Der Betrieb von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen stellt seit dem Inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) an alle Beteiligten hohe Anforderungen.
Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Herrn Dr. Berthold Dyrba Kurfürsten-Anlage 62 69115 Heidelberg
Grundlagen
Die erstmaligen und wiederkehrenden Prüfungen sowie die Qualifikation der Personen, die sich mit diesen Prüfungen auseinander setzen müssen, wie beispielsweise die „Zugelassenen Überwachungsstellen“ oder die „Befähigten Personen“ sind ein wichtiger Bestandteil innerhalb der Betreiberpflichten. Aufgrund der einschneidenden Veränderungen, die die BetrSichV in diesem Bereich herbeigeführt hat, sollen diese Punkte nunmehr vertieft betrachtet werden.
Der Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 der BetrSichV umfasst die Prüfung durch zugelassene Überwachungsstellen oder durch befähigte Personen und die Benutzung. Die Benutzung umfasst alle an Arbeitsmitteln betreffenden Maßnahmen, wie Erprobung, Ingangsetzen, Stillsetzen, Gebrauch, Instandsetzung und Wartung, Prüfung, Sicherheitsmaßnahmen bei Betriebsstörungen, Um- und Abbau sowie Transport.
Unter Prüfung versteht man nach TRBS 1201 „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“:
- die Ermittlung des Istzustandes eines Arbeitsmittels, einer überwachungsbedürftigen Anlage oder eines Arbeitsplatzes in explosionsgefährdeten Bereichen nach Anhang IV, Abschnitt A. Nr. 3.8 BetrSichV
- der Vergleich des Istzustandes mit dem Sollzustand sowie
- die Bewertung der Abweichung des Istzustandes vom Sollzustand.
In verschiedenen Paragrafen und Absätzen legt die BetrSichV Prüfungen fest, die zusammenfassend in Tabelle 1 dargestellt sind.
Befähigte Personen
Befähigte Personen sind laut BetrSichV Personen, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe Tätigkeit über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügen. Dieser neue Begriff der „Befähigten Person“ ersetzt im Wesentlichen die bisherige – in den meisten Regelwerken noch gebräuchliche – Bezeichnung „Sachkundiger“. Befähigte Personen können neben Arbeitsmitteln auch überwachungsbedürftige Anlagen prüfen. Die genaue Prüfzuständigkeit der befähigten Person ist in den §§ 14 und 15 der BetrSichV beschrieben und in der TRBS 1203 geregelt.
Die TRBS 1203 bestand aus insgesamt vier Teilen. Mit der Veröffentlichung der Neufassung der TRBS 1203 im GMBl Nr. 29 vom 12. Mai 2010, S. 627 wurden die Teile 1, 2 und 3 zurückgezogen. Die Inhalte wurden in die verbleibende TRBS eingepflegt. Die TRBS 1203 ist wie folgt gegliedert:
- 1. Anwendungsbereich
- 2. Allgemeine Anforderungen an befähigte Personen
- 2.1 Berufsausbildung
- 2.2 Berufserfahrung
- 2.3 Zeitnahe berufliche Tätigkeit
- 3. Zusätzliche Anforderungen an befähigte
Personen zur Prüfung bestimmter Ge-
fährdungen
- 3.1 Explosionsgefährdungen
- 3.2 Gefährdungen durch Druck
- 3.3 Elektrische Gefährdungen
Anhang 1: Beispiele für Anforderungen an befähigte Personen
Anhang 2: Übersichtstabelle
Gemäß § 14 BetrSichV sind überwachungsbedürftige Anlagen durch eine zugelassene Überwachungsstelle vor Inbetriebnahme zu prüfen. In § 14 Abs. 3 wird für bestimmte überwachungsbedürftige Anlagen zugelassen, dass die Prüfung vor Inbetriebnahme durch die befähigte Person durchgeführt werden kann. Aufgaben der befähigten Personen nach § 14 Abs. 1 bis 3 und § 15 sowie Anhang 4 Abschnitt A. Nr. 3.8 BetrSichV können auch von zugelassenen Überwachungsstellen wahrgenommen werden, welche die Zulassung für Anlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrSichV besitzen.
Befähigte Person im Sinne der für die Prüfung zum Explosionsschutz gemäß § 14 Abs. 1 – 3 und 15 BetrSichV ist, wer
- aufgrund seiner technischen Ausbildung die Gewähr dafür bietet, dass er die Prüfungen ordnungsgemäß durchführt und eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Herstellung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung der oben genannten Anlagen oder Anlagenkomponenten im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 der BetrSichV besitzt,
- die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit aufweist,
- hinsichtlich der Prüfergebnisse keinen Weisungen unterliegt und wegen dieser nicht benachteiligt werden darf,
- falls erforderlich, über geeignete Prüfeinrichtungen verfügt und
- durch die erfolgreiche Teilnahme an einschlägigen Schulungen nachweist, dass er über die im Einzelnen erforderlichen Kenntnisse des Explosionsschutzes sowie der relevanten technischen Regeln verfügt und diese Kenntnisse regelmäßig aktualisiert.
Befähigte Personen eines Unternehmens im Sinne von § 14 Abs. 6 der BetrSichV müssen:
- eine technische Berufsausbildung abgeschlossen haben oder eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende technische Qualifikation besitzen, welche die Gewähr dafür bietet, dass die Prüfungen ordnungsgemäß durchgeführt werden,
- eine mindestens einjährige Erfahrung mit der Herstellung oder Instandsetzung von Geräten, Schutzsystemen oder Sicherheits‑, Kontroll- oder Regelvorrichtungen im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 94/9/EG besitzen,
- über die im Einzelnen erforderlichen Kenntnisse des Explosionsschutzes sowie der relevanten technischen Regelungen verfügen und sofern erforderlich diese Kenntnisse aktualisieren, z. B. durch Teilnahme an Schulungen oder Unterweisungen,
- nach § 14 Abs. 6 BetrSichV von der zuständigen Behörde für diese Prüfungen anerkannt sein,
- bei ihren Prüftätigkeiten keinen fachlichen Weisungen unterliegen und wegen dieser nicht benachteiligt werden dürfen.
Für die Prüfung vor erstmaliger Nutzung von Arbeitsplätzen usw. ist ein Studium, eine Technikerausbildung oder langjährige Berufserfahrung notwendig. Die weiteren Anforderungen entsprechen denen wie bei Prüfung der Arbeitsmittel.
Der Arbeitgeber/Betreiber legt fest, wer für die überwachungsbedürftige Anlage in explosionsgefährdeten Bereichen die Prüfung als befähigte Person durchführt. Die Prüfung erfolgt auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BetrSichV, wenn zutreffende Bestimmungen der §§ 10, 11, 14 und 15 sowie des Anhangs 4 Abschnitt A. Nr. 3.8 der BetrSichV zur Anwendung kommen, das heißt:
- Prüfung der Arbeitsmittel nach § 10
- Aufzeichnung der Prüfergebnisse nach § 11
- Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14
- Wiederkehrende Prüfungen nach § 15
- Überprüfung von Arbeitsplätzen einschließlich der vorgesehenen Arbeitsmittel und der Arbeitsumgebung sowie der Maßnahmen zum Schutz Dritter vor der erstmaligen Nutzung in explosionsgefährdeten Bereichen nach Anhang 4 Abschnitt A. Nr. 3.8.
Wichtige TRBS
Für die Prüfung sind je nach Erfordernis folgende Technische Regeln für Betriebssicherheit relevant:
- TRBS 1122 „Änderungen und wesentliche Veränderungen von Anlagen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BetrSichV – Ermittlung der Prüf- und Erlaubnispflicht“
- TRBS 1201 „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“
- TRBS 1201 Teil 1 „Prüfung von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen und Überprüfung von Arbeitsplätzen in explosionsgefährdeten Bereichen“
- TRBS 1201 Teil 3 „Instandsetzung an Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits‑, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 94/9/EG – Ermittlung der Prüfnotwendigkeit gemäß § 14 Abs. 6 BetrSichV“
- TRBS 1201 Teil 5 „Prüfung von Lageranlagen, Füllstellen, Tankstellen und Flugfeldbetankungsanlagen, soweit entzündliche, leichtentzündliche oder hochentzündliche Flüssigkeiten gelagert oder abgefüllt werden, hinsichtlich Gefährdungen durch Brand und Explosion“.
Die Technische Regel 1122 „Änderungen und wesentliche Veränderungen von Anlagen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BetrSichV – Ermittlung der Prüf- und Erlaubnispflicht“ konkretisiert für Anlagen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BetrSichV, was als Änderung bzw. als wesentliche Veränderung gilt. Diese Technische Regel nennt auch Beispiele für solche Maßnahmen an Anlagen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BetrSichV, die nicht als Änderungen gelten.
Unter Anlagen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BetrSichV versteht man:
- a) Lageranlagen mit einem Gesamtrauminhalt von mehr als 10.000 Litern,
- b) Füllstellen mit einer Umschlagkapazität von mehr als 1.000 Litern je Stunde,
- c) Tankstellen und Flugfeldbetankungsanlagen sowie
- d) Entleerstellen mit einer Umschlagkapazität von mehr als 1.000 Litern je Stunde,
soweit entzündliche, leichtentzündliche oder hochentzündliche Flüssigkeiten gelagert oder abgefüllt werden.
In die Beurteilung dieser Anlagen sind auch Anlagen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BetrSichV einzubeziehen, die sich in den oben genannten Anlagen befinden.
Unter Anlagen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BetrSichV versteht man:
Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen, die Geräte, Schutzsysteme oder Sicherheits‑, Kontroll- oder Regelvorrichtungen im Sinne des Artikels der Richtlinie 94/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen sind oder beinhalten.
Diese Technische Regel konkretisiert für die oben genannten Anlagen a), b), c), welche wesentlichen Veränderungen und Änderungen der Bauart oder der Betriebsweise die Sicherheit der Anlage soweit beeinflussen, dass vor der Änderung oder wesentlichen Veränderung eine Erlaubnis nach § 13 BetrSichV erforderlich ist.
Die TRBS 1201 „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“ konkretisiert die BetrSichV hinsichtlich:
- der Ermittlung und Festlegung von Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen,
- der Verfahrensweise zur Bestimmung der mit der Prüfung zu beauftragenden Person,
- der Durchführung der Prüfungen und
- der Erstellung der gegebenenfalls erforderlichen Aufzeichnungen.
Sie gilt auch für die Überprüfung der Explosionssicherheit an Arbeitsplätzen in explosionsgefährdeten Bereichen nach Anhang 4, Abschnitt A, Nr. 3.8 BetrSichV vor erstmaliger Nutzung.
Die TRBS 1201 Teil 1 gilt für die Ermittlung und die Durchführung der besonderen Prüfungen zum Explosionsschutz an überwachungsbedürftigen Anlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrSichV, anderen Arbeitsmitteln sowie Einrichtungen und Verbindungselementen auch außerhalb der explosionsgefährdeten Bereiche, sofern diese den explosionssicheren Betrieb der überwachungsbedürftigen Anlagen beeinflussen. Auf die Überprüfung nach Anhang 4 Abschnitt A. Nr. 3.8 BetrSichV wird im Punkt 5 beginnend mit der Zielsetzung der Überprüfung, über Inhalt der Überprüfung und erneute Überprüfung ausführlich eingegangen.
Die TRBS 1201 Teil 3 beinhaltet die Konkretisierung der Anforderungen an die Prüfung nach Instandsetzung von Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits‑, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 94/9/EG zur Erfüllung des § 14 Abs. 6 Satz 1 und 2 BetrSichV. Eine Instandsetzung hat gemäß § 12 BetrSichV nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Bei Instandsetzung von Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits‑, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 94/9/EG erfordert dies den Einsatz von Fachkräften. Die Prüfung nach § 14 Abs. 6 BetrSichV soll gewährleisten, dass das instandgesetzte Gerät, Schutzsystem oder die Sicherheits‑, Kontroll- oder Regelvorrichtung in den für den Explosionsschutz notwendigen Eigenschaften wieder den ursprünglichen Anforderungen entspricht.
Die TRBS 1201 Teil 5 gilt für die Ermittlung und Durchführung von Prüfungen nach §§ 14 und 15 BetrSichV von (überwachungsbedürftigen Anlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrSichV):
- a) Lageranlagen mit einem Gesamtrauminhalt von mehr als 10.000 Litern,
- b) Füllstellen mit einer Umschlagkapazität von mehr als 1.000 Litern je Stunde sowie
- c) Tankstellen und Flugfeldbetankungsanlagen, soweit entzündliche, leichtentzündliche oder hochentzündliche Flüssigkeiten gelagert oder abgefüllt werden.
Weitere Informationen im Explosionsschutzportal der BG RCI unter:
Autor
Dr. Berthold Dyrba, BG RCI E‑Mail:berthold. dyrba@bgrci.de
Unsere Webinar-Empfehlung
22.02.24 | 10:00 Uhr | Das Bewusstsein für die Risiken von Suchtmitteln am Arbeitsplatz wird geschärft, der Umgang mit Suchtmitteln im Betrieb wird reflektiert, sodass eine informierte Entscheidung über Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei Suchtmittelkonsum am Arbeitsplatz…
Teilen: