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Nach der Fusion von HVBG und BUK zum neuen Spitzenverband DGUV ist und wird sukzessive das Vorschriften- und Regelwerk der gewerblichen und der öffentlichen Unfallversicherungsträger zusammengeführt. Eine der zentralen Vorschriften ist die noch gültige BGV A2, die als „DGUV Vorschrift 2“ ab dem 1.1.2011 u.a. die Einsatzzeiten und die notwendige Fachkunde von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten regelt. Doch der Ende August 2009 den UV-Trägern zur Stellungnahme versandte Entwurf hat Nachbesserungsbedarf (s. auch Sicherheitsingenieur 10/09).
schwarz auf weiß Agentur für Public Relations Frau Petra Lasar Im Schmalen Auel 42 D 51503 Rösrath
Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gibt es bekanntlich sehr unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Erbringung von Arbeits- und Gesundheitsschutz für ihre Beschäftigten. Viele tendieren heute dazu, weit mehr zu leisten als der Gesetzgeber vorschreibt, weil sie sich den Benefit betrieblicher Maßnahmen zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung ihrer Mitarbeiter zugunsten ihrer Wettbewerbsfähigkeit sichern wollen. Das erleben wir bei vielen unserer Auftraggeber. Andererseits gibt es immer noch Betriebe, die nicht einmal eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Die neue BGV A2 ist im Ansatz schon deshalb zu begrüßen, weil sie für Unternehmen, die die Thematik bereits in der Vergangenheit sehr verantwortungsbewusst gehandhabt haben, quasi einen Bonus enthält. Denn mit diesem Entwurf der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zu einer einheitlichen Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A2/Anschlussreform), die ein Splitting in Grundbetreuung und spezifischem Bedarf zugrunde legt, werden Unternehmen, die schon heute in punkto Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit gut aufgestellt sind und verantwortungsbewusst mit der Gesundheit ihrer Mitarbeiter umgehen, weniger zusätzliche Beratungsleistung benötigen als Unternehmen, bei denen einiges im Argen liegt.
Sanktionen erforderlich
Andersherum plädiere ich dafür, dass diejenigen Unternehmen, die ihre Schwachstellen auch in Zukunft nicht beseitigen, sanktioniert werden. Nur dann kann das Mehr an Freiheit, das die neue BGV A2 bei der Ausgestaltung und beim Umfang der Mitarbeiterbetreuung durch Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte einräumt, funktionieren. Das System, das auf mehr unternehmerische Eigenverantwortung setzt, braucht eine funktionierende Kontrollinstanz, die dafür sorgt, dass die Bedarfsermittlung nach einheitlichen Standards erfolgt und auch die Mängelbeseitigung entsprechend nachgehalten wird. Daran mangelt es allerdings heute sehr oft.
Vor dem Hintergrund einer dynamischen Arbeitswelt mit ihren diversifizierten Herausforderungen an die Qualifikation, die Lebensarbeitszeit und die Flexibilität von Beschäftigten sind andere betriebliche Konzepte zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung gefragt als noch vor wenigen Jahren. Die Schwerpunkte haben sich verschoben und sind zudem betriebsspezifisch variabel. Die Erbringer von Dienstleistungen in diesem Segment werden nun gefordert, bei der betriebsspezifischen Beratung genauestens zu analysieren, welcher Bedarf in welchen Tätigkeitsfeldern tatsächlich vorhanden ist. Erst daraus lassen sich zielorientierte Maßnahmen ableiten, gestalten und umsetzen. Es geht also demnächst darum, handfeste Inhalte an den Anfang zu stellen statt festgelegte Zeiten mit Leistungen zu füllen. Das wird natürlich auch Einfluss auf die Preisgestaltung im Markt haben, denn für den Unternehmer ist dieses Verfahren im Gegensatz zu bezahlten Zeiteinsätzen transparent. Er weiß, welche konkrete Leistung er für sein Geld bekommt und erwarten kann. Das wird auch neue Maßstäbe an die Qualifikation, die Vorgehensweise und das Selbstverständnis sowie das Erfahrungspotenzial und die Tools der Leistungserbringer setzen.
Einsatzzeiten in der Kritik
Festgelegte Zeiten wird es nur noch für die Grundbetreuung geben, die 70 Prozent der heutigen Einsatzzeit, mit Erweiterung um einen branchenspezifischen Zusatz, umfasst. Kritisch sehe ich in diesem Zusammenhang die sogenannte Schutzklausel, nämlich die Festlegung von Mindestzeiten für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Arbeitsmediziner in Höhe von jeweils 20 Prozent. Das halte ich für zu niedrig. Realitätsnäher und marktgerechter wären 40 Prozent. Schließlich haben wir die technische Sicherheit heute ganz gut im Griff, während es in anderen Bereichen, die eher die Arbeitsmedizin betreffen, zunehmenden Bedarf gibt. Würde auf die Arbeitsmedizin ein Grundbetreuungs-Mindestanteil von nur 20 Prozent entfallen, bestünde die Gefahr, dass Unternehmen, die eher nachlässig mit der Thematik umgehen, vor allem kostengünstigere Sitec-Leistungen einkaufen. Andere Problemkreise, die sich seit Jahren verschärfen – wie beispielsweise psychomentale Belastungen oder altersbedingte Erkrankungen – könnten dann schnell zu kurz kommen. Die Festlegung der Mindestanteile sollte auf jeden Fall regelmäßig überprüft anstatt dauerhaft festgeschrieben werden. Schließlich werden sich auch zukünftig die Anforderungen in der Grundbetreuung im steten Wandel unserer Arbeitswelt ändern.
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