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Gesichtsformen variieren von Mensch zu Mensch. Es ist darum einleuchtend, dass es keine Atemschutzmaske geben kann, die bei jedem Träger gleich gut sitzt. Eine praxisnahe Hilfestellung bei der Auswahl der individuell passenden Maske geben qualitative oder quantitative Methoden zur Bestimmung des Maskendichtsitzes, so genannte Fit-Tests.
Dr. Stefan Sticher
Wenn man sich auf die Suche nach einer geeigneten Atemschutzmaske macht, findet man sich sehr schnell in einem unüberschaubaren Dschungel an Produkten wieder. Bei der Auswahl des geeigneten Produkts sollten weder Preis noch Design, sondern der individuelle Dichtsitz für die Anschaffung das wichtigste Kriterium sein. Hierbei ist besonders zu beachten, dass die Gesichtsmaße jedes Menschen unterschiedlich sind und es daher keine Maske geben kann, die jedem passt. Es genügt daher in einem Unternehmen nicht, nur einen Maskentyp in verschiedenen Größen vorzuhalten. Darum sollten vor der Anschaffung alle betroffenen Mitarbeiter in die Tests des Maskendichtsitzes einbezogen werden. Diese Tests werden als „Fit-Tests“ bezeichnet, abgeleitet vom englischen Begriff „fit“, zu Deutsch Sitz oder Passung. Der Begriff hat also nichts mit Fitness zu tun.
Problematik des Dichtsitzes in der Praxis
In einer hausinternen Studie wurden am Robert-Koch-Institut im Jahr 2007 26 Mitarbeiter einem qualitativen Fit-Test mit FFP3-Masken unterzogen.1 Dabei zeigte sich, dass mit nur durchschnittlich zwei von sechs getesteten Maskentypen für den jeweiligen Mitarbeiter ein befriedigender Dichtsitz erzielt werden konnte. Die für erfolgreich befundenen Modelle variierten dabei individuell.
Eine größer angelegte Studie des National Institute of Occupational Safety and Health (NIOSH) in den USA führte zu einem ähnlich ernüchternden Ergebnis.2 Hier wurde mit einem Probandenkollektiv von 25 Personen und 21 Modellen filtrierender Halbmasken gearbeitet. In einem ersten Schritt wurde jede Probanden-Masken-Kombination quantitativ auf den Dichtsitz untersucht. Bei dem verwendeten Maskentyp (N95 Maske) hätte die nach innen gerichtete Leckage höchstens fünf Prozent betragen dürfen. Die Probanden erreichten allerdings durchschnittlich Leckageraten von 33 Prozent! Anschließend wurde mit allen Probanden ein Fit-Test für jede Maske durchgeführt und mit den für passend befundenen Masken abermals eine Messung der nach innen gerichteten Leckage durchgeführt. Hierbei wurden durchschnittlich Leckageraten von vier Prozent gefunden und somit das angestrebte Schutzniveau erreicht. Imposant ist eine weitere Information, die die Studie liefert: Von den 525 Personen-Masken-Kombinationen konnten lediglich 146 zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Im Verhältnis gesehen heißt das also, dass nur etwa ein Viertel der Kombinationen überhaupt zum gewünschten Schutz führten. Insgesamt zeigen die beiden Studien eindeutig, dass dem Arbeitsschutz mit dem bloßen Tragen irgendeines Atemschutzgerätes nicht Genüge getan ist.
Korrektes Anlegen am Beispiel einer FFP-Maske
Die nachfolgenden Schritte sind essentiell für das Erreichen der maximalen Schutzwirkung einer FFP-Maske:
- Korrektes Anlegen der Bebänderung, wie in der Gebrauchsanweisung des Herstellers angegeben
- Andrücken des Nasenbügels, um eine Abdichtung im Bereich der Nasenwurzel zu gewährleisten
- Überprüfen des Dichtsitzes (Fit-Check): Beide Hände werden so auf die Maske gelegt, dass eine möglichst große Fläche des Filters bedeckt ist. Anschließend wird tief ein- und ausgeatmet, wobei kein Luftstrom an den Maskenrändern zu spüren sein darf. Kritische Bereiche sind hierbei Kinn und Nasenrücken. Bei Voll- oder Halbmasken aus Gummi bzw. Silikon wird hierzu einfach der Anschluss der Maske für Filter bzw. Atemluftversorgung mit der Handfläche bedeckt und ein Unterdruck durch Einatmen erzeugt. Bei Vorliegen einer Undichtigkeit bemerkt der Träger sofort, dass der Unterdruck abnimmt.
Qualitativer Fit-Test
Nach korrektem Anlegen der Maske stülpt der Proband eine Haube über. Mit einem Vernebler wird anschließend eine Testsubstanz eingebracht, die entweder über Geruch (z.B. Bananenöl) oder Geschmack (z.B. Bitrex oder Saccharin) erkannt wird. Dieser Test kann natürlich nur erfolgreich angewendet werden, wenn die betreffende Prüfperson überhaupt in der Lage ist, die Prüfsubstanz zu schmecken bzw. zu riechen. Dies ist mit einem vorangehenden Test sicherzustellen, wobei die Prüfperson eine stark verdünnte Lösung der Prüfsubstanz sensorisch erkennen muss. Einige Hersteller bieten fertige Baukästen an, die alle zur Versuchsdurchführung notwendigen Komponenten enthalten.
Nachteilig bei qualitativen Methoden dieser Art ist, dass der Mensch selbst als „Messgerät“ dient. Je nach individueller sensorischer Empfindlichkeit variiert die Aussagekräftigkeit dieser Tests demnach stark. Weiterhin ist das Ergebnis lediglich eine „Ja-Nein-Aussage“ ohne jegliche quantitative Aussage.
Quantitativer Fit-Test
Der quantitative Fit-Test ist die sicherste Methode zur Bestimmung der Schutzwirkung eines Atemschutzgerätes. Hierzu legt eine Testperson den jeweiligen Atemschutz an und wird in einer Prüfkammer einem Testaerosol (in Europa Kochsalz) oder einem Testgas (SF6) ausgesetzt. Durch Entnahme einer Probe aus dem Atembereich und nachfolgende Analyse kann bei Kenntnis der Aersolkonzentration außerhalb der Maske die Leckage bestimmt werden. In der Praxis ist dieser Test zu aufwändig, was zur Entwicklung einfacherer Methoden geführt hat. Hierzu zählt die Verwendung von mobilen Kondensationspartikelzählern, die abwechselnd Proben aus dem Inneren einer angelegten Maske und der Umgebung ziehen. Aus den beiden Messwerten wird der Schutzfaktor bzw. die Leckage bestimmt. Als Testaerosol genügt den Geräten in der Regel das ubiquitäre Aerosol aus der Raumluft. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass eine Mindestkonzentration an Aerosolteilchen nötig ist, um aussagekräftige Messwerte zu erhalten. Ist die Raumluft zu sauber, kann hier mit einem Räucherstäbchen oder einer Kerze Abhilfe geschaffen werden. Einen ähnlichen Effekt erzielt man mit dem Öffnen der Fenster, da die Außenluft in der Regel genügend zählbare Teilchen enthält.
Heutige Situation
In den USA wurden Fit-Tests bereits seit mehr als zehn Jahren flächendeckend und mit großem Erfolg verpflichtend eingeführt. In England gibt es für bestimmte Arbeitsbereiche, wie zum Beispiel die Asbestsanierung, ebenfalls eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Fit-Tests in festgelegten Intervallen. Untersuchungen in diesen beiden Ländern konnten zeigen, dass die Einführung verpflichtender Fit-Tests signifikant zur Verbesserung des Dichtsitzes von ASG beigetragen hat. Neben der Auswahl einer geeigneten Maske tritt ein zusätzlicher Effekt auf, der maßgeblich zur Verbesserung des Arbeitsschutzes beiträgt. Das angeleitete Durchführen von Fit-Test führt zu einem unverzichtbaren Schulungseffekt. Der Anwender lernt das korrekte Aufsetzen und erhält Hinweise auf eventuelle, bisher gemachte Fehler. Der Informationsgehalt ist also deutlich erhöht verglichen mit dem alleinigen Lesen der Herstelleranleitung. Letztendlich ist das Erfolgskonzept von Fit-Tests also nicht nur auf die reine Dichtsitzuntersuchung begrenzt. Daher sollte jeder Atemschutzträger nach Möglichkeit von den beschriebenen Methoden Gebrauch machen. Nur so kann das verwendete ASG seine maximale Schutzwirkung erzielen
Literatur
- 1. G. Lichtfuß, C. Bartels: Auswahl der richtigen FFP3-Maske. In: Biologische Gefahren I – Handbuch zum Bevölkerungsschutz, 3. Auflage 2007, Hrgb.: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn & Robert Koch-Institut, Berlin.
- 2. Centers for Disease Control and Prevention: Laboratory Performance of N95 Filtering Facepiece Respirators. Morbidity and Mortality Weekly Report 1998, 47, 1045–1049.
Autor
Dr. rer. nat.
Stefan Sticher,
Referatsleiter (PSA gegen chemische und biologische Einwirkungen) am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) in Sankt Augustin E‑Mail: stefan.sticher@dguv.de
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