Die öffentliche Verwaltung von EU, Bund, Ländern und Kommunen befinden sich in immer schnellerem Reformtempo: Einerseits durch den Kostendruck, andererseits durch technologische Neuerungen, vor allem die weltweite elektronische Informationsübermittlung. Wie gehen Beschäftigte damit um?
Es ist eine Tatsache, dass es weder in der Geschichte noch in der Gegenwart erfolgreiche Gemeinschaften und Staaten gab, deren Verwaltungen nicht oder nur schlecht funktionierten. Erfolgreiche Gemeinschaften/Staaten sind wie erfolgreiche Unternehmen ohne eine angemessene Organisationsform und gutes Personal nicht denkbar. Erfahrungen aus der Geschichte müssen nicht in erster Linie abschrecken, sondern können das Bewusstsein für eigene Chancen wecken. Konkurrenz gibt es seit Menschen Gedenken. Es ist die Kunst, so gut zu sein, dass man im Wettbewerb erfolgreich ist.
Die öffentliche Verwaltung war am Anfang der Bundesrepublik Deutschland sehr wichtig für die schrittweise Wiedererlangung eines einigermaßen geordneten Lebens . Nach den ersten Erfolgen in der Zeit des „Wirtschaftswunders“ verstaubte sie ein wenig und ließ es auch dort zu, wo sie es keinesfalls war. Ihr Image verschlechterte sich. Sie galt eher als Bremse denn als Förderer. Die öffentliche Verwaltung schaffte es lange Zeit nicht, dieses negative Erscheinungsbild abzulegen.
Das erscheint umso unverständlicher, da viele Mitglieder in Landtagen und im Bundestag aus der öffentlichen Verwaltung kamen. Sie hätten dafür sorgen können, dass die Leistungen der öffentlichen Verwaltung in der Öffentlichkeit gerecht beurteilt worden wären. Ein Umdenken ist bis heute – obwohl etwa seit zwei Jahrzehnten weitgehende Reformanstrengungen unternommen werden – nicht gelungen.
Effizienz als Maxime
Unverkennbar war und ist der Wunsch nach mehr Effizienz. Begleitet wurde dieser Prozess von einer rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechniken.
Die Realität zeigt jedoch, dass die öffentliche Verwaltung zwar einerseits diese neuen Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung nutzt, sie andererseits aber in ihrem inneren Gefüge teilweise so geblieben ist, als gäbe es diese Möglichkeiten nicht. Die tägliche Ansammlung großer Mitarbeiterzahlen am gleichen Ort entstammt jenen Zeiten, als dies zur erforderlichen internen Kommunikation und Zusammenarbeit noch unvermeidbar war. Das ist heute nicht mehr so.
Doch wann leisten Menschen in der Arbeitswelt am meisten, und wann ist ihre Arbeitszufriedenheit hoch? Wenn sie umfassend und rechtzeitig informiert sind und wenn ihnen an ihren Arbeitsplätzen alle Arbeitsmittel und Ausstattungen zur Verfügung stehen, die nach dem Stand der Technik für ihre Arbeit verfügbar sind.
Erfolgreiche Teams zeichnen sich dadurch aus, dass sie für die Erreichung ihrer Arbeitsziele motiviert sind. Aber wodurch werden sie motiviert? Bei den meisten Beschäftigten sicherlich auch durch materielle Anreize. Befragungen zeigen allerdings, dass Arbeitszufriedenheit nicht alleine darauf zurück zu führen ist. Weitere Merkmale sind die Zufriedenheit mit der Arbeitsumgebung, das Gefühl, dass der Beitrag jedes Einzelnen wichtig ist, dass das Leitbild stimmt und dass die persönliche und fachliche Kompetenz ernst genommen wird.
David-Phänomen
Geschwindigkeit ist oft erfolgreicher als Größe. Man könnte es das David-Phänomen nennen. Dieser Grundsatz ist in der öffentlichen Verwaltung allerdings nur in Ansätzen angekommen. Entscheidungen brauchen zu lange, ohne dass sie dadurch besser würden.
Was bringt ein Unternehmen voran? Innovationsgeist und Kreativität in Verbindung mit den oftmals als preußische Kardinaltugenden titulierten Grundeigenschaften. Geht das überhaupt oder kann Kreativität nur im Chaos gedeihen? Es geht!
Erfolgreiche Unternehmen haben gute Manager. Allein der betriebswirtschaftliche Aspekt verbietet es, gewinnbringendes Ideen-Potenzial von Mitarbeitern abzuwürgen. Gute Manager würden Sätze wie: „Das habe ich alles längst selbst versucht“, „Das bringt am Ende ja doch nichts ein“, „Das brauchen Sie uns nicht zu sagen“ oder „Das hilft uns auch nicht weiter“ vermeiden. Motivation ist in diesem Kontext ein zentrales Stichwort. Der Philosoph und Dichter Lichtenberg hat einmal geschrieben: „Der Mensch braucht das Gefühl, dass er etwas gilt, dass seine Leistung anerkannt wird, dass man sich um ihn kümmert, seine Grundsehnsucht nach Geborgenheit will gestillt sein, sonst leistet er nichts, wird er krank.“
Gute Manager beherzigen diesen Satz. Philosophen müssen sie deshalb nicht unbedingt sein. Aber von den Grundlagen der Psychologie müssen sie etwas verstehen, sonst gelingt es ihnen auch nicht, ihre betriebswirtschaftlichen Ziele zu erreichen, weil dies nicht ohne die Berücksichtigung der umfassenden Gesundheit am Arbeitsplatz möglich ist.
In gut geführten erfolgreichen Unternehmen arbeiten Manager mit diesen Eigenschaften. Sie wissen auch, dass das Vorbild wesentlich besser motiviert als die Anordnung.
Der Personal- und Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung kommt folglich bei der langfristigen Sicherung des Standorts Deutschland eine besondere Aufgabe zu. Globalisierung und demografischer Wandel stellen sie vor neue Aufgaben. Um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen, ist es erforderlich, dass Personal‑, Organisations- und Kompetenzentwicklung gleichberechtigt in effizienter Weise zusammen wirken. Stichwort „Lebenslanges Lernen“. Dazu gehört auch die Vermittlung der positiv zu bewertenden Tatsache, dass sich die gesamte Arbeitswelt, also auch die öffentliche Verwaltung in einem ständigen Wandlungsprozess befindet und immer befand. Genauso verhält es sich mit der gesamten Welt. Das Grundprinzip des Lebens ist die Veränderung. Veränderung ist das positive und normale, der Stillstand das negative und unnormale.
Dennoch haben viele Menschen Ängste oder zumindest Vorbehalte gegenüber Veränderungen. Auch das ist normal.
Es ist wichtig, die grundlegenden Erkenntnisse der Verhaltenspsychologie in der Personal- und Organisationsentwicklung zu berücksichtigen.
Zur modernen Verwaltungsphilosophie gehört es, gute Beispiele aus der nicht-öffentlichen Verwaltung in die staatliche zu übernehmen. Die „Ressource Mensch“ in der öffentlichen Verwaltung kann und soll zur effizienten Aufgabenerfüllung genutzt werden, ohne dass die Beteiligten darunter leiden. Im Gegenteil: Erfolg macht Freude.
Wertschöpfung durch Wertschätzung und die richtige Kombination der personellen Vielfalt als Quelle für Innovation in der Verwaltung und durch die Verwaltung. Ich wage die Behauptung, dass kaum jemand nicht zu motivieren ist. Die Vorgesetzten müssen nur wissen, wie man es macht.
Genauso wie Bedenken gegen Neues ist auf der anderen Seite die Neugierde eine zuweilen unterbewertete Eigenschaft. Oftmals steckt dahinter ein Stück Dialektik. Wer den Kopf zu weit oder zu früh herausstreckt, dem wird er möglicherweise abgerissen, wer ihn nur in den Sand steckt, der erstickt wahrscheinlich.
Erfolgreich ist derjenige, der innovativ Neues wagt aber nicht undurchdacht und ohne Absicherung. Für die nächsten zehn bis 15 Jahre kann mit einiger Sicherheit gesagt werden, was erreicht werden muss, damit die Bundesrepublik Wohlstand und soziale Sicherheit für ihre Menschen behält:
Wir müssen an uns glauben und offen für Neues sein. Dazu haben wir in einem starken Europa gute Gründe. Wir müssen Innovationen, die zu nachgefragten Produkten und Dienstleistungen führen, fördern wo immer wir können. Innovationsfähigkeit fällt nicht vom Himmel. Sie muss auch von der öffentlichen Verwaltung organisiert werden.
Wir müssen in einem fairen Wettbewerb zur Spitze gehören wollen – auch wenn die alten Konkurrenten wie die USA, Japan und Russland und die neuen wie China, Indien und Teile der arabischen Welt nicht schlafen.
Wir müssen es eben besser erreichen, dass die Menschen ihr Können, ihre Kreativität und ihre Motivation in die Arbeitswelt – auch der öffentlichen Verwaltung – einbringen und ihre Kompetenzen stetig weiter entwickeln. Das gilt auch auf dem immer wichtiger werdenden internationalen Feld mit allen Konsequenzen für Sprachen- und Kulturkenntnisse.
Die Personalentwicklung muss von einer zukunftsorientierten Strategie, die im Einklang mit den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten steht, getragen werden. Die Ziele sollten darin bestehen, sowohl das Gesamtergebnis hinsichtlich der gestellten Aufgaben ständig zu verbessern, als auch die Entwicklung jedes Beschäftigten erfolgreich zu fördern. Nicht behindern sondern fördern, was auch befördern heißen kann.
Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) hat in einer Veranstaltungsreihe, vom 23. November 2006 bis 01. März 2007 das Thema „Ideenmanagement als Personalkostenkompensation und Innovationsmotor“ herausgestellt. Der oft leichtfertig und unüberlegt gesprochene Satz „Die Personalkosten müssen reduziert werden“ wird in dieser Reihe wissenschaftlich belegt kritisch betrachtet.
Das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft hat festgestellt: Fördern Unternehmen die Ideen ihrer Mitarbeiter richtig, kann damit im Durchschnitt pro Mitarbeiter und Jahr ein Zusatznutzen von etwa 10.000 Euro pro Person erzielt werden.
Bei einer Behörde von 300 Mitarbeitern, wären dies drei Millionen Euro jährlich. Auf den Punkt gebracht: Jede Behördenleitung, der das nicht auch nur zum Teil gelingt, muss sich fragen lassen, warum sie drei Millionen Euro jährlich glaubt verschwenden zu dürfen.
Staatsaufgaben heute
Bedauerlicherweise halten sich viele Akteure auf dem Gebiet der Verwaltungsreform nicht an die Grundregeln einer klaren Sprache. Vieles wird aus dem Englischen einfach ungenau übersetzt. Der zentrale Begriff „Neue Verwaltungssteuerung“(NVS) ist ein derartiges abschreckendes Beispiel. „Public Management“ ist mit „Verwaltungssteuerung“ falsch übersetzt. Keine Frage, dass dieser Begriff keine Begeisterung hervorruft.
Genauso verhält es sich mit dem Begriff „Produkt“, wenn von den Leistungen der öffentlichen Verwaltung gesprochen wird.
Was „Produkt“ öffentlicher Verwaltung zu sein hat, bestimmt in jedem Staat zunächst dessen geltende Verfassung.
Die Bestimmung des Artikels 1 Absatz 1 unseres Grundgesetzes definiert den Staatszweck unzweideutig. Da, wo der Mensch allein nicht in der Lage ist, seine Würde zu schützen, ist die staatliche Gewalt verpflichtet, zu seinem Schutz tätig zu werden.
Die dann folgenden Artikel 2 bis 19 im Grundrechtsteil unseres Grundgesetzes weisen unserem Staat und damit unserer öffentlichen Verwaltung weitere Aufgaben zu, zeigen aber zugleich auch Grenzen staatlichen Handelns auf.
Es ist daher eine wichtige Aufgabe für alle Angehörigen der öffentlichen Verwaltung, die Bestimmungen des Grundgesetzes und der jeweiligen Landesverfassung gut zu kennen. Aus ihnen leiten sich die untergliederten Aufgaben ab.
Mitarbeiter die ihre tägliche Arbeit als Aufgabe und nicht nur als Job sehen, haben auch gesundheitlich weniger Probleme.
Die Produkte, die öffentliche Verwaltungen zu erbringen haben, sind ohne den jeweiligen geschichtlichen Kontext nicht zu verstehen. Bereits Platon, Philosoph und Staatsmann der griechischen Antike, definierte Staatsaufgaben. Der Staat sei der Ort, an dem Gerechtigkeit geübt werde.
Thomas von Aquin lehrte im Mittelalter, dass der Staat die Tugend zu verwirklichen und nach Möglichkeit irdische Glückseligkeit herzustellen habe.
Hatte Thomas Hobbes den Zweck des Staates noch in der bloßen Selbsterhaltung des Menschen gesehen, erweiterte John Locke den Staatszweck auf den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum.
Weniger Staat wollte dann wiederum Wilhelm von Humboldt.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann heute das Leistungsspektrum der öffentlichen Verwaltung unter folgenden Überschriften zusammen gefasst werden:
- Sicherung der menschlichen Entfaltungsmöglichkeiten (z.B. Bildung und Kultur)
- Ordnung des Zusammenlebens (z.B. Rechtsnormen und Planung)
- Innere und äußere Sicherheit
- Soziale Aufgaben (siehe Artikel 20, As. 1 GG)
- Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen des Gemeinwesens
- Sicherung der Existenzgrundlage des Einzelnen (Soziale Marktwirtschaft).
Die Rechts- und Organisationsformen, mit denen Nationen, Länder und Kommunen ihre Aufgaben wahrnehmen, unterliegen wie die Gesellschaft auch, einem ständigen Wandel. Insofern ist der permanente Reformprozess das Natürliche.
Aktuell ist die „Managerialisierung“ und Ökonomisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland in vollem Gange. Nach fast 20 Jahren intensiver Diskussion ausgelöst u.a. vom so genannten Tilburger Modell (Kontraktmanagement) in Holland wird vielfach anstatt von der Stadtverwaltung, der Kreisverwaltung, der Landesverwaltung vom Konzern Stadt, Konzern Kreis oder Konzern Land gesprochen.
Begriffe des New Public Managements wie Ressourcenverantwortung, Output-Orientierung, Budgetierung oder Controlling gehören zum Sprachalltag in heutigen Verwaltungen. Doch es gibt viele Fragen:
- Was soll noch öffentliche Verwaltung bleiben?
- Was kann ausgegliedert werden?
- Sind Arbeitsschutz und Gewerbeaufsicht Kernaufgaben staatlichen Handelns in einer Zeit, in der selbst Justizvollzugsbehörden schon (teil-)privatisiert sind?
Beurteilungsgrundlage ist jeweils die grundsätzliche Haltung, wie viel Staat ein funktionierendes Gemeinwesen braucht.
Wer vom handlungsfähigen Staat ausgeht, wird zu anderen Ergebnissen kommen, als jemand der vom schlanken Staat spricht aber eher einen schwachen Staat meint. Schlank ist in einer gewissen Bandbreite gesund und stark. Zu dünn ist genauso krank wie zu dick.
Wer den schlanken aber starken Staat will, muss auch dafür sorgen, dass er die erforderlichen Ressourcen und Instrumente hat.
Gegenwärtig muss auf die Folgen der Globalisierung Einfluss genommen werden:
- Sicherheit gegenüber Terrorismus
- Förderung von Innovation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
- Unterstützung und Förderung von Bildung und Familie
- Sicherung der sozialen Systeme.
Von derartigen Prioritätensetzungen leiten sich auch die Instrumente und die Strukturen des handelnden Staates ab.
Vielfach werden öffentliche Aufgaben in ausgelagerten Eigenbetrieben, Stiftungen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaften wahrgenommen. Der Grund dafür: weg von obrigkeitsstaatlichen Strukturen hin zu mehr Effizienz, Flexibilität und Kundenzufriedenheit. Doch die Absicht, eine Stadt, einen Kreis oder gar ein Land wie einen Konzern steuern zu können, stößt deutlich an ihre Grenzen, da sich die Rahmenbedingungen deutlich unterscheiden.
Konzerne der Wirtschaft kümmern sich in der Marktwirtschaft um profitable Geschäftsfelder. Die öffentliche Verwaltung ist auch auf Feldern aktiv, die eher bezuschusst werden müssen oder die ihr zur Erledigung gesetzlich aufgetragen werden.
Eine öffentliche Verwaltung kann nicht einfach ein Produkt absetzen wenn es wirtschaftlich nicht läuft. Sie kann höchstens ihre Effizienz durch den Einsatz wirksamerer Mittel und verbesserte Organisationsabläufe erhöhen.
Ausgründungen in andere Rechts- und Organisationsformen sind nicht immer als Heilmittel zu betrachten.
Das Schlagwort „Konzern Verwaltung“ vermittelt auf den ersten Blick zwar den Eindruck rationaler betriebswirtschaftlicher Ausrichtung, bei Licht besehen bezieht es sich aber eher auf die Struktur der ausgegliederten Unternehmen in einer Holding.
Viele Aufgaben der öffentlichen Verwaltung sind auf Dauer aber nicht geeignet, sich in diese Struktur einzufügen. Es geht nicht darum, allgemein die Beispiele aus der Wirtschaft zu übernehmen, sondern nur die guten. Wie war es doch, als teils hochnäsige Bankangestellte oder Leute einst gepriesener anderer Wirtschaftsunternehmen, noch glaubten von oben herab auf die Staatsverwaltung, den Staat schauen zu können? Jetzt rufen sie nach staatlicher Hilfe. Einem oft gehörten Vorurteil, dass die öffentliche Verwaltung nicht wirtschaftlich handeln könne, soll direkt entgegnet werden. Es ist historisch und tatsächlich falsch. Historisch, weil bei allen erfolgreichen Staaten, seien es das alte Ägypten, das frühere Griechenland, das Römische Reich, China oder Preußen, deren öffentliche Verwaltung wirtschaftlich jeweils äußerst erfolgreich war. Ihre Angehörigen waren überwiegend hoch angesehen, bestens ausgebildet und viele waren tatkräftig und innovativ. Diesen Zustand gilt es wieder zu erreichen!
Es gilt das Wirtschaftlichkeitsprinzip
Sowohl der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit als auch der Grundsatz der Sparsamkeit verlangen, dass stets auf ein möglichst günstiges Verhältnis von Mitteleinsatz und Ergebnis geachtet wird. Dabei ist nicht immer der am sparsamsten, der am wenigsten Mittel einsetzt. Das Preis-Leistungsverhältnis muss geprüft werden. Ein Vorgesetzter, der alle Auslands-Dienstreisen ablehnt, obwohl die Geschäftsfelder seines Bereichs überwiegend international ausgerichtet sind, handelt nicht etwa wirtschaftlich, sondern falsch.
Es gibt weitere Formen des „Totsparens“. Diejenigen, die sich zuweilen als besondere „Sparfüchse“ hervortun wollen, verfügen zuweilen nur über zu wenig an Ideen und Initiativen.
Was die öffentliche Verwaltung wirklich von der Wirtschaft lernen kann: Sie muss sich an den Herausforderungen orientieren, vor denen unser Land gegenwärtig steht.
Wir befinden uns in einem strukturellen Wandlungsprozess von einer industriell geprägten Gesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft. Bedauerlicherweise hat die öffentliche Verwaltung an vielen Stellen – anders als erfolgreiche Unternehmen – das noch nicht hinreichend realisiert. Der Grund dafür liegt nicht in erster Linie bei der Verwaltung selbst, sondern dort, wo deren Handlungsrahmen gesetzt wird.
Viele Verfahren in der öffentlichen Verwaltung sind auch heute noch von jenen Strukturen des Industriezeitalters geprägt. Ein besonderes (schlimmes) Kapitel ist die Ausstattung der öffentlichen Verwaltung mit Kommunikationsmitteln.
Es sind keine Einzelfälle, wenn Angehörige der Wissenseliten in der öffentlichen Verwaltung für ihre Arbeit lieber auf private Internet-Anbieter zurückgreifen als auf die ihnen dienstlich zur Verfügung gestellten, weil diese hinten und vorne nicht funktionieren.
Kein erfolgreiches Unternehmen könnte sich im globalen Markt behaupten, wenn seine digitale Kommunikation nur während der so genannten Kernarbeitszeiten und dann auch nur leidlich funktionieren würde.
In den nächsten Jahren wird die Informations- und Wissensbranche zum zentralen Wachstums- und Beschäftigungsmotor. Dabei wird Wissen nicht nur in der so genannten New Economy zur zentralen Ressource. Auch in den klassischen Branchen findet eine gravierende Umgewichtung der Produktionsfaktoren statt. Jeder, der heute ein neues Auto kauft merkt, dass dessen Wert immer weniger aus dem Stahl, der in ihm verarbeitet ist besteht, sondern vielmehr aus der Elektronik und Software die es mit neuen Qualitäten ausstattet.
Bei zunehmend intelligenteren Produkten und Dienstleistungen ist die Wissensanreicherung der zentrale Wettbewerbsfaktor.
Die klassischen Bewertungs- und Steuerungsmethoden der Industriegesellschaft verlieren an Bedeutung. In der öffentlichen Verwaltung sind sie aber noch zu stark ausgeprägt.
In der früheren Industriegesellschaft folgte das wirtschaftliche Handeln den Gesetzen der industriellen Massenproduktion. Es war abhängig von Arbeitsteilung und billiger Arbeitskraft. Die Wirtschaft des Informationszeitalters ist hingegen abhängig von Innovationsfähigkeit durch Wissen und Bildung, trotz teurer Arbeitskraft.
Das bedeutet, dass die Qualität der Mitarbeiter den Erfolg wesentlich bestimmt. Daraus folgt für die öffentliche Verwaltung, dass sie noch viel mehr Wert auf internen Arbeits- und Gesundheitsschutz legen muss.
Wichtig ist auch das Selbstbewusstsein der öffentlichen Verwaltung. Es ist falsch, hat sich aber bedauerlicherweise in der Wahrnehmung durchgesetzt, dass in Wirtschaftsunternehmen die Guten sitzen und „beim Staat“ die Schlechteren arbeiten. Zwar gibt es auch schlecht funktionierende, demotivierte und fachlich unterqualifizierte Verwaltungsstellen. Das ist aber nicht die Regel. Artikel 33 Abs. 2 GG schreibt für die öffentliche Verwaltung übrigens die Bestenauslese vor. Diese hat nach wie vor aber ein Imageproblem, das sich zum Beispiel in den zahlreichen Beamtenwitzen ausdrückt. Ihre Orientierung an volks- und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, wo immer diese passen, muss aber auch dazu führen, dass sie den Konkurrenzkampf aufnimmt und besser sein will, als die anderen.
Eine engere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft darf nicht als Selbstzweck missverstanden werden. Der öffentliche Dienst soll nicht unreflektiert die Ziele und Instrumente übernehmen, die für private Unternehmen gelten, sondern er soll sich wichtige Erfahrungen der Wirtschaft zunutze machen wie z. B. modernes Personalmanagement, Entwicklung von Führungskompetenz, Kosten-Leistungs-Rechnung, Zielvereinbarungen, materielle und immaterielle Leistungsanreize. Wichtig dabei ist, dass sie nicht auf jeden Zug gesetzt wird, der von eilfertigen externen Beratern mit reichlich Wortgeklingel vorbeigezogen wird.
Staats-Verwaltung und Politik
Die öffentliche Verwaltung hängt schon deshalb wesentlich von der Politik im weiteren Sinne ab, weil ihre Aufgaben und Handlungsgrundlagen durch sie weitgehend bestimmt werden.
Genauso aber wie ein Konzern und seine Verwaltung in der Regel nicht dem Vorstandsvorsitzenden gehören, gehört die jeweilige öffentliche Verwaltung auch nicht der jeweiligen befristet eingesetzten politischen Leitung. Verglichen mit einer AG wäre die öffentliche Verwaltung in erster Linie den Anteilseignern verpflichtet. In unserer Demokratie sind das die Bürger.
Bewusst regelt unser Grundgesetz in Artikel 33 die Rechtsstellung der in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Beamten. Das Neutralitätsgebot der öffentlichen Verwaltung setzt voraus, dass deren Unabhängigkeit zu seiner tatsächlichen Erfüllung groß genug ist.
„Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.“(Art. 33, Abs. 4 GG). Das bedeutet, dass eine „Politisierung“ der öffentlichen Verwaltung unzulässig ist.
In der Praxis wird immer wieder diskutiert, dass es doch zu politisch motivierten Einstellungen bzw. Aufgabenübertragungen kommt. Akzeptiert wird, dass sich die jeweiligen politischen Leitungen jeweils wenige Mitarbeiter für ihre Stäbe aussuchen, die ihnen politisch nahe stehen. Es ist in den Beamtengesetzen auch geregelt, dass es wenige so genannte politische Beamte gibt, die jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können (z.B. Regierungspräsidenten, Polizeipräsidenten). Der Kreis ist bewusst klein gehalten.
Leitbild für ein gutes Verhältnis von Politik und Verwaltung ist das der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Aufträge und Vorgaben aus der Politik sind zielgerichtet und zeitnah umzusetzen. Die Beratung der politischen Ebene erfolgt in Offenheit und auf der Grundlage der sachlichen Erfordernisse. Dies schließt die Darlegung abweichender Auffassungen und Kritik ausdrücklich ein.
EU wird immer wichtiger
Gegenwärtig erleben wir Änderungen der politischen Gewichtsverteilung zwischen EU, Bund und Ländern mit einer weitreichenden Kompetenzverlagerung auf die EU-Ebene. 60 Prozent bestimmt die EU, 30 Prozent der Bund und 10 Prozent ein Land. Diese Tatsache bleibt nicht ohne Einfluss auf das Verhältnis von Verwaltung und Politik. Das bedeutet, dass jedenfalls für sehr viele Angehörige der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland die Kenntnis der Strukturen und Abläufe bei der EU von herausragender Bedeutung sind. Und hier besteht in hohem Maße Nachholbedarf. Eine nationale öffentliche Verwaltung oder die eines Bundeslandes muss viel stärker als bisher auf das Verwaltungshandeln in der EU ausgerichtet sein. Das hängt auch mit der Verständigungsfähigkeit in anderen Sprachen zusammen. Brauchbares Englisch und die Verständigungsfähigkeit in einer weiteren EU-Amtssprache neben der Muttersprache erweitern den Handlungsrahmen für die eigene Verwaltung enorm. Hinzu kommen muss eine grundlegende Kenntnis historisch-kultureller und politischer Zusammenhänge der EU-Mitgliedsstaaten und der EU als Gemeinschaft.
Autor
Ministerialrat Peter H. Niederelz E‑Mail: peter.h.niederelz@TELI.de
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