Anzeige
Es rumort ein wenig – das Thema psychische Belastungen und arbeitsbedingte psychische Erkrankungen war auf der A+A sehr präsent, ist bei Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unfallversicherungsträgern, Arbeitgeberverbänden, im BMAS, in den Tageszeitungen, im Internet und überall eigentlich ständiges Thema. Und das Arbeitsschutzgesetz wurde vor kurzem ja auch wegen dieses Themas präzisiert und ergänzt. Und mitten in diese Omnipräsenz hinein plädiert und Autor Dr. Gerald Schneider, das Thema etwas sachlicher zu betrachten. Und etwas emotionsloser. Und genauer auf die Zahlen hinzuschauen.
Er plädiert nicht dafür, das Thema zur Seite zu legen – im Gegenteil. Er plädiert dafür, die Kirche im Dorf zu lassen, denn die Wahrnehmung einer Krankheit wird auch zu einem großen Teil durch die Darstellung in den Medien beeinflusst. Und er wehrt sich vehement gegen den immer wieder monokausal dargestellten Zusammenhang zwischen Arbeit und krankmachenden, psychischen Belastungen. Und er plädiert ebenfalls dafür, dass Sicherheitsingenieure und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sich stärker mit diesem Thema auseinandersetzen, und nicht davor zurückschrecken. Dass dabei eine interdisziplinäre Vorgehensweise notwendig ist und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit keinen Alleingang startet, ist auch selbstverständlich. Aber Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind oft viel präsenter in den Betrieben als Betriebsärzte oder Mitarbeiter der Personalabteilung, und haben meist einen tieferen und geschulteren Blick für die Zustände und Arbeitsorganisation vor Ort. Insofern sind sie sehr wichtig und sollten in die Beurteilung der Beurteilung psychischer Belastungen mit einbezogen werden. Dass dabei auch Fortbildung für Fachkräfte für Arbeitssicherheit notwendig ist, steht außer Frage. Außerdem ist ja auch eine Qualifizierung der Aufsichtspersonen der Länder und der Unfallversicherungsträger im Hinblick auf die Beurteilung psychischer Belastungen beschlossen worden, denn eines der Kernziele der GDA-Periode 2013–2018 lautet „Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung“. Und die Aufsichtspersonen sollen ja etwas mehr nach Gefährdungsbeurteilungen zu psychischen Belastungen schauen. Wobei ich mir das bei solchen kurzen Momentaufnahmen während einer Betriebsbesichtigung gar nicht so einfach vorstelle.
In der kommenden Ausgabe werden wir einen Beitrag zum Thema „Psychologische ´Zusatzausbildung´ für die SiFa?“ veröffentlichen. Das Thema wird uns also noch länger begleiten – hoffen wir einmal, dass im Laufe der Zeit die qualifizierte und sachliche Beurteilung psychischer Belastungen Standard wird. Doch ich frage mich, was passiert, wenn bei z.B. 40% der Beurteilungen als Maßnahme vorgeschlagen wird, dass die jeweiligen Unternehmensführungen komplett ausgetauscht gehören, oder dass 25% mehr Personal eingestellt werden müsste???
Teilen: