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Mit dem Störfall beim damaligen Schweizer Chemieunternehmen Sandoz in Basel am 1. November 1986 sind die Gefahren bei der Lagerung von Chemikalien in das Bewusstsein breiter Bevölkerungskreise gedrungen. Eine Konsequenz war die Einfügung von Regeln zur Löschwasser-Rückhaltung in die TRGS 514 „Lagern sehr giftiger und giftiger Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“ [1] durch den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS), der später die TRGS 515 „Lagern brandfördernder Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“ [2] folgte.
Inzwischen zeigte sich jedoch die Notwendigkeit, die verschiedenen Vorschriften für die Lagerung von Gefahrstoffen zu vereinheitlichen und in einer „Grundlagen-TRGS“ (siehe hier auch Fachbeitrag “TRGS 510 in der Praxis”) zusammenzufassen. Diese Funktion hat die neue TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ [3] übernommen, die im Dezember 2010 veröffentlicht wurde.
Lagern spielt auch in Zeiten der „Just-in-Time“-Produktion in vielen Betrieben eine bedeutende Rolle, nicht nur bei Logistik-Dienstleistern und professionellen Lagerhaltern. Mit diesem Thema müssen sich also praktisch alle Sicherheitsfachkräfte auseinander setzen.
Allgemeine Vorschriften zur Lagerung von chemischen Stoffen
Regelungen zur Lagerung von gefährlichen Chemikalien gibt es nicht nur im Arbeitsschutz, insbesondere nicht nur im Gefahrstoffrecht, sondern auch in vielen anderen Vorschriften, namentlich im Bereich des Umweltschutzes. In der nebenstehenden Tabelle sind einige gängige Fundstellen hierzu zusammengestellt (nur für Abonnenten im Heft ersichtlich).
Änderungen im Regelwerk durch die TRGS 510
Im Technischen Regelwerk zu Gefahrstoffen gab es bisher keine zusammenhängende und übergreifende Regelung zu diesem Thema. Die beiden technischen Regeln TRGS 514 [1] und 515 [2] behandelten dieses Thema nur partiell und aus der jeweiligen Sichtweise einzelner Stoffgruppen bzw. Gefährlichkeitsmerkmale..
Mit der Verabschiedung der TRGS 510 [3] wurden mehrere Spezialregelungen zur Lagerung von Gefahrstoffen aufgehoben, da die Lagervorschriften nunmehr für alle Gefahrstoffe, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei der Lagerung in ortsbeweglichen Behältern gelten. Aufgehoben wurden:
- TRGS 514 „Lagerung von giftigen und sehr giftigen Gefahrstoffen in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“ [1]
- TRGS 515 „Lagerung von brandfördernden Gefahrstoffen in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“ [2]
- Die Vorschriften zur Lagerung brennbarer Flüssigkeiten in ortsbeweglichen Behältern wurden aus der TRbF 20 [14] gestrichen und ebenfalls in die TRGS 510 [3] überführt
- Analog werden die Regelungen zur Lagerung von Gasen und Aerosolen in der TRG 300 [16] aufgehoben
Die TRGS orientiert sich im Anwendungsbereich vorrangig an der Einstufung nach der EG-CLP-Verordnung (GHS) [22]. Es wird allerdings klargestellt, dass sowohl die Einstufungs- und Kennzeichnungsprinzipien der CLP-Verordnung als bis zum Ende der Übergangsfrist am 1. Juni 2015 auch der Stoff- und Zubereitungsrichtlinie genutzt werden können. Gleichwohl basiert die Grundkonzeption auf der EG-CLP-Verordnung.
Aufbau der TRGS und ihr Anwendungsbereich
Im Gegensatz zu den aufgehobenen Lagervorschriften regelt die TRGS 510 grundsätzlich die Lagerung von allen Gefahrstoffen. In Abhängigkeit von den jeweiligen gefährlichen Eigenschaften sind auf den Grundmaßnahmen aufbauende zusätzliche Regelungen zu beachten, so etwa bei der
- Lagerung akut toxischer Flüssigkeiten und Feststoffe,
- Lagerung oxidierender Flüssigkeiten und Feststoffe,
- Lagerung von Gasen unter Druck,
- Lagerung von Aerosolpackungen und Druckgaskartuschen und
- Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten.
Die TRGS 510 enthält insgesamt 9 Anhänge, in denen Detailregelungen zu verschiedenen Sachverhalten zu finden sind. Die Anhänge sind wie bei anderen Technischen Regeln ohne Einschränkungen ebenfalls gültig und − wenn zutreffend − zu beachten:
- Anhang 1: Ergänzende Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung
- Anhang 2: Lagerung von Gefahrstoffen in Verkaufsräumen und Wohnhäusern
- Anhang 3: Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten in Sicherheitsschränken in Arbeitsräumen
- Anhang 4: Beschreibung der Lagerklassen
- Anhang 5: Vorgehensweise zur Festlegung der Lagerklassen
- Anhang 6: Sicherheitstechnische Anforderungen an ortsfeste Löschwasser-Rückhalteeinrichtungen in Lägern für entzündbare Flüssigkeiten
- Anhang 7: Lüftung und Vorschriften zum Explosionsschutz
- Anhang 8: Sehr reaktionsfähige oxidierende/brandfördernde Stoffe
- Anhang 9: Maßnahmen bei der Lagerung von Gefahrstoffen bis zu 50 kg (Kleinmengenregelung)
Anwendungsbereich
Die TRGS 510 gilt grundsätzlich bei der so genannten „passiven Lagerung“ von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern. Hierzu zählen ausschließlich folgende Tätigkeiten:
- Ein- und Auslagern
- Transportieren innerhalb des Lagers
- Beseitigen freigesetzter Gefahrstoffe
Werden im Lager weitere Tätigkeiten durchgeführt, wie z.B.
- Ab- oder Umfüllarbeiten,
- Probenahme,
- Reinigen von Behältern oder
- Wartungs- und Instandhaltungs-arbeiten,
sind diese in der Gefährdungsbeurteilung separat zu betrachten und zu bewerten.
Die TRGS 510 gilt nicht
- für Stoffe, die sich im Produktions- oder Arbeitsgang befinden,
- für Schüttgüter,
- für die Lagerung von radioaktiven Stoffen, die dem Atomgesetz [23] bzw. der Strahlenschutzverordnung [24] unterliegen,
- für die Lagerung von ansteckungsgefährlichen Stoffen.
Für die Lagerung bestimmter Stoffe und Gemische sind in der TRGS 510 die Vorschriften zur Zusammenlagerung ebenfalls aufgeführt, wobei die eigentlichen Lagervorschriften jedoch in den aufgeführten speziellen Regelungen verbleiben:
- für Ammoniumnitrat und ammoniumnitrathaltige Gemische/Zubereitungen gemäß Anhang I Nr.5 GefStoffV [11] gilt die TRGS 511 [12]
- für explosionsgefährliche Stoffe, die unter das Sprengstoffgesetz [25] fallen, ist die Zweite Verordnung zum Sprengstoffgesetz (2. SprengV) [19] heranzuziehen
- für organische Peroxide gilt derzeit noch die Berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsvorschrift BGV B4 „organische Peroxide“ [21]
Die TRGS 510 gilt grundsätzlich ab 200 kg gelagerter Gefahrstoffe. Über die Grundmaßnahmen der Kapitel 2 bis 4 hinausgehende Vorschriften werden an eigene Mengengrenzen gekoppelt, z.B.
- Lagerung sehr reaktionsfähiger oxidierender/brandfördernder Stoffe nach Anlage 8/von Gasen unter Druck Õ keine Mengenschwelle
- Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten (H226 / R10) Õ 1000 kg.
Anhang 9 enthält Empfehlungen für Lagermengen ab 1 kg (Kleinmengenregelung).
Grundlegende Lagervorschriften
Um einen sicheren Betrieb von Gefahrstofflagern zu erreichen, muss
- die Sicherheitstechnik und
- die Sicherheitsorganisation
stimmen. Die grundlegenden Anforderungen an den sicheren Betrieb von Gefahrstofflagern sind in Abschnitt 4 der TRGS geregelt. Die TRGS 510 nennt hier die folgenden Grundsätze:
- Gestaltung des Lagers und der Lagereinrichtungen
- Organisation der Arbeitsabläufe
- Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten, die mit der Lagerung von Gefahrstoffen in Zusammenhang stehen
- Begrenzung der Dauer und des Ausmaßes der Exposition
- Angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere regelmäßige Reinigung
- Vermeidung des unbeabsichtigten Freisetzens von Gefahrstoffen
- Bereithaltung von Mitteln zur Gefahrenabwehr
Die Lagerung von Gefahrstoffen ist nicht zulässig
- in Verkehrswegen; hierzu zählen u.a. Treppenräume, Flure, Flucht- und Rettungswege, Durchgänge, Durchfahrten und enge Höfe und sollte an nicht geeigneten Orten unterbleiben, wie z.B.
- in Pausen‑, Bereitschafts‑, Sanitär‑, Sanitätsräumen oder Tagesunterkünften.
Anforderungen an die Technik
Bei den technischen Einrichtungen beschreibt die TRGS 510 Anforderungen an
- Lagerorte und ‑räume,
- Lagerbehälter und an
- die Kennzeichnung des Lagergutes.
Im Lager muss eine ausreichende
- Beleuchtung vorhanden sein, die eine Erwärmung des Lagerguts, die zu einer gefährlichen Reaktion führen kann, ausschließt und
- Belüftung vorhanden sein, wenn durch ein unbeabsichtigtes Freisetzen von Gefahrstoffen eine Gefährdung von Beschäftigten oder anderen Personen möglich ist.
Brandschutz
Bei der Lagerung von brennbaren Gefahrstoffen müssen grundlegende Maßnahmen zum Brandschutz beachtet werden, wenn die nachfolgend aufgeführten Stoffe in gefahrdrohenden Mengen gelagert werden:
- entzündbare Flüssigkeiten, gekennzeichnet mit H224, H225, H226 bzw. R10, R11, R12
- entzündbare Gase, gekennzeichnet mit H220 oder H221 bzw. R12
- entzündbare Aerosole, gekennzeichnet mit H 222 oder H223
- entzündbare Feststoffe, gekennzeichnet mit H228
- pyrophore Flüssigkeiten und Feststoffe, gekennzeichnet mit H250 bzw. R17
- selbsterhitzungsfähige Stoffe und Gemische, gekennzeichnet mit H251 oder H252
- Stoffe oder Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln, gekennzeichnet mit H260 oder H261 bzw. R15
- Flüssigkeiten der Lagerklasse 10 mit einem Flammpunkt > 60 °C
- Feststoffe der Lagerklasse 11, die nicht unter die vorgenannten Kriterien fallen, aber erfahrungsgemäß brennbar sind (hierzu zählen auch Papier, Holz, Polyethylen, Polystyrol)
Folgende elementare Brandschutzmaßnahmen müssen erfüllt sein:
- Bedachungen müssen gegen eine Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme ausreichend lange widerstandsfähig sein;
- Flucht- und Rettungswege müssen bestimmte Anforderungen der Arbeitsstättenregel ASR A2.3 erfüllen
- Türen und Tore müssen die Anforderungen gemäß ASR A2.3 und ASR A1.7 erfüllen
- Lager sind mit ausreichenden und geeigneten Feuerlöscheinrichtungen (z.B. Feuerlöscher, Wandhydranten, Löschanlagen etc.) auszustatten
- Zur Brandbekämpfung mit Wasser muss eine ausreichende Löschwassermenge zur Verfügung stehen
- Werden in Lagergebäuden Gefahrstoffe über 7,5 m Höhe gelagert, müssen ortsfeste oder teilbewegliche Löschanlagen vorhanden sein
- Lagergebäude müssen einen geeigneten Blitzschutz haben
- Auffangräume für Löschmittel müssen ausreichend bemessen sein
Bei der Lagerung insbesondere von
- entzündbaren Stoffen (extrem entzündbar, leicht entzündbar, entzündbar),
- akut toxischen Stoffen der Kategorie 1, 2 oder 3 sowie
- karzinogenen, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B
sind zusätzliche Brandschutzmaßnahmen zu ergreifen, die über die Grundmaßnahmen zum Brandschutz hinausgehen.
Neben diesen allgemeinen Brandschutzmaßnahmen sind für die Lagerung bestimmter Gefahrstoffe besondere Brandschutzmaßnahmen vorzusehen:
- Lagerung toxischer Flüssigkeiten und Feststoffe (Kapitel 8.3)
- Lagerung oxidierender Flüssigkeiten und Feststoffe (Kapitel 9.3)
- Lagerung von Gasen unter Druck (Kapitel 10.3)
- Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten (Kapitel 12.4)
Organisatorische Maßnahmen
Die folgenden grundlegenden organisatorischen Regelungen sind bei der Lagerung von Gefahrstoffen über 200 kg zu beachten:
- Rauchverbot
- Verbot des Konsums von Nahrungs- oder Genussmitteln
- Verbot der Lagerung von Gefahrstoffen in unmittelbarer Nähe von Arznei‑, Lebens- oder Futtermitteln
- Begrenzung der bereitgestellten Gefahrstoffe am Arbeitsplatz auf den Tagesbedarf.
Durch die Organisation des Lagers muss sichergestellt sein, dass
- das Lager sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet,
- die Lagergüter übersichtlich gelagert werden und sich in geschlossenen Verpackungen oder Behältern befinden,
- frei werdende Stoffe erkannt werden,
- ein Gefahrstoffverzeichnis geführt wird, wenn mehr als nur „geringfügige Mengen“ gelagert werden,
- die Lagereinrichtungen ausreichend stabil sind und vorschriftsmäßig verwendet werden,
- nur fachkundige Mitarbeiter beschäftigt werden,
- schriftliche Betriebsanweisungen nach TRGS 555 vorliegen,
- Regelungen für den Gefahrenfall vorliegen und den Mitarbeitern bekannt sind,
- notwendige persönliche Schutzausrüstungen und ggf. Schutzkleidung vorhanden ist und nach Betriebsanweisung benutzt werden und
- dass die notwendigen Prüfungen in angemessenen Abständen durchgeführt werden.
Lagerung bestimmter Gefahrstoffe
So vielfältig die chemischen und physikalischen Eigenschaften der gelagerten Gefahrstoffe sein können, so differenziert müssen auch die Schutzmaßnahmen sein. Neben den vorstehend beschriebenen allgemeinen Vorschriften zur Lagerung gibt es daher neben allgemeinen Erläuterungen zu ergänzenden Maßnahmen für spezielle Gefahrstoffe in Abschnitt 5 noch besondere Vorschriften für die Lagerung
- akut toxischer Flüssigkeiten und Feststoffe (Abschnitt 8),
- oxidierender Flüssigkeiten und Feststoffe (Abschnitt 9),
- von Gasen unter Druck (Abschnitt 10),
- von Aerosolpackungen und Druckgaskartuschen (Abschnitt 11) und
- entzündbarer Flüssigkeiten (Abschnitt 12).
Diese besonderen Lagervorschriften sind zusätzlich zu den grundlegenden Lagervorschriften anzuwenden und beziehen sich auf
- bauliche Anforderungen an das Lager,
- Zugangsbeschränkungen,
- Notfallübungen,
- Vorkehrungen für Betriebsstörungen im Brand- und Leckagefall.
Abschnitt 9 „Lagerung oxidierender Flüssigkeiten und Feststoffe“ übernimmt einige spezielle Regelungen aus der bisherigen TRGS 515 [2]. Zu diesem Abschnitt gehört Anlage 8 „Sehr reaktionsfähige oxidierende/brandfördernde Stoffe“, in dem die Stoffe der bisherigen Gruppe 1 „Sehr reaktionsfähige brandfördernde Stoffe“ aus dem Anhang der bisherigen TRGS 515 aufgeführt sind.
Zusammenlagerung
Ein wichtiges, ja geradezu zentrales Thema der TRGS 510 ist die Zusammenlagerung verschiedener gefährlicher chemischer Stoffe.
In der Praxis stellt sich nämlich häufig die Frage, ob Produkte mit unterschiedlichen Gefahrenmerkmalen zusammengelagert werden können und welche Bedingungen dabei eingehalten werden müssen. Auch die Frage, inwieweit Produkte, die keiner Gefahrenkennzeichnung bedürfen, einem Gefahrstofflager zugeleitet werden können, ist von Interesse.
Die grundsätzliche Anforderung lautet, dass Gefahrstoffe nur zusammengelagert werden dürfen, wenn hierdurch keine Gefährdungserhöhung entsteht. Hierfür werden die Lagergüter in Lagerklassen (LGK) eingeteilt.
Zusammenlagerungskonzept des VCI
Schon im Januar 1991 hatte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ein Konzept zur Zusammenlagerung von Chemikalien [26] erarbeitet. Dieses Zusammenlagerungskonzept beinhaltete die aus der Sicht der Lagersicherheit erforderliche Klassifizierung aller zu lagernden Produkte entsprechend ihren produktspezifischen Gefahrenmerkmalen in sogenannten Lagerklassen. Darauf bauen sich dann Regeln für die Separat- bzw. Zusammenlagerung von Produkten unterschiedlicher Lagerklassen auf.
Der AGS machte die aktuelle Fassung dieses Konzepts jetzt zur Grundlage seiner Regelungen für die Zusammenlagerung in der TRGS 510. Nicht behandelt in diesem Konzept werden Zusammenlagerungsregeln, die sich aus hygienischen Erfordernissen ergeben, wie z.B. das Verbot der Zusammenlagerung von
- Lebensmitteln und Lebensmittelzusatzstoffen,
- Futtermitteln und Futtermittelzusatzstoffen,
- Arzneimitteln oder Kosmetika
mit
- Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln,
- infektiösen und ekelerregenden Stoffen und
- sehr giftigen und giftigen Stoffen.
Diese in anderen Rechtsvorschriften geregelten Zusammenlagerungsverbote sind zwingend einzuhalten und dem Klassifizierungssystem nach TRGS 510 übergeordnet.
Begriffsbestimmungen
In diesem Zusammenhang sind einige recht ähnliche Begriffe voneinander zu unterscheiden:
Abweichungen von den Zusammenlagerungsregeln sind zulässig, wenn
- nicht mehr als 400 kg Gefahrstoffe gelagert werden, davon höchstens 200 kg je Lagerklasse,
- Gefahrstoffe in Mengen bis zu 200 kg in ein Lager für die Lagerklassen 6.1 C, 6.1 D, 8 A, 8 B und 10–13 hinzugelagert werden und
- keine Gefährdungserhöhung zu befürchten ist.
Lagerklassen
Wie kann man nun vorgehen, Produkte nach sicherheitstechnischen Kriterien in Lagerklassen einzuordnen?
Jeder Stoff und jede Zubereitung hat charakteristische chemische und physikalische Eigenschaften. Man kann aber nicht jeden einzelnen Stoff mit all seinen individuellen Eigenschaften betrachten, um zu einer Einstufung zu gelangen, sondern muss ein Raster schaffen, das die gefahrbestimmenden Eigenschaften berücksichtigt und Lagergüter gleicher oder ähnlicher Gefahrenmerkmale nach bestimmten Kriterien in Stoffklassen, den Lagerklassen, zusammenfasst.
Dies kann nach folgenden Grundsätzen erfolgen:
- Verhinderung einer Gefahrauslösung: Die Zusammenlagerung von bestimmten Stoffen könnte zur Brand- oder Explosionsauslösung führen.
- Verhinderung einer Gefahrenpotenzierung: Im Schadensfall kann das Zusammenwirken verschiedener Stoffeigenschaften zu einer erhöhten Brandwirkung oder einer Erhöhung der gefährlichen Auswirkungen in der Umgebung führen.
- Gezielter Einsatz von Sicherheitsmaßnahmen: Die Stoffe einer Klasse erfordern mindestens eine besondere Sicherheitsmaßnahme (z.B. Ex-Schutz) oder besondere Brandschutzmaßnahmen (z.B. Verbot von Wasser als Löschmittel).
Nach diesen Grundsätzen werden Produkte mit solchen Gefahrenmerkmalen in einer Lagerklasse (LGK) zusammengefasst, die als gleichartig angesehen werden.
Jedes Produkt wird nur in eine Lagerklasse eingestuft.
Die Definition der Lagerklassen ist in Anhang 4 der TRGS 510 beschrieben. Die Zuordnung der Lagergüter in die Lagerklassen kann
- entweder dem Sicherheitsdatenblatt entnommen werden,
- beim Lieferanten erfragt werden
- oder muss ggf. selbst nach dem im Anhang 5 der TRGS 510 beschriebenen Verfahren ermittelt werden.
Zuordnung zu Lagerklassen
Wenn der Lieferant die Lagerklassenzuordnung noch nicht vorgenommen hat, muss der Lagerhalter oder der lagernde „nachgeschaltete Anwender“ diese Zuordnung nach den Vorgaben in Anhang 5 selbst vornehmen.
Die Zuordnung von Stoffen oder Gemischen zu den einzelnen Lagerklassen ist nicht ganz unproblematisch, besonders wenn gleichzeitig mehrere gefährliche Eigenschaften vorliegen, wie etwa bei giftigen, leicht entzündlichen Flüssigkeiten: Ist z.B. Benzol etwa Lagerklasse 3 oder doch Lagerklasse 6.1 A?
Bei Produkten mit mehreren Gefahrenmerkmalen wird das die Zuordnung bestimmende Merkmal nach einer Rangfolge ermittelt, und zwar erfolgt die Abstufung nach den Gefahren, die bei Eintritt eines Schadensfalles die schwerwiegendsten Auswirkungen für die Nachbarschaft haben könnten. Stoffe, für die Vorschriften für grundsätzlich separate Lagerung existieren, werden vorrangig selektiert.
Anhang 5 der TRGS 510 enthält hierzu ein Ablauf- und Entscheidungsschema, das sich im Wesentlichen an der „Philosophie“ des Transportrechts orientiert: Zuerst kommen die physikalisch-chemischen Gefahren, danach die akut toxischen Gefahren und zum Schluss die chronisch-toxischen Gefahren. Die Zuordnung zu Lagerklassen erfolgt in einer festgelegten Reihenfolge, die in Anhang 5 der TRGS 510 detailliert beschrieben ist (Tab. 4, für Abonnenten im Heft ersichtlich):
Wenn ein Stoff oder Gemisch in dieser Reihenfolge die Kriterien für eine Zuordnung zu einer Lagerklasse erfüllt, gehört er/es in diese Lagerklasse. Eine Prüfung der Zuordnung zu nachfolgenden Klassen in der Reihe erfolgt nicht mehr.
Im obigen Beispiel ist Benzol also eine entzündbare Flüssigkeit der Lagerklasse 3.
Schutzmaßnahmen bei der Zusammenlagerung
Grundsätzlich separat gelagert werden müssen
- explosive,
- radioaktive und
- ansteckungsgefährliche Stoffe.
Desgleichen ist die Zusammenlagerung von Gasen mit nicht gasförmigen Gefahrstoffen stark eingeschränkt. Ob Gefahrstoffe zusammengelagert werden dürfen, wird prioritär nach den physikalisch-chemischen Eigenschaften bestimmt.
Die zulässige Zusammenlagerung ist in Tabelle 5 (Zusammenlagerungstabelle) dargestellt. Dabei signalisieren grüne Felder, dass die Zusammenlagerung uneingeschränkt erlaubt ist; rote Felder signalisieren ein Zusammenlagerungsverbot. Bei gelb markierten Feldern ist die Zusammenlagerung unter bestimmten Randbedingungen erlaubt, die unter der dort angegebenen Ziffer in der TRGS erläutert werden.
Im Sinne dieses Zusammenlagerungskonzeptes werden brennbare Stoffe als solche Stoffe angesehen, denen keine physikalische Gefahr nach CLP-Verordnung zugeordnet ist, die aber „erfahrungsgemäß brennbar“ sind.
Brennbar oder nicht?
Die Differenzierung bei der Zuordnung zu brennbaren oder nicht brennbaren Stoffen oder Gemischen der Lagerklassen 6 bzw. 8 ist allerdings bisher nicht eindeutig geklärt. Hierbei geht es nicht um das Merkmal „leicht entzündlich“ bzw. die entsprechenden Ausprägungen nach GHS (das wäre dann LGK 3, siehe Beispiel Benzol), sondern um die Definition „Stoffe, die erfahrungsgemäß brennbar sind“.
Dabei geht es hierbei auch nicht um die in der TRGS 510 genannten Beispiele wie Paletten, Packmaterial und dergleichen, sondern um chemische Stoffe, von denen sich der Chemiker vorstellen kann, dass sie auch brennen könnten. Bei der Beantwortung dieser Frage kommt es natürlich auf die Randbedingungen einer möglichen Entzündung an: Mit der Flamme eines Schweißbrenners kann man sicherlich Stoffe entzünden, die gegenüber einem Streichholz oder Feuerzeug vollkommen unempfindlich sind.
Hierzu gibt es in der TRGS keine konkrete Aussage.
Der AGS-Arbeitskreis hat diese Frage bei der Erstellung der TRGS ausführlich diskutiert, ist aber auch zu keiner Lösung gekommen, vor allem weil es bisher kein anerkanntes Mess- oder Bestimmungsverfahren für die „Brennbarkeit“ von Stoffen gibt.
Der Hersteller/Lieferant eines Stoffes kann sicherlich Brenntests für seine Produkte durchführen und dann nach subjektiver Einschätzung zuordnen. Wie aber sieht es aus, wenn man Stoffe (wie z.B. Schädlingsbekämpfungsmittel in reiner Form – nicht als Präparat in brennbaren Flüssigkeiten gelöst!) aus Literaturdaten einer Lagerklasse zuordnen will oder muss? Soweit diese Stoffe keinen Flammpunkt haben oder ein solcher nicht bestimmt wurde – etwa weil er in einem Temperaturbereich liegen würde, der für die Einstufung und Kennzeichnung unerheblich ist – findet man in der Regel in der Literatur keine Angabe zur „Brennbarkeit“.
In der Praxis sollte der Lagerhalter also abschätzen, ob das Produkt in der real vorliegenden Lagersituation zur Gesamt-Brandlast beiträgt (LGK 6.1 A /6.1 C bzw. 8 A) oder nicht (LGK 6.1 B /6.1 D bzw. 8 B).
- 1. TRGS 514 „Lagern sehr giftiger und giftiger Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“, letzte Fassung vom September 1998
- 2. TRGS 515 „Lagern brandfördernder Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern“, letzte Fassung vom September 2002
- 3. TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“, Ausgabe Oktober 2010, GMBl. Nr. 81–83 vom 13.12.2010, Seite 1693–1721
- 4. Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I S. 282)
- 5. Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643)
- 6. Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung – 12. BImSchV) vom 8. Juni 2005 (BGBl. I S. 1598), zuletzt geändert durch Artikel 5 Abs. 4 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643)
- 7. Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163)
- 8. Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) vom 1. Juni 2005 (Saarland), geändert durch die Verordnung vom 10. Dezember 2009 (Amtsbl. I 2010 S. 2).
- 9. Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umweltschadensgesetz – USchadG vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585)
- 10. Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.Juli 2008 (BGBl. I S. 1146), geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 11.August 2010 (BGBl. I S. 1163)
- 11. Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl. I S 1643)
- 12. TRGS 511 „Ammoniumnitrat“, Ausgabe Juni 2004, zuletzt geändert und ergänzt im November 2008
- 13. Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) vom 27. September 2002 (BGBl. I S. 3777), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643)
- 14. TRbF 20 „Läger“ vom April 2001, zuletzt geändert im Mai 2002
- 15. TRbF 60 „Ortsbewegliche Behälter“ vom 15. Mai 2002 (BArbBl. 6/2002 S.80)
- 16. TRG 300 „Besondere Anforderungen an Druckgasbehälter – Druckgaspackungen“ vom Februar 1992, zuletzt geändert im August 1996
- 17. Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), zuletzt geändert durch Artikel 4 der Verordnung vom 19. Juli 2010 (BGBl. I S. 960)
- 18. Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“, Ausgabe: August 2007 (GMBl. Nr. 45 vom 28. September 2007, S. 902)
- 19. Zweite Verordnung zum Sprengstoffgesetz (2. SprengV) vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3543), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 26. November 2010 (BGBl. I S. 1643)
- 20. Richtlinie Aufbewahrung sonstiger explosionsgefährlicher Stoffe (SprengLR 300) vom 08. Juli 1991 (BArbBl. 11/1991 S. 40)
- 21. UVV BGV B4 „Organische Peroxide“ vom 01.01.1997
- 22. Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sowie zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (EG-CLP-Verordnung), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 286/2011 der Kommission vom 10. März 2011, ABl. EU Nr. L 83 vom 30.03.2011 S. 1
- 23. Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8.Dezember 2010 (BGBl. I S. 1817)
- 24. Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 1714; BGBl. I 2002 S. 1459), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. August 2008 (BGBl. I S. 1793)
- 25. Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3518), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 11. August 2009 (BGBl. I S. 2723)
- 26. www.vci.de/Transport_Verpackung/default2~cmd~shd~docnr~121802~rub~739~tma~882~nd~.htm
Autor
Dr. Ulrich Welzbacher E‑Mail: autor@gefahrstoffinformation.de
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