft (Hrsg.): Die Alternative Arbeitsmedizinische Betreuung von Kleinunternehmen der Steine und Erden Industrie. Hannover 1999.
- 2. Vgl. hierzu Hamacher, W.; Jochum, Chr.; Lins, St.; Ritter, A.: Indikatoren und Parameter zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes im Hinblick auf Arbeitsschutzmanagementsysteme. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH 2002. (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht, Fb959). Wienhold, L.; Qualität des Handelns der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH 2005. (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht, Fb1046)
Autoren
Christof Göbel Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) Branche Baustoffe – Steine – Erden
Werner Hamacher systemkonzept – Gesellschaft für Systemforschung und Konzepentwicklung mbH, Köln
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