Arbeiten im feuchten Milieu (Feuchtarbeit) gehört zu den häufigsten Auslösern von Hauterkrankungen. Gemäß TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt: Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen“ zählen zur Feuchtarbeit neben der intensiven, bzw. häufigen Händereinigung alle Tätigkeiten, bei denen die Beschäftigten regelmäßig mehr als zwei Stunden pro Tag mit ihren Händen Arbeiten im feuchten Milieu ausführen oder einen entsprechenden Zeitraum flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen. Bei dieser Definition kommen Fragen auf. Unabhängig von den unklaren Angaben zur Hautreinigung soll hier zum einen auf das „feuchte Milieu“, zum anderen auf die Einstufung des Handschuhtragens zur Feuchtarbeit im Beitrag eingegangen werden.
Frank Zuther
Der Begriff »feuchtes Milieu« ist in der TRGS 401 leider nicht näher definiert. Es werden hinsichtlich einer potentiellen Hautgefährdung keine Unterschiede vorgenommen, ob dermale Expositionen zu purem Wasser oder aber zu wässrigen Zubereitungen, wie Tensidlösungen, verdünnten Säuren oder wassergemischten Kühlschmierstoffen bestehen. Das ist bedauerlich, denn eine Hautschädigung ist bei Kontakt zu tensidhaltigen wässrigen Lösungen sicher eher zu erwarten, als zu purem Wasser.
Gemäß TRGS 401 zählt auch das zweistündige Tragen von okklusiven (= feuchtigkeitsdichten) Schutzhandschuhen zur Feuchtarbeit. Damit wird die Hautgefährdung durch das Tragen von Schutzhandschuhen auf die gleiche Ebene gestellt, wie der Vollkontakt zu wässrigen, nicht näher definierten Medien. Unter dem Aspekt, dass flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe auch zum Schutz vor irritativ wirkenden Flüssigkeiten eingesetzt werden, ist diese Einstufung kurios, denn wenn die für einen Schadstoff empfohlene persönliche Schutzausrüstung in gleicher Art schädigend wirkt, wie der Schadstoff selbst, wäre das Schutzprodukt im Grunde überflüssig. Die Praxis belegt jedoch, dass das Tragen von Schutzhandschuhen effektiv auch vor irritativ wirkenden Flüssigkeiten schützt.
Die Darstellung der Auswirkungen des Handschuhtragens auf die Haut resultiert aus Erkenntnissen epidemiologischer Studien, in denen die Selbsteinschätzung der Betroffenen Grundlage für anamnestische Angaben zur Dauer und Art der Feuchtbelastung bildet. Kann eine Selbsteinschätzung Grundlage genug sein, um für flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe Anwendungsbeschränkungen zu empfehlen? Zur Klärung der Frage, ob das Tragen von Schutzhandschuhen die gleichen Auswirkungen auf die Haut hat, wie das Eintauchen der Hände in Wasser über den gleichen Zeitraum, hat das IPA-Institut der Ruhr-Universität Bochum eine erste Studie initiiert [1], in der die Auswirkungen der Feuchtarbeit nach Art und Dauer unter experimentellen Bedingungen an Probanden untersucht und differenziert wurden. Fazit dieser Studie war, dass bei Feuchtarbeit unter vier Stunden das Handschuhtragen der direkten Feuchtexposition vorzuziehen ist. Zur weiteren Differenzierung der Feuchtarbeit besteht in dieser Richtung sicherlich weiterer Forschungsbedarf. Aber: Ist es nicht als ungewöhnlich zu werten, wenn der anhaltende Kontakt der Haut mit Feuchtigkeit und das Tragen eines Chemikalienschutzhandschuhs hinsichtlich der Hautgefährdung gleichgesetzt und in einer technischen Regel thematisiert wird, bevor dies wissenschaftlich und medizinisch geeignet untersucht und fundiert bewertet wurde? Reicht die Selbsteinschätzung von Probanden dazu wirklich aus – dies insbesondere unter dem Aspekt, dass es noch nicht einmal eine Differenzierung für den Begriff „Feuchtmilieu“ gibt?
Zudem wird in der TRGS 401 nicht deutlich, welche Handschuh-Bauarten überhaupt unter den Begriff „flüssigkeitsdichter Handschuh“ fallen. In der TRGS 401 findet sich dafür keine spezielle Begriffsbestimmung, wohl aber in der Normung. Für die Praxis und die Gefährdungsbeurteilung kann daher angenommen werden, dass nur das mindestens zweistündige Tragen eines Chemikalienschutzhandschuhs nach EN 374 unter die Feuchtarbeit fällt. Das Tragen von voll- oder teilbeschichteten Handschuhen zum Schutz vor mechanischen Gefährdungen fällt bisher nicht unter diese Regelung, da diese nicht flüssigkeitsdicht im Sinne der Norm EM 374 sind.
Es ist richtig, dass Handschuhe abhängig von der Arbeitsumgebung, den persönlichen Veranlagungen und der Tragedauer zu einem verstärkten Schwitzen der Hände führen können. Kann der Schweiß nicht verdunsten, so kommt es zu einer Aufweichung und Quellung der Haut. Geschieht dies häufig, so kann die Hautbarriere gestört werden, so dass die Anfälligkeit gegenüber äußeren Einflüssen und Arbeitsstoffen erhöht und damit die Gefahr zur Ausbildung eines Handekzems begünstigt wird.
Es ist jedoch nicht richtig, diese Effekte allein auf flüssigkeitsdichte Handschuhe und einer festgelegten Tragedauer zu beschränken. Das Schwitzverhalten eines Menschen ist sehr individuell ausgeprägt. Zudem muss die Arbeitsumgebung berücksichtigt werden. Bei einem verstärkten Schwitzen kann es bereits nach kurzer Zeit zu einer Quellung der Haut kommen, wenn der Schweiß durch das Tragen eines okklusiven Handschuhs nicht verdunsten kann. Umgekehrt kann die Hautquellung bei geringer Schweißbildung selbstverständlich auch später eintreten. Eine Verallgemeinerung wie durch die TRGS 401 vorgegeben ist hier völlig fehl am Platz. Maßgeblich ist die Gefährdungsbeurteilung.
Wichtig zur Vermeidung der Schweißbildung unter Handschuhen ist die korrekte Anwendung von Schutzhandschuhen mit individuellen Vorgaben zur Tragedauer unter Einbindung von Tragepausen. Immer sollte man den Nutzen unter Beachtung der bei einer bestimmten Tätigkeit auftretenden, jedoch realistischen Risiken abwägen. Der Einsatz geeigneter richtlinienkonformer Produkte von qualifizierten Herstellern unter Beachtung der Eigenschaften und Benutzerinformationen ist obligat.
Die TRGS 401 ist bei der Darstellung von Handschuhen in einigen Punkten in Expertenkreisen sehr umstritten. Das in der TRGS 401 gelebte grundsätzliche Abwerten des Nutzens von Chemikalienschutzhandschuhen trägt sicher nicht dazu bei, eine effektive Prävention zu betreiben und Hauterkrankungen zu vermeiden. In einer weiteren Veröffentlichung setzen wir uns daher fachlich mit weiteren Punkten auseinander.
Schützen Hautschutzmittel vor Schweißbildung unter Schutzhandschuhen?
Das klassische Einsatzgebiet von Hautschutzmitteln ist die Feuchtarbeit. Dazu zählt gemäß TRGS 401 auch das Tragen von Schutzhandschuhen mit Okklusionseffekt von mehr als zwei Stunden pro Arbeitstag. Wissenschaftlich/medizinisch lässt sich weder der fixierte Zeitrahmen von 2 Stunden, noch die Aussage an sich begründen. Der Effekt des Schwitzens beim Tragen von Handschuhen ist in hohem Maße abhängig vom Schwitzverhalten des Anwenders sowie von der verwendeten Bauart des Handschuhs.
Das Schwitzverhalten ist individuell bedingt. So kann es vorkommen, dass die Handschuhe eines stark schwitzenden Anwenders bereits nach 30 Minuten von innen nass sind, während ein anderer die Handschuhe weitaus länger tragen kann, ohne den gleichen Effekt zu spüren. Durch regelmäßige betriebsärztliche Kontrollen könnten auch hierzu individuelle und angemessene Lösungen gefunden werden.
Die stetigen Diskussionen des Schwitzens in Handschuhen haben im Bereich der Hautschutzmittel zu einer Erweiterung ihrer Auslobung und Anwendung geführt. Wenn Hautschutzmittel bei Feuchtarbeit anzuwenden sind – warum sollten sie dann auch nicht unter Handschuhen benutzt werden können, um die Haut vor der eigenhändig produzierten Feuchtigkeit zu schützen? Vielleicht können sie durch Beifügung bestimmter Inhaltsstoffe aus dem Bereich Antitranspirantien sogar dazu beitragen, die Schweißbildung zu hemmen?
Um Aussagen darüber treffen zu können, ob sich die Anwendung spezieller Hautschutzmittel unter Handschuhen positiv in der Praxis erweist, wurde an der IPA Ruhr-Universität Bochum (Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum) die Studie „Effekte beruflicher Hautmittel bei Handschuhokklusion“ [2] durchgeführt.
Trotzdem es aufgrund der geringen Anzahl der Studienteilnehmer sicherlich noch weiteren Forschungsbedarf gibt, um die Ergebnisse der IPA-Studie zu stützen, kann momentan als Ergebnis festgehalten werden, dass in dieser Studie bisher keine nachweisbare schweißhemmende Wirkung durch Hautschutzmittel, die zur Anwendung unter Handschuhen ausgelobt werden, bewiesen werden konnte. Ebenso konnte nicht belegt werden, dass die Anwendung spezieller Hautschutzmittel unter Schutzhandschuhen zu einer messbaren Verbesserung der Barrierefunktion führt.
Das alleinige Vorhandensein eines Wirkstoffs, der bekannt dafür ist, eine Schweißhemmung zu bewirken, reicht für eine Wirksamkeit nicht aus, da die Effekte stark konzentrationsabhängig sind und die bei Antitranspirantien eingesetzten Stoffe in derartigen Konzentrationen selbst eine irritierende Wirkung auf die Haut haben. Kurz gesagt gibt es bisher in der Praxis keinen ausreichend begründeten Beweis für eine effektive Schweißhemmung nach Anwendung von Hautschutzmitteln unter okklusiven Schutzhandschuhen. Es wurde allenfalls vereinzelt von psychologisch bedingten positiven Effekten berichtet.
Die Belastungen der Haut sind bei Feuchtigkeit „von außen“ durch Arbeitsstoffe und „von innen“ durch das Schwitzen unterschiedlich zu werten. Damit müssten auch die Anforderungen an ein Hautschutzmittel sowie dessen Wirksamkeit verschiedenartig sein. Dies wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht und berücksichtigt.
Grundsätzlich sollte jedoch immer die Anwendung fettreicher Hautschutzmittel unter Handschuhen vermieden werden, da diese zusätzlich okklusiv wirken und eine Ekzembildung unterstützen können. Weiterhin sollten Hautschutzmittel zur Erleichterung der Hautreinigung nicht unter Handschuhen angewendet werden, da sie hohe Anteile an oberflächenaktiven Stoffen (Emulgatoren) enthalten, die bei Schweißbildung unter dem Handschuh tensidähnlich wirken und die Haut bei Handschuhokklusion schädigen können. Es bietet sich an, diesbezüglich eine geeignete, möglichst produktneutrale und fachlich geeignete Beratung in Anspruch zu nehmen.
Parallele Anwendung von Hautschutzmitteln und Schutzhandschuhen – ein Problem?
Beim Einsatz von Hautschutzmitteln unter Handschuhen ist auch eine Veränderung der Schutzzeit und Wirkung des Handschuhs denkbar (s. auch TRGS 401 Nummer 6.4.4 Abs. (6)). Sie können unter Umständen mit dem polymeren Handschuhmaterial wechselwirken und seine mechanischen Leistungen, wie die Reißfestigkeit, herabsetzen. Auch die Beständigkeit gegenüber Chemikalien kann verringert werden.
Es ist beispielsweise bekannt, dass Latex bei Öl- oder Fettkontakt rasch degradiert und der Handschuh damit nicht mehr ausreichend schützt. Gemäß TRGS 401 Nummer 6.4.1 Abs. (5) muss der Arbeitgeber die Beeinträchtigung der Leistung eines Handschuhs durch Hautschutzmittel bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen berücksichtigen. Sollen Hautschutzmittel unter Handschuhen angewendet werden, so muss sichergestellt sein, dass das spezifische Hautschutzmittel keine negativen Auswirkungen auf den eingesetzten Handschuh hat. Es wird dringend geraten, dies zu beachten und sich kundig zu machen. Hier können nur die Hersteller beider Schutzsegmente unterstützen.
Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang die Erarbeitung eines standardisierten Verfahrens, das den Einfluss eines Hautschutzmittels auf das Handschuhmaterial beschreibt und die Produkte untereinander vergleichbar macht. Bisher werden von Herstellern in diesem Bereich nur verschiedene Versuche unter recht praxisfernen „worst-case“-Bedingungen verwendet. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in absehbarer Zeit eine akzeptable Methode von den Experten der beiden Branchen „Hautschutzmittel“ und „Schutzhandschuhe“ erarbeitet wird und zur Verfügung steht.
Nach bisherigen Kenntnissen kann man bei gesunder Haut auf den Einsatz von Hautschutzmitteln unter okklusiven Schutzhandschuhen verzichten. Das Schwitzen sollte vielmehr organisatorisch durch Beachtung der Tragezeiten der Handschuhe sowie der geeigneten Tragepausen kontrolliert werden.
Schlussbemerkung
Die exponierte Stellung von Hauterkrankungen am Berufskrankheitengeschehen hat Ursachen, wobei nicht nur Arbeitsstoffe, sondern insbesondere auch ungeeignete oder unzureichende betriebliche Maßnahmen sowie Anwendungsfehler als Auslöser gesehen werden sollten.
Spätestens bei den ersten Anzeichen einer Hautschädigung, wie trockene, gerötete Haut, sollten der Betriebsarzt und / oder ein Facharzt aufgesucht werden, um die wirklichen Ursachen zu ermitteln, bisherige Schutzprodukte, betriebliche und organisatorische Maßnahmen hinsichtlich ihrer Effektivität zu prüfen und gegebenenfalls geeignet zu optimieren. Durch eine produktneutrale Beratung durch Spezialisten aus diesem Bereich kann die Auswahl der Maßnahmen wesentlich erleichtert werden.
Schließlich kann das Ausmaß und Auftreten von Hauterkrankungen durch Anwendung geeigneter Schutzprodukte in Kombination mit der korrekten Anwendung deutlich verringert werden.
Literatur
- 1. Fartasch, M.: Feuchtbelastung der Haut bei der Arbeit, BGFA-Info 02/09, 16–17
- 2. Fartasch, M., Taeger, D., Broding,H. C., Brüning, T.: Doppelter Schutz ist nicht immer besser: Wirkung von Hautmitteln auf die Hautbarriere unter feuchtigkeitsdichten Handschuhen, IPA Journal 03/2010, 14–15
Autor
Frank Zuther
Frank Zuther Consulting Skagerrakstr. 72 46149 Oberhausen
Unsere Webinar-Empfehlung
15.06.23 | 10:00 Uhr | Maßnahmenableitung, Wirksamkeitsüberprüfung und Fortschreibung – drei elementare Bausteine in jeder Gefährdungsbeurteilung, die mit Blick auf psychische Belastung bislang weniger Beachtung finden.
Teilen: