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Defekte Elektrogeräte stellen sowohl für die Arbeitnehmer als auch für Besucher, Kunden und andere Beschäftigte im Unternehmen eine Gefahr dar. Es ist die Pflicht des Arbeitgebers beziehungsweise Unternehmers für sichere Arbeitsmittel zu sorgen. Daher müssen elektrische Arbeitsmittel geprüft werden. Meist entledigen sich die Geschäftsführungen dieser Pflicht durch den Einsatz interner Personen oder externe Dienstleister. Das ist rechtlich gesehen in Ordnung. Nur sind sie damit nicht automatisch der Haftung enthoben. Ein Arbeitgeber muss vielmehr dafür sorgen, den „richtigen“ Dienstleister oder interne befähigte Person auszusuchen. Dafür gibt es klar umrissene Kriterien. Missachtet ein Arbeitgeber sie, kann das bei einem Unfall gravierende rechtliche Folgen für ihn haben. Des Weiteren braucht jedes Unternehmen Gefährdungsbeurteilungen. Sie bilden die Grundlage für die Ermittlung der Prüffristen. Im Folgenden werden die wichtigsten juristischen Grundlagen aufgezeigt, die die Verantwortung der Arbeitgeber bei der Auswahl externer Dienstleister oder interner befähigten Personen und für die Ermittlung der Prüffristen begründen.
Stefan Euler
Rechtliche Vorgaben
Die meisten Arbeitgeber kennen das Arbeitsschutzgesetz, das unter anderem die Pflicht des Arbeitgebers für sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen, festschreibt (§§ 3 und 4 ArbSchG). Weit weniger bekannt ist die immerhin schon 2002 in Kraft getretene Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Mit ihr hat der Verordnungsgeber die Vorgaben (Prüfart, Prüfumfang und Prüffristen) für alle – insbesondere auch elektrische – Arbeitsmittel neu strukturiert. Seitdem verzichtet der Regelsetzer, zugunsten eines anwenderfreundlicheren und verständlicheren Arbeitsschutzes, auf starre Prüffristen und legt stattdessen die Prüfungen als Arbeitsschutzmaßnahme in die Verantwortung der Arbeitgeber beziehungsweise Unternehmer.
Zwei Paragraphen sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. In § 2 Abs. 7 BetrSichV wird definiert, wer prüfen darf: Ausschließlich sogenannte befähigte Personen. Dazu gleich mehr. In § 3 BetrSichV wird die schon im Arbeitsschutzgesetz für Tätigkeiten geforderte Gefährdungsbeurteilung bezüglich der Arbeitsmittel näher definiert (vgl. § 5 ArbSchG). In § 3 Abs. 3 BetrSichV heißt es, dass für Arbeitsmittel insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln sind und „der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen“ habe, „welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind.“ Dazu unten mehr.
Aufsichts- und Kontrollpflicht des Arbeitgebers/Unternehmers
Arbeitgeber/Unternehmer haben somit im Zuge der BetrSichV die Aufsichts- und Kontrollpflicht für folgende Aspekte:
Prüfung von Arbeitsmitteln nur durch „befähigte Personen“
Konkret heißt das: Nicht jeder Arbeitnehmer – und auch nicht jeder Auftragnehmer – kann ohne weiteres mit der Prüfung von Arbeitsmitteln beauftragt werden. Hierfür müssen „befähigte Personen“ herangezogen werden.
Wer ist nun eine „befähigte Person“? Im Sinne des § 2 Abs. 7 BetrSichV ist das eine Person, die durch
- ihre Berufsausbildung,
- ihre Berufserfahrung und
- ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit
über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Prüfung der Arbeitsmittel verfügt. Das ist eine erste wesentliche Festlegung. Das zuständige Gremium, der beim Bundesarbeitsministerium angesiedelte Ausschuss für Betriebssicherheit, hat sie im Laufe der vergangenen Jahre weiter konkretisiert. Der Ausschuss erarbeitete dazu eine sogenannte Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS). Ein Arbeitgeber/Unternehmer muss die TRBS nicht befolgen, er muss aber dann eine gleichwertige Lösung finden und sie dokumentieren. Im Fall der befähigten Person dürfte es ausgesprochen aufwendig, wenn nicht sogar unmöglich sein, eine alternative Lösung zu begründen. Das zeigt ein Blick in die TRBS 1203 „Befähigte Personen“ vom Mai 2010. Die TRBS 1203 gliedert das Kompetenzprofil des Prüfers beziehungsweise der „befähigten Person“ in drei Teilbereiche, die sich nach den Vorgaben der BetrSichV richten.
Was die Berufsausbildung angeht, so muss die befähigte Person über
- eine abgeschlossene elektrotechnische Berufsausbildung oder
- ein abgeschlossenes Studium der Elektrotechnik oder
- eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation verfügen.
Was die Berufserfahrung angeht, so muss die befähigte Person
eine mindestens einjährige Berufserfahrung mit der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrischen Arbeitsmitteln oder Anlagen besitzen.
Was die zeitnahe berufliche Tätigkeit angeht, so muss die befähigte Person:
- Kenntnisse der relevanten technischen Regeln besitzen und
- sich regelmäßig auf seinem jeweiligen Fachgebiet weitergebildet haben.
Für den Arbeitgeber/Unternehmer bedeutet das, er muss sich bestätigen lassen und gegebenenfalls davon überzeugen, dass die beauftragte Person diese Kriterien auch erfüllt!
Dies kann geschehen, indem etwa der Dienstleister ein aktuelles Zertifikat oder eine Teilnahmebescheinigung eines Seminarbesuchs im Bereich des Prüfens nach DIN VDE 0701–0702 vorlegt. Diese sollte allerdings nicht älter als drei Jahre sein (vgl. die Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure VDI 4068 Blatt 4).
Liegen solche Nachweise vor und erfüllt der externe Dienstleister auch die weiteren, oben beschriebenen Kriterien einer befähigten Person, ist der Arbeitgeber/ Unternehmer auf der sicheren Seite. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, es ist nicht ausreichend zu sagen: „Ich habe mich eines Fachbetriebs bedient!“
Der LASI
Dass blindes Vertrauen in die Versicherung eines externen Dienstleisters, den Auftrag fachlich erfüllen zu können, nicht ausreicht, hat auch der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) klar gestellt. Der LASI berät die Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder und soll für eine einheitliche Rechtsanwendung in allen Bundesländern sorgen.
Der LASI hat zu § 3 Abs. 3 BetrSichV eine Stellungnahme „Befähigungsnachweis externer befähigter Personen“ abgeben. Dort heißt es:
Frage:
Wie weit hat sich der Arbeitgeber über die Fähigkeiten befähigter Personen zu vergewissern, wenn externe Personen oder Firmen beauftragt werden?
Genügt die Versicherung der Personen oder Firmen, dass sie über die erforderlichen Kenntnisse verfügen?
Antwort:
Die Verantwortung für die sachgerechte Prüfung von Arbeitsmitteln, einschließlich der überwachungsbedürftigen Anlagen, liegt beim Arbeitgeber beziehungsweise Betreiber.
Die Beauftragung externer „befähigter Personen“ entlastet ihn nicht!
Allerdings greift hier das allgemeine Vertragsrecht.
Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber (möglichst unter Bezugnahme auf die BetrSichV) die entsprechende Qualifikation der befähigten Person sowie Prüfinhalt und ‑umfang abfordern muss. In der Regel kann er dann erwarten und darauf vertrauen, dass die Dienstleistung erbracht wird. Je komplizierter das zu prüfende Arbeitsmittel ist, desto sorgfältiger sollten bei der Auftragsvergabe beziehungsweise Vertragsgestaltung die erforderlichen Anforderungen, die von der befähigte Person zu erfüllen sind, formuliert werden. In- sofern kann es im Einzelfall notwendig sein, sich entsprechende Nachweise vorlegen zu lassen.
Prüffristenermittlung durch Gefährdungsbeurteilung
Zur Ermittlung der Prüfintervalle für die Wiederholungsprüfung orientierte man sich bislang an den in der Durchführungsanweisung zum § 5 aufgeführten Tabelle 1B der Unfallverhütungsvorschrift BGV A3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ empfohlenen Fristen. Heutige Grundlage zur Prüffristenermittlung ist die nach § 3 BetrSichV geforderte Gefährdungsbeurteilung.
Auszug aus der BetrSichV, § 3 „Gefährdungsbeurteilung“:
(3) „Für Arbeitsmittel sind insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen zu ermitteln….“
Der Arbeitgeber beziehungsweise der Prüfer stehen nun in eigener Verantwortung und müssen jedes Arbeitsmittel auf die davon ausgehende Gefahr für die Benutzer beurteilen.
Hierbei helfen die guten Empfehlungen und Erfahrungswerte der Berufsgenossenschaft, jedoch ist das einfache, unbegründete Übernehmen (keine Gefährdungsbeurteilung erstellt) von Prüfintervallen der Berufsgenossenschaft rechtlich nicht haltbar.
Auch hierzu hat der LASI eine Stellungnahme veröffentlicht.
Frage:
In welchem Umfang sind die Prüffristen der Unfallverhütungsvorschriften nach dem Inkrafttreten der BetrSichV für den Arbeitgeber bindend?
Antwort:
Das Konzept der BetrSichV sieht vor, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Abs. 3 Art, Umfang und Fristen notwendiger Prüfungen ermittelt und festlegt. Dabei wird er nach Anhang 2 verpflichtet, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen, die Hinweise zur sicheren Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel geben. Dies sind im Bereich der Prüfungen zum Beispiel Informationen des Herstellers zur Prüfung von Arbeitsmitteln, die er zu beachten hat. Er muss bei den Maßnahmen aber auch den Stand der Technik beachten. Dazu gehören unter anderem die bisherigen Prüfvorschriften in den Unfallverhütungsvorschriften und Regeln der Berufsgenossenschaften.
Es reicht aber nicht, dass der Arbeitgeber die Prüffristen der Unfallverhütungsvorschriften übernimmt, er muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch prüfen, ob aufgrund besonderer betrieb-licher Gegebenheiten gegebenenfalls kürzere Prüffristen festzulegen sind. Nach staatlichem Recht wird dem Arbeitgeber aber auch die Möglichkeit eingeräumt, längere Prüffristen festzulegen, wenn dies das Ergebnis seiner Gefährdungsbeur- teilung zulässt.
Wichtig ist somit, dass die erforderlichen Gefährdungsbeurteilungen nachweisbar also schriftlich festgehalten werden.
Des Weiteren ist die erforderliche Befähigung des einzusetzenden befähigten Prüfers anhand einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, siehe hierzu BetrSichV § 3 Punkt 3
(3) … Ferner hat der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind.
Vollständiger Umfang der Arbeitsmittelprüfung
Bisher wurde die Pflicht des Arbeitgebers zur Ermittlung der Prüffristen und zur Beauftragung einer für die Prüfung befähigten Person dargelegt. Für die Prüfung der elektrischen Arbeitsmittel gibt es aber auch Vorgaben. Sie werden im Vorschriftenwerk des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik Informationstechnik, kurz VDE definiert. Die Normen des VDE genießen den Status von anerkannten Regeln der Technik. Werden sie eingehalten, spricht alles dafür, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Diese sogenannte Vermutungswirkung wurde in § 49 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) festgeschrieben.
Die Prüfung eines elektrischen Arbeitsmittels besteht nach DIN VDE 0701–0702 aus bis zu drei Schritten:
- 1. Sichtprüfung
- 2. Prüfung der elektrischen Sicherheit durch verschiedene Messungen
- 3. Funktionsprüfung (nur gefordert bei einer Prüfung nach Instandsetzung, Änderung elektrischer Geräte »> diese ist aus Erfahrung auch bei einer Wiederholungsprüfung sehr sinnvoll)
Jede dieser Prüfungen besteht wiederum aus Teilschritten, zum Beispiel der Prüfung des Schutzleiters, der Prüfung des Isolationswiderstandes und der Prüfung der Ableitströme.
Wichtig ist dabei, dass bei der Sichtprüfung auch folgende Forderung aus dem § 4 Punkt 3 der BetrSichV Beachtung finden muss: „… dass Arbeitsmittel nur benutzt werden, wenn sie gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung für die vorgesehene Verwendung geeignet sind.“
Dokumentation der Ergebnisse
Diese Teilprüfungen gilt es einzeln zu dokumentieren, um im Streitfall nicht in Beweisnotstand zu geraten. Im Falle eines Zivilgerichtsverfahrens gilt nämlich die Regel der Beweislastumkehr. Der Arbeitgeber/Unternehmer beziehungsweise der Prüfer müssen beweisen können, dass sie die notwendige Sorgfalt aufgewendet haben. Dass also die Prüfungen richtig und vollständig durchgeführt wurden.
Egal, ob im Auge einiger Betrachter eine Prüfplakette am Arbeitsmittel als ausreichend erscheint oder nicht, durch den Einsatz modernster Prüfgeräte bedeutet eine umfangreichere und somit rechtssichere Dokumentation kaum zeitlichen Mehraufwand und somit auch fast keinen höheren Kostenaufwand.
Im August 2012 wurde eine neue Version der TRBS 1201 Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen veröffentlicht. Hier wurde nun zur Verwendung von Prüfplaketten folgendes erklärt:
4.2.2 Aufzeichnungen von Prüfungen nach Abschnitt 3.3.2
(2) Prüfungen können auch in elektronischen Systemen und zusätzlich in Form einer Prüfplakette dokumentiert werden.
Verstöße gegen die BetrSichV
Die große Bedeutung der BetrSichV wird beim folgenden Blick in §§ 25 und 26 der BetrSichV deutlich: Verstöße stellen nicht mehr nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern ab sofort auch eine Straftat dar und ziehen demnach ein Strafmaß nach sich, dass sich von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsentzug erstrecken kann. Auch sollten die §§ 276, 278 und 831 BGB Beachtung bei den Arbeitgebern/Unternehmern finden (siehe Kasten „Übersicht wichtiger Gesetze und Verordnungen“).
Zusammenfassung
Für die Prüfung elektrischer Arbeitsmittel braucht es eine bestimmte, von staatlichen Stellen vorgegebene Qualifikation (Stichwort „befähigte Person“). Wer seine Arbeitsmittel, etwa aus Kostengründen, von einem Dienstleister prüfen lässt, der diese Qualifikation nicht besitzt, missachtet seine Sorgfaltspflicht als Arbeitgeber/Unternehmer und kann im Schadensfalle haftbar gemacht werden. Jeder Arbeitgeber/Unternehmer muss zudem mittels Gefährdungsbeurteilungen die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung seiner Arbeitsmittel festlegen. Gefährdungsbeurteilungen sind die Grundlage für die Ermittlung der Prüffristen. Langfristig gesehen können sie übrigens helfen, Kosten zu sparen.
Autor
Stefan Euler
Geschäftsführer der MEBEDO Consulting GmbH
E‑Mail: euler@mebedo.de
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