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Prüfungen und Fristen für Arbeitsmittel

Bedeutung der neuen TRBS 1203 für die Autogentechnik
Prüfungen und Fristen für Arbeitsmittel

Die 2002 erschienene Betrieb­ssicher­heitsverord­nung [1] (Betr­SichV) bein­hal­tet im Hin­blick auf die europaweite Anla­gen­sicher­heit und im Zusam­men­hang mit dem Ein­satz von Arbeitsmit­teln eine har­mon­isierte ein­heitliche Regelung für Prü­fun­gen und Prüf­fris­ten für Arbeitsmit­tel. Was bein­hal­tet diese?

Dipl.-Ing. Uwe Tatter

Die Schw­er­punk­te der TRBS 1203 [3] sind unter anderem:
  • Gefährdungs­beurteilung
  • Explo­sion­ss­chutz­doku­ment
  • Befähigte Per­son für Prüfungen
Der Arbeitgeber/Unternehmer muss diese Forderun­gen weit­ge­hend selb­st erfüllen bzw. fes­tle­gen, wo dies nicht durch Geset­ze, Vorschriften u. a. geregelt ist.
Da die nach der Veröf­fentlichung der Betr­SichV erschiene­nen „Tech­nis­chen Regeln für Betr­SichV“ vom 18. Novem­ber 2004 (TRBS 1203-Teil 1) [2] den Anwen­der vielfach im Unklaren ließen, gilt nun­mehr die im März 2010 erschienene Neuaus­gabe als TRBS 1203 [3]. Es erscheint sin­nvoll, deren Inhalt für die Anwen­dung der Auto­gen­tech­nik zu betrachten.

1. Gefährdungsbeurteilung, Explosionsschutzdokument

Eine Gefährdungs­beurteilung für die Auto­gen­tech­nik muss die möglichen Gefahren der unter 2.1 bis 2.5 genan­nten Arbeitsmit­tel der Schweißtech­nik bein­hal­ten, die auftreten kön­nen. Die Ergeb­nisse sind dann in einem Explo­sion­ss­chutz­doku­ment zu erstellen und auf dem jew­eili­gen aktuellen Stand zu hal­ten. Der Arbeitgeber/Betreiber muss nun festlegen
  • Art und Umfang ein­er Prüfung
  • Prüf­fris­ten
  • Befähigte Per­son, die mit der Prü­fung beauf­tragt ist.
Damit ste­ht er nun stärk­er als zuvor in der Ver­ant­wor­tung und Haf­tung. Er kann sich zukün­ftig nicht mehr alleine auf die beste­hen­den Vorschriften und Tech­nis­chen Regeln berufen.
Für Neuan­schaf­fun­gen hat er sich z.B. beim Her­steller Infor­ma­tio­nen über Ver­schleißver­hal­ten, Dauer­fes­tigkeit und Prüfin­ter­valle zu beschaffen.

2. Arbeitsmittel und Anlagen der Autogentechnik

2.1 Acetyle­nen­twick­ler, Flaschen­bat­te­rien, Rohrleitun­gen und Druckregelstationen
Für diese Arbeitsmit­tel ist mit Ver­weis auf die Richtlin­ie 97/23/EG des Geräte- und Pro­duk­tion­ssicher­heits­ge­set­zes (GPSG) und den noch gülti­gen „Tech­nis­chen Regeln für Acetylen und …“ (z. B. TRAC 201, 204, 206) weit­ge­hend eine Überwachungspflicht vorgeschrieben.
Bere­its in [4] wurde im „Prak­tik­er“ Heft 5/2008 auf eine solche Überwachung bzw. Prü­fung durch eine behördlich zuge­lassene Stelle bzw. „Befähigte Per­son“ hingewiesen. Für Ent­nahmestel­lenan­la­gen, beste­hend aus Flaschen­bat­te­rien und Druck­re­gler wird in der Regel der Gasliefer­ant durch ver­traglich gebun­dene Überwachung zuständig sein. Die abge­hen­den Verteilungsleitun­gen ein­schließlich Ent­nahmestellen liegen aber weit­ge­hend im Ver­ant­wor­tungs­bere­ich des Betreibers. Er hat die in der Betr­SichV fest­gelegten und die für die Schweißtech­nik emp­fohle­nen Regeln, wie z.B. der BGR 500 „Betreiben von Arbeitsmit­teln“ [5] abzusichern.

2.2 Gebrauchsstellensicherungen, Entnahmestellensicherungen, Einzelflaschensicherungen

Wie schon mehrfach ange­sprochen, sollte man diese Sicherun­gen gegen Gas­rück­tritt und Flam­men­rückschlag ein­heitlich als Flam­men­rückschlagsicherun­gen beze­ich­nen, unab­hängig davon, ob sie an der Rohrleitung, dem Druck­min­der­er, Schlauch oder Griff­stück ange­ord­net sind. Der Arbeit­ge­ber hat die Pflicht, regelmäßige Prü­fun­gen der betr­e­f­fend­en Sicherun­gen entsprechend der BGR 500 Abs. 3.27.1.4 jährlich ein­mal durch einen „Sachkundi­gen“ (befähigte Per­son?) auf
  • Dichtheit,
  • Rückschlagsicher­heit und Gas­rück­trittsicher­heit und
  • einen ord­nungs­gemäßen Zustand
durchzuführen.
Ord­nungs­gemäßer Zus­tand heißt, dass ein Flam­men­rückschlag oder Gas­rück­tritt in die Schlauch­leitun­gen, Flaschen oder Rohrleitun­gen ver­hin­dert wird. (Ver­mei­den kön­nen sie das Auftreten oder Entste­hen nicht). Ihre Anwen­dung ste­ht nach wie vor im Wider­spruch, da drei Tech­nis­che Regeln gültig sind:
  • BGR 500 Kap. 2.26 Abs. 3.15
  • TRAC 208 Acetyleneinzelflaschen … Abschn. 4.4
  • BG-Infor­ma­tion – BGI 692 Abs. 5 „Sicher­heit­sein­rich­tun­gen gegen Gasrücktritt …“
Die Entschei­dung, wo man absichert, hängt von der Örtlichkeit und der Ausübung der Tätigkeit ab (z.B. Schweißen, Anwär­men, enge Räume):
  • Absicherung am Griff­stück schützt Schläuche und Anlage (erhöht aber das Gewicht am Griffstück)
  • Absicherung am Druck­min­der­er oder der Rohrleitung schützt Gas­flasche oder Rohrleitung.
Nur eine Anord­nung der Sicherung ist sin­nvoll, da son­st Druck­ver­luste erfol­gen. Eine Markierung des Prüf­da­tums auf den kleinen Sicherun­gen erscheint fraglich, da die aufgek­lebten Kun­st­stoff­ban­derolen im Mon­tage­bere­ich schnell ver­schlis­sen sind.

2.3 Druckminderer

Diese gibt es sowohl für brennbare, nicht­brennbare Gase und Sauer­stoff. Sie reduzieren die hohen Flaschen­drücke (200 bis 300 bar) auf den Arbeits­druck. Eine Überwachungs- bzw. Prüf­pflicht ist dafür aber auch nicht extra in der BGR 500 fest­gelegt. Es emp­fiehlt sich aber, diese wenig­stens ein­mal jährlich ein­er Sicht­prü­fung zu unterziehen und die Funk­tion zu prüfen.

2.4 Brenngas- und Sauerstoffschläuche

Obwohl es sich hier um Gum­mis­chläuche mit höheren Drück­en (z. B. 15 bis 20 bar) han­deln kann, sind aus der BGR 500 keine Prüf­pflicht­en bekan­nt. Der Arbeit­nehmer (Schweißer u.a.) hat sie täglich auf ein­wand­freien Zus­tand und deren Befes­ti­gungse­le­mente zu prüfen.

2.5 Schweiß‑, Schneid- und Anwärmgeräte

Unab­hängig von ihrer Größe ist für diese Geräte keine Überwachungs- oder Prüf­pflicht vorgeschrieben. Lediglich der Arbeit­nehmer hat zur sicheren Funk­tion nach Rückschlä­gen oder Neuin­stal­la­tion die Injek­tor­funk­tion (Saug­prü­fung) zu prüfen.

3. Befähigte Person

Für die unter 2.1 bis 2.5 vor­ge­nan­nten Arbeitsmit­tel gilt somit nur § 3 Abs. 3 der Betr­SichV, dass Umfang und Fris­ten erforder­lich­er Prü­fun­gen an den genan­nten Arbeitsmit­teln mit Hil­fe ein­er befähigten Per­son zu ermit­teln sind. Der Arbeitgeber/Unternehmer dürfte dazu alleine kaum Ken­nt­nis und Erfahrung besitzen, ist aber für die Ermit­tlung verantwortlich.
Der Begriff „Befähigte Per­son“ hat in den ver­gan­genen Jahren den Anwen­der bish­eriger Vorschriften und Regeln etwas irri­tiert. Ver­gle­ich­sweise gab es bis zum Erscheinen der Betr­SichV für die Auto­gen­tech­nik die Begriffe:
  • A – Fachkundi­ger für Geräte der Autogentechnik
  • B – Sachkundi­ger für Acetyle­nan­la­gen und Zubehör
  • C – Sachver­ständi­ger nach den UVV’s
Während die unter A und B genan­nten Per­so­n­en bei Fir­men oder Insti­tu­tio­nen in ein- bis zwei­wöchi­gen Lehrgän­gen mit der Mon­tage, Demon­tage, Reparatur, Druck- und Funk­tion­sprü­fun­gen mehrfach geschult wur­den, mussten C‑Sachverständige behördlich zuge­lassen sein (Abb. 1 zeigt der­ar­tige Zeugnisse).
Soweit dem Autor bekan­nt, gab es für „Sachkundi­ge der Ver­brauch­sein­rich­tun­gen der Auto­gen­tech­nik“ (SPVA) in den ver­gan­genen Jahren noch Infor­ma­tions- bzw. Weit­er­bil­dungsver­anstal­tun­gen (z.B. SVV-Han­nover in Verbindung mit der Deutschen Bahn oder „Auto­gen­profi“ der Fir­ma Rhö­na). Die Her­steller ver­mit­teln oft Ken­nt­nisse über ihre Pro­duk­tion­spalette und Anwen­dung in Verbindung mit Tagun­gen. Ob das nun einem aus­ge­bilde­ten Sachkundi­gen für Prü­fun­gen gerecht wird, darf bezweifelt werden.
Welche sin­ngemäßen Anforderun­gen stellt nun die TRBS 1203 an einen Befähigten?
  • Beruf­saus­bil­dung (2.1) Abgeschlossene Beruf­saus­bil­dung oder Studi­um; beru­fliche Kenntnisse
  • Beruf­ser­fahrung (2.2) Nachgewiesene Zeit im Umgang mit den zu prüfend­en Arbeitsmit­teln; Auswahl geeigneter Prü­fun­gen; langjährige Berufserfahrung
  • Zeit­na­he beru­fliche Tätigkeit (2.3) Tätigkeit als Prüfer; Weit­er­bil­dungsnach­weis; Ken­nt­nisse über Stand der Tech­nik gültiger Vorschriften und Regeln.
Ob nun die „Zusät­zlichen Anforderun­gen“ gemäß Abs. 3.1 (Explo­sion) und 3.2 (Druck­ge­fährdung) für die auto­gen­tech­nis­chen Arbeitsmit­tel zutr­e­f­fen, bleibt fraglich, wenn man die im Mit­tel­stand täti­gen Fir­men mit geringem Per­son­al betrachtet.
Auch kann man unter­schiedlich­er Auf­fas­sung sein, ob nun eine Schweißauf­sicht (SFI; SFM; St) ein­er „Befähigten Per­son“ entspricht. Wenn auch nicht erfahren als Prüfer, so hat diese doch wenig­stens Ken­nt­nisse über Gefahren durch die Arbeitsmit­tel, die der Arbeitgeber/Unternehmer nicht hat.

Fazit

Die Betr­SichV verpflichtet den Arbeitgeber/Unternehmer seine Arbeit­nehmer mit den Arbeitsmit­teln und Aus­rüs­tun­gen der Auto­gen­tech­nik vor Brand- und Explo­sion­s­ge­fahren zu schützen. Die TRBS 1203 konkretisiert die Voraus­set­zun­gen für die erforder­lichen Fachken­nt­nisse ein­er befähigten Per­son entsprechend § 2 Abs. 7 der Betr­SichV. Die Aus­führun­gen geben nur einen Ein­blick in die Prob­lematik. Die Betr­SichV mit ihren ein­heitlichen Regeln bzw. Vorschriften dürfte vie­len Klei­n­un­ternehmern nicht bekan­nt sein. Man sollte die gut ver­ständliche „Inter­pre­ta­tion zur Betr­SichV“ von D. Krause [6] zum besseren Ver­ständ­nis einlesen.
Lit­er­atur
  • 1. Betrieb­ssicher­heitsverord­nung (Betr­SichV) 27.09.2002 (BG Bl I S. 3777)
  • 2. TRBS 1203 – Teil 1 „Befähigte Per­son“ 18.1.2004 (zurück­ge­zo­gen)
  • 3. TRBS 1203 „Befähigte Per­son“ Neu­fas­sung 03/2010
  • 4. Tat­ter; U. „Prak­tik­er“ Heft 5/2008 Acetyle­nen­twick­ler – noch aktuell?
  • 5. BGR 500 Kap. 2.26 „Betreiben von Arbeitsmitteln“
  • 6. Krause, D. „Betrieb­ssicher­heitsverord­nung – Eine Inter­pre­ta­tion“, 1. Aufl. 2003, Ver­lag Tech­nik u. Infor­ma­tion, Bochum
Autor
Dipl.-Ing. Uwe Tat­ter, Dessau
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