Herbert Fackler
Ziel der Arbeit ist es, innerhalb der Liebherr-Mischtechnik GmbH eine Systematik zu etablieren, mit der es auf einfachem Weg möglich ist, die im Anhang I der Maschinenrichtlinie geforderte Risikobeurteilung effizient und ganzheitlich durchzuführen.
Das Anliegen der Arbeit besteht darin, die Durchführung der Risikobeurteilung auf der Grundlage der harmonisierten Normen DIN EN ISO 12100 und DIN EN ISO 14121 sinnvoll in die bestehenden Konstruktionsprozesse einzubinden. Dabei ist zudem die aufzubauende Lösung so anwender- und praxisfreundlich wie nur möglich zu gestalten ist.
Die Arbeit soll dazu beitragen, für die „neue“ EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG betrieblich bestens vorbereitet zu sein. Dabei ist insbesondere zu gewährleisten, dass die Produkte des Unternehmens die notwendige Konformität zu den betreffenden EG-Binnenmarktrichtlinien und den entsprechend angewendeten harmonisierten Normen aufweisen.
Methodisches Vorgehen und praktische Umsetzung
- 1. Rechtlich-normative Voraussetzungen recherchieren: Die Anforderungen der EG-Maschinenrichtlinie und weiterer relevanter EG-Binnenmarktrichtlinien an das Inverkehrbringen von Maschinen werden untersucht. Der iterative Prozess zur Risikominderung nach DIN EN ISO 12100–1 wird analysiert.
- 1. Risikobeurteilung im Baukastensystem: Sämtliche Produkte werden in einem Baukastensystem konstruiert. Je nach Anlagengrundtyp werden dabei immer wieder die gleichen Baugruppen miteinander kombiniert. Als logische Schlussfolgerung wird zukünftig die Risikobeurteilung ebenfalls im Baukastensystem durchgeführt, da diese sich somit sehr gut in die bestehende Konstruktionsweise einfügen lassen. Die praktische Durchführung wird anhand der folgenden beiden Säulen realisiert:
- • Beurteilung der einzelnen Baugruppen: Jede abgeschlossene Hauptbaugruppe wird für sich betrachtet und beurteilt.
- • Beurteilung von Schnittstellen zwischen einzelnen Baugruppen: Hier wird das funktionale und konstruktive Zusammenwirken von miteinander kombinierten Baugruppen untersucht.
Für jede Baugruppe wird eine separate Risikobeurteilung vorgehalten, die nur bei grundlegenden Änderungen von Rechtsgrundlagen, Normen o.ä. angepasst wird. Die Schnittstellen hingegen sind anlagenspezifisch zu betrachten und können sich von Anlage zu Anlage stark unterscheiden. Deshalb müssen die Schnittstellen für jede Anlage separat beurteilt werden.
Praktische Umsetzung: Entwicklung programmiergestützter Microsoft Excel Formblätter zur Beurteilung der Einzelbaugruppen und Schnittstellen: Als adäquates Hilfsmittel für die Risikobeurteilung der einzelnen Baugruppen wird jeweils ein Microsoft Excel Tabellenblatt gewählt, welches u.a. den iterativen Prozess der Risikominderung abbildet und über eine integrierte VBA-Programmierung1 verfügt. Durch Anklicken der Tabellenzellen werden programmierte Auswahlmasken sichtbar, mit deren Hilfe der Anwender beispielsweise aus vorgegebenen Listen Gefährdungen und deren Ursachen in die Tabelle übernehmen, oder die zugehörige Risikobewertung vornehmen kann. Die Auswahl von geeigneten Schutzmaßnahmen wird ebenfalls unterstützt.
Risikobeurteilung der Schnittstellen
Für jede beliebige Anlage sollen zukünftig – quasi „auf Knopfdruck“ – alle relevanten Schnittstellen ausgegeben werden, damit bekannt ist, welche Schnittstellen zu beurteilen sind.
Es wird hierzu eine Excelliste mit allen relevanten Schnittstellen erstellt. Wiederum über ein VBA-Makro wird diese Liste mit importierten Produktionsstücklisten verglichen. Sind in der importierten Stückliste Baugruppen vorhanden, die eine Schnittstelle bilden, so wird die gefundene Schnittstelle in ein Tabellenblatt ausgegeben. Die eigentliche Risikobeurteilung einer Schnittstelle wird mit dem gleichen Formblatt durchgeführt, das für die Beurteilung der Einzelbaugruppen entwickelt wurde.
Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen
Zur Umsetzung der DIN EN ISO 13849 „Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ wird auf die kostenlos verfügbare Software SISTEMA (Sicherheit von Steuerungen an Maschinen) gesetzt, die von Seiten des BGIA entwickelt und gepflegt wird. Ein separates, zusätzliches Exceldokument dient zur Validierung der Steuerung.
Schlussbetrachtung
Durch die Verwendung der bereits vorhandenen Software Microsoft Excel wird die erforderliche Akzeptanz für die Durchführung einer Risikobeurteilung erhöht, da dieses Programm tagtäglich in Gebrauch ist und die Mitarbeiter mit der grundsätzlichen Bedienung vertraut sind. Zudem ergibt sich auch ein entscheidender Kostenvorteil gegenüber kommerziell erhältlichen Produkten zur Risikobeurteilung: Es werden keine zusätzlichen Softwarelizenzen benötigt!
Die fachliche Betreuung der Bachelorarbeit liegt innerhalb der Liebherr-Mischtechnik GmbH bei Herrn Franz-Josef Neher, Leiter Technische Dokumentation, von Seiten der Bergischen Universität Wuppertal bei Prof. Anke Kahl, FB Sicherheitstechnik/Arbeitssicherheit.
1VBA: Visual Basic for Applications; Programmiersprache zur Entwicklung von Makros und Programmmasken innerhalb von Microsoft Excel
Kontakt
Sie als Leser sind herzlich eingeladen Ihr Fachwissen und Ihre Anregungen einzubringen.
E‑Mail: Herbert. Fackler@gmx.de
Unsere Webinar-Empfehlung
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