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Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen

Rechtliche Aspekte und mehr
Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen

Psy­chis­che Belas­tun­gen sind heute in aller Munde: Zeit­druck, Dop­pel­be­las­tun­gen, „Burn-out“ und andere wer­den vor allem in den Medi­en gerne als neue Volk­skrankheit apos­tro­phiert. So wurde in den Fachkreisen auch die seit 1996 im Arbeitss­chutzge­setz (Arb­SchG) ver­ankerte Gefährdungs­beurteilung immer inklu­sive ein­er Betra­ch­tung psy­chis­ch­er Kom­po­nen­ten aufge­fasst. Mit der Änderung des Arb­SchG vom Okto­ber 2013 erfol­gte eine Präzisierung des Geset­zes, aber keine fach­liche Ausweitung. Allerd­ings macht es einen Unter­schied, ob ein Sachver­halt expliziert aufge­führt oder nur impliziert mitbe­dacht wird. Ein genauer­er Blick auf die rechtlichen Rah­menbe­din­gun­gen ist daher für die Umset­zung hilfreich.

Recht­san­walt Thomas Engelke

I. Rechtliche Grundlagen und Systematik der Gefährdungsbeurteilung (GB) psychische Belastungen

Das Arbeitss­chutzge­setz wurde im Jahr 1996 vom deutschen Geset­zge­ber zur Umset­zung der europäis­chen Arbeitss­chutz-Rah­men­richtlin­ie 89/391/EWG erlassen. Der Begriff der „psy­chis­chen Gesund­heit” ist aber wed­er in der Arbeitss­chutz-Rah­men­richtlin­ie enthal­ten noch tauchte er darin bis zur Geset­zesän­derung des Arb­SchG im Okto­ber 2013 auf1
Mit der Änderung des § 5 des Arb­SchG kom­men die Arbeit­ge­ber nun nicht mehr umhin, die Arbeit so zu gestal­ten, dass eine Gefährdung auch für die psy­chis­che Gesund­heit möglichst ver­mieden oder min­imiert wird, und bei der Gefährdungs­beurteilung (GB) nach § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arb­SchG „psy­chis­che Belas­tun­gen bei der Arbeit” zu unter­suchen. Damit sind Unternehmen in der Pflicht, psy­chis­che Gefährdun­gen in gle­ich­er Weise zu ermit­teln und zu beurteilen und mit Maß­nah­men auszuschließen bzw. zu min­imieren wie bei den klas­sis­chen Gefährdun­gen durch beispiel­sweise physikalis­che, chemis­che und biol­o­gis­che Ein­wirkun­gen. Bei den klas­sis­chen Gefährdun­gen ist es jedoch für die Ver­ant­wortlichen im Arbeitss­chutz erhe­blich leichter, die Gefährdun­gen zu lokalisieren und damit auszuschließen oder zu min­imieren, da man für physikalis­che, chemis­che und biol­o­gis­che Ein­wirkun­gen auf das Gesetz konkretisierende Verord­nun­gen, tech­nis­che Regeln oder DIN-Nor­men zurück­greifen kann.
Neben dem Arb­SchG sind in Abhängigkeit von dem Arbeit­splatz bzw. der Tätigkeit meist weit­ere Verord­nun­gen bei der Durch­führung der Gefährdungs­beurteilung zu beacht­en. Beispiel­haft, aber nicht abschließend seien genan­nt: Arbeitsstät­ten­verord­nung, Baustel­len­verord­nung, Betrieb­ssicher­heitsverord­nung, Bild­schirm-arbeit­splatzverord­nung, Las­ten­hand­habungsverord­nung, Lärm- und Vibra­tionsar­beitss­chutzverord­nung, Biostof­fverord­nung und Gefahrstof­fverord­nung. Diese Verord­nun­gen konkretisieren, wie die Gefährdungs­beurteilun­gen im Einzel­nen in den Bere­ichen, für die sie gel­ten, durchge­führt wer­den müssen bzw. sollen.
Darüber hin­aus ist es seit dem Jahr 2002 Strate­gie des Geset­zge­bers, all­ge­meine Anforderun­gen des Arb­SchG durch „unter­set­zende” Tech­nis­che Regeln vor allem für kleine und mit­tlere Unternehmen hand­bar zu machen (z.B. TRBS 1111 zur Gefährdungs­beurteilung im Bere­ich der Betr­SichV). Herange­zo­gen wer­den kön­nen in eini­gen Gefährdungs­bere­ichen zudem frei­willige Stan­dards wie DIN-Nor­men. Der­ar­tige Nor­men bilden den Stand der Tech­nik ab, so dass davon aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass deren Ein­hal­tung die gesicherten arbeitswis­senschaftlichen Erken­nt­nisse berücksichtigt.
Inter­es­san­ter­weise find­et sich eine solche Struk­tur für die psy­chosozialen Risiken nicht wieder: Ins­beson­dere gibt es keine Verord­nung zum Schutz vor psy­chosozialen Gefährdun­gen und somit auch kein die Verord­nung unter­set­zen­des Regel­w­erk. Entsprechend ger­ing sehen sich viele der Arbeit­ge­ber in der Pflicht, arbeits­gestal­ter­ische Maß­nah­men zur Ver­ringerung psy­chis­ch­er Beein­träch­ti­gun­gen umzusetzen.

II. Aktuelle politische Entwicklungen

Wichtig für die Gefährdungs­beurteilung psy­chis­ch­er Belas­tun­gen wäre eine Verord­nung mit die „psy­chis­che Belas­tun­gen bei der Arbeit” weit­er konkretisieren­den Regeln, eine Verord­nung, wie sie auch schon zu anderen Gefährdungs­fak­toren existieren. Poli­tisch disku­tiert wird über eine solche Verord­nung zur Zeit unter dem Namen „Anti-Stress-Verord­nung” oder auch „Anti-Stress-Regelung”.
Im Vor­feld der let­zten Bun­destagswahlen hat­te die IG Met­all bere­its mit ihrer Ini­tia­tive „Anti­StressVerord­nung” auf das Fehlen ein­er Verord­nung zur Konkretisierung der „psy­chis­chen Belas­tun­gen bei der Arbeit” im Arbeitss­chutzrecht hingewiesen. Eben­falls vor den let­zten Wahlen, und zwar am 3. Mai 2013, beschloss der Bun­desrat, einen „Entwurf ein­er Verord­nung zum Schutz von Gefährdun­gen durch psy­chis­che Belas­tun- gen bei der Arbeit” der Bun­desregierung zuzuleiten.
In der Pressemit­teilung des Deutschen Bun­destages vom 14. August 2014 heißt es:
„Für eine eigen­ständi­ge Anti-Stress-Verord­nung zur Ver­ringerung von psy­chis­chen Belas­tun­gen in der Arbeitswelt fehlt der Bun­desregierung derzeit eine fundierte Daten­grund­lage.” Das betont sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Frak­tion „Die Linke”. Dies sei aber nötig, um Hand­lungsauf­forderun­gen an die Arbeit­ge­ber stellen zu kön­nen, die Rechtssicher­heit sowohl für die Arbeit­ge­ber als auch für die Auf­sichts­be­hör­den garantiert. Ins­beson­dere sei die Frage offen, inwieweit der Stand der Forschung aus­re­ichend ist, „mögliche Gefährdun­gen in ihrer Kom­plex­ität klar zu definieren“, um auf dieser Basis mod­erne Arbeits­for­men „men­schen­gerecht“ zu gestal­ten, schreibt die Regierung weit­er. Um zu der nöti­gen wis­senschaftlichen Daten­ba­sis zu gelan­gen, führe die Bun­de­sanstalt für Arbeitsmedi­zin und Arbeitss­chutz von 2014 bis 2016 ein Forschung­spro­jekt „Psy­chis­che Gesund­heit in der Arbeitswelt – wis­senschaftliche Stan­dortbes­tim­mung“ durch. Dazu gehöre am Ende auch die Vor­lage von Hand­lungsempfehlun­gen zur psy­chis­chen Gesund­heit. Erst danach werde das Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit und Soziales entsprechende Regelun­gen ein­er Arbeitss­chutzverord­nung prüfen, heißt es in der Antwort weiter.
Vor diesem Hin­ter­grund ist aus heutiger Sicht nicht vor dem Jahr 2016 nicht mit ein­er Verord­nung zum Schutz vor Gefährdun­gen durch psy­chis­che Belas­tun­gen bei der Arbeit zu rechnen.

III. Beson­der­heit­en in der Aus­gestal­tung der GB psy­chis­che Belastungen

1. Wie viele Gefährdungsbeurteilungen sind erforderlich?

Gesund­heit ist nicht teil­bar. Kör­per­liche und seel­is­che Gesund­heit hän­gen zusam­men und bedin­gen einan­der. In diesem Sinne wird von ein­er alle Arten betrieblich­er Tätigkeit erfassenden ganzheitlichen Gefährdungs­beurteilung gesprochen, die auch psy­chis­che Gefährdun­gen ermit­telt und bewertet.2

2. Gefährdungen und Gefahren

Wenn der Arbeit­ge­ber psy­chis­che Belas­tun­gen beurteilt, muss er schon Gefährdun­gen (§ 5 Abs. 3 Nr. 6 Arb­SchG) und nicht erst Gefahren erfassen, weil er gegen bei­des Maß­nah­men tre­f­fen soll. Gefährdun­gen im Sinne ein­er Gefährdungs­beurteilung bedeutet die Möglichkeit eines Schadens oder ein­er gesund­heitlichen Beein­träch­ti­gung ohne bes­timmte Anforderun­gen an Aus­maß oder Ein­trittswahrschein­lichkeit. Allerd­ings kann sich der Arbeit­ge­ber auf die Erfas­sung solch­er Gefahren beschränken, die durch die Arbeit auftreten, und muss nur Schutz­maß­nah­men tre­f­fen, die sich gegen diese von der Arbeit aus­ge­hen­den Gefährdun­gen richten.

3. Psychische Belastungen und Beurteilungsmethoden

Nach § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arb­SchG müssen im Rah­men der Gefährdungs­beurteilung „psy­chis­che Belas­tun­gen” (Auf­gaben­voll­ständigkeit, Hand­lungsspiel­raum, Arbeit­szeit­gestal­tung, Qual­i­fika­tion, Ver­ant­wor­tung usw.) unter­sucht werden.
Erforder­lich für die Analyse der psy­chis­chen Belas­tun­gen im Unternehmen ist zunächst das Wis­sen darüber, was unter „psy­chis­chen Belas­tun­gen” zu ver­ste­hen ist. Gemäß der Def­i­n­i­tion der DIN ISO 10075 sind psy­chis­che Belas­tun­gen die Gesamtheit der Belas­tun­gen, die von außen auf den Men­schen ein­wirken. Solche Belas­tun­gen kön­nen sich aus der Arbeit­sauf­gabe, der Arbeit­sumge­bung, der Organ­i­sa­tion, dem Arbeit­splatz oder auch durch Arbeitsmit­tel ergeben.
Die Beurteilung der „psy­chis­che Belas­tun­gen” kann auch mit Hin­weis auf die nicht abschließende Aufzäh­lung des § 5 Abs. 3 Arb­SchG nicht gegen den Willen des Arbeit­ge­bers auf „psy­chis­che Beanspruchun­gen” aus­gedehnt wer­den, da der Arbeit­splatz oder eine Tätigkeit unter­sucht wer­den, nicht aber ein einzel­ner Beschäftigter.
Die meis­ten Diskus­sio­nen wer­den regelmäßig über Beurteilungsmeth­o­d­en geführt.3
Eine Mes­sung der Belas­tun­gen in Maßein­heit­en ist schw­er­lich möglich. Die meis­ten Mess­meth­o­d­en stellen bei der Ermit­tlung vielmehr darauf ab, wie psy­chis­che Belas­tun­gen auf die Beschäftigten wirken, indem sie die Beschäftigten selb­st z.B. mit Frage­bö­gen befra­gen oder von Unternehmen bei ihrer Tätigkeit beobacht­en und dabei befra­gen lassen (sog. Beobach­tungsin­ter­views). Aus diesen Ergeb­nis­sen sollen wieder Rückschlüsse auf Belas­tun­gen gezo­gen wer­den. Er wer­den hier­bei aber nicht die Belas­tun­gen selb­st erfasst, son­dern die Beanspruchun­gen. Damit gehen die Ver­fahren über das hin­aus, was vom Arbeit­ge­ber im Rah­men des § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arb­SchG ver­langt wird.

IV. Umsetzung der GB psychische Belastungen

1. GB psychische Belastungen als Pflicht des Arbeitgebers

Der Arbeit­ge­ber wird durch § 618 BGB verpflichtet, Schutz­maß­nah­men zugun­sten sein­er Arbeit­nehmer zu treffen.
Das Bun­de­sar­beits­gericht hat im Jahr 2008 (Urteil vom 12.8.2008, Az 9 1117/06) entsch­ieden, dass der Anspruch auf Durch­führung ein­er Gefährdungs­beurteilung nach § 5 Arb­SchG grund­sät­zlich Gegen­stand eines indi­vid­u­al­r­rechtlichen Anspruchs sein kann. Der Arbeit­nehmer könne jedoch nur ver­lan­gen, dass der Arbeit­ge­ber sein Ini­tia­tivrecht gegenüber dem Betrieb­srat ausübt, um mit diesem eine Eini­gung über die Durch­führung der Gefährdungs­beurteilung herbeizuführen.

2. Recht des Arbeitnehmers seine Leistung zu verweigern?

Ein Leis­tungsver­weigerungsrecht des Arbeit­nehmers bei Fehlen ein­er Gefährdungs­beurteilung wird beispiel­sweise bei fehlen­der mut­ter­schutzrechtlich­er Gefährdungs­beurteilung oder beim Umgang mit Gefahrstof­fen anerkan­nt. Die Lohn­zahlungspflicht des Arbeit­ge­bers beste­ht in diesen Fällen unver­min­dert fort.
Ein Fehlen der GB psy­chis­che Belas­tun­gen dürfte ein solch­es Leis­tungsver­weigerungsrecht jedoch grund­sät­zlich nicht begrün­den. Fehlt eine solche, liegt zwar ein Pflichtver­stoß des Arbeit­ge­bers vor, die fehlende GB psy­chis­che Belas­tun­gen dürfte jedoch grund­sät­zlich keine Gefahr für das Leben des Arbeit­nehmers begründen.

3. Recht des Arbeitnehmers auf Schadensersatz?

Eine fehlende Gefährdungs­beurteilung gemäß § 5 Arb­SchG macht noch nicht plau­si­bel, dass sich eine entsprechende Gefährdung real­isiert hat (OVG Sach­sen-Anhalt, Urteil vom 3.12.2013, Az 1 L 25/13). Damit schei­det insoweit grund­sät­zlich ein Schadenser­satzanspruch des Arbeit­nehmers gegenüber dem Arbeit­ge­ber aus.

4. Überwachung durch die Behörde und den Betriebsrat

Die zuständi­gen Lan­des­be­hör­den für Arbeitssicher­heit haben in Zukun­ft auch die Ein­hal­tung der Geset­zesvorhaben für psy­chis­che Gesund­heits­ge­fährdun­gen zu überwachen und den Arbeit­ge­ber auf die Ver­let­zung sein­er Pflicht­en hinzuweisen. Auch die Arbeitss­chutza­uf­sicht ist bei der Aus­führung ihrer Auf­gaben mit Prob­le­men kon­fron­tiert, wenn nicht konkret dargelegt ist, welche Belas­tungskon­stel­la­tio­nen unter Gesund­heitss­chutza­spek­ten zuläs­sig sind und welche gegebe­nen­falls verän­dert wer­den müssen.
Die Gemein­same Deutsche Arbeitss­chutzs­trate­gie (GDA) entwick­elt Leitlin­ien von Bund, Län­dern und Ver­sicherungsträgern zum abges­timmten Vorge­hen der für den Arbeitss­chutz zuständi­gen Lan­des­be­hör­den. Der Adres­sat der Leitlin­ie „Beratung und Überwachung psy­chis­ch­er Belas­tung“ sind nach ihrer eige­nen Aus­sage jedoch nicht die Unternehmen, son­dern die Auf­sichts- und Beratungs­di­en­ste. Damit kann auch diese Leitlin­ie nur mit­tel­bar dazu beitra­gen, dass die betriebliche Ebene, die im heuti­gen Arbeitss­chutzrecht im Mit­telpunkt ste­ht, hier aktiv wird. Da die Auf­sichts­be­hör­den sich an den Leitllinien des GDA ori­en­tieren, ist es auch für den Unternehmer rat­sam, sich mit diesen auseinan­derzuset­zen, um zu wis­sen, mit welch­er Art von Prü­fung er zu rech­nen hat.
Die Arbeit­ge­ber, die ihrer Pflicht zur Durch­führung der GB psy­chis­che Belas­tun­gen nicht oder lediglich unzure­ichend Beach­tung schenken, brauchen zunächst jedoch nicht mit Sank­tio­nen rech­nen. Erst wenn der Arbeit­ge­ber nach Erhalt konkreter Hin­weise zu psy­chis­chen Gesund­heits­ge­fährdun­gen der zuständi­gen Lan­des­be­hör­den für Arbeitssicher­heit inner­halb ein­er geset­zten Frist nicht nachbessert, kann die von ihm began­gene Pflichtver­let­zung als Ord­nungswidrigkeit geah­n­det werden.
Auch der Betrieb­srat kann ein­er fehlen­den oder fehler­haften Gefährdungs­beurteilung ent­ge­gen­wirken. Er kann sein Ini­tia­tivrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ausüben und eine Lösung über die Eini­gungsstelle erzwin­gen. Unwirk­same Altvere­in­barun­gen kann der Betrieb­srat kündi­gen und deren Neu­ver­hand­lung fordern oder die Unwirk­samkeit der Betrieb­svere­in­barung durch ein Gericht fest­stellen lassen. Set­zt der Arbeit­ge­ber eine Vere­in­barung zur Gefährdungs­beurteilung nicht um, kann der Betrieb­srat den Arbeit­ge­ber zur Umset­zung zwingen.
Europäis­che Nach­barn sind zum Teil schon erhe­blich weit­er beim Arbeitschutz: In zahlre­ichen europäis­chen Län­dern – so in Däne­mark, Bel­gien, Frankre­ich und Ital­ien – wer­den nicht nur mon­etäre Sank­tio­nen ver­hängt, son­dern in allen Fällen gesund­heitlich­er Gefährdung auf­grund mis­sachteter Gefährdungs­beurteilun­gen sog­ar Frei­heitsstrafen aus­ge­sprochen. Führt eine hier­durch verur­sachte Erkrankung – etwa durch Burnout bed­ingte Depres­sion – zu Arbeit­sun­fähigkeit­szeit­en von mehr als drei Monat­en, so sieht beispiel­sweise die franzö­sis­che Geset­zge­bung Frei­heitsstrafen bis zu drei Jahren Gefäng­nis vor.

V. Fazit und Ausblick

Die im Okto­ber 2013 erfol­gte Änderung des § 5 Arb­SchG ist ohne Ein­schränkung zu befür­worten. Zwar soll­ten psy­chis­che Belas­tun­gen bei der Arbeit auch schon vor der Änderung des § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arb­SchG bei der Gefährdungs­beurteilung maßgebend sein, die aus­drück­liche Auf­nahme dieser Pflicht in das Arb­SchG dürfte es jedoch all denen, die eine GB psy­chis­che Belas­tun­gen bish­er für über­flüs­sig hiel­ten, in Zukun­ft schw­er­er machen, ohne eine solche auszukommen.
Anders als bei den meis­ten klas­sis­chen Gefährdun­gen fehlt es bei den „psy­chis­chen Belas­tun­gen” bish­er an ein­er konkretisieren­den Verord­nung. Eine solche Verord­nung scheint aber aus fach­lich­er Sicht drin­gend notwendig, um viele noch offene Fra­gen zur Fest­stel­lung der „psy­chis­chen Belas­tun­gen” bei der Arbeit zu klären.
Wenn schon das Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit und Soziales fest­stellen muss, es sei die Frage offen, inwieweit der Stand der Forschung aus­re­ichend ist, „mögliche Gefährdun­gen in ihrer Kom­plex­ität klar zu definieren“, um auf dieser Basis mod­erne Arbeits­for­men „men­schen­gerecht“ zu gestal­ten, wie soll dann erst der Unternehmer dieser Auf­gabe gerecht werden.
Es bleibt abzuwarten, wie die zuständi­gen Arbeitss­chutzbe­hör­den die psy­chis­chen Gesund­heits­ge­fährdun­gen in den Unternehmen nun überwachen wer­den und in welchem Umfang sie den Unternehmen, die ihrer Pflicht zur Überwachung der psy­chis­chen Gesund­heits­ge­fährdun­gen nicht nachkom­men, Fris­ten zur Durch­führung der GB psy­chis­che Belas­tun­gen set­zen wer­den. Auch darf man ges­pan­nt sein, auf die Ergeb­nisse des Forschung­spro­jek­ts der Bun­de­sanstalt für Arbeitsmedi­zin und Arbeitss­chutz „Psy­chis­che Gesund­heit in der Arbeitswelt – wis­senschaftliche Standortbestimmung”.
Lit­er­atur
  • Studie der Deutschen Gesellschaft für Psy­chi­a­trie und Psy­chother­a­pie, Psy­cho­so­matik und Ner­ven­heilkunde (DGPPN): „Psy­chosoziale Risiken bei der Arbeit: Gefahren erken­nen und Schutz ver­stärken” – www.dgppn.de
  • BAuA: Tool­box – Instru­mente zur Erfas­sung psy­chis­ch­er Belas­tun­gen www.baua.de > Infor­ma­tio­nen für die Prax­is > Hand­lung­shil­fen und Prax­is­beispiele > Tool­box: Instru­mente zur Erfas­sung psy­chis­ch­er Belastungen
  • 1 Änderung des Arb­SchG durch Art. 8 des Geset­zes zur Neuor­gan­i­sa­tion der bun­desun­mit­tel­baren Unfal­lka­ssen zur Änderung des Sozial­gerichts­ge­set­zes und zur Änderung ander­er Geset­ze [BUK-NOG] vom 19.10.2013, BGBl I, 3836).
  • 2 Im Ergeb­nis BAG Urteil vom 12. August 2008, 9 AZR 1117/06
  • 3 Die Tool­box der BAuA lis­tet [Stand Jan­u­ar 2015] 97 Ver­fahren auf.
Autor
Recht­san­walt Thomas Engelke
Leit­er Abteilung Recht der B.A.D Gesund­heitsvor­sorge und Sicher­heit­stech­nik GmbH
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