Ein ganzheitliches universitäres Lehrkonzept als Antwort auf multikausale Bildungsanforderungen aus Hochschulpolitik, Wissenschaft und Praxis.
Prof. Dr.-Ing. Anke Kahl, Dipl.-Ing. Lars Aprin, Dr.-rer. sec. Heidi Wunenburger
„Ein Sicherheitsingenieur – was macht der eigentlich?“ Diese interessante Frage konnte selbst durch die tradierten Ingenieurwissenschaften lange Zeit nur unzureichend beantwortet und in seiner praktischen Aufgabenvielfalt umrissen werden. Mittlerweile ist das Berufsbild etabliert und nicht nur in Großkonzernen sondern auch in KMU „angekommen“. Dies liegt nicht nur an den über 35-jährigen universitären Studienangeboten an der Bergischen Universität Wuppertal (1975–2009 Diplom I bzw. II, seit 2003 ein Bachelor- und zwei Masterstudiengänge) und ihren gut etablierten Absolventen, sondern auch an dem steigenden Bedarf dieser Fachexperten in der sich stetig ändernden Arbeitswelt und der damit verbundenen Darstellung dieses Berufsbildes in der Praxis in den unterschiedlichsten Branchen und Tätigkeitsfeldern.
Praxis im Fokus
Generalisten sind gefragter denn je, denn die Komplexität technischer Stände, die kontinuierlich immer kürzer werdenden Innovationszyklen und die damit verbundenen komplexen Risiken tradierter und neuer Technologien inklusive der damit einhergehenden Gefahren für die Beschäftigten, die Umwelt sowie für Produkte und Dritte bedürfen neben der hochwertigen ingenieurwissenschaftlichen Betrachtung einer fachlichen Einbindung mehrerer grundlagenbezogener und anwendungsorientierter Wissenschaftsgebiete. Dies setzt im Rahmen eines universitären Bildungsangebots ein anspruchsvolles Curriculum voraus, das neben der fachlichen Breite und fachspezifischen Tiefe gleichzeitig den Anspruch erfüllt, die Vermittlung eines gemeinsamen und umfassenden methodischen Verständnisses der Sicherheitstechnik abzubilden und weiter voranzutreiben. Darin eingebunden sind u.a. methodische Sichtweisen auf die Entwicklung von sicheren Produkten, strategische, technische oder organisatorische Lösungen und Aspekte aus unterschiedlichen schutzbezogenen Blickwinkeln sowie die Erstellung von nachgefragten ganzheitlichen Gestaltungskonzepten über einen Schutzbereich hinaus, z.B. durch die gezielte Verknüpfung von Brandschutz und Bevölkerungsschutz oder Produktsicherheit und Arbeitssicherheit.
Vielfalt abbilden
Diese universitären und daher rein bildungsorientiert formulierten Anforderungen sind jedoch gleichzeitig mit gesellschaftlichen Veränderungen in Einklang zu bringen. Die Pluralisierung der Lebensformen, ein markantes Zeichen unserer modernen Gesellschaft, schließt die Pluralisierung der Bildungswege und Studienformen ein. In den höheren Semestern wurde der Vollzeitstudent vom Teilzeitstudenten abgelöst, der nicht nur die finanzielle Grundabsicherung seiner Lebenskosten, sondern gleichzeitig auch die Anforderungen der i.d.R. zeitintensiven Praktika zukunftsorientiert (Vorstellung bei möglichen potenziellen Arbeitgebern) ausfüllen möchte.
Die Studiengänge der Sicherheitstechnik an der Bergische Universität können nicht nur aufgrund ihrer über 35-jährigen Geschichte und Entwicklung sondern vor allem begründet durch die Chancen und Karrierewege der Absolventen in der Praxis in den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern als erfolgreich und etabliert bezeichnet werden. Dies liegt u.a. auch darin begründet, dass sich das Professorium regelmäßig kritisch mit den Studienpartnern (Studierenden, Lehrende, Absolventen, Praxisvertreter) auseinander- bzw. zusammensetzt und notwendige Veränderungen, Rückmeldungen und Vorschläge in neue Entwicklungsstufen des universitären Curriculums einbindet.
Nicht ohne Stolz schaut die Abteilung Sicherheitstechnik der BUW auf mittlerweile mehr als 2.200 Absolventen zurück, die den interdisziplinären Anspruch dieser Wissenschaftsdisziplin erfolgreich in die unterschiedlichsten Branchen tragen. Die Unternehmen schätzen die Fähigkeit der universitär ausgebildeten Sicherheitsingenieure, analytisch und zugleich ganzheitlich zu denken. Dabei bewegen sich diese beratend tätigen „Meinungsmacher“ in Sachen Sicherheit fachlich und methodisch in einem sicherheitsorientierten Wertesystem und tragen offensiv zur Bewusstseinsbildung im beruflichen Umfeld bei.
Neues Curriculum
Ein sichtbares Ergebnis dieser steten Auseinandersetzung mit den Partnern der Hochschulpolitik, Wissenschaft, Praxis sowie mit den Studierendenvertretern ist das im aktuellen Wintersemester 2011/12 startende neue Curriculum für den Bachelor- als auch für die beiden Masterstudiengänge der Abteilung Sicherheitstechnik. Eine zentrale Neuerung im Bachelorstudiengang Sicherheitstechnik ist u.a. die fachliche Vertiefung in aktuellen Schwerpunkten der Sicherheitstechnik. Den Studierenden wird dabei die Möglichkeit gegeben, sich nach einer fachlichen Orientierungsphase in den ersten beiden Studiensemestern (Grundlagen der Sicherheitstechnik) sowie der intensiven Schwerpunktsetzung auf ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen (Mathematik, Chemie, Thermo- und Strömungsdynamik, Mechanik) eine gezielte fachliche Vertiefung in zentralen Feldern der Sicherheitstechnik nach eigenem fachlichen Interessen individuell zusammenzustellen. Dieses neue Vorgehen ermöglicht bei Wahrung der erforderlichen fachlichen und methodischen Tiefe in den ingenieurwissenschaftlichen Grundlagenfächern eine gezielte fachliche Spezialisierung verbunden mit einem frühzeitigen fachbezogenen Wissensaufbau im vorwiegend praxisorientierten Bachelorstudiengang.
Profil des Bachelor-Studiengangs Sicherheitstechnik
Im Studiengang „Bachelor Sicherheitstechnik“ lernen die Studierenden, sicherheitsrelevante Problemstellungen zu identifizieren und auf solider Basis systematisch zu lösen. Die Studierenden erhalten eine sehr breite Kompetenz- und Wissensausbildung, die neben den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen nicht nur fachliche Kenntnisse beinhaltet, sondern auch Wert auf die Möglichkeit zu individuellen fachspezifischen Vertiefungen legt. Dabei spielt stets die Berücksichtigung der Anforderungen und Veränderungen in der Berufswelt eine zentrale Rolle. Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Methoden werden in einer Weise vermittelt, dass sie zur vornehmlich praxisorientierten Arbeit und zu einem nachhaltigen und verantwortlichen Handeln befähigen. Mit Blick auf die unterschiedlichen Berufsfelder und die vielfältigen Aufgabengebiete des Sicherheitsingenieurs, werden die Studierenden mit Kompetenzen ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, über fachliche Problemstellungen und mögliche Lösungsansätze sowohl mit den betrieblichen Sozialpartnern als auch mit Fachkollegen oder einem fachlich interessierten Personenkreis in geeigneter und zielorientierter Art und Weise zu kommunizieren. Zu den Studiengangsinhalten, denen an der BUW aufgrund einer langen Lehrtradition und einzigartigen Expertenkultur besonderer Nachdruck verliehen wird, zählen die Themenfelder Arbeit und Umwelt, Brand- und Explosionsschutz, Bevölkerungsschutz, Qualität und Zuverlässigkeit sowie Sicherheit im Luftverkehr.
Die Regelstudienzeit für den Bachelor-Studiengang Sicherheitstechnik beträgt einschließlich des Fachpraktikums und der Abschlussarbeit, der so genannten Bachelor-Thesis, sechs Semester. Das Studium beginnt immer zum Wintersemester.
Profil des Master-Studiengangs Sicherheitstechnik
Der Masterstudiengang Sicherheitstechnik zielt auf eine wissenschaftlich-methodische Vertiefung der Denk- und Arbeitsweise des Bachelor Sicherheitsingenieurs. Durch Ausbau ihres Grundlagenwissens und Verfeinerung ihrer Methodenkompetenzen werden die Studierenden zu eigenständiger wissenschaftlicher Forschung befähigt. Das Studium orientiert sich dabei insbesondere an der Integration wissenschaftlicher Vorgehensweisen aus einer Vielzahl von Fachgebieten zu einer ingenieurswissenschaftlichen Perspektive, die eine Identifikation, Beurteilung und Lösung sicherheitstechnisch relevanter Problemstellungen methodisch fundiert ermöglicht. Neben der theoretisch-wissenschaftlichen Öffnung des Studiengangs bleibt der Praxisbezug durch ein in der Industrie zu absolvierendes Praktikum, durch die Bearbeitung interdisziplinärer Fallstudien in den angewandten Fächern sowie durch individuelle Belegung entsprechender Wahlfächer weiterhin sichergestellt. Im späteren Berufsleben profitieren die Studierenden des Masterstudiengangs Sicherheitstechnik neben der vermittelten Methoden- und Sozialkompetenz speziell von einer Atmosphäre interdisziplinärer Zusammenarbeit, wie sie in den Ingenieurswissenschaften einzigartig ist.
Obwohl der Masterstudiengang Sicherheitstechnik in konsekutiver Weise auf dem entsprechenden Bachelor Studiengang der Bergischen Universität Wuppertal aufbaut, bietet er auch ingenieurwissenschaftlichen Absolventen anderer Hochschulen eine interessante und beruflich nachhaltige Perspektive zur Vertiefung ihrer Fachkenntnisse. Die Regelstudienzeit für die Master-Studiengänge beträgt einschließlich des Fachpraktikums und der Abschlussarbeit („Master-Thesis“) vier Semester. Das Studium kann sowohl zum Winter- als auch zum Sommersemester begonnen werden.
Profil des Master-Studiengangs Qualitätsingenieurwesen
Im Rahmen des Studiengangs „Master Qualitätsingenieurwesen“ erhalten die Studierenden eine systematische Vermittlung von Wissen und Methoden aus dem Qualitäts- und Risikomanagement, wobei ein besonderes Augenmerk der Ausprägung von Fach- und Methodenkompetenz bei der anforderungsgerechten Gestaltung von Produktlebenszyklen gilt. Die Studierenden lernen, ihr unter stetiger Berücksichtigung aktueller Forschungsentwicklungen ausgebildetes Wissens- und Kompetenzprofil derart gezielt in die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen einzubringen, dass diese innovativ und nachhaltig am Markt etabliert werden können. Entsprechend seiner fachübergreifenden Kompetenz eröffnet sich dem Qualitätsingenieur eine Vielfalt beruflicher Möglichkeiten. Sein durch Breite und Nachhaltigkeit zugleich ausgezeichnetes Wissen verleiht ihm nicht nur branchenübergreifend in der Unternehmenswelt den Ruf eines generalistischen Problemlösers, mit seiner Fähigkeit zur Mediation stößt er auch in Behörden und öffentlichen Einrichtungen auf eine breite Nachfrage.
Die Regelstudienzeit für die Master-Studiengänge beträgt einschließlich des Fachpraktikums und der Abschlussarbeit („Master-Thesis“) vier Semester. Das Studium, das auch Absolventen anderer Hochschulen und ingenieurswissenschaftlicher Disziplinen abseits der Sicherheitstechnik ausdrücklich offen steht, kann sowohl zum Winter- als auch zum Sommersemester begonnen werden.
Weitere Informationen zu den Studiengängen können der Homepage der Abteilung Sicherheitstechnik entnommen werden:
http://site.uni-wuppertal.de
Autoren
Prof.- Dr.-Ing. habil. Anke Kahl
Dr.-rer. sec. Heidi Wunenburger
Dipl.-Ing. Lars Aprin
Bergische Universität Wuppertal Fachbereich D – Abteilung Sicherheitstechnik Gaußstraße 20 42119 Wuppertal akahl@uni-wuppertal.de
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