Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Steuererklärung und einer Gefährdungsbeurteilung? Nein? Dann frage ich anders: Was haben eine Steuererklärung und eine Gefährdungsbeurteilung gemeinsam? Keiner will sie machen, aber man kommt einfach nicht drum herum. Gut, aber was ist nun bitteschön der Unterschied? Sie kommen noch immer nicht drauf? Ich möchte Ihnen gerne einen Tipp geben:
Seit 1996 werden jährlich zig hunderte (es müssten aufgrund der großen Anzahl von Unternehmen in Deutschland eigentlich mehrere Millionen sein…) von aufwendigen Gefährdungsbeurteilungen auf tausende Seiten chlorfrei gebleichten Papiers aus biologischem Urwaldanbau gedruckt, bevor sie auf nimmer Wiedersehen in dicken Aktenordnern verschwinden und – wie die Sieger einer großen RTL-Castingshow – alsbald in Vergessenheit geraten. Als umweltbewusste Fachkraft für Arbeitssicherheit fragen Sie sich am Steuer Ihres Geländewagens auf dem einhundert Meter langen Weg zwischen Ihrem Bürogebäude und der Kantine am Eingangstor, ob das wirklich sein muss?
Lassen Sie es mich kompliziert ausdrücken: Nein!
Sie werden mir nun sicherlich ein entrüstetes „Äh, aber…!“ zurufen wollen. Schließlich hatten Sie sich nach der aufregenden ASA-Sitzung gestern Nachmittag im richtigen Abstand vor Ihren, mittels Gefährdungsbeurteilung nach Bildschirmarbeitsverordnung (Anm. d. Red.: im Dezember 2016 wurde die Bildschirmarbeitsverordnung fast unverändert in die Arbeitsstättenverordnung übernommen, diese Beitrag wurde vor der neuen ArbStättV veröffentlicht), parallel zum Fenster ausgerichteten Computermonitor gesetzt und in eine allseits bekannte Suchmaschine den Begriff „Gefährdungsbeurteilung“ eingetippt. Keine 0,14 Sekunden später hatten Sie die Qual der Wahl, sich zwischen 2.210.000 Ergebnissen (Anm. d. Red.: heute am 28.8. 2019 waren es 1.290.000 in 0,31 Sekunden) entscheiden zu dürfen. Da gab es kleine und große Datenbanken, kostenlose und überteuerte Datenbanken, diverse Handlungshilfen, noch diversere Checklisten, umfangreiche Gefährdungskataloge, merkwürdige Merkblätter, noch merkwürdigere Betriebsanweisungen, Sammelordner, Fachbücher, Hörbücher, e‑books und vermutlich auch ein Videogame für eine asiatische Spielkonsole und natürlich ein „App“ für Ihr zartes und apartes Smartphone.
Ich weiß, was Sie jetzt denken und Sie haben Recht! Wenn eine Gefährdungsbeurteilung bei so vielen Einträgen in einer Suchmaschine tatsächlich einfach wäre, hießen Sie Friedrich Merz und hätten bereits ein ausgeklügeltes Steuerkonzept entwickelt, das auf einen Bierdeckel passt.
Moment mal…
Sie haben es! Das ist der Unterschied zwischen einer Steuererklärung und einer Gefährdungsbeurteilung! Die Beurteilung passt tatsächlich auf einen Bierdeckel. Der Arbeitgeber hat gemäß §5 des Arbeitsschutzgesetzes „ […] durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.“ Dabei ist es dem Gesetzgeber erst einmal ziemlich gleichgültig, wie die Gefährdungsbeurteilung aussieht. Wichtig ist, dass sie gemacht wird und man erkennen kann, welches Ziel und welches Ergebnis die Beurteilung hat.
Praxistipp: Verwenden Sie bei der Anfertigung Ihrer Gefährdungsbeurteilung nur frische Blanko-Bierdeckel aus dem Fachhandel. Benutzte Deckel bieten aufgrund der vielen Striche am Rand meist zu wenig Schreibfläche. Diese Deckel sollten, wenn überhaupt, nur in Unternehmen der Bierherstellung zum Einsatz kommen. Benutzten Bierdeckeln entströmt nach längerer Dokumentationszeit ein unangenehmer Geruch, der nur in Brauereien authentisch rüberkommt.
Ihr
Heiko Mittelstaedt
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