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Grobe Fahrlässigkeit kann teuer werden

Rechtsprechung
Grobe Fahrlässigkeit kann teuer werden

Grobe Fahrlässigkeit kann teuer werden
Sturzunfälle stehen in der Unfallstatistik ganz oben. Diese können nur vermieden werden, wenn die entsprechenden Maßnahmen zur Absturzsicherung getroffen werden. Foto: 3desc – Fotolia.com
Verur­sacht ein Arbeit­ge­ber grob fahrläs­sig einen Arbeit­sun­fall, kann der Sozial- ver­sicherungsträger Ersatz der Aufwen­dun­gen, die er nach dem Unfall getätigt hat, ver­lan­gen. Das hat das Ober­lan­des­gericht Bam­berg mit Beschluss vom 03.03.2008 entschieden.

Unfal­lka­sse Post und Telekom Frau Tan­ja Saut­ter Abteilung Reha­bil­i­ta­tion und Entschädi­gung Europaplatz 2 72072 Tübingen

Die Beklagte hat­te den Auf­trag, an mehreren Gebäu­den ihres Auf­tragge­bers Fen­ster­anstrichar­beit­en sowie weit­ere Maler­ar­beit­en durchzuführen. Die Auss­chrei­bung­sun­ter­la­gen sahen hierzu die Erstel­lung eines Gerüstes vor. Das Gerüst wurde dem Auf­tragge­ber auch in Rech­nung gestellt. Den­noch wurde das vorge­se­hene Gerüst nicht erstellt, obwohl die Arbeit­nehmer der Beklagten dies mehrfach gefordert hat­ten. Um an die höher gele­ge­nen Fen­ster zu kom­men, benutzten die Arbeit­nehmer der Beklagten eine lange Alus­prossen­leit­er mit eingekerbten Gum­mifüßen. Beim Ver­such, ein 3,70 m über dem Boden befind­lich­es aus­ge­hängtes Fen­ster einzuhän­gen, stürzte ein Arbeit­nehmer der Beklagten und ver­let­zte sich schw­er. Die kla­gende Beruf­sgenossen­schaft hat­te für diesen Unfall Aufwen­dun­gen in Höhe von mehr als 76.000 Euro. Diesen Betrag ver­langte die Beruf­sgenossen­schaft von der Beklagten mit der Begrün­dung zurück, diese habe grob fahrläs­sig gehan­delt, weil sie das vorge­se­hene Gerüst nicht habe auf­stellen lassen. Dies sei sowohl im Leis­tungsverze­ich­nis als auch in den Unfal­lver­hü­tungsvorschriften vorge­se­hen und auch berech­net worden.
Regress
Gem. § 110 SGB VII kön­nen die Sozialver­sicherungsträger Per­so­n­en, die den Ver­sicherungs­fall vorsät­zlich oder grob fahrläs­sig her­beige­führt haben, für die infolge des Ver­sicherungs­falls ent­stande­nen Aufwen­dun­gen in Regress nehmen.
Grund­sät­zlich sollen Unternehmer und Arbeit­nehmer auf­grund der in der Regel auss­chließlich von den Unternehmern gezahlten Beiträge von der Haf­tung freigestellt sein. Erscheint dies jedoch wegen des für den Ver­sicherungs­fall ursäch­lichen Ver­hal­tens nicht mehr gerecht­fer­tigt, so kön­nen sowohl Unternehmer als auch Arbeit­nehmer in Anspruch genom­men werden.
Das Landgericht Schwe­in­furt hat der Beruf­sgenossen­schaft Recht gegeben (Urteil vom 19.10.2007, Az. 23 O 672/06). In den Urteils­grün­den heißt es, das Ver­hal­ten der Beklagten ver­stoße in erhe­blichem Umfang und außergewöhn­lich­er Art und Weise gegen Schutzvorschriften zu Gun­sten von ihr einge­set­zter Arbeit­nehmer. Eine grobe Fahrläs­sigkeit liege somit vor. Die Beklagte habe nicht nur ihre ver­tragliche Verpflich­tung gegenüber ihrem Auf­tragge­ber ver­let­zt, son­dern vor allem auch gegen Unfal­lver­hü­tungsvorschriften ver­stoßen, die dem Schutz von Leib und Leben von Arbeit­nehmern dienen sollen und somit unbe­d­ingt einzuhal­ten seien. Von Bedeu­tung sei hier, dass die Arbeit­er der Beklagten die Erstel­lung des Gerüstes mehrfach angemah­nt hat­ten. Es sei ihnen deshalb nichts anderes übrig geblieben, als die Alus­prossen­leit­er zum Ein­satz zu brin­gen, um die Maler­ar­beit­en aus­führen zu können.
Das Ober­lan­des­gericht Bam­berg bestätigte diese Entschei­dung (Beschluss vom 03.03.2008, Az. 1 U 207/07). Die Haf­tung der Beklagten ste­he außer Zweifel. Dem Ver­let­zten könne auch kein Mitver­schulden ange­lastet wer­den, obwohl er sich für die gefährliche Arbeit­salter­na­tive mit der Leit­er entsch­ieden habe. Ein Arbeit­nehmer gehe erfahrungs­gemäß trotz besser­er Ein­sicht eher ein Risiko ein, als dass er den Ver­lust seines Arbeit­splatzes riskiere. Das entschei­dende Ver­schulden liege bei der Beklagten, die leicht­fer­tig Schutz­maß­nah­men ver­weigert habe.
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