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Konstruktiver Explosionsschutz

Maßnahmen zur Beschränkung der Explosionsauswirkungen
Konstruktiver Explosionsschutz

In der TRBS 2152 Teil 4 wer­den die Maß­nah­men des kon­struk­tiv­en Explo­sion­ss­chutzes, welche die Auswirkung ein­er Explo­sion auf ein unbe­den­klich­es Maß beschränken, beschrieben und fest­gelegt. Dazu zählen eine explo­sions­feste Bauweise, Explo­sions­druck­ent­las­tung, Explo­sion­sun­ter­drück­ung und explo­sion­stech­nis­che Entkop­plung (von Flam­men und Druck). Der fol­gende Beitrag erläutert Grund­la­gen und Anforderun­gen und zeigt prax­is­na­he Beispiele.

TRBS 2152 Teil 4: Grundlagen

Viele der in der TRBS 2152 Teil 4 beschriebe­nen Schutzsys­teme wer­den als autonome Schutzsys­teme im Sinne der Explo­sion­ss­chutzverord­nung (11. GPSGV) in Verkehr gebracht, zum Beispiel
  • Explo­sionsent­las­tungssys­teme
  • Explo­sion­sun­ter­drück­ungssys­teme
  • Flam­men­durch­schlagsicherun­gen
  • Schnellschlusss­chieber, ‑klap­pen und ‑ven­tile
  • Dop­pelschieber
  • Zell­rad­schleusen und
  • Löschmit­telsper­ren.
 
Solche Sys­teme wer­den über­wiegend nach har­mon­isierten Nor­men aus­gelegt und kon­for­mitäts­be­w­ertet. Diese Nor­men enthal­ten neben den für die Kon­for­mitäts­be­w­er­tung notwendi­gen Angaben auch Infor­ma­tio­nen für die richtige Auswahl und den richti­gen Ein­satz sowie den Betrieb dieser Schutzsysteme.
 
Der Explo­sions­druck ist der unter fest­gelegten Ver­suchs­be­din­gun­gen ermit­telte Druck, der in einem geschlosse­nen Behäl­ter bei der Explo­sion ein­er explo­sions­fähi­gen Atmo­sphäre mit bes­timmter Zusam­menset­zung auftritt. Der max­i­male Explo­sions­druck ist der höch­ste ermit­telte Explo­sions­druck, der bei Änderung der Brennstof­fan­teile auftritt (siehe Abb. 1).
 
Der zu erwartende Explo­sions­druck kann geringer sein als der max­i­male Explo­sions­druck, wenn z. B. der Behäl­ter nur zum Teil mit gefährlich­er explo­sions­fähiger Atmo­sphäre gefüllt ist, die Gemis­chzusam­menset­zung für die Explo­sion­s­abläufe ungün­stig ist oder Abküh­lungsef­fek­te durch umfan­gre­iche Ein­baut­en auftreten.
 
Der zu erwartende Explo­sions­druck kann aber auch höher sein als der max­i­male Explo­sions­druck, beispiel­sweise wenn ein Vor­druck in der Anlage vorhan­den ist oder erhöhte Tur­bu­lenz – im Ver­gle­ich zu den Laborbe­din­gun­gen – auftritt. Der zu erwartende Explo­sions­druck entspricht dem reduzierten Explo­sions­druck, wenn die Anlage durch Explo­sion­sun­ter­drück­ung oder Explo­sions­druck­ent­las­tung geschützt wird. Der reduzierte Explo­sions­druck (siehe Abb. 2) ist der in einem durch Explo­sions­druck­ent­las­tung oder Explo­sion­sun­ter­drück­ung geschützten Behäl­ter auftre­tende Explosionsdruck.
 
Anla­gen­teile wie Behäl­ter, Appa­rate oder Rohrleitun­gen sind explo­sions­fest, wenn sie so gebaut sind, dass sie dem zu erwartenden Explo­sions­druck im Innern stand­hal­ten, ohne aufzureißen. Explo­sions­feste Bauweise schließt explo­sions­druck­feste und explo­sions­druck­stoßfeste Bauweise ein. Anla­gen­teile sind explo­sions­druck­fest, wenn sie dem zu erwartenden Explo­sions­druck stand­hal­ten, ohne sich bleibend zu ver­for­men. Anla­gen­teile sind explo­sions­druck­stoßfest, wenn sie dem zu erwartenden Explo­sions­druck stand­hal­ten ohne aufzureißen, wobei jedoch bleibende Ver­for­mungen zuläs­sig sind.
 
Bei ein­er Explo­sions­druck­ent­las­tung wer­den bei ein­er Explo­sion in einem Anla­gen­teil definierte Öff­nun­gen freigegeben, damit das Anla­gen­teil nicht über seine Explo­sions­fes­tigkeit hin­aus beansprucht wird (siehe Abb. 3).
Ein­rich­tun­gen zur Explo­sions­druck­ent­las­tung kön­nen z. B. Berstscheiben oder Explo­sion­sklap­pen oder ständi­ge Öff­nun­gen sein. Sicher­heitsven­tile sind keine Explosionsdruckentlastungseinrichtungen.
 
Die Explo­sion­sun­ter­drück­ung ist eine Ver­fahrensweise, bei der die Ver­bren­nung ein­er explo­sions­fähi­gen Atmo­sphäre in einem geschlosse­nen oder im Wesentlichen geschlosse­nen Vol­u­men erkan­nt und in der Anfangsphase durch Zugabe eines geeigneten Löschmit­tels abge­brochen wird, so dass es nicht zu einem gefährlichen Druck­auf­bau kommt. Eine Explo­sion gilt dann als unter­drückt, wenn es möglich ist, den max­i­malen Explo­sions­druck (pmax) auf einen reduzierten Explo­sions­druck (pred) zu begren­zen, d. h. der zu erwartende Explo­sions­druck wird ver­ringert. Ein Explo­sion­sun­ter­drück­ungssys­tem beste­ht im Wesentlichen aus Detek­toren, ein­er Steuerzen­trale und unter Druck ste­hen­den Löschmittelbehältern.
 
Durch die explo­sion­stech­nis­che Entkop­plung wird die Aus­bre­itung ein­er Explo­sion (Druck und/oder Flamme) in andere Anla­gen­teile und ‑bere­iche, z. B. über Verbindungsrohre oder ‑kanäle, verhindert.
 
Die Gesamtheit von Ein­rich­tun­gen zur Real­isierung ein­er explo­sion­stech­nis­chen Entkop­plung sind unter anderem:
  • mech­a­nis­ches Schnellab­sper­ren (siehe Abb. 4, 5 und 6),
  • Löschen von Flam­men in engen Spal­ten oder durch Löschmitteleintrag,
  • Aufhal­ten von Flam­men durch hohe Gegenströmung,
  • Tauchung,
  • Schleusen.
Bei Explo­sio­nen von Gasen, Dämpfen und Nebeln im Gemisch mit Luft sind wegen der unter Umstän­den sehr hohen Aus­bre­itungs­geschwindigkeit­en (Det­o­na­tio­nen) aktive Absperr- oder Löschungssys­teme oft zu langsam, so dass hier pas­sive Ele­mente, z. B. Band­sicherun­gen oder Tauchun­gen oder Sys­teme mit hoher Gegen­strö­mung, bevorzugt werden.

Anforderungen für die sichere Funktion

Bei Auswahl und Bemes­sung sowie Instal­la­tion, Betrieb, Wartung, Prü­fung und Instand­set­zung von Ein­rich­tun­gen zum kon­struk­tiv­en Explo­sion­ss­chutz sind funk­tions­beein­trächti­gende Ein­flüsse, z. B. durch Kor­ro­sion, Alterung, Abra­sion, Prozess­führung oder Umwel­te­in­flüsse, zu beacht­en. Damit die sichere Funk­tion von Ein­rich­tun­gen des kon­struk­tiv­en Explo­sion­ss­chutzes gewährleis­ten wer­den kann, sind die Infor­ma­tio­nen zu Instal­la­tion, Betrieb, Wartung, Prü­fung und Instand­set­zung in den Betrieb­san­leitun­gen zu beachten.
 
Zum Schutz vor den Auswirkun­gen ein­er Explo­sion kön­nen beim kon­struk­tiv­en Explo­sion­ss­chutz fol­gende Maß­nah­men in unter­schiedlichen Kom­bi­na­tio­nen angewen­det werden:
  • explo­sions­feste Bauweise,
  • Explo­sions­druck­ent­las­tung,
  • Explo­sion­sun­ter­drück­ung,
  • Explo­sion­sen­tkop­plung.
Sofern im Falle ein­er Explo­sion mit deren Aus­bre­itung von einem Anla­gen­teil auf andere Anla­gen­bere­iche zu rech­nen ist, muss neben der explo­sions­festen Bauweise auch die explo­sion­stech­nis­che Entkop­plung grund­sät­zlich Bestandteil des kon­struk­tiv­en Explo­sion­ss­chutzes sein. Weit­ere Anforderun­gen sind in der TRBS 2152 Teil 4 beschrieben.

Ausgewählte Beispiele

Explo­sions­druck­ent­las­tung
Eine Explo­sions­druck­ent­las­tung ist der­art vorzunehmen, dass Gefährdun­gen für Beschäftigte und Dritte, z. B. durch Druck- und Flam­men­wirkung oder durch weg geschleud­erte Teile, ver­mieden wer­den. Die bei der Explo­sions­druck­ent­las­tung auftre­tenden Rück­stoßkräfte sind zu berück­sichti­gen. Eine Explo­sions­druck­ent­las­tung in den Arbeits­bere­ich ist grund­sät­zlich zu ver­mei­den und soll auf möglichst kurzem und ger­a­dem Weg erfol­gen. Wird an die Explo­sions­druck­ent­las­tung­sein­rich­tung ein Aus­blas­rohr angeschlossen, ist ins­beson­dere zu berück­sichti­gen, dass
  • sich der reduzierte Explo­sions­druck im zu schützen­den Anla­gen­teil erhöht und
  • erhöhte Rück­stoßkräfte auftreten.
Die Explo­sions­druck­ent­las­tung ist so auszule­gen, dass die durch die Explo­sions­druck­ent­las­tung geschützten Anla­gen­teile dem reduzierten Explo­sions­druck stand­hal­ten können.
 
Flam­men­durch­schlagsicherun­gen
Flam­men­durch­schlagsicherun­gen sind Ein­rich­tun­gen, die an der Öff­nung eines Anla­gen­teils oder in verbinden­den Rohrleitun­gen von Anla­gen­teilen einge­baut sind und deren vorge­se­hene Funk­tion es ist, den Durch­fluss von Gasen, Dämpfen, Nebeln und Flüs­sigkeit­en zu ermöglichen, aber den Flam­men­durch­schlag zu verhindern.
 
Die Wirkungsweise ein­er Flam­men­durch­schlagsicherung beruht im Wesentlichen auf einem oder mehreren der fol­gen­den Mechanismen:
  • Löschung von Flam­men in engen Spal­ten und Kanälen (z. B. Band­sicherun­gen, Sintermetalle),
  • Aufhal­ten ein­er Flam­men­front durch entsprechend hohe Ausströmgeschwindigkeit der unver­bran­nten Gemis­che (Hochgeschwindigkeitsven­til),
  • Aufhal­ten ein­er Flam­men­front durch Flüs­sigkeitsvor­la­gen (zum Beispiel Sicher­heit­stauchun­gen oder Flüssigkeitsverschlüsse).
Je nach Ein­bausi­t­u­a­tio­nen und Betrieb­sver­hält­nis­sen sind entwed­er Defla­gra­tions- oder Det­o­na­tion­ssicherun­gen als Flam­men­durch­schlagsicherun­gen zu ver­wen­den. Flam­men­durch­schlagsicherun­gen wider­ste­hen ggf. einem Abbrand nur über eine begren­zte Zeitspanne (Standzeit) und ver­lieren dann ihre Flam­men­durch­schlagsicher­heit. Die Standzeit kann der Betrieb­san­leitung des Her­stellers ent­nom­men wer­den. Flam­men­durch­schlagsicherun­gen müssen für die möglichen explo­sions­fähi­gen Gemis­che (zünd­durch­schlagsichere Normspaltweit­en) und die Betrieb­s­be­din­gun­gen (Druck und Tem­per­atur der Gemis­che) geeignet sein. Die Gefahr des Zuset­zens z. B. durch Schmutz, Poly­meri­sa­tion und Sub­li­ma­tion sowie durch Ein­frieren muss eben­so beachtet wer­den wie der Ver­lust der sicheren Funk­tion der Flam­men­durch­schlagsicherung beispiel­sweise durch Korrosion.
 
Schnellschlusss­chieber
Die zu entkop­pel­nde Explo­sion wird durch geeignete Detek­toren erkan­nt. Über eine Steuere­in­heit wird ein Aus­löse­mech­a­nis­mus aktiviert, der den Schieber inner­halb ein­er aus­re­ichend kurzen Zeit schließt, bevor Druck und Flamme den Schieber erre­icht haben.
Der für die Wirk­samkeit von Schnellschlusss­chiebern erforder­liche Ein­bauab­stand ist zu beacht­en. Bei der explo­sion­stech­nis­chen Entkop­plung mit­tels Schnellschlusss­chieber oder ‑klappe han­delt es sich um eine voll­ständi­ge Entkopplung.
 
Schnellschlussven­til (Explo­sion­ss­chutzven­til)
Beim Über­schre­it­en ein­er bes­timmten Strö­mungs­geschwindigkeit in der Rohrleitung schließt das Ven­til automa­tisch und verbleibt anschließend in geschlossen­er Stel­lung. Die für das Schließen notwendi­ge Strö­mungs­geschwindigkeit wird durch die Druck­welle der Explo­sion erzeugt.
 
Bish­er bekan­nte Schnellschlussven­tile dür­fen nur in waagerecht ver­legte Rohrleitun­gen einge­baut wer­den. Schnellschlussven­tile eignen sich nur für rel­a­tiv geringe Staubbe­las­tun­gen (z. B. Rein­luft­seite von Fil­ter­an­la­gen). Bei der explo­sion­stech­nis­chen Entkop­plung mit­tels Schnellschlussven­til han­delt es sich um eine voll­ständi­ge Entkopplung.
 
Löschmit­telsper­ren
Eine anlaufende Explo­sion wird durch Detek­toren erkan­nt, die das Eindüsen von Löschmit­tel in die Rohrleitung zwis­chen den zu entkop­pel­nden Anla­gen­teilen aus­lösen. Durch das Löschmit­tel wird die Explo­sions­flamme gelöscht. Ein Aus­bre­it­en des Explo­sions­drucks wird durch die Löschmit­telsperre nicht verhindert.
 
Der für die Wirk­samkeit von Löschmit­telsper­ren erforder­liche Ein­bauab­stand ist zu beacht­en. Bei der explo­sion­stech­nis­chen Entkop­plung mit­tels Löschmit­telsperre han­delt es sich um eine Teil-Entkop­plung. Die mögliche Druck­er­höhung ist bei der Ausle­gung der hin­ter der Löschmit­telsperre ange­ord­neten Anla­gen­teile zu berück­sichti­gen. Es ist zu beacht­en, dass infolge der Druck­aus­bre­itung sowohl Löschmit­tel als auch unver­bran­nte Stäube und Ver­bren­nung­spro­duk­te durch die Rohrleitung gedrückt wer­den und in andere Anla­gen­teile oder in die Umge­bung gelan­gen können.
 
Weit­ere Infos unter www.exinfo.de
 
Autor
Dr. Berthold Dyr­ba, BG RCI
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